Mailath vergibt Auszeichnung an zwei wichtige Aufklärer   

erstellt am
02. 05. 12

Peter Huemer und Wieland Schmied geehrt
Wien (rk) - Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny überreichte am 02.05. zwei Persönlichkeiten, die in der österreichischen und internationalen Wissenschafts- und Medienwelt gewichtige Stimmen haben" im Wiener Rathaus "hohe Auszeichnungen des Landes Wien: Peter Huemer, Journalist und Historiker, sowie Univ.-Prof. DDr. Wieland Schmied, Kunsthistoriker, erhielten das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

In seiner Eröffnungsrede unterstrich Stadtrat Mailath-Pokorny die Verdienste der Geehrten: "In Zeiten von Informationsflut und medialem Überangebot, ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die nachdenken und zweifeln. Beide, Peter Huemer und Wieland Schmied erfüllen diese Grundvoraussetzung der Aufklärung."

In Bezug auf Peter Huemer betonte Mailath dessen gesellschaftliches Engagement: "Mir ist kaum eine zivilgesellschaftliche Initiative bekannt, in der er nicht auf unaufdringliche Weise engagiert war, mit kritischen Gedanken und Reflexion."

Wieland Schmied würdigte der Kulturstadtrat für seine Vielseitigkeit und sein Gespür in der Beurteilung von KünstlerInnen: "Er ist ein Poly-Histor. Nicht nur seine Quellen und sein Publikum sind vielfältig, er ist auch fachlich in zahlreichen Bereichen firm. Die Entdeckung Thomas Bernhards` ist ihm zu einem Gutteil zu verdanken und seine zahlreichen Monografien zeigen, dass die Perzeption zeitgenössischer Künstler ohne ihn nicht denkbar ist. Für eine ganze Generation prägte er die Sicht auf die Kunst."

In seiner ebenso informativen wie witzigen Rede, berichtete Armin Wolf anschließend in seiner Laudatio auf Peter Huemer von seiner ersten "Begegnung" mit Peter Huemer: "Ich war damals 13 Jahre alt, und nach einem Wanderausflug nahm ich bei Tisch zuhörend an einem Gespräch der Erwachsenen teil. Dabei fielen immer wieder zwei Worte, eines wurde in den nächsten Jahren höchst wichtig: Selbstbefriedigung und Club 2. Es ging um Nina Hagen. Für mich blieb er von da an ein Aufklärer." "Er ist ein Mann des Wortes im umfassenden Sinne", so Wolf weiter, "doch das Wort reichte ihm dann doch nicht. Immer ging es ihm um Veränderung. Er ist der übliche Verdächtige, wenn es um gesellschaftliches Engagement geht. Schlechtmenschen nennen ihn gerne einen Gutmenschen, auch wenn sie es so nicht meinen. Peter Huemer fasziniert im Gespräch durch sein präzises, strukturiertes Denken und die Abwesenheit jedes Zynismus. Er nimmt seine Gesprächspartner und das Publikum ernst - dadurch unterfordert er sie niemals."

Herrmann Nitsch bedankte sich bei Wieland Schmied für die Erfüllung eines Traumes: "Als junger Künstler wünschte ich mir oft, er möge mein Werk wahrnehmen. Wenn ich Texte über andere Künstler von ihm las, malte ich mir aus, er würde einmal auch über mich schreiben. Das erfüllte sich in höchstem Maß. Mehr noch. Er kann sich in die Fantasie des Künstlers hineinversetzen, ja sie sogar beflügeln. Hier sprach jemand der mich verstand. Was er sagte war lebendig nachempfunden, viele Bestrebungen meiner Arbeit erkannte er. Viele Künstler wurden zu Freunden. Danke, Du hast Vieles aus uns herausgelockt."

Peter Huemer bezeichnete es als große Ehre gemeinsam mit Wieland Schmied ausgezeichnet zu werden und beschämt ob der Worte von Armin Wolf. Seine Dankesrede blieb aber nicht ohne Bezug auf das Tagesgeschehen: "Vor 20 Jahren gab es eine Initiative, die meinte, Lueger habe mit einem Platz im Zentrum genug der Ehre und man solle ihm den Ringabschnitt, den ihm die Austrofaschisten gaben, wieder wegnehmen. Lange Jahre war die Forderung vergebens, jetzt geht`s und dafür möchte ich mich beim Wiener Kulturstadtrat bedanken."

Wieland Schmied zeigte sich gerührt und nicht weniger demütig: "Ich verbinde sehr viele Erinnerungen mit Wien, darunter auch den Preis der Stadt Wien, den ich vor Jahren bekam. Ich bedanke mich dafür, und weiss, dass ich für die Künstler noch mehr hätte tun können."
Biografie Peter Huemer

Peter Huemer wurde 1941 in Linz geboren. Nach der Matura studierte er an der Universität Wien zunächst einige Semester Jus, wechselte aber dann zu den Fächern Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte. Ab 1969 Mitarbeiter in der Dokumentationsabteilung des ORF, arbeitete er 1974 bis 1976 als Redakteur in Claus Gatterers TV-Magazin "teleobjektiv". 1977 bis 1987 leitete er die neu geschaffene Talk Show "Club 2". Huemer war Leiter der Reihe "Gespräche und Diskussionen" im ORF-Hörfunk. In dieser Radiosendung wurden wöchentlich Personen des öffentlichen Lebens - Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Publizisten, Philosophen, Ökonomen, Dichter u. a. - im Gespräch (in der Regel mit Huemer selbst) porträtiert. 2002 ging er beim ORF in Pension. Im gleichen Jahr erhielt er die Theodor Herzl-Dozentur für Poetik des Journalismus an der Universität Wien. Seit 2005 ist er Mitglied im Redaktionsbeirat der Zeitschrift "Datum". Der Journalist meldet sich außerdem nach wie vor zu aktuellen Themen in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln zu Wort. Besonders engagiert tritt er für die Unabhängigkeit seines einstigen Arbeitgebers ORF ein.

