ExpertInnen fordern deutlich mehr Geld für den Hochschulsektor
Wien (pk) - Der zur Vorberatung des Bildungsvolksbegehrens eingerichtete Ausschuss des Nationalrats
setzte seine Beratungen am Nachmittag des 07.05. mit dem Themenblock "Universitäten, Hochschulen und
Erwachsenenbildung" fort. Die InitiatorInnen des Volksbegehrens fordern unter anderem einen verbindlichen
Ausbau- und Finanzierungsplan für den Hochschulsektor, eine kontinuierliche Steigerung der öffentlichen
Mittel für die Universitäten bis auf 2% des BIP im Jahr 2020, eine Verdoppelung der Studienplätze
an Fachhochschulen bis zum Jahr 2017 und deutlich mehr Geld für die Erwachsenenbildung.
Ambitioniertes Ziel der VertreterInnen des Volksbegehrens ist es, dass ab dem Jahr 2020 jeweils 40% eines Jahrgangs
eine Hochschulqualifikation erwerben. Dazu wäre laut Volksbegehren eine jährliche Steigerung der AbsolventInnenquote
um 2 Prozentpunkte erforderlich. Derzeit liegt Österreich mit 22% deutlich unter dem OECD-Schnitt von 36%.
Als ExpertInnen zu diesem Themenblock waren der Rektor der Universität Salzburg und Vorsitzende der Österreichischen
Universitätenkonferenz Heinrich Schmidinger, der Rektor der Medizinischen Universität Graz Josef Smolle,
der Vorsitzende des Universitätsrates der Universität Wien Max Kothbauer, der ehemalige Rektor der Montanuniversität
Leoben Wolfhard Wegscheider und die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft Janine Wulz geladen.
Als zentrales Anliegen der Universitäts-Vertreter kristallisierte sich dabei die Forderung nach einer besseren
finanziellen Dotierung des Hochschulsektors heraus, wobei die Meinung überwog, dass auch Studierende selbst
einen Beitrag zur Finanzierung der Universitäten leisten sollen.
Auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sprach sich für Studiengebühren aus, von Unterrichtsministerin
Claudia Schmied kam hingegen mit Hinweis auf Parteitagsbeschlüsse der SPÖ postwendend eine Absage.
Mit dem Universitätsblock sind die öffentlichen Ausschussberatungen über das Volksbegehren abgeschlossen.
Die Abgeordneten wollen nun in fraktionellen Verhandlungen und einer abschließenden Ausschusssitzung am 31.
Mai ausloten, ob eine Entschließung mit gemeinsamen Empfehlungen möglich ist. Der Bericht des Sonderausschusses
steht dann voraussichtlich im Juni im Nationalrat zur Diskussion.
Androsch: Universitäten sind chronisch unterdotiert
Eingeleitet wurde die Diskussion vom Mitinitiator des Volksbegehrens Hannes Androsch. Er machte darauf aufmerksam,
dass Universitäten ausschließliche Bundeskompetenz seien und meinte in Anspielung darauf: "Hier
können wir uns nicht auf jemanden ausreden". Seiner Ansicht nach gibt es viele Kritikpunkte im Universitätsbereich,
angefangen von der mangelnden sozialen Durchlässigkeit über eine niedrige Akademikerquote bis hin zu
"irrsinnigen" Dropout-Raten.
Als größtes Problem ortet Androsch allerdings die chronische Unterdotierung des tertiären Bildungssektors.
Mit der "Aushungerung" der Universitäten sei man auf dem falschen Weg, bekräftigte er. An der
Situation habe sich auch durch die Autonomie der Unis nichts geändert. Androsch sieht beispielsweise ein "verheerendes
Missverhältnis", wenn man das Budget der Technischen Universitäten, umgelegt auf die Studienplätze,
mit internationalen Universitäten wie der TU München oder der ETH Zürich vergleicht. Die bestehende
Finanzierungslücke kann man seiner Auffassung nach auch nicht durch Studiengebühren schließen.
