EU-US-Fluggastdatensatz(PNR)-Abkommen  

erstellt am
20. 04. 12

EU-Parlament stimmt Fluggastdatenabkommen mit den USA zu
Straßburg (europarl) - Ein neues EU-US Abkommen zur Weitergabe von EU-Fluggastdaten an die US-Behörden wurde am 19.04. vom Parlament angenommen. Die Vereinbarung regelt die rechtlichen Voraussetzungen für diese Datenübertragungen und deckt Themen wie Aufbewahrungsfristen, Zweck der Datennutzung, Datenschutzgarantien und rechtliche Einspruchsmöglichkeiten ab. Sie ersetzt ein vorläufiges Abkommen, das seit 2007 zur Anwendung kommt.

Das EU-US-Fluggastdatensatz(PNR)-Abkommen wurde mit 409 Ja-Stimmen gegen 226 Nein-Stimmen bei 33 Enthaltungen angenommen. Ein Teil der Abgeordneten stimmte wegen Bedenken in Hinblick auf Datenschutzstandards dagegen, darunter auch Berichterstatterin Sophie in 't Veld (ALDE, NL), die im Anschluss an die Abstimmung ihren Namen von dem Bericht entfernen ließ. Der Vorschlag, das Abkommen dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen, wurde von den Parlamentariern zurückgewiesen.

Aufbewahrungsfristen und Verwendungszwecke
Basierend auf dem neuen Abkommen werden US-Behörden die PNR-Daten bis zu fünf Jahren in einer aktiven Datenbank speichern. Nach sechs Monaten ist jedoch eine "Anonymisierung" jener Daten vorgesehen, die dazu dienen könnten, einen Passagier zu identifizieren. Kontaktinformationen sowie der Name des Passagiers würden demnach verschlüsselt.

Nach den ersten fünf Jahren sollen die Daten nach der neuen Regelung in einer "ruhenden Datenbank" für bis zu weitere zehn Jahre gespeichert werden, auf die die US-Behörden jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff haben. Nach Ablauf dieser Frist sollen die Daten komplett anonymisiert werden. Jegliche zur Identifizierung eines Passagiers geeignete Information soll gelöscht werden. Für einen bestimmten Fall benötigte Informationen werden so lange in der aktiven PNR-Datenbank geführt, bis die Untersuchung beendet und archiviert ist.

PNR-Daten werden vor allem zur Prävention, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung im Kampf gegen Terrorismus und schwere grenzüberschreitende Straftaten verwendet. Unter letzteren versteht man Verbrechen, für die Haftstrafen von mindestens drei Jahren unter US-Recht drohen. PNR-Daten sollen ferner dazu dienen, Personen zu identifizieren, die einer genaueren Befragung oder Untersuchung unterzogen werden.

Sensible Daten
Sensible Daten, die Hinweise auf die ethnische Herkunft, Religion, die körperliche oder geistige Gesundheit oder die sexuelle Ausrichtung eines Fluggastes enthalten, könnten in Ausnahmefällen verwendet werden, wenn das Leben einer Person gefährdet ist. Diese Daten sind meistens mit der religiös bedingten Auswahl einer Mahlzeit oder Anträgen auf Unterstützung aus medizinischen Gründen verbunden. Auf Angaben dieser Art soll nur in einzelnen Fällen zurückgegriffen werden. Es ist vorgesehen, sie nach 30 Tagen komplett zu löschen, so sie nicht im Rahmen einer gezielten Untersuchung gebraucht werden.

Rechtshilfe
EU-Bürger haben übereinstimmend mit US-Recht Anspruch auf administrative und rechtliche Wiedergutmachung, sollten ihre Daten missbräuchlich verwendet werden. Ferner steht es ihnen zu, ihre PNR-Daten einzusehen und eine Richtigstellung beim Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten (Department of Homeland Security/DHS) zu verlangen. Dies beinhaltet die Löschung der Datensätze, sollten diese fehlerhaft sein.

