Wien (pk) - In einer aktuellen Aussprache informierten die Geschäftsführer der Österreichischen
Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), Franz Hartl und Wolfgang Kleemann, am 21.03. die Mitglieder des Tourismusausschusses
über aktuelle Entwicklungen in der heimischen Tourismusbranche. Angesichts nach wie vor geringer Betriebsgrößen
und von Problemen bei der Eigenkapitalausstattung bemühe sich die ÖHT, innovative Investitionen durch
Finanzierungen und Haftungen sowie durch die Abwicklung von Bundesförderungen und Beratungen zu erleichtern.
Angesichts überdurchschnittlicher Investitionen und einer guten Entwicklung bei den Nächtigungen, insbesondere
bei Gästen aus den neuen EU-Mitgliedsländern und aus Russland blickte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner
in der Debatte mit durchaus positiven Erwartungen in die Zukunft des heimischen Fremdenverkehrs. Auf Antrag aller
Fraktionen verabschiedete der Ausschuss Entschließungen zur Aktualisierung der Schulmaterialien in der Tourismusausbildung,
für einen fairen Wettbewerb auf Online- Buchungsplattformen und zur verstärkten Kooperation zwischen
Österreich Werbung und staatlich geprüften FremdenführerInnen.
Die Arbeit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT)
ÖHT-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann identifizierte als Hauptproblem der österreichischen
Tourismuswirtschaft die relativ geringe Größe der Betriebe, die im Durchschnitt nur 40 Betten pro Haus
aufweisen. Der Entwicklungstrend gehe bei insgesamt sinkender Bettenanzahl in Richtung Fünf- und Viersternbetriebe,
die Zahl der Dreisternbetriebe gehe leicht zurück, Ein- und Zweisternbetriebe gehen allmählich ganz aus
dem Markt, berichtete Kleemann. Das zweite Problem sei die mangelnde Eigenkapitalausstattung der Betriebe, die
teilweise auch auf starke Investitionstätigkeit bei nachhinkenden operativen Ergebnissen zurückzuführen
sei.
Seit dem Jahr 2011 gilt in der Tourismusförderung eine zwischen Bund und Ländern vereinbarte "Förderpyramide".
Für Förderungen unter 100.000 € sind alleine die Länder zuständig, führte Wolfgang Kleemann
aus. Doppelgleisigkeiten können so vermieden, Verwaltungskosten reduziert und Budgeteinsparungen erreicht
werden. In der Tätigkeit der ÖHT werde die Besicherung von Krediten durch Haftungen immer wichtiger,
insbesondere bei der Jungunternehmer-Förderung sowie deshalb, weil besicherte Kredite nicht eigenkapitalunterlegungspflichtig
sind.
Der Bund fördert nicht nur einzelne Betriebe, sondern das "Gesamtkunstwerk Tourismus", also die
Vernetzung von Betrieben oder auch Bootsverleiher, Schiffsunternehmen und kreative Ideen, sogenannte "Leuchtturmprojekte".
Außerdem informierte Kleemann über die Förderung von Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen
in der Tourismuswirtschaft.
ÖHT-Geschäftsführer Franz Hartl erklärte den Ausschussmitgliedern die Struktur des Privat-Public-Partnership-Unternehmens
ÖHT, dessen Funktion es ist, Tourismusunternehmen zu finanzieren und zu fördern, Haftungen zu übernehmen
und das Tourismusförderungsprogramm des Bundes umzusetzen. Außerdem widme sich die ÖHT der Beratung
der Betriebe und stellt statistische Daten zur Verfügung. Im Jahr 2011 konnte ein Investitionsvolumen von
880 Mio. € ausgelöst und damit ein Rekordwert erreicht werden, teilte Franz Hartl mit. Zu den Zielen der Tourismusförderung
des Bundes zählen der Ganzjahrestourismus und die Steigerung der Investitionen im Sommertourismus. Der Schwerpunkt
der Förderungsaktionen liegt in den Bereichen Betriebsgrößenoptimierung, innovative Investitionen,
Qualitätsverbesserung und Mitarbeiterunterbringung. 99 % der Förderungen entfallen auf KMU, 2011 wurden
257 Unternehmensneugründungen und insgesamt 160.000 Gästebetten gefördert, teilte Geschäftsführer
Hartl den Abgeordneten mit.
Auf Detailfragen der Ausschussmitglieder erläuterte Franz Hartl die Jungunternehmerförderung der ÖHT,
in der Investitionsförderungen, Haftungsübernahmen, aber auch Beratungsangebote eine große Rolle
spielen. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) erfuhr auf ihre Fragen auch, dass die Förderpyramide zu Einsparungen
von 1,4 Mio. € geführt habe, was es erlaube, mittels Zuschüssen zusätzliche Investitionen von 15
Mio. € zu unterstützen.
