Änderungen bei Schengen-Abkommen?  

erstellt am
26. 04. 12

Weidenholzer: Reisefreiheit darf nicht den Rechtspopulisten zum Opfer fallen
Flüchtlingsbewegungen kein Grund, Schengen in Frage zu stellen
Wien (sk) - Am 25.04. hat der Innenausschuss über die Möglichkeit abgestimmt, dass Mitglieder des Schengen-Raumes unter bestimmten Umständen die Grenzkontrollen wieder einführen können. "Die heute tagenden EU-Innenminister sollten sich den Bericht des EU-Parlaments zum Vorbild nehmen. Er beinhaltet einen guten Kompromiss, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, rasch zu reagieren und die Grenzkontrollen in Ausnahmesituationen für maximal zehn Tage wieder einzuführen. Bei allem was darüber hinausgeht, wird ein koordiniertes Vorgehen auf europäischer Ebene verlangt, welches die Mitgliedstaaten ausreichend berücksichtigt", sagt der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Was nicht als Ausnahmesituation gilt, sind Flüchtlingsbewegungen in Europa. Damit wird den Populisten das Wasser abgegraben, die aus wahltaktischen Gründen die Grenzen wieder hochziehen wollen, um damit fremdenfeindliche Ressentiments zu schüren. Die Reisefreiheit darf nicht den Rechtspopulisten zum Opfer fallen", so Weidenholzer, der in diesem Zusammenhang an den dänischen Wahlkampf erinnert.

"Gibt es Probleme mit Flüchtlingen, dann müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Zum einen muss die Außengrenze besser abgesichert werden und zum anderen müssen wir in den Herkunftsländern der Flüchtlinge dafür Sorge tragen, dass sich die Lebenssituation verbessert", betont der Europaparlamentarier. Insgesamt brauche man bei den Möglichkeiten zur Aussetzung der Schengen-Grenzen "praxisnahe Lösungen", Weidenholzer begrüßt daher, dass künftig bei Großereignissen wie etwa eine Fußball-WM die Aussetzung der Schengen-Grenze für einen bestimmten Zeitraum im Rat der Innenminister entschieden werden soll. "Damit entscheidet jenes Gremium, das über die Sicherheitssituation am besten Bescheid weiß und Alleingänge werden vermieden", sagt Weidenholzer. "Wir müssen darauf achten, dass die Reisefreiheit in Europa weiter erhalten bleibt. Das Schengen-Abkommen ist ein wesentlicher Bestandteil unseres europäischen Selbstverständnisses."

 

 Pirker: Keine Grenzschließungen aus Willkür oder Wahlkampftaktik
EU-Parlament: Zeitlich befristete Wiedereinführung von Grenzkontrollen nur bei außergewöhnlichen Umständen
Brüssel (övp-pd) - Am 25.04., am Tag vor dem Treffen der Innenminister, hat der Innenausschuss des EU-Parlaments über die Möglichkeiten der Schengen-Mitgliedstaaten abgestimmt, unter bestimmten Umständen Grenzkontrollen wieder einführen zu können. "Die Mitgliedstaaten sollen die Flexibilität haben, bei ernsten Bedrohungen für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit rasch selbst reagieren und ihre Grenzen kontrollieren zu können. Aber nur für die Dauer von maximal 10 Tagen. Alles darüber hinaus, muss im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidung auf EU-Ebene geschehen", fasst Hubert Pirker, Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament, das gestrige Votum zusammen. Wie diese gemeinsame Entscheidung aussehen solle, dafür könne er sich mehrere Varianten vorstellen, so Pirker. Wichtig sei nur, dass dies "nicht aus Willkür oder Wahlkampftaktik" geschehen könne. Deshalb brauche es "geordnete, gemeinsame und objektivierte Entscheidungsverfahren".

"Das hat nichts damit zu tun, dass vermeintliche Bürokraten im entfernten Brüssel entscheiden, sondern dass alle Innenminister Verantwortung für das Ganze übernehmen und in gemeinsamen Verfahren entschieden wird." Es gebe keinen Grund, warum bei länger vorhersehbaren oder anhaltenden Ereignissen nicht im Rahmen eines geordneten Mechanismus entschieden werden könne, betont Pirker. Die neue Regelung für den Schengenraum kann nur verabschiedet werden, wenn EU-Parlament und Rat sich einigen. "Wir haben unseren Standpunkt festgelegt, damit die Chefverhandlerin des Parlaments ein klares Mandat gegenüber dem Innenminister-Rat hat. Jetzt müssen die Mitgliedstaaten die Verhandlungen aufnehmen. Ein paar Tage vor Wahlen Briefe an Zeitungen zu schreiben beeindruckt das Parlament wenig", so Pirker.

Wie genau die gemeinsamen Entscheidungsmechanismen aussehen sollen, will Pirker noch offen lassen. "Eine Lehre aus der Krise der letzten Monate in der EU ist, dass Regeln ohne Schiedsrichter nicht funktionieren. Das würde bedeuten, dass die Innenminister im Rat nicht allein ihre eignen Spielregeln untereinander vereinbaren können. Besser wäre es, die Kommission bei den Entscheidungen einzubinden. Wenn am Ende eine Mehrheitsentscheidung aller Innenminister der mögliche Kompromiss sein sollte, dann ist das immer noch besser als nationale Alleingänge", so Pirker.

