Neues Stabilitätsprogramm liegt dem Nationalrat vor
Wien (pk) - Kürzlich hat Finanzministerin Maria Fekter dem Nationalrat das österreichische
Stabilitätsprogramm für die Jahre 2011 bis 2016 vorgelegt. "Strukturelle Konsolidierung und Reformen"
sind auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt des Gesamtstaates bis 2016 angesagt. Die Schuldenquote soll zurückgeführt
werden, zugleich setzt die Regierung auf Wachstum und Beschäftigung durch Investitionen in Bildung, Universitäten
und Infrastruktur. Reformen werden in den Bereichen Pensionen, Gesundheitspolitik, öffentliche Verwaltung,
Förderungen und Arbeitsmarkt umgesetzt.
Zur Ausgangssituation gibt es gute Nachrichten: Vor dem Hintergrund einer günstigen konjunkturellen Entwicklung
und verbesserter Budgetdisziplin fiel das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2011 deutlich niedriger aus als im Stabilitätsprogramm
vom April des Vorjahres angenommen. Das BIP wuchs real um 3,1 % statt der erwarteten 2,5 %, der Budgetsaldo verbesserte
sich um 0,3 Prozentpunkte. Länder und Gemeinden hielten sich exakt an die Vorgaben des Österreichischen
Stabilitätspakts und senkten ihr Defizit um 0,4 Prozentpunkte. Beim Bund haben - wie bereits in den Vorjahren
- das neue Haushaltsrecht und das neue Rücklagenregime zu einem deutlich günstigeren Budgetvollzug geführt.
Außerdem steuerte der Entfall des Zuschusses für die KA Finanz, der aufgrund einer Entscheidung von
Eurostat erst 2012 budgetwirksam wird, weitere 0,3 Prozentpunkte zur Senkung des Defizits im Jahr 2011 bei.
Das erneuerte Stabilitätsprogramm bis 2016 baut auf folgenden Erwartungen für das BIP-Wachstum auf –
2011: 3,1 %, 2012: 0,4 %, 2013: 1,4 %, 2014: 2 %, 2015: 2,2 %, 2016: 2,1 %. Für das Defizit des Gesamtstaates
wird laut konjunkturellem Basisszenario folgender Weg vorgezeichnet – 2011: 2,6 %, 2012: 3 %, 2013: 2,1 %, 2014:
1,5 %, 2015: 0,6 %, 2016: 0 %. Die Bruttoverschuldung des Gesamtstaates, sie betrug 2011 72,2 % des BIP, wird bis
2014 auf 74,6 % steigen und soll dann auf 70,6 % zurückgeführt werden.
Ausgehend von diesem Basisszenario gibt das Programm auch Auskunft über die Auswirkungen zweier alternativer
ökonomischer Szenarien auf Budgetsaldo und Schuldenquote. Im Falle höherer Wachstumsraten auf den österreichischen
Exportmärkten könnte bereits 2015 ein ausgeglichener Budgetsaldo erreicht werden; die Schuldenquote würde
in diesem Fall bereits ab 2013 sinken.
Im Falle eines geringeren Exportwachstums würde das gesamtstaatliche Defizit zwar ebenfalls 2013 unter den
Referenzwert von 3 % des BIP sinken, jedoch weniger stark als im Basisszenario, ein ausgeglichener Saldo würde
in der Programmperiode nicht erreicht werden. Die Schuldenquote würde bis 2014 steigen und erst ab 2015 zurückgehen.
Maßgeblich für den Konsolidierungspfad ist das Stabilitätspaket, das bis 2016 Einsparungen von
insgesamt 18,699 Mrd. € vorsieht, davon 6,936 Mrd. € bei Pensionen und in der Arbeitslosenversicherung, 3,487 Mrd.
€ bei der Förderung öffentlicher Unternehmen, 2,544 Mrd. € in der Verwaltung, 1,634 Mrd. € durch eingesparte
Zinsen infolge geringerer Neuverschuldung und 19 Mio. € im Gesundheitswesen. 9,095 Mrd. € an Mehreinnahmen werden
von den steuerlichen Maßnahmen des Stabilitätspakets erwartet.
Offensivmaßnahmen sollen Zukunft des Wirtschaftsstandorts sichern
Zugleich werden Offensivmaßnahmen gesetzt und fortgeführt, um den Wirtschaftsstandort zu stärken.
