Oberösterreich wird zur Mitmach-Demokratie   

erstellt am
21. 05. 12

Bereits in 120 Gemeinden können engagierte Bürger/innen mitgestalten
Linz (lk) - Der erste "Erdgipfel" in Rio de Janeiro im Jahr 1992 war ausschlaggebend für den weltweiten Start von Agenda 21-Prozessen. Internationale Herausforderungen, wie Armut, soziale Spaltung, Globalisierung, Bodenverbrauch, Ernährung, Klimawandel, Energiewende, ressourcenschonende Lebensstile und Wirtschaftsformen, Schutz der ländlichen und städtischen Lebensräume etc. können nicht global, "top down", verordnet werden sondern mu¨ssen lokal, "bottom up", beantwortet werden. Seit 1998 beteiligt sich Oberösterreich intensiv an der Umsetzung der Agenda 21 auf lokaler und regionaler Ebene. Agenda 21, das heißt auch, die Türen für die Mitgestaltung durch engagierte Bürger/innen zu öffnen. Mittlerweile sind in OÖ bereits 120 Gemeinden, Städte und Regionen auf dem Weg zur Mitgestaltung in Richtung Mitmach-Demokratie im Sinne der Agenda 21. Und das Netzwerk wächst weiter.

Agenda 21-Netzwerktreffen in OÖ: Global vernetzen, vor Ort Zeichen setzen:
Weltweite Nachhaltigkeitskonferenz 2012 Rio+20

Rio+20 findet im Juni 2012 in Rio statt und ist die größte weltweite Konferenz zum Thema Nachhaltige Entwicklung. Im Jahr 1992 fand die erste Konferenz der Vereinten Nationen zum Thema Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro statt, die als Meilenstein in Umwelt- und Entwicklungsmaßnahmen auf internationaler Ebene gilt. Aus diesem sogenannten "Erdgipfel" ging unter anderem die Idee von Agenda 21 als weltweites Programm zur Neugestaltung wirtschaftlicher Entwicklung, zur Schaffung sozialen Ausgleichs und zum Schutz der weltweiten Umwelt hervor. Beim diesjährigen Nachfolgegipfel Rio+20 wird eine Zwischenbilanz über die Umsetzungsfortschritte der letzten 2 Jahrzehnte gezogen und werden die Weichen in Richtung Zukunft neu gestellt.

Zwischenbilanz in Oberösterreich: Agenda 21 seit 1998
Seit dem ersten "Erdgipfel" haben zahlreiche Gemeinden ihren eigenen Weg in eine nachhaltige Zukunft in Angriff genommen. Steinbach an der Steyr, Schlägl und Burgkirchen folgten als erste Gemeinden Oberösterreichs im Jahr 1998 dem Impuls der Konferenz, indem sie einen Agenda 21-Prozess starteten. Mittlerweile hat Oberösterreich national und europaweit mit 120 Gemeinden und acht Regionen eine Vorreiterrolle eingenommen.

"Unsere Gemeinden sind die Landeplätze der Nachhaltigkeit. In vielen Bereichen sind sie der nationalen und europäischen Ebene voraus. Jede vierte Gemeinde hat inzwischen einen Agenda 21-Zukunftsprozess umgesetzt. Ergänzt um Klimabündnis und Energiespargemeinden, sind zwei Drittel der oberösterreichischen Gemeinden aktiv. Wir haben vor allem im letzten Jahrzehnt intensiv gearbeitet und können zur Konferenz Rio+20 positiv Bilanz ziehen", sagt Landesrat Rudi Anschober, "das Ergebnis nach 14 Jahren Agenda 21 in Oberösterreich kann sich sehen lassen: 120 Gemeinden, acht Regionen, mehr als 100 erstellte Zukunftsprofile und über 500 Nachhaltigkeitsprojekte. Zahlreiche weitere Projekte befinden sich in Planung. Daher erwarten wir auch weiterhin eine positive zukünftige Entwicklung von Oberösterreichs Gemeinden."


