Vorschläge der BürgerInnen zur Gesetzgebung
Wien (pk) - Nach dem großen Justizblock setzte der Nationalrat am 29.03. seine Verhandlungen
mit einer Debatte über Bürgeranliegen fort, die in Form von Petitionen und Bürgerinitiativen direkt
an das Hohe Haus herangetragen wurden. Eines der Hauptthemen war der "Menschenhandel mit Kindern" und
die diesbezüglichen Vorschläge einer Bürgerinitiative (Nr. 32) auf Ausweitung von Hilfs- und Betreuungsangeboten
für die Opfer des Menschenhandels, auf Einrichtung einer Hotline sowie von ExpertInnenteams in allen Bundesländern
zum Aufspüren von Kinderhandel sowie zur Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema.
Zur Kenntnis genommen wurde auch die Erledigung der Bürgerinitiative Nr. 33 für die Umstellung aller
Schulbuffets auf Bioprodukte sowie einer Reihe von Petitionen zu folgenden Themen: Autobahnverkehrslärm an
der A 12 in Terfens (Nr. 63), Reststoffdeponie auf der Parndorfer Platte (Nr. 66), Vollausbau der Murtal Schnellstraße
S 36 (Nr. 67 und Nr. 69), tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden (Nr. 73), Wiedereinsetzung des Alleinverdienerabsetzbetrages
(Nr. 98), Verbot von Kastenständen in der Schweinehaltung (Nr. 104), Verbot für das Inverkehrbringen
von Klon- und Klebefleisch (Nr. 112), Energie-Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energieträger (Nr. 113),
Hepatitis-C-Opfer (Nr. 117), IC-Zugverbindungen Salzburg-Graz (Nr. 121), Abschaffung der Pragmatisierung (Nr. 124),
Weltmädchentag der Vereinten Nationen (Nr. 126), Polizeiinspektion in der Kremser Innenstadt (Nr. 127), Sport-
und Bewegungsangebots an den Schulen (Nr. 130), Menschenschutz bei Vorgaben für die Schweinehaltung (Nr. 131),
Erhaltung der Steinhof-Gründe (Nr. 132), Isel als "Natura 2000"-Schutzgebiet (Nr. 133), Förderung
von freiwilligem Engagement (Nr. 134), Änderung der "Stalking"-Bestimmungen (Nr. 136), Entfall von
Berufungsgebühren bei Behördenfehlern (Nr. 144), Schließung grenznaher Atomkraftwerke (Nr. 146)
und Sicherstellung von Hausapotheken (Nr. 151).
Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf die Bürgerinitiative
gegen Sex-Handel von Kindern, der dem Menschenrechtsausschuss zugewiesen worden war, auf die Petition "Bürger
zahlen für Behördenfehler", die zur Volksanwaltschaft gelangte, auf die Petition mit der Forderung
für mehr Bewegungsangebote an Kindergärten und Schulen und auf jene zur Sicherung der ärztlichen
Versorgung in ländlichen Regionen.
Die breite Themenpalette der Bürgeranliegen, die ins Hohe Haus gelangen, umriss auch V-Abgeordnete Rosa LOHFEYER.
Sie sah Bürgerinitiative und Petitionen als gute Möglichkeit für engagierte Menschen, sich am politischen
Prozess zu beteiligen – die Abgeordneten hätten daher die Verantwortung, jede der unterschiedlichen Initiativen
wertschätzend zu behandeln. Der Schwerpunkt der Petitionen liege ihrer Ansicht nach bei den Themenbereichen
Kinderschutz, Kinderrechte und Kindergesundheit. In diesem Themenkreis seien durch den angeregten Informationsaustausch
mit VertreterInnen der Ministerien im Ausschuss viele Defizite aufgezeigt worden, meinte Lohfeyer und forderte
auf Zielgruppen genau abgestimmte Präventionsmaßnahmen sowie verbesserte Schnittstellen zwischen Bund
und Ländern.
Hearings mit ExpertInnen in den Ausschüssen sah auch Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER(G) als ein wertvolles
Instrument der direkten Demokratie, um konkrete Diskussionen über notwendige Maßnahmen zu diversen Themenfeldern
zu führen. Er vermisste allerdings zu einigen Themenbereichen die entsprechende Weiterverhandlung in den jeweiligen
Fachausschüssen. Auch sei in der Geschäftsordnung des Nationalrates die Zuweisung von Petitionen zu Ausschüssen
nicht genau festgehalten, weshalb hier Verbesserungsbedarf gegeben sei, so Pirklhuber. Initiativen zu Ernährungsfragen
oder zu artgerechter Tierhaltung hätten nach Einschätzung des G-Mandatars nach einer weiteren Behandlung
im jeweiligen Fachausschuss verlangt.
