Initiative von NR-Präsidentin Prammer im Vorfeld des Gedenktages
Wien (pk) - Bereits zum dritten Mal wird im Vorfeld des Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus, der
heuer am 4. Mai im Parlament begangen wird, ein Jugendprojekt durchgeführt. Diesmal befassen sich die jungen
Menschen mit dem Thema "NS-Euthanasie". Im Jahr 2010 haben sich Jugendliche mit der sogenannten "Mühlviertler
Hasenjagd" beschäftigt, 2011 standen die Außenlager des KZ Mauthausen im Mittelpunkt der Auseinandersetzung
mit dem NS-Terrorregime.
Ziel des Projekts ist es, Jugendlichen die Gelegenheit zu bieten, sich längerfristig mit einem konkreten Teilbereich
des Nationalsozialismus zu beschäftigen, damit die Vergangenheit in das Heute zu holen und Anknüpfungspunkte
in den Lebensrealitäten der Jugendlichen zu finden.
Am diesjährigen Projekt beteiligen sich SchülerInnen der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege
am SMZ Ost/Donauspital, eine Klasse der HTL Steyr sowie Lehrlinge aus unterschiedlichen Lehrwerkstätten von
Jugend am Werk aus Wien. Sie nähern sich dem Thema seit Oktober 2011. Basierend auf historischen Dokumenten,
Biografien, wissenschaftlicher Literatur, Bildern, Internetseiten und Gesprächen sollen unter anderem kleine
Ausstellungen, aber auch eine Landkarte zu Euthanasie-Opfern sowie Broschüren, Zeitungen und Werkstücke
entstehen, die sich auf die angestrebten Berufe der Jugendlichen beziehen.
Am 3. Mai 2012 werden alle Gruppen im Parlament zusammentreffen und das Projekt gemeinsam reflektieren. Geplant
ist darüber hinaus ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Friedrich Zawrel, einem Überlebenden der Kinderfachabteilung
"Am Spiegelgrund", sowie mit PolitikerInnen. Eingeladen zu diesem Treffen ist auch eine Gruppe der Hauptschule
Hartkirchen, die die jährliche Gedenkfeier im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim am 1. Oktober 2011 mitgestaltet
und sich dazu mit Biografien von Opfern befasst hat.
Die Ergebnisse des diesjährigen Jugendprojekts werden am 4. Mai 2012 in der Säulenhalle des Parlaments
präsentiert, die Jugendlichen werden auch die Gedenkveranstaltung im Parlament als Gäste besuchen.
Um sich das nötige historische Grundwissen anzueignen, haben die Gruppen zunächst die Dauerausstellung
des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands besucht. Inhalte zum Thema NS-Euthanasie wurden
im Rahmen von Workshops im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim und in der Gedenkstätte am Steinhof erarbeitet.
In Steinhof wurden rund 800 Kinder mit Behinderungen ermordet. Hartheim war eine der sechs so genannten Pflegeeinrichtungen,
die als Euthanasieanstalten zu Tötungszentren umfunktioniert worden waren. Einige TeilnehmerInnen haben im
Rahmen des Projekts auch die Synagoge und das Jüdische Museum in Wien sowie die Gedenkstätte Mauthausen
besucht.
Die SchülerInnen aus dem SMZ Ost haben die Rolle des Pflegepersonals in der Zeit des Nationalsozialismus intensiv
beleuchtet und mit ihrer Ausbildung und Berufspraxis verknüpft. Die Reflexion darüber, was es bedeutet,
ethisch und respektvoll mit PatientInnen umzugehen, wird in Form einer Zeitung zusammengefasst. Die Lehrlinge wiederum
gingen dem Alltagsrassismus, der Sogwirkung von Propaganda, dem Umgang mit Menschen mit Behinderung sowie der Frage
nach dem "Wert" des Lebens nach, die sie in Werkstücken und einer kleinen Ausstellung verarbeitet
haben. Im Mittelpunkt der Betrachtungen der HTL-SchülerInnen stand die Frage nach der Zivilcourage gestern
und heute. Dazu wurden Biografien von acht Personen erstellt, die Widerstand gegen die NS-Euthanasie geleistet
haben. Eine Landkarte verknüpft die Heimatorte der SchülerInnen mit den Geburtsorten von Opfern der NS-Euthanasie
und schafft somit lokale Beziehungspunkte. Überdies hat die Gruppe eine Broschüre mit Texten zum Projekt
erarbeitet. |