Oö. Agenda 21-Netzwerktreffen 2012: Wachstum und zwölf Auszeichnungen
Das Agenda 21-Netzwerk in Oberösterreich wächst kontinuierlich weiter. Am 23. Mai 2012 zeichnet die Oö. Zukunftsakademie beim Netzwerktreffen in Linz jene Agenda 21-Gemeinden, Städte und Regionen aus, die ihr Zukunftsprofil erstellt und bereits mit der Umsetzung der Projekte begonnen haben. Vorbildliche Arbeit haben dieses Jahr die Gemeinden Gampern, Geboltskirchen, Krenglbach, Pfarrkirchen, Tollet, Vorderweißenbach, Waizenkirchen, Weitersfelden, die Stadt Wels und die Region Seelentium geleistet. Darüber hinaus werden die Gemeinden Eidenberg und Hinterstoder für ihr langjähriges, besonders aktives Agenda 21-Engagement ausgezeichnet.

Die Preisträger/innen im Überblick für die Fertigstellung des Zukunftsprofils sind:

Gampern
Die positiven Ergebnisse und Rückmeldungen der Fragebogenaktion mit einer außerordentlichen Rücklaufquote von 80 Prozent waren unter anderem maßgebend für das gelungene, vielfältige Agenda 21-Zukunftsprofil.

Geboltskirchen
Die über 1.400 Einwohner/innen Gemeinde nahm das Problem der Nahversorgung zum Anlass einen Agenda 21-Prozess zu starten. Neben der Sicherstellung der Nahversorgung unter anderem durch regionale Produkte sind Projekte zu betreutem Wohnen geplant.

Krenglbach
Die Gemeinde konzentriert sich auf Kernthemen wie die Gestaltung der Uferpromenade und der Freizeitbereiche. Eine große Anzahl der Bürger/innen engagiert sich bei der Planung und Umsetzung.

Pfarrkirchen bei Bad Hall
Die gute partei- und vereinsübergreifende Zusammenarbeit führte zu umsetzbaren Projektideen. Besonders erfreulich ist das Engagement, um das Ortszentrum zu beleben.

Tollet
Der Gemeinderat formulierte gemeinsam mit den Bürger/innen ein Leitbild und ein Zukunftsprofil aus dem sich Projekte wie der Tolleter Saft, Unternehmerabende oder die Naturnahe Sanierung des Spielplatzes ableiten ließen.

Vorderweißenbach
Die Gemeinde des Bezirks Urfahr-Umgebung zeichnet sich durch eine äußerst gelungene Öffentlichkeitsarbeit und Projekte wie ein Jugendparlament, eine Schmankerlwanderung und die ökologische Siedlungsentwicklung aus.

Waizenkirchen
Waizenkirchen verwertete die beachtlichen Ergebnisse aus der Bürger/innenbefragung in einem Zukunftsprofil, das bereits zu Projekten wie der Erstellung von Willkommensmappen, Haustafeln und der neuen Marktplatzgestaltung führten.

Weitersfelden
Die Gemeinde des Bezirks Freistadt bemüht sich besonders um Kinder und Jugendliche, durch das Angebot von Startwohnungen und Ferienprogrammen. Die gelungene Zusammenarbeit des Gemeinderats mit den Akteuren/innen wird auch in Zukunft Strukturverbesserungen für die Landwirtschaft und die Nutzung ressourcenschonender Energiequellen erzielen.

Seelentium
Für die Kleinregion Seelentium hat sich die Agenda 21 als ein hervorragendes Instrument für die zukunftsgerichtete Entwicklung herauskristallisiert. Unter großer Beteiligung und mit viel Interesse wurden zwei Themenschwerpunkte identifiziert, die das Zukunftsprofil der Region Seelentium prägen: die touristische und die soziale Entwicklung der zehn Gemeinden.


Für das längjährige Agenda 21-Engagement werden folgende Gemeinden ausgezeichnet:

Eidenberg
Die Mitglieder zweier Arbeitskreise zu den Themen "Kultur" sowie "Energie und Natur" sind bereits seit dem Jahr 2000 aktiv mit der Gestaltung ihrer Gemeinde beschäftigt. Umgesetzt wurden eine Langlaufloipe, die Erneuerung des Gymnastikweges, Energiespar-Initiativen und flächensparende Bau- und Wohnideen.

Hinterstoder
Obwohl die Gemeinde auf ein langjähriges Agenda 21-Engagement zurückblicken kann, gehen die Beteiligten kontinuierlich mutig und energisch voran. Zukünftige Ideen betreffen beispielsweise die Mobilität der Gemeinde und Projekte zu sanftem Tourismus.