Für notwendig erachtet Androsch ein Zugangsmanagement an den Universitäten. Es könne nicht sein,
dass die Fachhochschulen Zugangsbeschränkungen haben, und alle, die die Aufnahme dort nicht schaffen, ohne
Voraussetzungen an der Universität studieren können, sagte er. Mängel beim geltenden System untermauerte
er mit einer Zahl: demnach hatten vom Studienjahrgang 1999 nach zehn Jahren nur 44% ihr Studium abgeschlossen.
Sünkel: Kein Zeit für Zaudern und parteitaktische Blockaden
Als zweiter Vertreter des Volksbegehrens unterstrich der ehemalige Rektor der TU Graz Hans Sünkel die Forderung
nach besseren Rahmenbedingungen für die Universitäten. Man könne den Universitäten nicht "ein
zu knappes Hemdchen" verpassen und von ihnen gleichzeitig offene Türen bei freiem Eintritt erwarten,
sagte er. Bildung und Forschung seien das Gehirn eines Landes und müssten ausreichend mit Blut und Sauerstoff
versorgt werden.
Sünkel zufolge geht es nicht allein um mehr Geld, wie der ständige Vorwurf an die Universitäten
laute, sondern auch um einen stringenten Hochschulplan und die Frage des Hochschulzugangs. Ein freier Zugang zu
den Universitäten bei gleichzeitig beschränkten Kapazitäten stünden einander im Weg, gab er
zu bedenken. Ergebnis seien Staueffekte und hohe Dropout-Quoten. Sünkel sprach sich in diesem Sinn für
Zugangsbeschränkungen in Massenfächern und eine adäquate Studienplatzfinanzierung aus. Derzeit trennten
Österreich vom angestrebten Ziel, 2% des BIP für den tertiären Bildungssektor zu verwenden, Welten.
Sünkel zufolge bleibt keine Zeit "für Zaudern und parteitaktische Blockaden".
Den Universitäten die Einhebung von Studiengebühren individuell zu überlassen, wertete Sünkel
als "Zumutung". Da diese Studienbeiträge rechtlich nicht wirklich abgesichert seien, drohe die Gefahr
einer Klagsflut durch Studierende beim Verfassungsgerichtshof.
Aus einer von den VertreterInnen des Volksbegehrens im Ausschuss verteilten Unterlage geht hervor, dass die Mittel
für den tertiären Bildungssektor von 2,1 Mrd. € im Jahr 2010 auf 7,4 Mrd. € 2020 ansteigen müssten,
um bei einer durchschnittlichen zweiprozentigen BIP-Wachstumsrate den angestrebten Anteil von 2% am BIP zu erreichen.
Das sind rund 500 Mio. € mehr pro Jahr.
Kothbauer: Universitäten können sich nicht weiter "durchwursteln"
OeNB-Vizepräsident Max Kothbauer wies darauf hin, dass die Universität Wien das Bildungs-Volksbegehren
breit unterstützt habe. Angesichts der Wachstumsschwäche in Europa sei es wichtig, dass man der Jugend
etwas anderes biete als Arbeitslosigkeit und Unsicherheit für ihre Zukunft, meinte er. Bis jetzt haben sich
die Universitäten seiner Darstellung nach in der Hoffnung "durchgewurschtelt", dass in absehbarer
Zeit die Mittel für die Universitäten auf 2% des BIP steigen, der bestehende Zustand könne aber
nicht weiter aufrechterhalten werden. Im Endeffekt läuft es ihm zufolge auf die politische Frage hinaus, wolle
man höhere Bildung nur für wenige oder wolle man möglichst viele neugierige bildungswillige Studierende.
Dann müsse man aber auch mehr Geld bereitstellen.
Zur Frage der Zugangsbeschränkung hielt Kothbauer fest, er sei nicht generell gegen Zugangsregelungen, man
müsse aber dafür sorgen, dass alle, die begabt sind und den Willen zum Studieren hätten, studieren
könnten. Er wies in diesem Zusammenhang außerdem auf ein bestehendes Dilemma hin, das er am Beispiel
der für das Fach Psychologie an der Uni Wien eingeführten Zugangsbeschränkungen demonstrierte. Jene
600 Studierenden, die von 1.500 BewerberInnen aufgenommen werden, würden viel intensiver studieren als durchschnittliche
StudentInnen, skizzierte er, das führe zu einem viel größeren Betreuungsaufwand und damit erneut
zu Kapazitätsmängeln. Eine ähnliche Entwicklung erwartet er sich durch die Studieneingangsphase.
