Grazer Forscher untersuchen Ursache der Herzfibrose   

erstellt am
14. 03. 12

Bindegewebsproduzierende Zellen stammen aus dem Herzen selbst
Graz (med-uni) - Bei einer Reihe von Herzerkrankungen kommt es über kurz oder lang zu einem bindegewebigen Umbau des Herzmuskels, auch Herzfibrose genannt. Der genaue Ablauf dieses Prozesses ist noch in weiten Teilen ungeklärt. So wusste man bis vor kurzem nicht, welche Zellen für die vermehrte Produktion des Bindegewebsproteins Kollagen verantwortlich sind. In einer in der renommierten Fachzeitschrift JACC (Journal of the American College of Cardiology, Impact Faktor: 14.3) veröffentlichten Arbeit konnten Grazer Forscher nun zeigen, dass herzeigene Zellen und nicht über das Blut eingewanderte Zellen die Quelle der Bindegewebsvermehrung sind. Die Klärung dieser Frage ist eine der Voraussetzungen für die Entwicklung effektiver therapeutischer Strategien.

Hoher Blutdruck, Durchblutungsstörungen und Entzündungen des Herzens sowie Abstoßungsreaktionen nach einer Herztransplantation haben eines gemeinsam: Durch chemische oder mechanische schädigende Reize wird bei diesen Erkrankungen vermehrt Bindegewebe zwischen den Muskelzellen abgelagert bzw. erfolgt ein Umbau des vorhandenen Bindegewebsgerüstes. Die Folgen dieser Herzfibrose sind fatal: Das Herz wird in seinen biomechanischen Eigenschaften steifer, die Pumpfunktion schlechter und die Gefahr von Rhythmusstörungen steigt. Weltweit suchen daher Wissenschafter nach Wegen, wie die Fibrosierung des Herzens verhindert werden kann.

Eine der Fragen, die es dabei zu klären gilt, ist, woher die Bindegewebszellen kommen. Einerseits könnte es sich um undifferenzierte Stammzellen handeln, die aus dem Knochenmark oder andern extrakardialen Geweben stammen, im Blut zirkulieren und sich in geschädigtem Gewebe auf Grund bestimmter chemischer Lockstoffe in bindegewebsproduzierende Fibroblasten umwandeln. Für eine solche Einwanderung sprechen manche tierexperimentelle Daten. Andere Modelle bevorzugen die Hypothese, dass die Fibroblasten ihren Ursprung im Herzen selbst haben. Dabei könnte es sich entweder um ruhende Fibroblasten handeln, die aus der Embryonalzeit abstammen, oder um Zellen, die die Herzgefäße auskleiden (so genannte Endothelzellen) und sich im Rahmen eines komplizierten Prozesses in Bindegewebszellen umwandeln.

Um dieses Rätsel zu lösen, wählten die Forscher der Medizinischen Universitätsklinik und des Instituts für Pathologie der Medizinischen Universität Graz einen raffinierten Versuchsansatz: Sie untersuchten Gewebeproben von männlichen Transplantationspatienten, die das Herz einer Frau erhalten hatten. Da nur Männer ein Y-Chromosom besitzen, konnte lichtmikroskopisch unterschieden werden, ob eine untersuchte Zelle vom Spender oder vom Empfänger stammte. Die Auswertung ergab ein eindeutiges Bild: Anders als in manchen Tiermodellen waren bei den Transplantationspatienten weniger als 0,5% der Zellen in den untersuchten Proben YChromosom- positiv. Mit anderen Worten: Es waren nur wenige Zellen des Empfängers in das weibliche Herz eingewandert. Unter diesen fanden sich spindelförmige Zellen, wie sie für Fibroblasten charakteristisch sind, aber auch zum Beispiel Endothelzellen. "Da nicht nur Fibroblasten, sondern auch andere Zellen eine spindelförmige Morphologie aufweisen können, haben wir Zellen mit dieser Form noch weiter charakterisiert", berichtet Dr. Martin Pichler, Erstautor der Studie. Dabei zeigte sich, dass es sich bei den spindelförmigen Y-Chromosompositiven Zellen überwiegend nicht um Fibroblasten handelte, sondern vor allem um Makrophagen, die im Rahmen von Entzündungsvorgängen als Fresszellen ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems sind.

Um den tatsächlichen Beitrag eingewanderter Zellen zur Bindegewebsproduktion im Herzen genau bestimmen zu können, entwickelten die Forscher um Dr. Martin Pichler und Univ.-Prof. Dr. Gerald Höfler zusätzlich ein genetisches Modell, mit dessen Hilfe ein sehr wichtiges Bindegewebsprotein quantifiziert werden konnte. Die Methode beruht auf Genpolymorphismen, also individuellen Variationen der DNA, die es ermöglichten, das Kollagen dem Spender oder Empfänger zuzuordnen. Da die Forscher solche Polymorphismen auswählten, welche sich auch als eine Art Marker in der Kollagen mRNA nachweisen lässt, konnte eine funktionelle Quantifizierung des Ursprungs des Kollagens stattfinden. Das Ergebnis war eindeutig und stimmte mit den Resultaten der morphologischen Analyse überein: In keiner einzigen Gewebeprobe konnte ein Hinweis gefunden werden, dass Kollagen von eingewanderten Zellen in relevanten Mengen produziert worden war. "Unsere Daten zeigen, dass die Herzfibrose bei chronischen Abstoßungsreaktionen in transplantierten menschlichen Herzen ganz überwiegend von herzeigenen Fibroblasten verursacht wird", fasst Dr. Pichler die Ergebnisse zusammen.

Auch wenn diese Ergebnisse nicht eins zu eins auf andere Erkrankungen, die zu einer Herzfibrose führen, umgelegt werden können, wäre es durchaus denkbar, dass auch unter anderen Bedingungen herzeigenen Zellen für die vermehrte Bindegewebsablagerung verantwortlich sind. Sollte sich das in weiteren Studien bestätigen, hätte das auch therapeutische Folgerungen: Die Umwandlung von ruhenden Fibroblasten oder Endothelzellen in bindegewebsproduzierende Fibroblasten wird durch verschiedene Signale hervorgerufen, die man zum Teil schon zu kennen glaubt. Ein vielversprechender Ansatz wäre es, diese Signalwege zu blockieren. Erste klinische Versuche, hier einzugreifen, sind bereits in kleineren Serien weltweit im Laufen.
     
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