EU-Ausschuss beschließt drei Anträge auf Mitteilung an die EU
Wien (pk) - Der EU-Ausschuss des Bundesrats beschloss am 27.03. einstimmig gleich drei Anträge
auf Mitteilung an die EU-Institutionen, in denen kritisch zu der geplanten Richtlinie hinsichtlich prioritärer
Stoffe im Bereich der Wasserpolitik, zum Vorschlag für ein Katastrophenschutzverfahren in der Union sowie
zum Entwurf für einen Europäischen Energiefahrplan 2050 Stellung genommen wird.
Im Hinblick auf die Pläne zum Katastrophenschutzverfahren stellen die Bundesrätinnen und Bundesräte
sogar fest, dass die gegenständlichen Vorhaben nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip zu vereinbaren sind.
Wie Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) betonte, hätte man in diesem Fall sogar eine begründete Stellungnahme,
das heißt eine Subsidiaritätsrüge, einer Mitteilung vorgezogen, die Stellungnahmen der Bundesländer
seien aber zu spät eingelangt. Man werde daher in Zukunft die Zusammenarbeit mit den EU-Ausschüssen der
Landtage noch effizienter gestalten müssen, kündigte er unter Zustimmung der anderen Ausschussmitglieder
an. Vor allem sollten sich die Bundesländer früher mit den einzelnen Materien befassen, so der übereinstimmende
Tenor im Ausschuss, damit der Bundesrat entsprechend und zeitgerecht reagieren kann.
Die Pläne für die neuen Qualitätskriterien für die Gewässer enthalten nach Ansicht der
Länderkammer überbordende Maßnahmen, obgleich Bundesrat Edgar Mayer (V/V) in Übereinstimmung
mit den anderen Mitgliedern eingangs eine EU-weite Vorgangsweise angesichts grenzüberschreitender Wasserverschmutzung
für erforderlich hält. Was die Mitteilung in Bezug auf den Energiefahrplan 2050 betrifft, so stellte
Mayer fest, es sei notwendig, die Standpunkte dazu in einem möglichst frühen Stadium der Verhandlungen
auf EU-Ebene vorzulegen.
Qualitätsnormen für Gewässer – Bundesrat gegen überbordende Maßnahmen
Der EU-Ausschuss des Bundesrats nahm nach einer ersten Diskussion am 14. März 2012 die Beratungen über
den Richtlinienentwurf zur Wasserpolitik wieder auf. Mit dem gegenständlichen Vorschlag sollen neue Umweltqualitätsnormen
beziehungsweise Grenzwerte festgeschrieben werden. Der Kommissionsvorschlag sieht die Aufnahme von fünfzehn
neuen Stoffen in die Liste der prioritären Stoffe vor, für sieben Stoffe sollen die Umweltqualitätsnormen
geändert werden. Die Mitglieder des Bundesrats anerkannten unisono die Notwendigkeit zur stetigen Verbesserung
der Wasserqualität und der ständigen Modernisierung des dafür rechtlich erforderlichen Rahmens.
Sie befürchten aber, dass die Kosten für die Untersuchung, die Verwaltung sowie das Monitoring der Daten
massiv ansteigen und damit zu einer massiven Belastung der Städte und Gemeinden werden könnten. Dazu
kämen zusätzliche Reinigungsmaßnahmen, die weitere Mittel erforderlich machen würden, wobei
es den Bundesrätinnen und Bundesräten mehr als fraglich erscheint, inwieweit dieser Mehraufwand gerechtfertigt
ist.
Der Antrag auf Mitteilung, in der diese Bedenken geäußert werden, passierte den Ausschuss einstimmig.
Der EU-Ausschuss des niederösterreichischen Landtags hatte im Vorfeld den Bundesrat aufgefordert, eine begründete
Stellungnahme abzugeben. Dies wurde im Rahmen der Debatte von Bundesrat Martin Preineder (V/N) nochmals unterstrichen.
Aufgrund der späten Stellungnahmen aus anderen Bundesländern beschließe man heute aber nur eine
Mitteilung an die EU-Institution, erläuterte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V).
Die Auffassung der Bundesrätinnen und Bundesräte wurde auch vom Experten des Lebensministeriums geteilt.
In den Ratsgruppen werde selbstverständlich keine Fundamentalopposition geübt, sicherte er zu, sollten
die vorliegenden Bestimmungen jedoch umgesetzt werden, würden in Österreich die Grenzwerte in den Gewässern,
auch in Gebirgsbächen, flächendeckend überschritten. Die geschätzten Mehrkosten bezifferte
er mit 18 € pro Einwohner und Jahr. Von österreichischer Seite sei man daher bemüht, einige Stoffe zunächst
einmal auf die Beobachtungsliste zu setzen.