Schmidinger: Studienbeiträge könnten Universitätsbudget erhöhen
Rektoren-Chef Heinrich Schmidinger bekräftigte, Österreich müsse wesentlich mehr für
eine höhere Bildung tun. Dabei erachtet er es als notwendig, den Bildungsbereich als Ganzes in den Blick zu
nehmen. Die soziale Durchmischung der Studierenden sei in Österreich schlecht, ebenso gebe es generell weniger
Studierende als im EU-Schnitt.
Am Ziel, für den Hochschulsektor 2% des BIP bereitzustellen, müsse ambitioniert festgehalten werden,
wolle Österreich im internationalen Vergleich nicht weiter zurückfallen, forderte Schmidinger. Die für
die Jahre 2013 bis 2015 zugesagte Universitätsmilliarde sei zwar ein entscheidender Schritt, erklärte
er, diese reiche aber nicht aus, das angepeilte 2%-Ziel zu erreichen. Schmidinger sieht dabei nicht nur die öffentliche
Hand gefordert, seiner Meinung nach könnten auch Studienbeiträge einen wesentlichen Teil zum Universitätsbudget
beitragen. Allerdings müsse man darauf achten, durch Studiengebühren niemandem den Weg zur Universität
zu versperren.
Schmidinger urgierte außerdem Zugangsregelungen, ohne die das Hochschulsystem seiner Auffassung nach früher
oder später kollabieren würde. Weiters plädierte er für eine einheitliche LerhrerInnenausbildung
und wies in diesem Zusammenhang auf die Mitverantwortung und die Kompetenz der Universitäten hin.
Wegscheider: Universitäten brauchen ausreichende Basisfinanzierung
Universitätsprofessor Wolfhard Wegscheider gab zu bedenken, dass man mit der Einführung der Studieneingangs-
und orientierungsphase, kurz "Steop" genannt, vom in Österreich grundsätzlich geltenden Prinzip,
wonach die Matura zum Studium berechtige, weiter abgekehrt sei. Ihm zufolge wird die Steop aber unterschiedlich
angewandt, entweder als Bremsfunktion vor allem in Massefächern oder, wie etwa an der Montanuniversität
Leoben, als "sanfte Einführung" für MaturantInnen in eine ihnen unbekannte Welt.
Skeptisch äußerte sich Wegscheider im Hinblick auf die laufende Diskussion zur Studienplatzfinanzierung.
Seiner Auffassung nach bräuchte man zunächst eine Kapazitätsfeststellung, bevor man eine Entscheidung
in dieser Frage trifft. Mit 13.000 € im Jahr pro Studienplatz könne man bestenfalls ein Numismatikstudium
finanzieren, sicher aber nicht ein technisches oder ein medizinisches Studium, führte er aus.
Wegscheider urgierte in diesem Sinn tragfähige Pläne zur Finanzierung der Infrastruktur und der Forschung
an den Universitäten. Drittmittel könnten nur dann lukriert werden, wenn der Geldgeber überzeugt
sei, dass eine Basisinfrastruktur gesichert ist, skizzierte er. Gleichzeitig müsste über die Forschungsförderungsfonds
ausreichend Geld bereitgestellt werden, um Forschungsprogramme ausfinanzieren zu können.
Generell merkte Wegscheider zu den Rahmenbedingungen an den Universitäten an: "So kann man nicht arbeiten".
Man gebe den Universitäten Geld und fordere sie auf, damit zu jonglieren. Wegscheider fragt sich etwa, wie
jemand 20 bis 30 wissenschaftliche Arbeiten gleichzeitig betreuen soll. Die Studienbeiträge hätten wenigstens
für die Studierenden eine gewisse Verbindlichkeit gebracht, meinte er.