Laut Abgeordneter Anna HÖLLERER (V) sei die Möglichkeit, Petitionen auf der Parlamentshomepage online
zu unterstützen, gut von den BürgerInnen angenommen worden. Sie plädierte dafür, allen Anliegen
der Bevölkerung die nötige Aufmerksamkeit zu schenken und sprach sich in diesem Zusammenhang auch für
eine Weiterentwicklung der NR-Geschäftsordnung aus, wobei sie Nationalratspräsidentin Prammer für
deren Unterstützung in dieser Frage dankte. Als positives Beispiel für erfolgreiche Ausschussarbeit führte
Sie einmal mehr die Diskussion mit Hearing zur Bürgerinitiative gegen Sex-Handel von Kindern an und erwähnte
auch die geplante Ausstellung zu diesem Thema, die im Dezember 2012 im Parlament geplant ist.
Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) wies zunächst auf den Sinn von Petitionen und Bürgerinitiativen hin,
Probleme von BürgerInnen aufzuzeigen. Sodann nahm er in seinem Redebeitrag Bezug auf eine Petitionen, die
das Verbot von Klon- und Klebefleisch im österreichischen Handel forderte und richtete selbst diese Forderung
direkt an die Regierung. Er bemängelte, dass derartige Produkte nicht hinreichend gekennzeichnet seien, wodurch
die KonsumentInnen getäuscht würden. Die heimischen Bauern würden hingegen mit zahllosen Vorschriften
"zwangsbeglückt", wodurch sie es am Markt ungleich schwerer hätten, vermerkte Doppler.
Die wichtige gemeinsame Arbeit im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen betonte B-Abgeordnete
Ursula HAUBNER und bezeichnete die Ausschusstätigkeit als "Dienstleistung für die Bürger".
In der letzten Ausschusssitzung seien etwa 48 Tagesordnungspunkte bearbeitet worden und die steigende Zahl der
elektronischen Unterstützungen von Petitionen auf der Parlaments-Website betrachtete sie als Bestätigung
der Bedeutung dieser Ausschussarbeit, die sich allerdings ständig weiterentwickeln und besser werden müsse.
Bezugnehmend auf eine Kritik der Europäischen Kommission, dass Österreich noch keine Hotline für
vermisste Kinder eingerichtet habe, brachte Haubner einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein.
Abgeordnete WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) entnahm den vielen Petitionen zu den Rechten, zum Schutz und zur Gesundheit
von Kindern, dass die Republik für diese großen gesellschaftlichen Fragen noch keine Lösungen hätte.
Die Regierung solle endlich mit einem Kinder- und Jugendpolitikzentrum die erforderlichen Maßnahmen setzen,
forderte die Rednerin. Zum Themenkreis Menschenhandel generell sagte Windbücher-Souschill, dass dieser meist
in Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung stehe und Österreich sowohl Ziel- als auch Transitland sei. Das intensive
Besprechen und die Umsetzung nötiger Maßnahmen zu diesem Thema war für die G-Mandatarin ebenso
entscheidend wie eine generelle Sensibilisierung der Bevölkerung für diese Art von Verbrechen.
Erfreut zeigte sich Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S), dass die österreichische Bevölkerung sich immer
mehr an die online-Möglichkeit zur Unterstützung von Petitionen gewöhnten. Er dankte außerdem
den Ministerien für deren Bereitschaft, dem Ausschuss Stellungnahmen und Grundlagen zu verschiedenen Themen
zu liefern sowie an Ausschusshearings teilzunehmen. Dass einzelne Initiativen nicht in Fachausschüssen weiterbehandelt
werden, erklärte Lipitsch damit, dass in solchen Fällen die in einer Petition oder Bürgerinitiative
aufgezeigte Problematik oftmals bereits gelöst worden sei.
Seinem Vorredner entgegnete Abgeordneter Christian LAUSCH (F), dass seine Fraktion gerade deshalb die Zustimmung
zum Sammelbericht des Ausschusses verweigere, da zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen nicht weiter
Beachtung fänden. Generell deutete der F-Mandatar die Entwicklung dieser Form der BürgerInnenbeteiligung
jedoch positiv und hob beispielsweise die fraktionsübergreifende Zustimmung zu themenbezogenen Expertenhearings
hervor. Auch dass den Petitionen jetzt im Internet auf der Parlamentshomepage zugestimmt werden kann, begrüßte
Lausch, bemerkte allerdings, dass viele Menschen dabei auf technische Probleme stoßen würden.