Diese Vorgangsweise wurde auch von Bundesrat Stefan Schennach (S/W) unterstützt, der die Richtlinie prinzipiell
begrüßte und meinte, dass aus einer Liste von 2000 Stoffen lediglich 15 ausgewählt worden seien,
weshalb man seitens der EU ohnehin vorsichtig vorgehe. Dem entgegnete der Experte des Ministeriums, Handlungsbedarf
sei unabhängig von der Anzahl der in die Liste aufgenommenen Stoffe gegeben. Er stimmte Schennach insofern
zu, als dieser vor allem auf das Problem der Hormonpräparate, die über die Menschen in das Wasser gelangen,
hinwies. Unvermeidlich seien auch die ubiquitären Stoffe, die über den Niederschlag in das Grundwasser
gelangen. Der Vertreter der Wirtschaftskammer machte darauf aufmerksam, dass es bei dieser Richtlinie nicht nur
um Industriechemikalien gehe, sondern um Stoffe, die im täglichen Leben emittiert werden, wie zum Beispiel
Schmerzmittel aber auch Kleidungsstoffe. Seiner Meinung nach haben die bisherigen Qualitätskriterien ausgereicht.
Für Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N) sind vor allem toxische Stoffe ausschlaggebend, weshalb sie,
genauso wie Bundesrätin Juliane Lugsteiner (S/N) dafür plädierte, die Verursacher - in diesem Fall
die pharmazeutische Industrie - zur Verantwortung zu ziehen.
Pläne zu Katastrophenschutzverfahren in EU widerspricht Subsidiaritätsprinzip
Hinsichtlich des Vorschlags zu einem Katastrophenschutzverfahren der Union waren sich die Bundesrätinnen und
Bundesräte einig, dass das gegenständliche Vorhaben mit dem Subsidiaritätsprinzip unvereinbar ist.
Im entsprechenden, einstimmig angenommenen Antrag auf Mitteilung wenden sie sich jedoch nicht grundsätzlich
gegen Bemühungen, Katastrophenschutzmaßnahmen innerhalb der Union besser zu koordinieren, da dies Leben
retten und Schäden minimieren kann. Sie machen jedoch darauf aufmerksam, dass der Vorschlag der Kommission
Maßnahmen erfasst, die aufgrund der österreichischen Bundesverfassung in die Kompetenz der Länder
fallen.
Kernpunkte der Pläne sind Vorgaben zur Erstellung und Übermittlung von Risikomanagementplänen durch
die einzelnen Mitgliedstaaten, der Aufbau europäischer Notfallabwehrkapazitäten und ihrer Organisation
sowie haushaltsrechtliche Vorkehrungen und Bestimmungen über Durchführungsrechtsakte. Die Vertreterinnen
und Vertreter der Länderkammer halten es zwar für notwendig, dass die Mitgliedstaaten über entsprechende
Risikomanagementpläne verfügen, es sei aber überflüssig, diese von der Kommission sammeln zu
lassen. Darüber hinaus lehnen sie verpflichtende Vorgaben für die Ausgestaltung der Risikomanagementpläne
ab, da die lokalen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sind. Sie vertreten auch die Auffassung, dass eine europäische
Notfallabwehrkapazität über eine koordinierende und unterstützende Rolle der Union hinaus geht.
Das gleiche gelte für das Recht der Kommission, Kapazitätsziele festzulegen und Qualitätsstandards
vorzuschreiben. Die Möglichkeit von Durchführungsrechtsakten umgeht nach Ansicht des Ausschusses das
in den Verträgen festgelegte institutionelle Gleichgewicht und nimmt den nationalen Parlamenten die ihnen
zukommenden Möglichkeiten der Subsidiaritätskontrolle.
Die Notwendigkeit, bei den einzelnen Risikomanagementplänen die unterschiedlichen geographischen Strukturen
in den Mitgliedsländern zu berücksichtigen, wurde explizit von den Bundesräten Stefan Schennach
(S/W) und Edgar Mayer (V/V) bekräftigt. Die Pläne könnten daher nicht vereinheitlicht werden. Ins
gleiche Horn stießen die Bundesrätinnen Monika Mühlwerth (F/W) und Elisabeth Kerschbaum (G/N),
die meinten, in erster Linie gehe es bei den Risikomanagementplänen um eine bessere Koordination innerhalb
der EU. Die in der Diskussion geäußerten Bedenken wurden auch von der Expertin des Innenministeriums
geteilt, die jedoch darauf hinwies, dass der juridische Dienst des Rats dies anders sieht. Gleichzeitig informierte
sie den Ausschuss, dass fast alle Mitgliedstaaten ähnliche Probleme mit dem nun vorliegenden Dokument haben.
