EU-Agrarministerrat: Mitgliedstaaten uneins über Vorschlag zu Direktzahlungen
Wien (bmlfuw/aiz) - Die Zukunft der Direktzahlungen (erste Säule) stand im Mittelpunkt des EU-Agrarministerrates
vom 26.04. in Luxemburg. In zwei Diskussionsrunden befragte die dänische Ratspräsidentschaft die Minister
zu den geplanten Obergrenzen von 300.000 Euro pro Betrieb und Jahr, zur Förderung der Junglandwirte und zu
der geforderten Angleichung der Zahlungen innerhalb eines EU-Mitgliedstaates. Geht es nach der Kommission, sollen
historisch gewachsene Ansprüche auf Prämien spätestens 2019 auslaufen. "Österreich ist
auf dem Weg, ein Regionalmodell zu entwickeln. Die unterschiedliche Produktivität von Grünland und Ackerbau
kann aber nicht gleich behandelt werden. Dieses Problem lässt sich auch nicht innerhalb von Regionen lösen",
erklärte Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich während des Agrarrats.
Unterstützung erhält der Minister von zahlreichen anderen EU-Mitgliedstaaten, die die Direktzahlungen
auch nach der kommenden Reform an die Produktivität des Landes binden wollen. Für Italien, Frankreich,
Spanien und Portugal ist die geforderte Angleichung der Prämien innerhalb des EU-Mitgliedslandes eine der
größten Herausforderungen des Kommissionsvorschlags. Auch Irland spricht sich gegen eine Vereinheitlichung
der Prämien aus. Als Lösung kommen längere Übergangsfristen in Frage.
Obergrenzen: Einige Mitgliedstaaten sind dagegen
Keine einheitliche Linie der Mitgliedstaaten gibt es auch zum Thema Obergrenzen für die Direktzahlungen.
Allerdings ist die Diskussion entspannter als in der vorherigen Reform. Während Berlakovich seit Beginn der
Diskussionen für Obergrenzen eintritt, bleibt selbst Deutschland, einer der Gegner, gelassen. Lediglich 28
Betriebe wären betroffen, erklärte die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner vor dem Rat in
Luxemburg. Und diese Betriebe würden sich dann teilen, um den Kürzungen aus dem Weg zu gehen, ist Aigner
überzeugt.
Gegen die Benachteiligung von Großbetrieben sprachen sich im Ministerrat ebenfalls das Vereinigte Königreich,
Tschechien, Rumänien und die Slowakische Republik aus. Kritik kommt auch vom Präsidenten des EU-Landwirteverbandes
Copa, Gerd Sonnleitner. Betriebe mit einer Obergrenze zu belegen widerspreche der Entwicklung eines dynamischeren
und effizienteren Sektors. Landwirte, die Strukturverbesserungen vorgenommen haben, würden seiner Meinung
nach durch Obergrenzen dafür bestraft.
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos verteidigte dennoch seinen Vorschlag. Die Wettbewerbsfähigkeit werde dadurch
nicht geschwächt. Zum einen könnten diese Betriebe wegen ihren Größe Kosten einsparen. Zum
anderen würden die gekürzten Mittel für die Innovation verwendet, argumentierte Ciolos. Die Obergrenze
sei eine Frage der Glaubwürdigkeit, erklärte der Kommissar und wurde dabei vor allem von Österreich,
Irland, Polen, Ungarn, Luxemburg, Bulgarien, Zypern und Griechenland unterstützt.
Agrarminister treiben Umweltdebatte voran
Am Rande des EU-Agrarrats forderten 15 Mitgliedstaaten in einem Diskussionsvorschlag, den Katalog der neuen
Umweltauflagen in der ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu erweitern. An die nationalen Gegebenheiten
angepasste und nicht weniger ambitionierte Umweltauflagen sollen hinzukommen. Der Landwirt soll sich dann aus dem
erweiterten Katalog drei Maßnahmen aussuchen, an die zukünftig 30% der Direktzahlungen geknüpft
werden. Außerdem sollen neben den Ökobetrieben auch Landwirte von den neuen Umweltauflagen befreit werden,
die hauptsächlich Grasland bewirtschaften. Eine weitere Option ist die Umverteilung von Geldern aus der ersten
Säule in die ländlichen Förderprogramme der zweiten Säule. Dort sollen die Mittel in Umweltprogrammen
verwendet werden, für die die nationale Kofinanzierung dann entfällt. Die Verlängerung der Liste
der Cross Compliance-Auflagen ist eine dritte Option.