Zum Thema "Kreditklemme" hatte Wolfgang Kleemann unterschiedliche Wahrnehmungen: Großbanken zeigten
bei der Kreditvergabe Zurückhaltung, Regionalbanken nicht. Deshalb und im Hinblick auf Basel III werden Haftungen
immer wichtiger, weil besicherte Kredite nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, sagte Kleemann Abgeordnetem
Franz Hörl (V).
20 % aller geförderten Investitionen gelten Infrastrukturprojekten, etwa Golfplätzen oder Beschneiungsanlagen.
Bei Beschneiungsanlagen ortete Kleemann allmählich eine Sättigung des Bedarfs.
Abgeordneter Franz Hörl (V) stimmte mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in der positiven Beurteilung
der guten Arbeit der ÖHT überein und bedankte sich überdies beim Wirtschaftsminister für dessen
engagiertes Auftreten im Interesse des Österreichtourismus bei der Berliner Tourismusmesse. Hörls Interesse
galt der Refinanzierung der ÖHT.
Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) interessierte sich für Haftungsausfälle im Tourismus, für Maßnahmen
zur Erhöhung der Familienfreundlichkeit der Betriebe und für die Entwicklung der Eigenkapitalausstattung
der Unternehmen.
Abgeordneter Maximilian Linder (F) drängte angesichts geringer Inanspruchnahme von Förderungen im Sommertourismus
auf eine Verbesserung der Förderkulisse.
Abgeordneter Stefan Markowitz (B) hielt es für angebracht, die Förderungen für Klein- und Mittelbetriebe
zu verbessern und erkundigte sich nach Gründen für die Ablehnung von Förderungsanträgen.
Von Seiten der ÖHT-Geschäftsführer wurden die Ausschussmitglieder darüber aufgeklärt,
dass sich die ÖHT bei der Europäischen Investitionsbank refinanziere und künftig auch einen EZB-Tender
nützen werde. Restrukturierungsfälle in der Tourismusbranche seien im Einzelnen nicht konjunkturell,
sondern meist auf individuelle Fehlinvestitionen zurück zu führen.
Haftungsausfälle sind im Tourismus sehr selten und betragen bei den ÖHT-Haftungen unter 1 % des Gesamtvolumens.
Die Förderungspyramide habe die Transparenz des Fördersystems wesentlich verbessert, teilten die ÖHT-Geschäftsführer
mit. Die Eigenkapitalausstattung der Betriebe verbessere sich langfristig, sei mancherorts aber nach wie vor ein
Problem. In Sommersaisonregionen verdienen die Betriebe weniger als in den Winterregionen, daher bemühe sich
die ÖHT um Förderungen des Ganzjahrestourismus. Förderungsanträge werden etwa abgelehnt, wenn
Renovierungen und Instandhaltungen nicht als Investitionen anerkannt werden können.
Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) und Abgeordneter Johann Hell (S) zeigten sich besorgt wegen der
langen Entschuldungsdauer von Tourismusbetrieben und erfuhren, dass schlechte Bilanzjahre und hohe Zinsen zur Verlängerung
der Entschuldungsdauer beitragen.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner charakterisierte die Entwicklung der österreichischen Tourismusbranche
positiv und stellte fest, dass die deutschen Gäste zwar immer kürzer bleiben, aber immer öfter zu
Kurzurlauben nach Österreich kommen. Enorm positiv entwickle sich der Zustrom von Österreichurlaubern
aus Tschechien, Ungarn, Rumänien und Russland. Im Sommer trage der Städtetourismus zu einer positiven
Entwicklung bei. Auch die Investitionen entwickelten sich ebenso gut wie in anderen Branchen, er blicke daher mit
positiven Erwartungen in die Zukunft, sagte der Minister und machte darauf aufmerksam, dass die Tourismusförderungen
trotz Sparpakets unverändert bleiben, weil der Tourismus im engeren Sinn einen BIP- Anteil von 7 % und gemeinsam
mit der Freizeitwirtschaft einen BIP- Anteil von 14 % habe.
Förderung der IT-Kenntnisse in der Tourismusausbildung
Sodann befasste sich der Ausschuss mit einem Antrag zur Modernisierung der Tourismusausbildung. Vertreter aller
fünf Parteien forderten den Wirtschaftsminister und die Unterrichtsministerin dazu auf, dem wachsenden Stellenwert
des Internet-Handels in der Tourismusausbildung durch laufende Aktualisierung der Unterrichtsmaterialien Rechnung
zu tragen und dafür Leitlinien auszuarbeiten (1754/A[E]). Die Abgeordneten Heidrun Silhavy (S), Franz Hörl
(V), Roman Haider (F), Gabriela Moser (G) und Stefan Markowitz (B) begründeten ihre Initiative mit dem Hinweis
darauf, dass jede vierte Buchung im Tourismus über das Internet erfolgt. Der professionelle Umgang mit Informationstechnologie
sei eine entscheidende Basisqualifikation in allen Berufsbereichen.