Hintergrund
Fluggastdatensätze (PNR-Daten) werden durch die Fluggesellschaften bei der Buchung erhoben und umfassen unter anderem Namen, Adresse, Kreditkartendaten und Platznummer des Passagiers. Nach US-Recht müssen Fluggesellschaften diese Daten vor Abflug dem Department of Homeland Security zur Verfügung stellen. Dies gilt für Flüge in die oder aus den USA.

Im Mai 2010 verschob das Parlament eine Abstimmung zum Fluggastdatensatz-Abkommen, das die USA seit 2007 auf provisorischer Basis anwenden, aufgrund erheblicher Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Die Parlamentarier vertraten die Ansicht, dass die Kommission zunächst ein neues Abkommen aushandeln müsse, was 2011 auch geschah.

Das Europäische Parlament nahm ein PNR-Abkommen mit Australien im Oktober 2011 an. Momentan verhandelt die EU in der gleichen Sache mit China.

Die nächsten Schritte
Justiz- und Innenminister werden das Abkommen am 26. April abzeichnen. Das neue Abkommen wird den seit 2007 geltenden Text ersetzen und sieben Jahre lang gelten.

 

Weidenholzer/Leichtfried: PNR-Abkommen mit den USA öffnet Büchse der Pandora
Mehr gesammelte Daten bedeuten nicht mehr Sicherheit
Wien (sk) - "Mit der Zustimmung zum Fluggastdatenabkommen mit den USA öffnet das Europäische Parlament die Büchse der Pandora. Dieses datenschutzrechtlich bedenkliche Abkommen wird dann auch für ähnliche Verträge Modell stehen", so der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer am 19.04.. Es sei nicht verständlich, warum von konservativer Seite das PNR-Abkommen (Passagiernamensregister) befürwortet werde, denn auch dort sei man sich den inhaltlichen Mängeln bewusst. "Wäre es nicht besser, das Abkommen abzulehnen und neue Verhandlungen zu beginnen, anstatt die Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger an die USA auszuliefern?", fragt Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.

Der Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried ergänzt: "Mit dem PNR-Abkommen wird ein weiterer Schritt gesetzt, die bürgerlichen Freiheiten einzuschränken." Er kritisiert, dass man derzeit dazu übergehe, alle Menschen unter Generalverdacht zu stellen. "Egal, ob man Flugpassagier ist, telefoniert oder im Internet surft, man ist ein potentieller Terrorist", so Leichtfried. Immer wieder werde damit argumentiert, dass diese Maßnahmen die Sicherheit für Alle erhöhen würden. Beispiele zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall sei. "Gesammelte Daten bedeuten noch nicht, dass wir sicher sind. So stand etwa der Attentäter von Toulouse auf einer No-Fly-Liste des FBI. Seine Verbrechen wurden dadurch aber nicht verhindert", sagt Weidenholzer abschließend.

 

 Pirker: Sozialdemokraten wollen Datenschutz- Wildwest
Europäische Volkspartei stimmt für Fluggastdaten-Abkommen mit USA
Straßburg (övp-pd) - Die Europäische Volkspartei (EVP) wird heute Mittag im EU-Parlament dem Fluggastdaten-Abkommen zwischen der EU und den USA zustimmen. Das Abkommen legt Regeln für die Übermittlung und Verwendung von Passagierdatensätzen aus der EU durch das US-Heimatschutzministerium fest. "Natürlich ist das nicht das Maximalabkommen, das wir uns selber geschrieben hätten. Aber bei Verhandlungen trifft man sich eben in der Mitte", erläutert Hubert Pirker, Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament, die Entscheidung. "Wer zum Abkommen nein sagt, der will ein Datenschutz-Wildwest; der will, dass die USA ohne jegliche Schranken mit den Daten machen können, was sie wollen", so Pirker in Richtung der Gegner. Mit dem Abkommen werde "ein klarer Rechtsrahmen für einen kontrollierten Datentransfer aus Europa in die USA geschaffen", so Pirker in Straßburg.