Abgeordnete Christine MAREK (V) erwähnte das Hearing im Ausschuss zu Sex-Missbrauch Minderjähriger und
bedauerte dass es kaum medialen Niederschlag gefunden hatte. Marek setzte sich vehement dafür ein, Kindern
eine "Lobby" zu geben, um deren Rechte zu sichern. Informationsmaterial zu Aspekten der Opfererkennung
und der Rechtslage bei Missbrauch solle aufbereitet werden, regte Marek an. Die BÜrgerInnen würden dadurch
sensibilisiert und verstärkt angeregt, nicht wegzuschauen, wenn sie auf einen Fall des Kindesmissbrauchs stießen.
Wichtige Instrumente der direkten Demokratie seien Petitionen und Bürgerinitiativen, war Abgeordneter Josef
JURY (F) überzeugt und zeigte sich froh, dass die Nationalratspräsidentin diesen Initiativen das Gewicht
gebe, das ihnen zustehe. Er wies allerdings darauf hin, dass es nicht reiche, eine Petition oder Bürgerinitiative
mit "zur Kenntnis genommen" oder "enderledigt" zu kennzeichnen. Es müsse durch eine Änderung
der Geschäftsordnung ein besseres Ergebnis der direkten Demokratie herausgearbeitet werden.
Abgeordneter Gerhard HUBER (B) befasste sich in seiner Rede mit der finanziell prekären Lage Tirols und äußerste
sich angesichts dieser Situation entrüstet über die Pläne der Tiroler Landesregierung, entgegen
dem Willen der Bevölkerung ein Wasserkraftwerk am Gletscherfluss Isel zu errichten. Huber betonte, der Fluss
müsse als "Naturjuwel" geschützt werden und brachte einen Entschließungsantrag ein, in
dem er den Bundesminister für Umwelt und Wasserwirtschaft aufforderte, Gespräche zur Schaffung eines
Naturschutzgebietes rund um den Fluss Isel zu beginnen.
Abgeordneter Dietmar KECK (S) zeigte sich erfreut darüber, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger
in ihrem parlamentarischen Stellenwert gestiegen seien. Es wäre anstrebenswert, diesen Punkt an den Anfang
der Tagesordnung zu stellen, denn die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger müssten ernstgenommen
werden. Konkret sprach der Redner sodann zu Tierschutzfragen.
Abgeordneter Bernhard VOCK (F) beklagte, dass die Wünsche der Bürger in einem Sammelbericht behandelt
würden, sodass diesen Petitionen nicht die gebührende Aufmerksamkeit zuteilwerden könne. Hier bestehe
Verbesserungsbedarf, so der Redner, der sodann auf die Petitionen zum Tierschutz und zum Kinderhandel einging.
Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) unterstrich die Wichtigkeit des Ausschusses, denn Bürgeranliegen seien überhaupt
das Wichtigste in der Demokratie. Die Menschen begnügten sich nicht mehr damit, alle paar Jahre ein Kreuzchen
zu machen, sie hätten darüber hinaus auch während einer Gesetzgebungsperiode Anliegen, auf welche
der Nationalrat auch einzugehen habe.
Abgeordneter Johann HELL (S) meinte, die Petitionen zeugten vom Willen der Menschen, in die Entscheidungsfindungen
eingebunden zu sein, und dem gelte es Rechnung zu tragen.
Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) sprach zum Thema "Weltkulturerbe Steinhof". 40.000 Unterstützungserklärungen
zeigten die Wichtigkeit des Petitionsausschusses. Hier sei nun die Stadt Wien am Zug, unterstrich der Redner, der
sich erfreut darüber zeigt, dass man sich dem Ziel Schritt für Schritt nähere.
Abgeordneter Johann HECHTL (S) sprach von einer vielfältigen Palette, mit der man in diesem Sammelbericht
konfrontiert sei. Konkret sprach er sich für ein entschlossenes Vorgehen gegen den Kinderhandel aus.
Abgeordneter Hermann GAHR (V) zeigte sich erfreut darüber, dass der Weg der direkten Demokratie durch den
Petitionsausschuss forciert werde. Sodann sprach der Redner zu Tiroler Anliegen.
Abgeordneter Erwin PREINER (S) setzte sich mit einer Deponie nahe Parndorf und mit grenznahen KKW auseinander.
Details zum Sammelbericht thematisierten schließlich noch die V-Abgeordneten Johann SINGER und Fritz GRILLITSCH.
Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) warb nochmals für eine Doppelstaatsbürgerschaft für zweisprachige
Südtiroler.
In der Abstimmung wurde der Bericht des Petitionsausschusses mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Auch seinem Antrag
auf Zuweisung einer Petition an die Volksanwaltschaft wurde mehrheitlich entsprochen. Die oppositionellen Entschließungsanträge
blieben hingegen in der Minderheit. |