Die Ideen sind aus der sogenannten "Stockholmgruppe" hervorgegangen, zu der neben Schweden auch Deutschland,
die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Lettland, Estland und Tschechien gehören. Inzwischen ist
die Gruppe auf 15 Mitgliedstaten angewachsen. Ciolos erklärte nach dem Ministerrat in Luxemburg, er sei für
Alternativen im Rahmen der "Begrünung" offen, solange sie in der ersten Säule der GAP flächendeckend
angeboten werden.
Verjüngung für die Landwirtschaft
Die meisten EU-Mitgliedstaaten sind für freiwillige Angebote für Junglandwirte. Die Landwirte
in der EU sind zu alt, hielt Ciolos fest. Lediglich 14% der Landwirte seien jünger als 40 Jahre. Er möchte
deshalb in der kommenden Reform zusätzliche Anreize für junge Einsteiger geben. Die Kommission schlägt
vor, 2% der Direktzahlungen für Betriebseinsteiger unter 40 zu reservieren. In einigen EU-Mitgliedstaaten
gebe es noch nicht einmal Förderungen für Junglandwirte in der zweiten Säule der GAP, kritisierte
der Kommissar auf dem Agrarrat. Berlakovich begrüßt den Vorschlag für junge Landwirte. Eine Mehrheit
der EU-Mitgliedstaaten lehnt diese Reformpläne jedoch ab.
Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Finnland, Tschechien, Bulgarien, die Slowakische Republik
und Lettland wollen es den einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen, ob sie ab 2014 Junglandwirte mit zusätzlichen
Direktzahlungen fördern möchten. Das Vereinigte Königreich und Irland warnten vor Missbrauch, wenn
Betriebe einfach auf junge Familienmitglieder überschrieben werden, ohne dass diese sich um die Landwirtschaft
kümmern. Deutschland nannte eine ausreichende Ausbildung der Betriebseinsteiger als Voraussetzung. Frankreich
schlug als Kompromiss vor, die EU-Mitgliedstaaten sollten sich zur Förderung der Junglandwirte entweder in
der ersten oder in der zweite Säule der GAP verpflichten. Ciolos möchte sich aber auf ein solches Zugeständnis
noch nicht einlassen. Er warnt vor Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten, wenn unterschiedliche
Modelle angeboten werden.
Keine Beihilfen für Golf- und Flugplätze
Weiter sind die Minister mit der Definition des "aktiven Landwirts" gekommen. Der Agrarkommissar ergänzte
seinen Vorschlag und regte eine Negativliste an. Danach sollen Golfplätze, Flughäfen und andere nicht-landwirtschaftliche
Nutzer von Flächen keine Direktzahlungen mehr bekommen. Die Negativliste soll dann aufwendige Einzelfallprüfungen
und Einkommensberechnungen ersetzen. Eine EU-Liste von Kriterien, nach denen die Mitgliedstaaten über die
Zahlungen entscheiden sollen, regten die EU Landwirte- und Genossenschaftsverbände Copa-Cogeca an. Bisher
hat die Kommission vorgeschlagen, dass aktive Landwirte mindestens 5% ihres Einkommens mit der Landwirtschaft verdienen
müssen.
Viele osteuropäische EU-Mitgliedstaaten forderten die Kopplung von Direktzahlungen an die Produktion von Schweinefleisch
und Geflügelfleisch. Nur so sehen sie die Möglichkeit, an weniger wettbewerbsfähigen Standorten
die Erzeugung aufrechtzuerhalten. Die Kommission will dagegen die an die Produktion gekoppelten Direktzahlungen
auf 10% senken. Andere EU-Mitgliedstaaten möchten gekoppelte Zahlungen dagegen ganz abschaffen. Die dänische
Ratspräsidentin Mette Gjerskov hielt fest, damit befinde sich die Kommission in der Mitte und der ausgewogene
Vorschlag werde sich durchsetzen. |