 

Mölzer: Schengener Abkommen bedarf grundlegender Reform
Binnengrenzkontrollen solange EU-Außengrenzen nicht geschützt sind - Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex und Aufnahmelager außerhalb der EU
Wien (fpd) - Das Schengener Abkommen bedarf einer grundlegenden Reform, sagte der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, am 26.04. zum Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg. "Weil einige Mitgliedstaaten offenkundig nicht willens oder in der Lage sind, die EU-Außengrenzen zu schützen, ist es zu einem besorgniserregenden Anstieg an illegalen Zuwanderern, insbesondere an der griechisch-türkischen Grenze, gekommen. Dieser Missstand muss so schnell wie möglich beseitigt werden", forderte Mölzer.

Daher werde man, so der freiheitliche EU-Mandatar, über den deutsch-französischen Vorstoß bezüglich der Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von 30 Tagen diskutieren müssen. "Allerdings wird die 30-Tage-Frist zur Lösung des Problems nicht ausreichen. Denn eine wirklich effektive Kontrolle der EU-Außengrenzen wird sich nur über einen längeren Zeitraum erreichen lassen, weshalb starre Fristen nicht sinnvoll sind", erklärte Mölzer.

Darüber hinaus forderte der freiheitliche Europaabgeordnete flankierende Maßnahmen, um so rasch wie möglich einen Schutz der EU-Außengrenzen sicherzustellen. "Insbesondere bedarf es einer unverzüglichen Aufstockung der finanziellen und personellen Mittel der Grenzschutzagentur Frontex, die eine der wenigen sinnvollen Einrichtungen der EU ist. Zudem erscheint es zweckmäßig, außerhalb der EU Auffanglager für vermeintliche oder tatsächliche Flüchtlinge zu errichten, damit das Problem erst gar nicht in die Europäische Union importiert wird", schloss Mölzer.

 

Stadler: "Sicherheit der Bürger hat Vorrang"
BZÖ hat Wiedereinführung der Grenzkontrollen bereits im EU-Wahlkampf 2009 gefordert
Wien (bzö) - "Das BZÖ hat bereits im EU-Wahlkampf 2009 die befristete Wiedereinführung der Grenzkontrollen aufgrund des Kriminalitätsanstieges verlangt. Damals wurden wir von Rot und Schwarz wegen dieser Forderung angefeindet und nichts ist passiert. Nachdem in Frankreich Sarkozy nach seinem Wahldesaster mit einem Alleingang droht und Grenzkontrollen ankündigt, wird auch plötzlich ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner mutig und spricht sich für Grenzkontrollen aus", stellt der EU-Abgeordnete des BZÖ Mag. Ewald Stadler zur aktuellen Schengen-Debatte fest.

"Tatsache ist, dass die EU-Außengrenzen im Süden und Osten Europas nicht ausreichend gesichert sind. Daher müssen wir selbst dafür sorgen, dass die Bevölkerung vor illegaler Einwanderung und Kriminaltourismus geschützt wird. Dafür müssen wir unsere österreichischen Grenzen auch umfassend kontrollieren können. Hier geht es nicht um die Aufhebung der Reisefreiheit, sondern die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger", bekräftigt Stadler.

 

 Korun: weiter Symptom- statt Ursachenbekämpfung bei EU-Einwanderungspolitik
Grüne fordern gemeinsames Migrations- und Asylsystem statt sinnloser Militarisierung der Grenzen
Wien (grüne) - "Die heutigen Ankündigungen von Bundesministerin Mikl-Leitner bezüglich der angeblichen Bekämpfung von irregulärer Migration bedeuten wieder einmal nur Symptombekämpfung statt Ursachenbekämpfung. Die eigentlichen Herausforderungen Europas, nämlich das Fehlen eines zusammenhängenden, gemeinsamen Zuwanderungssystems und die eklatant unterschiedlichen Asylstandards, werden dadurch weiter ignoriert. Es bleibt bei einem verzweifelten Löcherstopfen mit sinnlosem Aufrüsten weiterer Außengrenzkontrollen und beim Abbau von Asylstandards. Die Einführung befristeter nationaler Grenzkontrollen wird vom Rat der InnenministerInnen bereits vorbereitet. Hier ist lediglich der Vorschlag der EU-Innenkommisarin Malmström, vorübergehende Grenzkontrollen nur nach einvernehmlichen Beschluss und Koordination mit der Kommission durchzuführen, sinnvoll. Wir wissen bereits jetzt, wie die Forderungen des InnenministerInnenrats enden werden: Nationale Alleingänge (die Ursache für das Problem der fehlenden gemeinsamen Asyl- und Migrationssysteme)mit Verschärfungen der einzelnen Mitgliedsstaaten werden intensiviert. Wir Grüne sagen: Wir brauchen echte Reformpläne statt ratlosem Löcherstopfen. Es braucht endlich die Schaffung eines gemeinsamen, europaweiten Migrations- und Asylsystems", sagt die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

"Die heute getätigten Ankündigungen sind Ausdruck der länger andauernden Visions- und Ideenlosigkeit. Die Aushebelung einer der Haupterrungenschaften der EU, der Reisefreiheit, durch Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen bedeutet nur, dass unsere InnenministerInnen die Errungenschaften der EU leichtsinnig opfern, um noch schnell billigen Wahlkampf zu betreiben. Das ist nichts Neues und hat die Rechten in Europa erst so stark gemacht. Mikl-Leitner macht auch hier wieder einmal den Steigbügelhalter für die FPÖ" schließt Korun.

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