Industrie kämpft mit konjunkturellen Unsicherheiten   

erstellt am
04. 04. 12

Gleichbleibende Einschätzung der künftigen Geschäftsentwicklung - Fragezeichen im Export - Rückgang der Auftragseingänge zum Ende des Vorjahrs - Deutliches Plus bei Lehranfängern
Wien (pwk) - "Wir haben es aktuell mit einer schwierigen Situation zu tun. Gesamtwirtschaftlich gesehen wird mit einem Wachstum von bis zu 0,8 Prozent für 2012 gerechnet. Für die Eurozone selbst, in der sich die größten Exportpartner der Industrie befinden, wird aber kein Wachstum prognostiziert", betonte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie, Manfred Engelmann, am 04.04. Gleichzeitig kämpfe die Industrie - durch die bereits im Vorjahr beschlossenen Budgeteinsparungen sämtlicher Gebietskörper-schaften - mit rückläufigen Aufträgen von Infrastrukturprojekten. Hauptbetroffen: Die heimische Bauwirtschaft und baunahen Branchen. In der Folge verliefen die Inlandsaufträge der heimischen Industrie seit Jahresmitte 2011 schleppend und zu Jahresende waren sie sogar leicht rückläufig. Durch die in der Zwischenzeit mit dem Stabilitätsgesetz 2012 beschlossenen Budgeteinsparungsmaßnahmen ist auch für heuer wenig "Besserung" zu erwarten.

So zeigt die von der Bundessparte Industrie durchgeführte Konjunktureinschätzung der Industriefachverbände betreffend die Merkmale "Produktion", "Auftragseingänge" sowie "Beschäftigte" für das Startquartal 2012 eine mehr oder weniger gleichbleibende Entwicklung der Industriekonjunktur. Bei der Produktion rechnen zwei Drittel der Betriebe mit einer gleichbleibenden Entwicklung, die beiden Fachverbände Papier sowie Stein/Keramik einen geringen Rückgang sowie drei Branchen - Holz, Maschinen/Metallwaren und Textil/Bekleidung/Schuh/Leder - erwarten einen leichten Anstieg. Die Einschätzung der Auftragseingänge für das 1. Quartal 2012 fällt bei über 80 % gleichbleibend aus. Rund 70 % der Branchen erwarten zudem eine gleichbleibende Beschäftigtenentwicklung, drei Fachverbände - NE-Metall, Bergwerke/Stahl sowie Maschinen/Metallwaren - rechnen mit einem Beschäftigtenanstieg hingegen ein Fachverband - Glas - mit einem Beschäftigtenrückgang.

Unklare Exportentwicklung auf den Hoffnungsmärkten
"Die Industriekonjunktur entscheidet sich am Exportmarkt", so Engelmann. Dreiviertel der industriellen Auftragseingänge kommen aus dem Ausland. Die durchschnittliche Exportquote der Industrie liegt bei knapp unter 60 %, wobei einzelne Branchen, wie bei-spielsweise Fahrzeuge, Gießereien und Papier zwischen 75 % und 90 % ihrer Herstellung weltweit exportieren. In der Einschätzung der Auslandsaufträge stoße man jedoch gerade in den nächsten Monaten auf mehr oder weniger große "Unsicherheiten".

Während die nordamerikanische Wirtschaft und auch die asiatischen Märkte, in die immerhin je 6 % unserer Exporte gehen, nach wie vor als Hoffnungsmärkte der heimischen Industrie angesehen werden können, sind die wirtschaftlichen Entwicklungen und in der Folge die Exportaufträge der heimischen Betriebe in Ländern wie Italien, Spanien, Portugal, aber auch Ungarn, von Griechenland ganz zu schweigen, durch deren Budgetkonsolidierungen als äußerst schwierig einzustufen. Alleine in diese oben erwähnten EU-Länder gehen jedoch 14 % der österreichischen Exporte!

Industrielehre: 10 % mehr Lehranfänger
Ein deutliches Plus verzeichnet die Industrie im Bereich der Lehranfänger. Bereits zum zweiten Mal in Folge konnte deren Zahl gesteigert werden, heuer um exakt 10,8 Prozent. "Wir wissen, dass eine wesentliche Herausforderung in der Zukunft die Sicherstellung des Fachkräftebedarfs insbesondere in technisch-handwerklichen bzw. technisch-naturwissenschaftlichen Berufen ist. Deshalb haben wir unsere Anstrengungen verstärkt, um das Fachkräftepotential von Morgen zu heben", so Engelmann.