Bundesrat bekräftigt Ablehnung der Kernenergie
Ebenfalls einstimmig passierte ein Antrag auf Mitteilung den Ausschuss, in dem sich die Länderkammer
kritisch mit dem Vorschlag zu einem Energiefahrplan 2050 auseinandersetzt.
Die EU-Kommission will mit ihrem Vorhaben die Ziele für ein CO2-armes Energiesystem bis 2050 erreichen und
die Versorgungssicherheit Europas verbessern. Die nationalen Energiepolitiken sollen demnach aufeinander abgestimmt
werden. In sieben verschiedenen Szenarien werden darin mögliche Wege aufgezeigt, wie die Reduktion der CO2-Emmissionen
um 80% erreicht werden kann, wobei die Kommission keinem Szenario eine Präferenz gibt. In ihren Schlussfolgerungen
hält sie jedoch fest, dass Strom eine steigende Bedeutung haben wird, dafür aber das komplette Erzeugungssystem
umstrukturiert werden müsse. Die Strompreise werden nach Berechnungen der Kommission aufgrund hoher Kapital-
und Investitionskosten steigen, die Kernkraft werde auch weiterhin einen erheblichen Beitrag zum Umwandlungsprozess
leisten, insbesondere wenn Carbon Capture Storage (CCS) verspätet eingeführt wird, hält die Kommission
fest.
Daran knüpft auch die Kritik des Bundesrats an, der einmal mehr der Kernenergie als einer Energiegewinnung
zur Reduzierung von CO2 eine strikte Absage erteilt. In ihrem Antrag halten die Ausschussmitglieder fest, dass
die hohen Kosten für die Lagerung von nuklearen Abfällen und der hohe finanzielle Aufwand für die
Haftung bei Kernenergieunfällen ausgeblendet würden. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sei die
Atomenergie eine teure und hoch subventionierte Energieform. Um die CO2-Ziele bis zum Jahr 2050 zu erreichen, sind
aus österreichischer Sicht eine verbesserte Energieeffizienz, Energiesparen und ein höherer Anteil erneuerbarer
Energien notwendig, konstatieren sie. Ebenso abgelehnt wird die geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid,
Österreich habe deshalb im Dezember des Vorjahrs ein gesetzliches Verbot dieses Verfahrens erlassen.
Die Bundesrätinnen und Bundesräte fordern daher in ihrem Antrag auf Mitteilung, den europa- und weltweiten
Verzicht auf die Nutzung von Kernenergie zu fördern und den Verzicht auf die geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid
zu unterstützen. Außerdem soll die Energieeffizienz in allen wesentlichen Sektoren konsequent gesteigert
und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die Ausschussmitglieder verlangen weiters die langfristige Absicherung
der Energieversorgung durch ausreichende Infrastruktur für Transport und Speicher. Sie plädieren auch
dafür, den Energieverbrauch möglichst gering zu halten, die eigenen Energieressourcen zu schützen,
die Abhängigkeit von ausländischen Energieerzeugern zu senken, den Energieverbrauch unter der Wirtschaftswachstumsrate
zu stabilisieren und strengere Kriterien für Stresstests zu erwirken.
Die Vertreterin des Wirtschaftsministeriums wies darauf hin, dass Österreich mit seiner Sicht der Kernenergie
in Europa alleine dastehe und man sich daher im Energieministerrat um möglichst neutrale Formulierungen bemühe,
um die Nuklearenergie als Low Carbon Energie auszuschließen. Die Kommission gehe aber davon aus, dass bis
2050 keine neuen Atomkraftwerke dazukommen werden. Dem gegenüber meinten Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum
(G/N) sowie Bundesrat Stefan Schennach (S/W), dass Planungen für neue Atomkraftwerke weitergehen würden.
Was das Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid betrifft, so sei Österreich für andere
Mitgliedsländer ein Vorbild, sagte Bundesrat Schennach, er wisse von einigen nationalen Parlamenten, dass
es hier massiven Widerstand gegen dieses Verfahren gebe. Jedenfalls seien die einzelstaatlichen Verbote von der
EU anzuerkennen, wurde Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) seitens des Ministeriums bestätigt.
Bundesrat Stefan Schennach (S/W) schlug darüber hinaus vor, innerhalb der COSAC einen Antrag zu den erneuerbaren
Energien zu initiieren.
Bedenken gegen den Energiefahrplan wurden vom Experten der Wirtschaftskammer geäußert. Dieser meinte,
die angepeilte CO2-Reduzierung sei nur mit Energieformen zu erreichen, die man eigentlich nicht haben möchte.
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