Abgeordneter Roman Haider (F) betonte die Wichtigkeit von Aspekten wie e-commerce oder Buchungsplattformen, weshalb
es begrüßenswert sei, Grundlagen dafür zu schaffen, dass die heimischen Jungtouristiker bestmöglich
ausgebildet werden. Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) schloss sich dem an und plädierte darüber hinaus
dafür, vermehrt Sprachenangebote und Bildung in Sachen Kultur in die Ausbildung einfließen zu lassen.
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) unterstrich, dass Österreich als Tourismusland eine adäquate und
zeitgemäße Ausbildung brauche, weshalb der Antrag sinnvoll und begrüßenswert sei. Dies wurde
auch von Abgeordneter Birgit Schatz (G) so gesehen, die bei dieser Gelegenheit den Minister fragte, wie Ausbildungsplätze
im Tourismus attraktiviert werden könnten. Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) signalisierte gleichfalls
Zustimmung, ehe die S-Abgeordneten Rosa Lohfeyer und Elmar Mayer noch auf Details der Thematik eingingen.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner sah die Initiative positiv und meinte, die Situation in der Tourismuswirtschaft
sei letztlich auch eine finanzielle Frage, nicht zuletzt ob saisonaler Beschäftigungsmodelle. Hier denke man
daher vermehrt an Ganzjahresprofile und strebe generell eine Qualitätssteigerung an. Es müsse künftig
attraktiver sein, in diesem Bereich tätig zu sein.
Der Antrag wurde einstimmig vom Ausschuss angenommen.
Österreich Werbung und FremdenführerInnen sollen stärker kooperieren
Einstimmig und ohne Debatte passierte ein Antrag den Ausschuss, in dem die Abgeordneten Gabriela Moser (G), Heidrun
Silhavy (S), Franz Hörl (V), Roman Haider (F) und Stefan Markowitz (B) dem Wirtschaftsminister in einem gemeinsamen
Entschließungsantrag (1871/A(E)) vorschlagen, die Kooperation der Österreich Werbung mit den FremdenführerInnen
("Austrian Guides") zu verbessern. Die staatlich geprüften FremdenführerInnen ("Austria
Guides") betreuen und beraten viele Österreichgäste "vor Ort" kompetent und vermitteln
ein eindrucksvolles Österreich-Erlebnis am Puls der Zeit. Sie bieten nicht nur kulturelle und historische
Informationen, sondern schaffen auf eine intensive persönliche Weise jenes zeitgemäße Österreichbild,
auf das sich die Österreich Werbung in ihren Marketingaktivitäten im In- und Ausland erfolgreich konzentriert,
argumentierten die Antragsteller.
Online-Buchungen: Abgeordnete für fairen Wettbewerb
Weiters traten die Abgeordneten Gabriel Obernosterer (V), Heidrun Silhavy (S), Roman Haider (F), Gabriela Moser
(G) und Stefan Markowitz (B) dafür ein, die Konzentrationsprozesse am Online- Tourismusmarkt genau zu beobachten
und faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen (1883/A(E)). Die wachsende Marktmacht einiger weniger großer
Anbieter gefährde einen fairen Wettbewerb auf den internationalen Online-Buchungsplattformen, die aus der
Tourismus- und Freizeitwirtschaft nicht mehr wegzudenken sind. Einseitige Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
die Einführung einer Meistbegünstigungsklausel sowie die Anhebung der Kommissionssätze um 25 % durch
einen Anbieter haben Unmut in der Tourismusbranche hervorgerufen und zu einer Beschwerde der Österreichischen
Hoteliervereinigung bei der Bundeswettbewerbsbehörde geführt, führten die Antragsteller aus.
In der Debatte sprach Abgeordneter Stefan Markowitz (B) von einem wirklich guten Antrag von großer Wichtigkeit,
der sich jedoch vielleicht eine etwas entschlossenere Textierung verdient hätte. Abgeordneter Gabriel Obernosterer
(V) beleuchtete wie sein Fraktionskollege Franz Hörl den Hintergrund des Antrags. Die Entwicklung der letzten
Jahre lasse es geboten erscheinen, im Interesse der heimischen Tourismuswirtschaft entsprechend zu reagieren. Hörl
illustrierte diese Ausführungen mit konkreten Beispielen aus der Praxis. Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) unterstrich
die Rolle der Wirtschaft beim Erarbeiten einer zukunftsträchtigen Lösung der Problematik, und Abgeordneter
Mathias Venier (F) konnte dem Antrag viel abgewinnen, vor allem in der vorliegenden Form, gelte es doch, die Thematik
zunächst einmal gründlich zu evaluieren und auf dieser Basis gegebenenfalls entsprechend zu reagieren.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner sprach sich bei dieser Gelegenheit für faire Wettbewerbsbedingungen unter
Nutzung aller sich bietenden Möglichkeiten aus und zeigte sich über den Antrag daher erfreut.
Der Antrag passierte einstimmig den Ausschuss. |