Die Gesamtzahl der Lehrlinge beträgt über alle Sparten lt. offizieller Lehrlingsstatistik der WKÖ (zum Zeitpunkt 31.12.2011) 128.078, das ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 1,3 %. Zurück gegangen ist auch die Gesamtzahl der Lehranfänger um etwa 0,7 %. Ausnahme von dieser Entwicklung ist die Sparte Industrie mit einem Zuwachs von 10,8 %, gefolgt von Handel (+ 3,6 %) und Gewerbe (+ 1,1 %). Den größten Rückgang bei den Lehranfängern verzeichneten die Überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen (ÜBA) mit fast 18 %. Nach der Neuordnung der Lehrberufe im Metall- und Elektrobereich zu Modul-Lehrberufen zählen diese Lehrberufe nun zu den beliebtesten bei der männlichen Jugend. Metalltechnik scheint erfreulicherweise auch noch unter den Top 10-Lehrberufen bei Mädchen auf.

Gesamtjahr 2011: Starker Produktionswert und leichtes Personalplus
Mit einem Produktionswert von 143,9 Mrd. EUR konnte die heimische Industrie 2011 den 2008 erzielte Wert von 138,6 Mrd. EUR nominell erstmals wieder übertreffen. Im Vergleich zu 2010 vergrößerte sich die Produktion im vergangenen Jahr um nominell 13,0 %. Real bedeutet dies ein Plus von 9,1 %. Betrachtet man die einzelnen Industrie-Branchen, so zeigt sich, dass 2011 neben den Branchen Gas/Wärme und Mineralöl, die taditinell stark von den Rohstoffpreisentwicklungen abhängen, die Industriezweige Bergbau und Stahl, Fahrzeuge, Maschinen & Metallwaren sowie NE-Metall ihr Produktionsniveau überdurchschnittlich steigern konnten. Die geringsten Produktionszuwächse erzielten hingegen die Branchen Glas, Stein/Keramik und Textil/Bekleidung/Schuh/Leder.

Gesamt gesehen konnten rund die Hälfte der Industriefachverbände den starken Konjunktureinbruch im Jahr 2009 wieder ausgleichen. Im Durchnschnitt lag der Produktionswert 2011 nominell nur um 3,8 % über dem Ergebnis 2008 - dem Jahr vor dem Einbruch. Die um Storni bereinigten Auftragseingänge der Industriebetriebe betrugen im Gesamtjahr 2011 nach den vorläufigen Ergebnissen 85,7 Mrd. EUR. Damit lagen sie um nominell 6,15 % bzw. um 5 Mrd. EUR über den Werten des Jahres 2010, jedoch immer noch um 1,6 Mrd. EUR unter dem bisherigen Höchststand des Jahres 2007! Während die inländischen Auftragseingänge, die rund ein Viertel der gesamten Eingänge ausmachen, mit 23,3 Mrd. EUR um 4,6 % über dem Wert von 2010 lagen, konnten die ausländischen Auftragseingänge der Industriebetriebe 2011 mit 62,4 Mrd. EUR um 6,8 % zulegen. Im Verlauf des Jahres 2011 verlangsamte sich von Quartal zu Quartal jedoch die Entwicklung der Auftragseingänge. Vor allem die ausländischen Auftragseingänge brachen im Schlussquartal 2011 um 6,7 % zum Vorjahresquartal ein (November 2011: - 7 %, Dezember 2011: - 15,6 %).

Die Anzahl des Eigenpersonals in den österreichischen Industriebetrieben erhöhte sich im abgelaufenen Jahr um 1,71 % auf insgesamt 404.456 Arbeitnehmer und lag damit um 6.811 Beschäftigte über dem Jahresdurchschnitt 2010. Zählt man zum Eigenpersonal das in der Industrie tätige Fremdpersonal hinzu, so wies der Gesamtbeschäftigtenstand 2011 insgesamt 429.225 Arbeitnehmer aus, ein Plus von 2,69 % zum Stand des Jahres 2010.

Im Export konnte die Industrie 2011 in der mit großem Abstand bedeutendsten Produkt-gruppe punkten: Maschinenexporte nahmen mit einem Wert von fast 22 Mrd. Euro 18 % der Gesamtexporte ein. Ihr Exportvolumen wuchs gegenüber dem Vorjahr um 13,2 %. Dahinter folgten "Elektrische Maschinen und Apparate" (Anteil von 10 %) sowie "Kraftfahrzeuge (Anteil von 9 % an Gesamtexporten; + 18 % gegenüber dem Vorjahr)". Die 5 größten Exportwarengruppen machen zusammen rund die Hälfte der österreichischen Ausfuhren aus.
     
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