Brüssel (europarl) - Im Rahmen des Entlastungsverfahrens hat das Parlament am 10.05. den Haushalt der
Europäischen Kommission für 2010 akzeptiert. Auch die Haushalte fast aller EU-Institutionen und Agenturen,
einschließlich des Parlaments und des Europäischen Entwicklungsfonds entsprechen demnach den EU-Haushaltsregeln.
Vertagt wurde allerdings die Entlastung des Haushalts des Ministerrates und der Europäischen Behörden
für Lebensmittelsicherheit, Arzneimittelsicherheit und Umweltschutz.
Entlastung der Kommission
Die Abgeordneten wiederholten ihre Kritik an der geringen Anzahl von Sanktionen, die die Kommission gegen Mitgliedsstaaten
ausgesprochen hatte, die EU-Gelder schlecht verwaltet haben. Algirdas Šemeta, der EU-Kommissar für Audit und
Betrugsbekämpfung, versicherte den Abgeordneten, hier nachzubessern.
Ein immer wiederkehrendes Problem sei auch die Kontrolle von EU-Geldern unter sogenannter "gemeinsamer Verwaltung",
rund 80 % des gesamten EU-Haushalts. Zwar werden diese Gelder von den nationalen oder regionalen Behörden
verwaltet, fallen aber letztendlich unter die Verantwortung der EU-Kommission.
Die Abgeordneten wollen, dass die Regierungen in den Mitgliedsstaaten mehr Verantwortung für die Verwaltung
dieser Gelder übernehmen. Die letztendliche Entscheidungsgewalt solle aber bei der Kommission verbleiben.
Das ließe sich etwa durch "nationale Verwaltungsabkommen" erreichen, die von Politikern in den
einzelnen EU-Staaten unterzeichnet würden. Kommissar Šemeta sicherte dem Parlament in diesem Punkt die Unterstützung
der Kommission zu. Die Forderung ist Teil der derzeit laufenden Verhandlungen über den EU-Haushaltsrahmen
2014-2020.
Andere EU-Institutionen
Außer dem Ministerrat gewährten die Abgeordneten allen EU-Institutionen eine Haushaltsentlastung. Parlament
und Ministerrat diskutieren seit längerem darüber, ob das Parlament für den Haushalt des Ministerrates
zuständig ist und wie dieser zu bewerten sei. Da der Streit bisher noch nicht beigelegt wurde, beschlossen
die Abgeordneten, die Haushaltsentlastung zu verschieben.
Agenturen
Akzeptiert wurden auch die Haushalte fast aller EU-Agenturen. Mit knapper Mehrheit wurde hingegen die Entlastung
der Haushalte der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma, der Europäischen
Arzneimittelagentur in London und der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen vertagt.
Eine Mehrheit der Abgeordneten hielt die Ausgaben für die 15-köpfige EFSA-Führungsspitze (EUR 92.630
oder EUR 6.175 pro Mitglied) für überzogen und verlangte "drastische Einschnitte".
Kritisiert wurden auch Interessenkonflikte innerhalb der EFSA. So habe etwa die Vorsitzende des Verwaltungsrates
direkte Kontakte zur Nahrungsmittelindustrie. Auch sei sie Mitglied des Vorstands des europäischen Ablegers
des International Life Science Institute. Die EFSA Vorsitzende war bereits einen Tag vor der Abstimmung im Parlament
zurückgetreten.
Für die Arzneimittelagentur forderten die Abgeordneten einen Aktionsplan, um Einkauf und Management externer
Aufträge zu verbessern. Außerdem drängten sie darauf, dass die Unabhängigkeit der Mitarbeiter
der Agentur und abgestellter Experten aus den EU-Staaten zu gewährleisten ist. Die Weigerung des Vorstandes
der Agentur, ein neues Abrechnungssystem einzuführen, sorgte ebenfalls für Unmut.
Die Kritik an der Umweltagentur bezog sich vor allem auf die beratende Arbeit der Vorstandsvorsitzenden für
die Nichtregierungsorganisation Earthwatch. Mitarbeiter der Agentur, unter ihnen auch die Leiterin der Agentur,
hatten auch an "Forschungsreisen" in die Karibik und den Mittelmeerraum teilgenommen. Earthwatch habe
dafür 33 791 Euro von der Agentur erhalten. Die Abgeordneten verlangten detaillierte Informationen über
diese Reisen und entstandene Kosten.
Genauere Erklärungen wurden auch für das Einstellungsprozedere der Umweltagentur gefordert. Die Parlamentarier
verlangten Nachweise der Qualifikation externer Wissenschaftler, die für die Agentur arbeiteten.
Über das Entlastungsverfahren
Das Parlament entlastet den Haushalt einer Institution oder Agentur nur dann, wenn die Ausgaben den EU-Richtlinien
für gute Haushaltsführung entsprechen. Erfolgt die Entlastung, wird der Budgetprozess für ein Jahr
offiziell abgeschlossen. Das Parlament kann einen Haushalt entweder annehmen oder die Entlastung vertagen.
Die Abgeordneten berufen sich dabei auf eine Empfehlung des Ministerrates und auf das Gutachten des Europäischen
Rechnungshofes. Gegebenfalls sprechen sie sich auch für weitere Maßnahmen durch die Kommission aus.
Die Kommission antwortet auf die Position des Parlaments mit einem Bericht und einem Aktionsplan, der sowohl dem
Ministerrat als auch dem Parlament vorgelegt wird. |