Prammer trifft TeilnehmerInnen des Jugendprojekts NS-Euthanasie
Wien (pk) - Im Vorfeld der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus am 04.05. im Parlament
präsentierten auf Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die TeilnehmerInnen des Jugendprojekts
zur NS-Euthanasie ihre Arbeiten im Hohen Haus. Mit ihren Installationen, aufgebaut in der Säulenhalle des
Parlaments, versuchten die SchülerInnen und Lehrlinge, die unfassbaren Verbrechen greifbarer zu machen, indem
sie Bezüge zu ihren eigenen Lebenswelten einfließen ließen. In Kleingruppen diskutierten die jugendlichen
TeilnehmerInnen im Rahmen der Ausstellung, welche Erfahrungen sie durch ihre Beschäftigung mit den Opfern
der NS-Euthanasie gewonnen hatten.
Prammer: Verantwortung für die Vergangenheit nicht vergessen
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer traf die Jugendlichen zu einem Reflexionsgespräch über
die Ausstellungsstücke und die damit verbundene Aufarbeitung der NS-Schrecken. Österreich dürfe
seine Geschichte nicht vergessen, betonte Prammer, daher sei Erinnerungsarbeit mit der Jugend, etwa in Form der
Jugendprojekte, zum jährlichen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus unabdingbar. Damit könne
das Wissen über die Gräuel des Nationalsozialismus auch für zukünftige Generationen bewahrt
werden.
Beeindruckt und berührt zeigte sich Prammer über die detailreichen und gründlich recherchierten
Projektarbeiten zu den Opfern der NS-Euthanasie. Es müssten aus der NS-Zeit, dem dunkelsten Teil der österreichischen
Geschichte, die richtigen Lehren gezogen werden, unterstrich sie und begrüßte in diesem Zusammenhang,
dass die NS-Tötungsanstalt Schloss Hartheim zu einem Gedenkort geworden ist.
Von allen Fraktionen nahmen auch die SprecherInnen für Menschen mit Behinderung an der Abschlussreflexion
und der anschließenden Diskussion mit den SchülerInnen und Lehrlingen teil. Auf die Frage, welche Maßnahmen
die heutige Politik für Menschen mit Behinderung setze, führte Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B)
die oftmals fraktionsübergreifenden Initiativen an, die gegen die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung
am Arbeitsmarkt getroffen würden.
Abgeordneter Franz-Joseph Huanigg (V) fügte hinzu, dass bereits an den Schulen darauf geachtet werden sollte,
Kinder mit Behinderung nicht zu separieren und sprach sich ebenso wie G-Mandatarin Helene Jarmer für das Prinzip
der Inklusion im Bildungsbereich aus. Die Diskussion über den Umgang mit Behinderung solle nicht in einer
Kostenfrage resultieren, appellierte Jarmer, Ziel sei es letztendlich, Menschen mit Behinderung gleichberechtigte
Möglichkeiten zu bieten. Zur Thematik NS-Euthanasie am diesjährigen Gedenktag bemerkte Abgeordnete Ulrike
Königsberger-Ludwig (S), dass es darum gehe, den zahllosen Opfern des NS-Terrors Gesichter und so ihre Würde
wiederzugeben.
Intensive Beschäftigung mit dem NS-Terrorregime
SchülerInnen der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege am SMZ Ost/Donauspital in Wien, der HTL Steyr
sowie Lehrlinge mehrerer Werkstätten des Vereins Jugend am Werk hatten sich seit Oktober 2011 mit den Verbrechen
des Nationalsozialismus und speziell mit der Ermordung von Menschen mit Behinderungen auseinandergesetzt. Mittels
historischer Dokumente, wissenschaftlicher Literatur, Gesprächen, Bildern und Biografien hatten die Jugendlichen
eigene Broschüren, Zeitungen, künstlerische Werkstücke sowie eine Landkarte zu den Euthanasie-Opfern
geschaffen und dabei Verbindungen zu ihren angestrebten Berufen hergestellt. SchülerInnen der Hauptschule
Hartkirchen, die bei der jährlichen Gedenkfeier im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim am 1. Oktober 2011
mitgewirkt und sich dazu mit Biografien von Opfern befasst haben, kamen ebenfalls zu der Veranstaltung in das Parlament.
Am Nachmittag erfuhren die Jugendlichen in einem Gespräch mit dem Zeitzeugen Friedrich Zawrel von seinem Überlebenskampf
in mehreren Schreckensanstalten der NS-Herrschaft wie der Kinderfachabteilung "Am Spiegelgrund" oder
dem nationalsozialistischen Erziehungsheim Mödling. Zawrel schilderte eindrucksvoll die physischen und psychischen
Misshandlungen bis hin zur geplanten Ermordung von wehrlosen Kindern und Jugendlichen mit geistigen oder körperlichen
Behinderungen beziehungsweise von Minderjährigen, die nach NS-Diktion durch ihre Eltern "vorbelastet"
waren.
Rund um den 5. Mai, dem Tag, an dem 1945 das Konzentrationslager Mauthausen befreit wurde, wird im Parlament seit
1998 der Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus begangen. Seit drei Jahren begleiten diesen Gedenktag Jugendprojekte,
bei denen junge Menschen sich mit einem konkreten Teilbereich des NS-Terrorregimes beschäftigen und dadurch
die Schrecken des Nationalsozialismus realisieren lernen. Im Jahr 2010 fokussierte das Jugendprojekt auf die "Mühlviertler
Hasenjagd", 2011 befassten sich Jugendliche mit den Außenlagern des KZ Mauthausen. |