Wels
Die Stadt Wels hat als erste Staturstadt im Jahr 2009 einen Agenda 21-Prozess gestartet und wird für seinen speziellen Agenda 21-Zukunftsprozess ausgezeichnet. Die rege Beteiligung führte zu zahlreichen umgesetzten Projekten wie dem Römerweg, Energieweg, Erinnerungsweg und zu Parkgestaltungen. Ziel war, die Innenstadt - Wohnzimmer einer Stadt - neu zu beleben und die Lebensqualität der Bürger/innen zu erhöhen.


Gemeinsam für die Zukunft
"Nachhaltig zu wirtschaften bedeutet, den nachfolgenden Generationen ein funktionierendes, soziales, ökologisches und ökonomisches Umfeld zu hinterlassen", sagt Landesrat Rudi Anschober. Beteiligung spielt dabei eine zentrale Rolle. Veränderungen und gute Ideen müssen von engagierten Personen getragen werden, die bereit sind an der Zukunft mitzuarbeiten, die sie sich wünschen. Die besten Ideen können wirkungslos sein, wenn sie nicht Zustimmung der Bevölkerung erlangen, von jenen Menschen, die es betrifft. Die Philosophie "global denken, lokal handeln" ist so aktuell wie nie zuvor. Das zeigt sich auch darin, dass inzwischen mehr als 7.000 Städte und Gemeinden aus allen Teilen der Welt im Vorfeld der Rio+20-Konferenz die Kampagne "Add Your City" unterzeichnet haben und mit ihren lokalen Aktivitäten zur Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung beitragen. Auch mehr als 100 Oberösterreichische Gemeinden machen dabei inzwischen mit.

"Die Zukunftsakademie stellt mit Regionalmanagerinnen und -managern sowie Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern wesentliche Hilfestellung zum Gelingen eines Projektes zur Verfügung", sagt Günther Humer, Leiter der Agenda 21-Leitstelle, "erfreulich ist, dass dieses Angebot von sehr vielen Gemeinden genutzt wird und sich daraus nachhaltige Strategien entwickelt haben, die großteils bereits umgesetzt werden oder gerade im Prozess sind." Das Agenda 21-Netzwerk wächst also beständig weiter. "Die bisher geleistete Arbeit bezeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich bin überzeugt, dass sich das Engagement und die Motivation der Agenda 21-Gemeinden auf die restlichen Gemeinden überträgt und sie den Vorbildern nachfolgen", sagt Landesrat Rudi Anschober, "Nachhaltigkeit lässt sich nur gemeinsam erreichen und benötigt eine breite Beteiligung. Obwohl das Agenda 21-Netzwerk in Oberösterreich gemeinsam mit der Steiermark an der Spitze steht, ist es wichtig, weiterhin nachhaltige, effiziente Ideen in Projekten voranzutreiben."

Günther Humer bestätigt: "Es ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Eine zukunftsorientierte Gemeindeentwicklung kommt nicht mehr ohne einen Fokus auf Nachhaltigkeit aus. Die Bevölkerung ist dabei der Schlüssel zur Veränderung und verstärkte lokale Beteiligungsprozesse sind wünschenswert, um die großen Herausforderungen der Zukunft - Demographie, Sicherung der lokalen Lebensqualitäten, regionale Wirtschaftskreisläufe, Energie- und Klimawende und einen starken sozialen Zusammenhalt bewältigen zu können

Was ist Agenda 21?
Das Land Oberösterreich unterstützt mit dem Schwerpunkt Agenda 21 die Umsetzung von Zukunftsprozessen in Gemeinden und Regionen. Ziel ist die Sicherung und Verbesserung lokaler Lebensqualitäten für gegenwärtige und künftige Generationen. 120 oberösterreichische Gemeinden haben bereits Agenda 21-Prozesse gestartet. Agenda 21 setzt auf Bürger/innenbeteiligung, Praxisnähe, Langfristigkeit, Überschaubarkeit, Ganzheitlichkeit und Partnerschaftlichkeit. Die Agenda 21 wurde im Jahr 1992 bei der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro als weltweites Programm für einen Kurswechsel in Richtung einer Nachhaltigen Entwicklung formuliert. Agenda kommt aus dem Lateinischen und meint "Was ist zu tun?", 21 steht für ein lebenswertes 21. Jahrhundert.
     
Informationen: http://www.agenda21-ooe.at    
     
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