Justizausschuss beschließt Strafprozessnovelle
Wien (pk) - Die Novelle der Strafprozessordnung, die in den letzten Tagen für heftige Debatten
gesorgt hat, wurde am 13.03. vom Justizausschuss in einer geänderten Fassung mehrheitlich beschlossen. Hinsichtlich
der Beschlagnahme von Unterlagen bei Trägern von Berufsgeheimnissen wie z.B. JournalistInnen oder RechtsanwältInnen
konnte nun dahingehend ein Kompromiss gefunden werden, dass nach einem Einspruch des Betroffenen nach wie vor das
Gericht – und nicht wie in der ursprünglichen Version der Regierungsvorlage der Staatsanwalt - über die
Sichtung und allfällige Verwendung der Dokumente entscheidet. Auf Antrag des Betroffenen wird daneben die
Möglichkeit bestehen, gemeinsam mit dem Staatsanwalt die Unterlagen zu sichten. Weitere Beschlüsse des
Ausschusses betrafen u.a. ein Versicherungsrechts-Änderungsgesetz, das strengere Kautelen für die Erhebung
von Gesundheitsdaten einzieht, eine Grundbuchs-Novelle mit erweiterten Möglichkeiten für den IT-Einsatz
sowie ein Übereinkommen über Computerkriminalität. Abermals vertagt wurde hingegen das Lobbying-Gesetz.
Karl: Strafprozessnovelle bringt klare Verbesserungen
Abgeordnete Daniela Musiol (G) bezog sich in ihrer Wortmeldung auf jenen Teil der Novelle der Strafprozessordung,
welche Bestimmungen der leichteren Weitergabe von Daten an die Jugendwohlfahrtsbehörden betrifft. Sie sah
die Regelung als nicht ausreichend an, die Grünen würden daher diesem Teil der Novelle nicht zustimmen.
Abgeordneter Hannes Fazekas (S) konnte die Bedenken in diesem Punkt nicht nachvollziehen.
In der umstrittenen Frage der Änderung der Strafprozessordnung betreffend Unterlagen von Trägern von
Berufsgeheimnissen stellte der G-Abgeordneter Albert Steinhauser aus seiner Sicht fest, der nun erzielte Kompromiss
stelle die frühere Rechtssituation weitgehend wieder her, die Grünen würden diesem Teil der Novelle
daher die Zustimmung erteilen. Abgeordneter Gerald Grosz (B) hingegen meinte, eine Gefahr der Aushöhlung des
Berufsgeheimnisses sei auch jetzt nicht auszuschließen. Seine Fraktion werde daher nicht zustimmen.
Justizministerin Beatrix Karl unterstrich, dass die Änderungen betreffend die Weitergabe von Informationen
an Jugendwohlfahrtsorganisationen auf eine Forderung der Landeshauptleutekonferenz zurückgehe. Die Regelung
müsse auf Landesebene dann ebenfalls umgesetzt werden. Die Änderung der Strafprozessordnung bringe eine
klare Verbesserung, indem sie den Gerichten Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung eröffne.
Die mehrheitliche Zustimmung zur Regierungsvorlage erfolgte in getrennter Abstimmung, wobei die Grünen der
Änderung des Strafregistergesetzes 1986 und des Tilgungsgesetzes 1972 die Zustimmung versagten, das BZÖ
wiederum der Änderung der Strafprozessordnung, die in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrags abgestimmt
wurde, nicht zustimmte.
Versicherungen: Strengere Regelung der Erhebung von Gesundheitsdaten
Die Zulässigkeit der Erhebung von Gesundheitsdaten durch private Versicherungen soll nun im Rahmen
eines vom Ausschuss einstimmig beschlossenen Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes ausführlicher geregelt
und an die Anforderungen des Datenschutzes angepasst werden. Die Regelung sieht in diesem Sinn besondere Kautelen
für das im Gesetz enthaltene Zustimmungserfordernis vor, die von der Möglichkeit einer Einzelzustimmung
bis hin zum Widerspruch gehen. Klargestellt wird weiters auch, dass die Datenerhebung nur zur Beurteilung und Erfüllung
von Ansprüchen aus einem konkreten Versicherungsfall zulässig ist.
Einstimmig beschlossen wurde auch eine Ausschussfeststellung, in der festgehalten wird, dass die Diskriminierung
von behinderten Menschen durch private Versicherungsgesellschaften abzustellen sei und die Unternehmen auch Daten
entsprechenden dem Stand der Datenschutztechnik zu verwalten haben.
"Hacking" findet Eingang ins StGB
Mit breiter Mehrheit genehmigte der Ausschuss ein Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität,
das die Bedeutung der konsequenten strafrechtlichen Verfolgung auf diesem Gebiet unterstreicht und sowohl materielle
Straftatbestände als auch umfassende strafprozessuale Vorschriften enthält. Die neuen strafbaren Tatbestände
umfassen z.B. den unbefugten Zugang zu einem Computersystem ("Hacking"), die Fälschung von Computerdaten
sowie bestimmte Handlungen im Zusammenhang mit Kinderpornographie und Urheberrechtsverstöße.
Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) ortete eine unbefriedigende Situation im Urheberrecht, das zu restriktiv und vor
allem auf Strafbestimmungen ausgerichtet sei, und begründete so die Ablehnung des Übereinkommens von
Seiten seiner Fraktion. Abgeordneter Johann Maier (S) stimmte seinem Vorredner hinsichtlich des Urheberrechts zu
und bemerkte, dieses müsse eine zeitgemäße Form finden und dürfe nicht rein auf die Interessen
einer Verwertungsindustrie von geistigem Eigentum ausgerichtet werden. Auch Abgeordnete Karin Hakl (V) meinte,
es müsse neue Verwertungsmodelle geben. Abgeordneter Gerald Grosz (G) meinte, das Übereinkommen könne
unter der Voraussetzung einer maßvollen Umsetzung in österreichisches Recht seine Zustimmung finden.
Das Übereinkommen wurde von der Mehrheit der Fraktionen plenumsreif gemacht. Dagegen stimmten nur die Grünen.
Mehr IT-Einsatz für das Grundbuch
Eine Grundbuchs-Novelle 2012 will mit punktuellen Änderungen den IT-Einsatz im Grundbuchsverfahren ausweiten
und dabei einige bisher strittige Fragen klären. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer vom
Grundbuchsgesuch losgelösten Rangordnungserklärung, die Einführung einer Rangordnung zugunsten einer
namentlich angeführten Person, Klarstellungen beim Verbesserungsauftrag im Grundbuchsverfahren sowie bei der
Kumulierung. – Die Novelle wurde in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrages einstimmig verabschiedet.
Gewalt bei Gericht soll nun dokumentiert werden
Als Reaktion auf die wiederholten Bedrohungen und Angriffe gegen Organe der Gerichtsbarkeit sieht nun eine Änderung
des Gerichtsorganisationsgesetzes eine einheitliche und systematische Dokumentation von sicherheitsrelevanten Vorfällen
vor. Darüber hinaus bringt die Novelle, auch Vereinfachungen und Klarstellungen betreffend den elektronischen
Rechtsverkehr, so etwa den Entfall der Übermittlung von Rubriken an Einbringer, die ihr Anbringen elektronisch
eingebracht haben, oder die Einbeziehung der Sozialversicherungsträger in den elektronischen Rechtsverkehr.
Die Zustimmung erfolgte einstimmig.
Energieeffizienz: Ausschuss setzt EU-Richtlinie um
Weiters verabschiedete der Ausschuss ein sogenanntes Energieausweis-Vorlage-Gesetz, durch das die EU-Richtlinie
über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umgesetzt wird. Damit werden insbesondere die Regelungen
zur Vorlage und zur Aushändigung des Energieausweises sowie über eine Erstinformation zur energetischen
Qualität des angebotenen Gebäudes in Immobilieninseraten konzentriert. Abgeordneter Harald Stefan (F)
sah allerdings keinen Bedarf für diese neue Regelung. Das Gesetz wurde mit S-V-G-Mehrheit angenommen.
Noch keine Entscheidung über Lobbying-Gesetz
Neuerlich einstimmig vertagt wurde hingegen das Lobbying-Gesetz, bei dem Abgeordneter Johann Maier (S) noch Nachbesserungsbedarf
feststellte und die Vertagung beantragte. Dem Vertagungsantrag stimmte Abgeordneter Harald Stefan (F) zu, der vor
allem bei der Parteienfinanzierung Klärungsbedarf sah. Auch Abgeordneter Albert Steinhauser (G) und Abgeordneter
Gerald Grosz (B) waren für die Vertagung, die sie aber gleichzeitig als blamables Eingeständnis der Koalitionsparteien,
zu keiner Einigung gelangen können, interpretierten.
Anträge der Opposition vertagt
Mit S-V-Mehrheit wurde ebenfalls nach kurzer Debatte ein Antrag der Grünen vertagt, in dem sich Abgeordnete
Daniela Musiol (G) für die Ausweitung des Rechts auf künstliche Befruchtung auf alleinstehende Frauen
und Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft aussprach. Während Musiol hier klare Diskriminierung
bestimmter Gruppen sah, meinte Abgeordneter Harald Stefan (F), das Thema komme als logischer weiterer Schritt nach
der Einführung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft immer wieder zur Debatte. Seine Fraktion lehne konsequenterweise
diese Forderung ebenso ab, wie sie schon die Einführung einer de-facto-Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare nicht befürwortet habe. Abgeordnete Karin Hakl (V) meinte, es gebe gewisse Widersprüchlichkeiten
der geltenden Bestimmungen über künstliche Befruchtung, über die einmal nachgedacht werden müsste.
Auch eine Initiative des Abgeordneten Albert Steinhauser (G) betreffend Strafbarkeit des "Anfütterns"
von Abgeordneten wurde von der Ausschussmehrheit als noch nicht entscheidungsreif eingestuft. Diese Vertagung erfolgte
mit S-V-G-Mehrheit. Ebenfalls in die Warteschlange verwies der Ausschuss mit S-V-Mehrheit schließlich einen
Vorstoß des Abgeordneten Christian Lausch (F) gegen die Beschäftigung von Freigängern bei Gericht.
Einstimmig vertagt wurde hingegen der kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzte Bericht der Bundesministerin für
Justiz betreffend die Jahresvorschau zu EU-Vorhaben im Justizbereich 2012. |