Wulz: Österreich misst Bildung keine Priorität bei
ÖH-Vorsitzende Janine Wulz beklagte generell, dass Österreich der Bildung keinerlei Priorität
beimesse. Die Politik ziehe sich mehr und mehr aus ihrer Verantwortung zurück und sei nicht fähig, Entscheidungen
zu treffen, kritisierte sie. So wertet sie es etwa als "bestürzend", dass die Universitäten
gezwungen würden, Studienbeiträge individuell einzuführen und den Studierenden nichts anderes übrig
bleibe als zu klagen. Folgen der politischen Verantwortungslosigkeit sind für Wulz etwa die Streichung von
Studienfächern oder ein kolportiertes Minus von 20 Mio. € an der TU Wien. Sie ortet auch europaweit einen
Weg in eine elitäre Bildungsgesellschaft.
Österreich müsse das gesteckte Ziel, bis zum Jahr 2020 2% des BIP in den tertiären Bildungsbereich
zu investieren, endlich ernst nehmen, forderte Wulz. Bis dato gebe es aber keinen Plan zum notwendigen radikalen
Ausbau des Hochschulsektors. Ein Studienabbruch erfolge selten freiwillig, sagte Wulz, meist sei er eine Konsequenz
mangelhafter Rahmenbedingungen, etwa weil man zu wenig finanzielle Mittel habe. Wulz machte in diesem Zusammenhang
auch darauf aufmerksam, dass nur 18% der Studierenden ein Stipendium erhalten und 60% aller Studierenden zumindest
teilzeitbeschäftigt sind.
Smolle: Universitäten haben gewaltige Reformschritte unternommen
Rektor Josef Smolle unterstrich, die Universitäten hätten in den vergangenen Jahren gewaltige Reformschritte
unternommen. So habe die Medizinuni Graz etwa eine schlanke Administration geschaffen, ihre Forschungsleistungen
verdreifacht und ein neues Dienstrecht eingeführt. Die Universitäten bräuchten aber eine solide
Grundfinanzierung von Seiten der öffentlichen Hand, damit sie sich kompetitiv bewegen könnten, mahnte
er.
Die Studienplatzfinanzierung ist für Smolle ein richtiger Schritt, schließlich sei es gerechtfertigt,
dass der Bund für sein Geld bestimmte Leistungen, etwa in Form von Studienplätzen, einfordere. Gleichzeitig
wird ihm zufolge aber mehr Geld für die Forschung benötigt. Studiengebühren würden die Universitäts-Finanzierung
nicht in einem großen Ausmaß beeinflussen, sagte Smolle, sie wären aber ein wichtiger Finanzfaktor
und eine gerechte Form der Umverteilung.
Als wesentlich erachtet es Smolle allerdings, Studiengebühren und Zugangsregelungen strikt voneinander zu
trennen. Zugangsregelungen müssten stets qualitätsorientiert sein. Durch die Aufnahmetests für die
Meduni Graz konnte ihm zufolge die Dropout-Rate auf weniger als 5% gesenkt werden. Statt 20% schafften nun mehr
als 85% den ersten Studienabschnitt in der Mindeststudienzeit. Unterm Strich gebe es auch mehr AbsolventInnen pro
Jahr.
Töchterle versus Schmied: Für und gegen Studiengebühren
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hob hervor, dass die österreichischen Universitäten im
internationalen Vergleich nicht so schlecht abschneiden würden, wie vielfach suggeriert werde. Er räumte
aber ein, dass Österreich nicht zu den EU-Ländern mit der besten finanziellen Ausstattung der Universitäten
zähle. Es sei mit der Hochschulmilliarde aber gelungen, zumindest die Grundforderung der Rektoren zu erfüllen.
Auch sei der öffentliche Anteil an der Finanzierung der Universitäten in Österreich sehr hoch, erklärte
Töchterle, während der private Anteil unterdurchschnittlich sei. Der Minister trat in diesem Sinn für
die Einhebung von Studienbeiträgen ein.
Studiengebühren seien sozial gerecht, wenn man sie sozial abfedere, sagte Töchterle. Zudem seien sie
ein spürbares Mittel zur Universitätsfinanzierung und würden die Verbindlichkeit des Studiums erhöhen.
Töchterle sprach sich auch dafür aus, den Universitäten das Recht einzuräumen, von Studierenden
aus Drittländern höhere Studienbeiträge zu verlangen.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied ging in Anlehnung an Schmidinger nochmals auf die PädagogInnenausbildung
ein und betonte, man müsse sich sehr genau überlegen, wer welche Leistungen anbieten solle. Was die Universitäten
betrifft, ist ihr die hohe soziale Durchmischung der Studierenden ein besonderes Anliegen. Das beginne aber schon
in den Familien, meinte Schmied, man brauche generell eine positive gesellschaftliche Einstellung zur Bildung.
