10 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer zweckbestimmt?  

erstellt am
27. 03. 12

 Kurz: Wer zahlt, soll mitreden können
Nach einem Vorschlag von Sebastian Kurz sollen Steuerzahler in Zukunft durch eine freiwillige Widmung von 10 Prozent der Lohn- bzw. Einkommenssteuer mitentscheiden können, was mit ihrem Steuergeld finanziert wird.
Wien (övp-pd) - JVP-Bundesobmann Staatssekretär Sebastian Kurz arbeitet im Auftrag von ÖVP-Chef Michael Spindelegger an einem Paket für mehr direkte Demokratie. Die Vorschläge gehen dabei über den Bereich Wahlrechtsreform und Volksabstimmungen noch hinaus.

Die Steuerzahler tragen mit ihrer Lohn- und Einkommenssteuer wesentlich zum Erhalt des Systems bei. Aber niemand weiß, wohin seine Beiträge fließen, noch kann mitentschieden werden, was mit dem Geld passiert. JVP-Chef Kurz fordert daher, dass man 10% seiner Lohn- bzw. Einkommenssteuer für einen bestimmten Zweck widmen kann. Ö1 Audio

In einem ersten Schritt sollen die Bürger einmal jährlich informiert werden, wohin ihre Lohn- und Einkommenssteuerbeiträge geflossen sind, z.B. in Bildung, Kinderbetreuung, Infrastruktur, etc. In einem zweiten Schritt sollen Steuerzahler die Möglichkeit haben, einen Teil ihrer Steuer einem bestimmten Bereich zu widmen.

In einigen Schweizer Kommunen wurde eine solche teilweise Steuerwidmung bereits erfolgreich umgesetzt. Das Ergebnis: In den Modellregionen gibt es eine bessere Wirtschaftsleistung, es werden weniger Steuern hinterzogen und die Verschuldungsrate liegt weiter unter dem Durchschnitt. Aus wirtschaftlicher Sicht spricht daher alles für eine Steuergeldwidmung!

 

Amann: Die beste "Zweckwidmung" der Lohn- und Einkommenssteuern ist eine Senkung!
Der Bedarf von Wirtschaft und Konsumenten liege auf der Hand: Weniger Abgaben, weniger Steuern. Der Kurz-Vorschlag sei ein "billiges Ablenkungsmanöver" vom "Schröpfpaket" der Regierung.
Wien (rfw) - Die beste "Zweckwidmung" der Lohn- und Einkommenssteuern ist eine Senkung", so WKÖ-Vizepräsident RfW-Bundesobmann Fritz Amann. Der Vorschlag von ÖVP- Staatssekretär Kurz, wonach zehn Prozent der Lohn- und Einkommenssteuern via Steuererklärung zweckgewidmet werden sollten, sei reine "Augenauswischerei" und ein "billiges Ablenkungsmanöver" von den massiven Belastungen durch das Sparpaket.

Das "Schröpfpaket" der Großen Koalition werde die Abgabenquote aller Voraussicht nach noch einmal um rund zwei Prozent auf etwa 46 bis 47 Prozent in die Höhe schrauben. Unternehmern und Arbeitnehmern wäre deutlich mehr gedient, wenn die Steuerlast im Höchststeuerland Österreich um die angesprochenen zehn Prozent, also rund 2,7 Milliarden Euro, gesenkt würde. "Bliebe mehr Geld bei den Unternehmen und bei den privaten Haushalten, könnten diese es wirklich "zweckwidmen", in Investitionen ins Unternehmen, in mehr Arbeitsplätze, in Wirtschaftskraft, in mehr Kaufkraft", so Amann. Außerdem würde der Vorschlag einen massiven bürokratischen Mehraufwand verursachen, auch die Frage der Administrierung sei völlig unklar. Dass die direkte Demokratie dafür "herhalten" müsse, um von der Belastungswelle durch Schwarz-Rot abzulenken, sei zudem "unwürdig"."

Auch die Argumentation, dass dann die Politiker erfahren würden, was die Steuerzahler wollen und wo konkret Bedarf bestehe, sei abstrus. "Allein die Diskussion um das Sparpaket hat gezeigt, dass es Rot und Schwarz nicht interessiert, was die Steuerzahler wollen, auch die Kritik von Interessenverbänden und Experten verhallt ungehört. Der Bedarf der Wirtschaft und der Konsumenten liegt ganz klar auf der Hand: Weniger Abgaben, weniger Steuern", so Amann.

 

Bucher: Kurz will von wirklichen Problemen des Landes ablenken
Regierung soll Steuern senken und Österreicher bei Griechenlandhilfen mitentscheiden lassen
Wien (bzö) - "Der Vorschlag von ÖVP-Staatssekretär Kurz, wonach die Steuerzahler die Möglichkeit erhalten sollen, einen Teil der Lohnsteuer Zweck zu widmen, ist ein reines Ablenkungsmanöver von den wirklichen Problemen des Landes. Außerdem ist dieser Vorstoß völlig unglaubwürdig, da die rot-schwarze Bundesregierung soeben genau das Gegenteil gemacht hat, indem die Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung fälschlicherweise abgeschafft wurde", so BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher.