Dafür stehen in den Jahren 2012 bis 2016 über 6 Mrd. € zur Verfügung: Die Universitäten erhalten
zusätzlich ab 2013 250 Mio. € pro Jahr, 150 Mio. € davon werden im Wege des Hochschulraum-Strukturfonds leistungsorientiert
vergeben. Für die Schulen steigen die budgetären Mittel um durchschnittlich 300 Mio. € pro Jahr. Der
Pflegefonds wird bis 2016 finanziell abgesichert (2015: 300 Mio. €, 2016: 350 Mio. €). Die 2010 vereinbarten Offensivmittel
für Universitäten und Ganztagsbetreuung (jeweils 80 Mio. € pro Jahr) werden weitergeführt. Die Forschung
wird bis 2016 mit Sondermitteln in der Höhe von 100 Mio. € pro Jahr gefördert.
Für die thermische Sanierung von Gebäuden stehen 100 Mio. € pro Jahr zur Verfügung, wobei der hohe
soziale Standard erhalten bleibt. Familienpolitische Förderungen sind von Kürzungen gänzlich ausgenommen.
Der nur bis 2014 dotierte Pflegefonds wird bis 2016 verlängert. Die Mittel für die aktive und aktivierende
Arbeitsmarktförderung bleiben auf hohem Niveau, liest man im Stabilitätsprogramm der Bundesregierung.
Demografische Probleme und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen
Unter dem Druck der Wirtschafts- und Finanzkrise haben die staatlichen Budgetdefizite und die öffentliche
Verschuldung zugenommen. Zusätzlich zu den Verbindlichkeiten aus vergangenen Schuldenaufnahmen und Rettungspaketen
für den Bankensektor muss der öffentliche Sektor zunehmend auch budgetäre Lasten im Zusammenhang
mit der Bevölkerungsalterung tragen. Laut EU-Berechnungen steigen die öffentlichen Ausgaben für
Pensionen, Gesundheit und Pflege in Österreich bis 2060 um 4,8 % des BIP. Österreich liegt damit im Durchschnitt
der Eurozone. Prognostiziert wird eine Zunahme der öffentlichen Ausgaben für Pensionen von gegenwärtig
14,1 % des BIP bis 2030 auf 16,7 %, danach wird ein leichter Rückgang auf 16,1 % erwartet. Für die Gesundheit
werden die Ausgaben von gegenwärtig 7,4 % des BIP auf 9 % steigen, in der Pflege von derzeit 1,6 % des BIP
auf 2,8 % im Jahr 2060, prognostiziert die EU.
In diesen EU-Prognosen sind die umfangreichen Maßnahmen aber noch nicht berücksichtigt, die das Stabilitätspaket
2012 bis 2016 zur Eindämmung des Anstiegs demographiebedingter Ausgaben enthält: Bei den Pensionen wird
auf nachhaltige Lenkungseffekte in Richtung Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und auf ein höheres
effektives Pensionsantrittsalter geachtet. Unter anderem wird die Zahl der Versicherungsjahre für eine Korridorpension
und eine frühzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bis 2017 schrittweise von 37,5 auf 40 Jahre
angehoben. Die Abschläge bei frühzeitigem Pensionsantritt steigen von derzeit 4,2 % pro Jahr auf 5,1
%. Der Zugang zur Invaliditätspension wird weiter erschwert, indem das für den Tätigkeitsschutz
maßgebliche Alter schrittweise von 57 auf 60 Jahre angehoben wird. 2013 und 2014 werden die Pensionen schwächer
steigen als die Verbraucherpreise. Bei den Einnahmen wurde die Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung
angehoben, die Erhöhung der Beiträge der BäuerInnen sowie der Selbstständigen wird vorgezogen
und die Arbeitslosenversicherungspflicht bis 63 Jahre wieder eingeführt.
Infolgedessen soll das Defizit bei den Pensionen in Österreich nicht, wie von der EU angenommen, von derzeit
5,8 % des BIP bis 2016 auf 6 % des BIP steigen, sondern auf 5,3 % des BIP sinken. Dazu kommen Einsparungen im Gesundheitswesen
mit Kostendämpfungseffekten von durchschnittlich 0,2 % des BIP bis 2016. |