ORF-Antrag auf Anhebung des Programmentgelts ist gesetzeskonform
Medienbehörde KommAustria schließt dreimonatiges Prüfungsverfahren ab
Wien (rtr) - Die vom ORF-Stiftungsrat beschlossene Anhebung des Programmentgelts um rund sieben Prozent
zum 1. Juni 2012 verstößt nicht gegen das ORF-Gesetz. Zu diesem Ergebnis kommt die Medienbehörde
KommAustria nach Abschluss eines umfangreichen Prüfverfahrens. Dazu waren von der Behörde mehr als 1.000
Seiten an Zahlen und Rechenwerk detailliert zu beurteilen. Gemäß EU-rechtlicher Vorgaben hatte die KommAustria
erstmalig als unabhängige Behörde eine vom ORF-Stiftungsrat festgesetzte Erhöhung des Programmentgelts
auf Vereinbarkeit mit dem ORF-Gesetz zu prüfen.
Der ORF-Stiftungsrat hatte eine Erhöhung des von den Gebührenzahlern monatlich zu entrichtenden Radioentgeltes
um EUR 0,29 und des Fernsehentgeltes um EUR 0,77 mit Wirkung zum 1. Juni 2012 festgelegt. In Summe ergibt sich
daraus ein monatliches Programmentgelt von dann EUR 16,16 netto. Grundlage war ein entsprechender Antrag von ORF-Generaldirektor
Alexander Wrabetz mit einer Finanzvorschau und dem sich daraus ergebenden Finanzbedarf des ORF für die Jahre
2012 bis 2016. Diese Berechnungen waren der KommAustria vorzulegen, die im Kern zu prüfen hatte, ob der Finanzplan
entsprechend §31 ORF-Gesetz auf eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Erfüllung des
öffentlich-rechtlichen Auftrages ausgerichtet ist und ob die zu Grunde gelegten Zahlen und Annahmen für
die kommenden Geschäftsjahre plausibel erscheinen.
"Wesentliches Gewicht in diesem Verfahren hat das Gutachten der Wirtschaftsprüfer, die die von der KommAustria
bestellte ORF-Prüfungskommission darstellen", erläutert Mag. Michael Ogris, Vorsitzender der KommAustria.
"Die ORF-Prüfungskommission ist an sich keine neue Einrichtung. Aber erst mit der Zuständigkeit
der KommAustria für die Rechtsaufsicht über den ORF seit dem Jahr 2010, wird sie nicht vom ORF selbst
bestellt."
Grundsätzlich stimme der ORF-Antrag auf Neufestsetzung des Programmentgelts mit den gesetzlichen Vorgaben
überein, so abschließend das Urteil der Behörde. Allerdings würden einige Annahmen zur Einnahmensituation
in den kommenden Jahren, insbesondere aus Werbung, optimistisch erscheinen. Verschiedene Szenarien zur Standortfrage
des Unternehmens habe der ORF in seinem Finanzplan ebenso berücksichtigt, wie die gesetzlich verordneten Sparauflagen,
die in den kommenden Jahren noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen.
"Die KommAustria ist keine Schatten-Geschäftsführerin des ORF. Wir haben in diesem Verfahren zum
Programmentgelt zu klären, ob Zahlen richtig gerechnet sind und der Blick in die Zukunft auch im Vergleich
zu Erfahrungen aus der Vergangenheit plausibel erscheint", stellt Ogris klar. "Wenn diese Voraussetzungen
gegeben sind, dann liegt die Verantwortung für die einzelnen Maßnahmen und die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen
Auftrags beim Generaldirektor. Ob das zum Beispiel sinnvoll durch weitere Einsparungen beim redaktionellen und
technischen Personal, oder doch eher im Verwaltungsapparat zu erreichen ist, hat nicht die KommAustria zu beurteilen."
Laut Gesetz kann die Medienbehörde den Beschluss des Stiftungsrates zur Neufestsetzung des Programmentgelts
innerhalb von drei Monaten mit Bescheid aufheben, wenn dieser mit dem ORF-Gesetz im Widerspruch steht. Einen positiven
Bescheid zur Neufestsetzung des Programmentgelts hat die KommAustria jedoch nicht zu erlassen. Da die Behörde
den Beschluss des Stiftungsrates als gesetzeskonform beurteilt, hat sie beschlossen, die Frist zu dessen Aufhebung
mit dem heutigen 22. März 2012 ungenutzt verstreichen zu lassen. |
ORF Gebührenerhöhung muss Reduktion der Werbeerlöse
nach sich ziehen
Wien (vöp) - Die KommAustria hat den Beschluss des ORF, die Programmentgelte ab Juli 2012 zu
erhöhen, nicht aufgehoben. Damit erhöht sich das ORF-Budget für 2012 um rund 20 Millionen Euro,
ab 2013 sogar um 40 Millionen Euro jährlich.
Diese Gebührenerhöhung hat eine direkte Benachteiligung des privaten Mediensektors zur Folge und damit
eine stark wettbewerbsverzerrende Wirkung. Aus ordnungspolitischer Sicht muss daher ein Ausgleich geschaffen werden,
indem die Finanzierung des ORF aus Werbeerlösen entsprechend reduziert wird.
Der Verband Österreichischer fordert daher die österreichische Medienpolitik auf, Maßnahmen einzuleiten,
die die Vermarktungsmöglichkeiten des ORF klar einschränken. Dem ORF muss ein Totalverbot von Produktplatzierungen
aufgetragen werden, da diese mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht in Einklang zu bringen ist. Zudem
muss eine sukzessive Reduzierung des Ausmaßes der klassischen Werbung eingeleitet werden, entsprechend dem
Trend in fast allen europäischen Ländern.
Klaus Schweighofer, VÖP-Vorsitzender und Vorstand der Styria Media Group, sieht dringenden Handlungsbedarf:
"Der ORF ist mittlerweile ein fast gänzlich kommerziell orientierter Medienkonzern. Die Programmierung
wird immer unterhaltungslastiger und der öffentlich-rechtliche Auftrag rückt aus dem Fokus. Doch gerade
dieser ist es, der die Legitimation für die Einhebung von fast 600 Millionen Euro an Gebühren darstellt.
Diese staatlichen Subventionen behindern die Entwicklung eines vielfältigen und gleichberechtigten dualen
Rundfunkmarkts nachhaltig. Dies ist kein österreichisches Phänomen: In fast allen EU-Ländern werden
die Werbemöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Sender zunehmend beschränkt, um Chancengleichheit
herzustellen. Es wird Zeit, dass sich diese europäische Realität auch bei uns durchsetzt und Österreich
nicht weiter als Geisterfahrer gegen den europäischen Trend unterwegs ist. |