Zum Thema Finanzierung merkte die Unterrichtsministerin an, es müsse eine öffentliche Debatte geben über
Angebot, Schwerpunktsetzung und Mitteleinsatz, um Duplizitäten zu vermeiden. Allgemeine Studiengebühren
lehnte sie aufgrund von Parteitagsbeschlüssen der SPÖ ab, wobei sie in dieser Frage mehr Flexibilität
vom Koalitionspartner ÖVP einforderte. |
Lage und Perspektiven der österreichischen Universitäten
Die Einschätzung der Lage der österreichischen Universitäten und der Weg der Universitätsfinanzierung
in Zukunft, vor allem in Hinblick auf die angestrebte Erhöhung der Akademikerquote, war Thema der abschließenden
Diskussionsrunde von ProponentInnen des Bildungsvolksbegehrens, ExpertInnen des Hochschulbereichs, Abgeordneten
und VertreterInnen der Regierung. Zur Sprache kam auch die Zukunft der Erwachsenenbildung.
Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) sah es als Verdienst des Bildungsvolksbegehrens, die Diskussion über den tertiären
Bildungssektor angeregt zu haben. Einig sei man im Ziel, dass bis 2020 40% der Angehörigen eines Jahrgangs
eine Form des tertiären Bildungsabschlusses erreichen. Dazu müsse aber auch die soziale Absicherung der
Studierenden verbessert werden, um die soziale Ausgewogenheit und Durchmischung sicherzustellen, forderte Kuntzl.
Wenn man flächendeckende Zugangsbeschränkungen wolle, stelle sich auch die Frage, welche Alternative
man denen anbieten könne, die keinen Studienplatz erhalten. Das sei eine Herausforderung an die Politik, sagte
sie. Abgeordneter Franz Riepl (S) sah bei den Möglichkeiten zum Nachholen eines Bildungsabschlusses, die bereits
sehr weit gefächert seien, noch offene Fragen im Bereich der Berufsschulen. Das Thema sei vor dem Hintergrund
des beklagten Facharbeitermangels von großer Bedeutung.
Abgeordnete Katharina Cortolezis Schlager (V) meinte, die Autonomie der Universitäten werde allgemein positiv
beurteilt, sie erlaube eine Profilbildung der Hochschulen, sei aber nicht Selbstzweck. Über die Leistungsvereinbarungen
sei ein Weg gefunden worden, wie die öffentliche Hand bildungspolitische Ziele gemeinsam mit den Universitäten
umsetzen und deren Profilbildung stärken könne. Da öffentliche Mittel allein sicher nicht ausreichen
werden, sei die Frage von Studienbeiträgen, kombiniert mit einem gut ausgebauten Stipendiensystem, wie Bundesminister
Töchterle vorgeschlagen habe, sicher diskussionswürdig. Auch um ein klares Zugangsmanagement werde man
nicht herumkommen. Geregelte Verhältnisse seien auch wichtig, damit nicht indirekt der soziale Hintergrund
zum alleinigen Faktor werde, wer welchen Bildungsabschluss erreichen könne.
Abgeordneter Kurt Grünewald (G) stellte fest, es sei sicher nicht alles schlecht an den Universitäten,
aber es gebe Probleme. Wolle man mehr Exzellenz an den Hochschulen, brauche man auch mehr finanzielle Mittel. Studienabbrüche
seien in der Mehrzahl auf finanzielle Gründe zurückzuführen, und die Treffsicherheit der Studieneingangs-
und Orientierungsphase sei fraglich, gab er zu bedenken. Abgeordnete Helene Jarmer (G) wies auf fehlende Ausbildungsmöglichkeiten
in Gebärdensprache hin. So gebe es in Wien keine Möglichkeit der Dolmetscherausbildung in Gebärdensprache.