Bucher weist darauf hin, dass eine Steuerzweckwidmung einen massiven Bürokratieaufwand bedeuten würde, denn eine Schar an Beamten müsste die Eingaben administrieren. "Rot und Schwarz sollen lieber die Steuern senken, Bürokratie abbauen und die Menschen über die Milliardenhilfen für Griechenland mitentscheiden lassen", fordert der BZÖ-Chef.

 

 Kogler: Rohrkrepierer der Sonderklasse
ÖVP versucht verzweifelt von Korruptionsfällen und fehlender Transparenz abzulenken
Wien (grüne) - "Der neue Populismus-Vorstoß von ÖVP-Integrationsstaatssekretär Kurz ist ein Rohrkrepierer der Sonderklasse. Ein politischer Irrläufer des Staatssekretärs", kommentiert Werner Kogler, Budgetsprecher und stv. Bundessprecher der Grünen, den Vorstoß des ÖVP-Politikers, 10 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuer per Steuererklärung zweckzuwidmen. "Eine solche Zweckwidmung würde große Teile der Bevölkerung, die keine Einkommenssteuer aber viele andere Steuern wie etwa die Umsatzsteuer zahlen, von der Mitbestimmung ausschließen. Anschaffen würden im Kurz-Vorschlag also die Besserverdienenden. Direkte Demokratie, Herr Staatssekretär, sieht anders aus!"

Dieser unernst und unmachbare Vorschlag Kurz' könne bestenfalls als ÖVP-Manöver gedeutet werden, um von den Korruptionsfällen in der ÖVP und der mangelnden Transparenz und Bereitschaft, ernsthafte Reformen der Parteienfinanzierung anzugehen, abzulenken.

 

 Haneder: Kurz-Idee ist undemokratisch
Vorstoß schließt ganze Bevölkerungsgruppen von Mitbestimmung bei Zweckwidmung aus
Wien (ak-nö) - Selbst bestimmen, wofür die gezahlte Steuer verwendet wird? Laut jüngstem Vorstoß von Staatssekretär Sebastian Kurz sollen die SteuerzahlerInnen künftig zehn Prozent ihrer Lohn- und Einkommenssteuer zweckwidmen können. Was auf den ersten Blick interessant klingt, ist für den Präsidenten der NÖ Arbeiterkammer, Hermann Haneder, in der Praxis "realitätsfremd und undemokratisch".

"Ganze Bevölkerungsgruppen liegen unter der Steuergrenze und hätten somit überhaupt keine Möglichkeit der Zweckwidmung. Arbeitslose, Teilzeitbeschäftigte, NiedrigstverdienerInnen, Lehrlinge oder MindestpensionistInnen wären folglich von diesem demokratischen Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen", zeigt sich Haneder empört. Eine Demokratie zeichne sich laut dem Präsidenten durch den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger aus, der Kurz-Vorstoß bedeute aber eine Verschiebung der Gestaltungsmacht hin zu den SpitzenverdienerInnen bzw. einkommensstarken UnternehmerInnen nach dem Motto "Geld regiert die Welt". "Der Vorschlag von Kurz ist in höchstem Ausmaß undemokratisch und somit ein kurioser Gedanken-Ausflug in Gesellschaftsmodelle der Vergangenheit", so der AKNÖ-Präsident.

 

 Neumayer: Brauchen mehr Transparenz und Effizienz bei Staatsausgaben
Möglichkeit der Zweckbindung zur Schuldenrückführung mitbedenken - Mit Transparenz mehr Bewusstsein für Kosteneffizienz schaffen
Wien (pdi) - Als "wichtigen Impuls für eine Debatte über die Verantwortung der Politik gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern" bezeichnete der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, den Vorschlag von JVP-Obmann Sebastian Kurz, eine freiwillige Steuerwidmung als neue Form der Bürgerbeteiligung anzudenken. "Mehr Transparenz darüber, wofür die von den Bürgerinnen und Bürgern aufgebrachten Steuermittel tatsächlich verwendet werden, wäre neben der Mitbestimmungsmöglichkeit auch ein wichtiger Beitrag, um mehr Bewusstsein für Kosteneffizienz zu schaffen", so Neumayer. Derzeit sei es in fast allen Bereichen so, dass den Bürgerinnen und Bürgern keine Informationen zugänglich sind, wo überhaupt Ineffizienzen vorliegen und kein Mittel gegeben wird, etwas dagegen zu unternehmen: "Ob im Bereich der Schulen oder der Universitäten, der Gesundheit oder der Pensionen - durch ineffiziente Strukturen gehen enorme Beträge verloren", betonte Neumayer. Beispiele aus Schweizer Kantonen zeigten die positiven Effekte für das Gemeinwesen und die einzelnen Bürgerinnen und Bürger.

Im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Standortes sollte im Falle einer tatsächlichen Bürgerbeteiligung aber jedenfalls auch die Möglichkeit einer "Zweckwidmung der Steuermittel für den Schuldenabbau" vorgesehen werden, so Neumayer: "Wir sind überzeugt, dass hier die Bevölkerung längst weiter ist, als die Politik selbst: Wer will schon die Zukunft seiner Kinder und Enkel mit einem erdrückenden Schuldenrucksack belasten?" Insgesamt sei eine Transformation des Staates "hin zu einer effizienten, transparenten Ausgabenstruktur und zu mehr Verantwortung im Umgang mit Steuermitteln" zu begrüßen.
     

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