Rainer Blatt erhält die Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Innsbruck (universität) - Der Innsbrucker Experimentalphysiker Rainer Blatt erhält am Dienstag,
dem 27. März 2012, in Berlin aus den Händen der deutschen Forschungsministerin Anette Schavan die Stern-Gerlach-Medaille
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Es ist dies die höchste Auszeichnung auf dem Gebiet der Experimentalphysik
durch die größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Rainer Blatt ist der erste österreichische
Wissenschaftler, dem diese große Ehre zuteil wird.
Rainer Blatt wird für seine Arbeiten auf den Gebieten der Metrologie und Quanteninformationsverarbeitung mit
elektromagnetisch gespeicherten Ionen ausgezeichnet. „Die experimentelle Demonstration grundlegender Bausteine
und Algorithmen eines Quantenprozessors, die Teleportation von Quantenzuständen der Materie, die erste Realisierung
eines Quantenbytes und die Simulation von Quantensystemen haben neue wissenschaftliche Forschungsgebiete eröffnet
und den Weg in eine zukünftige Quantentechnologie gewiesen", heißt es in der Begründung der
Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Die Stern-Gerlach-Medaille ist die höchste Auszeichnung der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft auf dem Gebiet der Experimentalphysik, und sie ist aus purem Gold.
Pionier der Quantencomputer-Forschung
Ein zukünftiger Quantencomputer profitiert von spezifischen Eigenschaften der Quantenmechanik und
ermöglicht damit Rechenverfahren, die in der klassischen Informationsverarbeitung nicht möglich sind.
In Aufsehen erregenden Experimenten konnte Rainer Blatt zeigen, dass gefangene Ionen eine einzigartige experimentelle
Plattform bieten, um Quantenbits einzuschreiben, zu verarbeiten und zu lesen. Alle quantenlogischen Operationen
werden in einer komplexen Abfolge von Laserpulsen verwirklicht. Ein prominentes Beispiel für Quantenalgorithmen
stellt die Teleportation dar. Rainer Blatt und seiner Gruppe gelang es, verschränkte Zustände zu erzeugen
und für Quantenalgorithmen zu nutzen. Beginnend mit zwei Ionen, über acht Ionen in einem Quantenbyte
im Jahr 2008, liegt der aktuelle Rekord nun bei 14 verschränkten Ionen.
In weiteren Experimenten hat Rainer Blatt mit seinem Team gezeigt, dass gefangene Ionen auch in einem digitalen
Quantensimulator eingesetzt werden können. Dieses Forschungsgebiet baut auf den ursprünglichen Ideen
von Richard Feynman auf und zielt darauf ab, komplexe Vielteilchensysteme zu verstehen, indem man Zustände
und Dynamik an einem wohl kontrollierten Quantensystem nachahmt. Kann der Quantenzustand von Vielteilchensystemen
maßgeschneidert werden, dann eröffnen sich zum Beispiel Anwendungen dieser Quantentechnologien für
zukünftige Atomuhren, bei denen die Verschränkung der Ionen genutzt wird, um eine noch höhere Genauigkeit
zu erreichen.
Inspiration für andere
Die Arbeiten aus der Gruppe um Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik der Universität
Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften haben Forscherinnen und Forscher auch über das Gebiet der Quantenoptik und Quanteninformation
hinaus inspiriert und strahlen aus in das Gebiet der ultrakalten Atome und der Festkörperphysik. „Seine Arbeiten
legen eine Basis für die zukünftige technologische Nutzung von Quanteninformation“, schreibt die Deutsche
Physikalische Gesellschaft.
Die Preisverleihung findet im Rahmen der 76. Jahrestagung der Fachgesellschaft in Berlin statt. Diese Tagung versammelt
über 6.000 Physikerinnen und Physiker aus aller Welt in der deutschen Metropole. Die Deutsche Physikalische
Gesellschaft, deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über
61.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. |