Es sei "ganz normal und ihr gutes Recht", dass die USA wie jeder andere Staat selbst entscheiden, unter welchen Bedingungen jemand ins Land einreisen darf. "Wir regeln jetzt, dass die USA die Daten ausschließlich zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität verwenden dürfen und im Falle eines Treffers Europol und die Sicherheitsbehörden in den Mitgliedstaaten verständigen müssen. Das bedeutet ein Mehr an Sicherheit für Europas Bürger", betont Pirker. "Wenn Grüne und SPÖ-Abgeordnete gegen dieses Abkommen stimmen, dann riskieren sie damit, dass ein rechtsfreier Raum entsteht und die USA die Fluggesellschaften einfach zwingen, die Daten zu übermitteln, wenn sie Landeslots haben wollen." Außerdem provozierten sie damit lange Warteschlangen und komplizierte Einreisechecks für EU-Bürger bei Geschäfts- oder Urlaubsreisen in die USA, so Pirker.

Die Daten werden nach sechs Monaten anonymisiert und nach fünf Jahren in eine sogenannte "ruhende" Datenbank überführt. Entscheidend ist auch, dass die Daten nach dem "Push-Prinzip" kontrolliert ausgehändigt werden, das heißt, die Daten werden nur auf Anfrage übermittelt; die USA können nicht selbständig darauf zugreifen. "Europäische Bürger genießen durch das Abkommen mehr Reisekomfort, mehr Rechtssicherheit und wesentlich mehr Datenschutz als ohne Abkommen und als dies gegenwärtig der Fall ist. Deshalb wird die ÖVP für das Abkommen stimmen", so Pirker abschließend.

 

Mölzer: Abkommen bringt ausschließlich den USA Vorteile
USA haben Zugriff auf sämtliche Daten ab der Buchung und können nach Belieben darüber verfügen - EU-Kommission hat bei Verhandlungen mit Washington völlig versagt
Wien (fpd) - Das Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten mit den USA, über das im Europäischen Parlament abgestimmt wurde, sei entschieden abzulehnen, sagte der freiheitliche EU-Delegationsleiter Andreas Mölzer. "Dieses Abkommen bietet keinen ausreichenden Schutz von personenbezogenen Daten europäischer Bürger. Insbesondere können die Daten auch weiterhin nach Ermessen der USA an Drittstaaten übermitteln werden, und es gibt auch keine Gleichbehandlung europäischer Flugreisender mit jenen der USA", erklärte Mölzer.

Weiters machte der freiheitliche EU-Mandatar auf den Umstand aufmerksam, dass das Fluggastdatenabkommen als "Executive Agreement" eingestuft werde. "Das bedeutet, dass es nicht dem Kongress zur Ratifizierung vorgelegt wird und deshalb für die USA auch gar nicht rechtlich bindend ist. Umgekehrt haben die USA aber Zugriff auf sämtliche Daten ab der Buchung, was noch dadurch verschlimmert wird, dass sich die Datencenter aller vier großen, globalen Buchungsdatenbanken in den Vereinigten Staaten befinden, die sich seit 2001 mit administrativen Verfügungen nach Belieben bedienen können", führte Mölzer aus.

Schließlich kritisierte der freiheitliche Europaabgeordnete das völlige Versagen der EU-Kommission bei den Verhandlungen mit Washington. "In keinem einzigen Punkt, der den Europäern wichtig ist, konnte sich die EU-Kommission durchsetzen, ebenso hat sie es verabsäumt, eine Verbesserung der Rechtsstellung europäischer Flugreisender auszuhandeln. Herausgekommen ist daher ein Abkommen, das ausschließlich den USA und deren Geheimdiensten Vorteile bringt", schloss Mölzer.
     

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