Es gebe auch kein wissenschaftliches Institut in ganz Österreich, das die Gebärdensprache erforsche,
klagte sie. Prinzipiell sollte diese wie jede andere Fremdsprache behandelt werden, wenn man das Ziel der Integration
tatsächlich ernst nehme, forderte Jarmer.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) betonte, die Diskussion über den tertiären Bildungssektor müsse
in konkrete Gesetzesinitiativen münden. Dabei dürfe es auch keine Tabus geben. Studienbeiträge,
die aber keine sozialen Barrieren aufbauen dürften, seien ebenso ein Weg, den Universitäten Mittel zuzuführen,
wie Einschreibgebühren. Eine Reihe von Modellen sei hierbei denkbar. Auch Aufnahmefahren müssten seiner
Meinung nach sachlich diskutiert werden.
Hannes Androsch hielt aus seiner Sicht fest, man wolle die Leistungen der Hochschulen sicher nicht kleinreden.
Aber es sei nun einmal eine Tatsache, dass dieser Sektor seit zehn Jahren chronisch unterfinanziert ist. Grund
zu Selbstzufriedenheit gebe es daher keinen. Ein zentrales Problem sei, dass die Autonomie den Universitäten
zusätzliche Administrationsaufgaben und ständig steigende Personalkosten aufbürde. Die Betreuungsquote
sei besonders an den Universitäten, die keine Drittmittel einwerben können, sehr mangelhaft. Folge sei
ein massiver Brain Drain von etwa 5.000 Personen pro Jahr. Selbst Spitzeninstitute müssten unter untragbaren
Verhältnissen arbeiten. Es sei sicher begrüßenswert, dass das BMWF zusätzliche Mittel zur
Verfügung stellen konnte, diese deckten aber tatsächlich gerade einmal die Inflation der letzten Jahre
ab. In der Forschung gebe es seit 2008 Stillstand, hier verspiele man die Zukunft. Das Volksbegehren stehe nicht
in Opposition zur Regierungspolitik, es wolle aufzeigen, wo Handlungsbedarf bestehe, und unterstützend wirken.
Universitätsprofessor Hans Sünkel wies auf eine hohe Rate prüfungsinaktiver Studierender hin. Die
Kriterium, das man beachten müsse, seien nicht bloße Studierendenzahlen, sondern die Zahl der tatsächlichen
Abschlüsse. In der Erwachsenenbildung würden traditionelle Formen und Zugänge immer mehr von Modellen
des lebensbegleitenden Lernens abgelöst. Er rege an, nicht nur dem Nachholen von Abschlüssen Beachtung
zu schenken, so wichtig das auch sei. Man sollte auch, wie andere Länder es bereits tun, Bildung als wichtiges
Exportgut begreifen und an die Entwicklung von Geschäftsmodellen im Bereich von Bildung und Fortbildung denken.
OeNB-Vizepräsident Max Kothbauer verwies auf die Probleme, welche über Drittmittel finanzierte Stellen
für die Universitäten bedeuten. Da die damit verbundenen Overhead-Kosten nur teilweise abgedeckt seien,
werde die Situation im Grunde allmählich untragbar. Ein Modell der Studienplatzfinanzierung anzudenken, sei
sicher richtig. Wenn man damit aber die Zahl der Studienplätze selbst begrenzen wollte, müsste man gleichzeitig
Lösungen für jene Jugendlichen anbieten, die kein Studium aufnehmen können. Auch Zugangsregelungen
dürften nicht als Ersatz für den Ausbau der Kapazitäten gesehen werden, konstatierte er.
Rektoren-Chef Heinrich Schmidinger zeigte sich überzeugt davon, dass die Studienplatzfinanzierung es ermöglichen
könne, Gemeinsamkeiten und Lösungen zu finden. Es müsse aber deutlich gesagt werden, welche Kapazitäten
tatsächlich vorhanden sind. Man mache sonst den Studierenden etwas vor. Er setze daher auch die seiner Ansicht
nach unumgänglichen Zugangsregelungen nicht mit Zugangsbeschränkungen gleich.
Universitätsprofessor Wolfhard Wegscheider bekräftigte die Forderung nach einer ausreichenden Studienplatzfinanzierung.
Derzeit rechne man bei AMS-Schulungen mit einem Aufwand von 30.000 € pro Person, für einen Studienplatz seien
etwa 10.000 € im Gespräch. Ohne ausreichende Dotierung ergebe das Modell von vornherein keinen Sinn.