Neben seiner journalistischen Laufbahn erregte Peter Huemer immer wieder als Autor kritischer Bücher und Buchbeiträge Aufsehen. Besonders zu erwähnen sind die historisch-politische Studie "Sektionschef Robert Hecht und die Zerstörung der Demokratie in Österreich" (Wien: Verl. für Geschichte und Politik, 1975) über den langjährigen Sektionschef im Heeresministerium und rechtspolitischen Berater von Bundeskanzler Dollfuß, "Im Gespräch" (Wien: Kremayr & Scheriau, 1993), eine Auswahl von Beiträgen seiner Hörfunkreihe, "Warum das Fernsehen dümmer ist als das Radio. Reden über das Reden in den Medien" (Wien: Picus, 2003) oder "Heimat. Lügen. Literatur. Texte zur gegenwärtigen Befindlichkeit" (Wien: Verl. Der Apfel, 2006) über die Rolle des Intellektuellen in Staat und Gesellschaft. Für seine wissenschaftliche und journalistische Arbeit erhielt Huemer eine Vielzahl von Auszeichnungen und Preisen, so etwa 1971 den "Leopold Kunschak-Preis", 1986 den "Michael Viszanik-Preis" für Meinungsbildung zugunsten psychisch Kranker und 1992 den "Preis der Stadt Wien" für Publizistik.
Biografie Wieland Schmied

Wieland Schmied wurde 1929 in Frankfurt am Main geboren. Seine Familie zog 1939 nach Mödling, wo Schmied zur Schule ging. An der Universität Wien studierte er Kunstgeschichte und Rechtswissenschaften, promovierte 1954 zum Dr. jur. und war nach dem Studium als freier Schriftsteller und Kunstkritiker bei der Wochenzeitung "Die Furche" tätig. 1960 wurde er Lektor im Frankfurter Insel Verlag, ging 1963 als Direktor der Kestner-Gesellschaft nach Hannover und 1974 als Hauptkustos an die Neue Nationalgalerie in Berlin. 1986 wurde er als Professor für Kunstgeschichte an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in München berufen und 1988 zum Rektor der Akademie bestellt. Von 1995 bis 2004 war Schmied schließlich Präsident der Bayrischen Akademie der Schönen Künste. Schmied, der heute zu den wichtigsten Kunsthistorikern des deutschen Sprachraums zählt, die sich dem 19. und 20. Jahrhundert widmen, als Lyriker. Zudem beschäftigte er sich mit Übertragungen, etwa von Gedichten Oswald von Wolkensteins (1960) oder von Ezra Pound (1962). Als Lyriker trat Schmied zudem nicht nur in zahlreichen Zeitschriften hervor, sondern auch in der Öffentlichkeit, trat er doch in nicht zu unterschätzendem Ausmaß im Umfeld der Wiener Gruppe auf. Mit H. C. Artmann war er sein Leben lang befreundet (vgl. den 2001 erschienenen Band "H. C. Artmann 1921-2000. Erinnerungen und Essays"). Als Lektor des Frankfurter Insel-Verlags förderte er zahlreiche Autoren aus Österreich, als bedeutend darf vor allem die Annahme von Thomas Bernhards Roman "Frost" (1963) gelten.

Mit seinem Weggang nach Hannover im Jahr 1963 wandte er sich zunehmend der Kunstgeschichte und kunsthistorischen Themen zu, wofür eine lange Reihe von Titeln über meist Wiener Künstler der Nachkriegszeit beredtes Zeugnis ablegt. Seine Monographien über Rudolf Hausner (1970), Arik Brauer (1972), Fritz Wotruba (1973), Friedensreich Hundertwasser (1964, 1974), Wilhelm Thöny (1976), Heinz Cibulka (1986), Rudolf Hradil (1988), Rudolf Hoflehner (1988), Max Weiler (1998) und zwei Bände über die Wiener phantastischen Realisten, denen er mit zum Durchbruch verholfen hat, sind noch heute unersetzliche Standardwerke. Natürlich widmete sich Schmied auch der deutschen und internationalen Kunstszene. Schriften zu den Problemen der Kunstgeschichte und große Gesamtdarstellungen der Kunst des 20. Jahrhunderts begleiteten Schmieds monographische Arbeit 1996 veröffentlichte er den Katalog der Sammlung Essl zur österreichischen Malerei zwischen 1945 und 1995. Es folgten: "Hundertwasser: Persönlichkeit, Leben, Werk" (2000), "Giorgio de Chirico. Reise ohne Ende" (2001), "Hundertwasser: Oeuvre-Katalog" (2002), "Hundertwassers Paradiese" (2003). Gemeinsam mit seiner Gattin Erika (als Fotografin) gestaltete er im Sommer 2003 die Ausstellung "Thomas Bernhard und Friedenreich Hundertwasser" im Kunsthaus Wien.

Im Jahr 2008 zog der Universalgelehrte Schmied mit seiner Autobiographie, die unter dem Titel "Lust am Widerspruch" erschien, Bilanz.
     
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