Österreichisch-Tschechischer Verfassungsdialog   

erstellt am
12. 04. 12

Verfassungsausschuss des Nationalrats trifft tschechische Kollegen
Wien (pk) - Eine Delegation des Verfassungsausschusses der tschechischen Snemovna unter der Leitung des Abgeordneten Marek Benda besuchte am Vormittag des 11.04.das Hohe Haus und traf dabei mit Mitgliedern des Verfassungsausschusses des Nationalrats zu einem Gedanken- und Informationsaustausch zusammen. Von österreichischer Seite nahmen an dem Treffen die Abgeordneten Peter Wittmann, Sonja Steßl-Mühlbacher (beide S), Wolfgang Gerstl (V), Harald Stefan (F) und Daniela Musiol (G) teil. Kernpunkte des Gesprächs waren Kontrollinstrumente des österreichischen Parlaments sowie der Zugang zur direkten Demokratie in den beiden Nachbarländern.

Auf die Frage Bendas nach der Rolle des österreichischen Rechnungshofs ging Wittmann auf die Arbeit und Kompetenzen dieses Kontrollorgans des Nationalrates ein. Er betonte die nach "übereinstimmender Meinung" aller Fraktionen hohe Qualität der Arbeit des Rechnungshofs. Unterschiedlicher Ansicht seien Opposition und Regierungsparteien allerdings, wie weit die Kompetenzen des Rechnungshofs reichen sollten. Hier bestimme zumeist der Standort den Standpunkt, erklärte Wittmann. Musiol wies ergänzend auf aktuelle Diskussionen bezüglich der Prüfbefugnisse des Rechnungshofs hin und nannte als strittige Bereiche die budgetäre Überprüfung von kleineren Gemeinden beziehungsweise von staatsnahen Unternehmen.

Wittmann erwiderte die Ausführungen der G-Abgeordneten mit einem Hinweis auf das Spannungsfeld der Kompetenzverteilung zu den Bundesländerprüfstellen, in dem der Rechnungshof seine Arbeit zu leisten habe. Insgesamt, so Wittmann, werde die Prüfung der budgetären Handhabung in Bund und Ländern jedoch ausgedehnt.

Seit einem Jahr kann der Rechnungshof auch Gemeinden in der Größe von über 10.000 EinwohnerInnen prüfen, merkte Abgeordneter Gerstl dazu an und zollte dem Hilfsorgan des Nationalrats Anerkennung, die eigens notwendige Aufbereitung neuer Prüfkriterien geschafft zu haben, ohne über erweiterte Ressourcen zu verfügen. Gerstl betonte auch, dass der Rechnungshof nur zur nachträglichen Prüfung ermächtigt ist, er also nicht die von vielen kleineren Gemeinden gewünschte Kompetenz zur "vorauseilenden" Kontrolle hat.

Weitere Themen der Unterredung waren sodann parlamentarische Kontrollinstrumente wie das Misstrauensvotum und die Ministeranklage sowie Aspekte der parlamentarischen Immunität, der Parteienfinanzierung und der Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption. Wittmann verwies in diesem Zusammenhang auch auf eine geplante Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich als gewaltige Umstellung des Rechtswesens auf administrativer Ebene erweisen könnte. Dies sei allerdings, betonte Wittmann, eine Zweidrittelmaterie, sodass die Debatten darüber wohl noch andauere.

Schließlich sprachen die Mandatare noch Fragen der direkten Demokratie an, wobei Stefan ausführte, dass es sehr sinnvoll sei, wenn die Öffentlichkeit Themen von sich aus an die Politik herantragen könne, denn dies erweise sich oft als ein wichtiges Regulativ. Auch Musiol unterstrich bei dieser Gelegenheit ihre Präferenz für mehr Möglichkeiten direkter Demokratie in den politischen Abläufen.
     
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