ÖH-Vorsitzende Janine Wulz wandte sich gegen die Behauptung, Zugangsregelungen seien nicht mit Zugangsbeschränkungen
gleichzusetzen. Die Praxis zeige das Gegenteil. Für Frauen und Angehörige bildungsferner Schichten existierten
viele Hürden. Sie finde es absurd, bei stagnierenden Zahlen von StudienanfängerInnen die Diskussion ausschließlich
über Zugangsbeschränkungen zu führen. Vielmehr müsse der Ausbau der Kapazitäten im Mittelpunkt
stehen. Universitäten müssten interessiert sein, Bildungswilligen die Möglichkeiten zu geben, zu
studieren, und nicht überlegen, wie sie sie fernhalten.
Rektor Josef Smolle meinte, die Frage von Zugangsregelungen könne nicht für alle Studienrichtungen gleich
beantwortet werden. In der Vergangenheit sei etwa der finanzielle Background des Elternhauses für den Abschluss
in Medizin wichtiger gewesen, als die Befähigung zum Arztberuf. Es sei wichtig, dass Universitäten sich
die Studierenden selbst aussuchen können. An den Medizinuniversitäten habe sich das jedenfalls sehr bewährt.
Wichtig sei ihm auch zu betonen, dass Geld, das den Hochschulen gegeben wird, gut eingesetztes Geld ist.
Bundesminister Karlheinz Töchterle meinte, ein Medizinstudium ohne Zugangsbeschränkungen sei realitätsfern.
Die Studieneingangsphase sei derzeit noch nicht das, was er sich wünsche. Die Universitäten müssten
jedenfalls gerade bei beliebten Fächern die Möglichkeit haben, den Zustrom zu regeln, man könne
nicht beliebig die Kapazitäten anpassen.
Bundesministerin Claudia Schmied hob hervor, Hochschulplan und Studienplatzfinanzierung müssten gemeinsam
betrachtet werden. Planung brauche eben ein Mengengerüst, bemerkte sie. Positiv sei, dass die Universitäten
sich in die PädagogInnenausbildung einbringen und Entscheidungsgrundlagen für die Politik schaffen wollen.
Die Frage der Weiterentwicklung des lebensbegleitenden Lernens sei ihr sehr wichtig, sie sei daher froh über
eine diesbezügliche 15A-Vereinbarung mit den Ländern, die ihr gelungen sei. Zur Frage des Nachholens
von Berufsschulabschlüssen werden sie dem Parlament noch vor dem Sommer einen Bericht vorlegen.
In einer abschließende Abgeordnetenrunde verwies Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) darauf, dass die Gründe
für die hohe Zahl prüfungsinaktiver StudentInnen noch genauer durchleuchtet werden müssten. Die
Studienplatzfinanzierung dürfe kein Modell einer Reduktion des Studienangebots oder der Studierendenzahlen
werden, unterstrich sie. Ihre Fraktionskollegin Sonja Ablinger bekräftigte die Ablehnung von Studiengebühren,
diese wirkten eindeutig als eine soziale Barriere im Studienzugang. Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V)
wies auf die Wichtigkeit der Planbarkeit für Universitäten und Fachhochschulen hin. In diesem Sinne hoffe
sie auch auf eine gemeinsame Entschließung des Nationalrats, der die Forderung unterstütze, dass es
bei Erstellung des EU-Budgets keine Kürzung der Ausgaben für Wissenschaft geben werde. Abgeordneter Walter
Rosenkranz (F) meinte, im Bereich der Nebenbeschäftigungen von Universitätsangestellten gebe es teilweise
"schlampige Verhältnisse". Studiengebühren lehne er ab, solange die Studierenden keine adäquate
Leistung dafür erwarten können. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sprach die Dropout-Rate an. Die
Zahlen seien hier sicher verzerrt, da etwa ein Studienwechsel in die Dropout-Raten eingerechnet werde. Die Studienplatzfinanzierung
dürfe nicht dazu dienen, Studierendenzahlen zu reduzieren, meinte auch er. Derzeit sei das Dilemma der Universitäten,
dass sie entscheiden müssten, ob sie mehr in den Bereich der Lehre oder mehr in die Forschung investieren
wollen. |