Sozialpartner Enquete zum Thema "Migration-Integration"
Wien (pwk) - "Der demografische Wandel, der zu einer Zuspitzung des Fachkräftemangels in naher
Zukunft führen wird, sowie die Globalisierung stellen Österreich vor Herausforderungen. Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte
wurden wesentliche Voraussetzungen für eine gelungene Migrations- und Integrationspolitik geschaffen. Die
Sozialpartner haben hier wichtige Vorarbeit für das Land geleistet", betonte Christoph Leitl,
Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am 21.05. im Rahmen der Enquete "Migration
- Integration" der österreichischen Sozialpartner. Wir müssen das Wachstum und damit die Beschäftigung
in unserem Land sichern, es geht aber auch um die Stärkung des gesellschaftlichen Miteinander. Darauf legen
die Sozialpartner ihren Fokus", so Leitl.
In den ersten 10 Monaten hat das AMS rund 1300 Gutachten für Rot-Weiß-Rot-Karten ausgestellt. Jetzt
gehe es darum, ein erstes Zwischenresümee zu ziehen und Verbesserungspotenziale aufzuzeigen, so Leitl. "Mit
unserem kriteriengeleiteten Zuwanderungsmodell sind wir noch nicht perfekt, aber auf einem sehr guten Weg. Wir
haben eine Bewusstseinsänderung eingeleitet, darauf müssen wir jetzt aufbauen".
Tumpel: "Integration heißt auch: Um jene kümmern, die schon hier sind" "Wir
müssen uns um diejenigen Beschäftigten und ihre Familien kümmern, die hier im Lande sind: ob mit
oder ohne Migrationshintergrund", sagte AK Präsident Herbert Tumpel. Das fängt schon bei den zwei-
bis drei-jährigen Kindern an: Jedes vierte Kind im Kindergarten braucht eine Sprachförderung, darunter
auch viele Kinder mit Deutsch als Erstsprache. "Deshalb brauchen wir zwei Jahre Pflichtbesuch im Kindergarten,
kleinere Gruppengrößen, mehr KindergartenpädagogInnen, vor allem mehr mit Migrationshintergrund.
Dazu mehr Ganztagsschulen um die Kinder umfassend und den ganzen Tag über zu fördern", so Tumpel.
Zur Öffnung des Arbeitsmarktes sagte Tumpel: "Wir müssen sehr genau darauf achten, dass der soziale
Friede erhalten bleibt. Das Lohn-und Sozialdumpinggesetz bietet viele Möglichkeiten. Aber die müssen
auch ausgeschöpft werden. Ich will eine Aktion scharf gegen Lohn- und Sozialdumping", so Tumpel. Insbesondere
im Baubereich sieht der AK Präsident dringenden Handlungsbedarf, wenn immer mehr Teilaufgaben wie etwa Spachtelaufgaben
an Einzelhandwerker vergeben werden, die sich dann gegenseitig im Preis unterbieten. Hier müssen auch die
Gewerbebehörden bei der Erteilung von Gewerbescheinen strenger werden, so Tumpel.
Foglar: "Berufsanerkennungen erleichtern" Aber auch die Unternehmen müssen mehr tun:
Sie müssen die, die schon da sind, ausbilden, fördern und entsprechend ihren Kenntnissen und Fertigkeiten
einsetzen und bezahlen. "Nach Fachkräften rufen und die, die da sind nicht als solche einzusetzen, passt
nicht", sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar. Selbst die OECD kritisiert, dass nur 55 Prozent der MigrantInnen
und nur 70 Prozent der ÖsterreicherInnen entsprechend ihrer Ausbildung eingesetzt werden. Das weist auf unternehmerische
Versäumnisse hin." Bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen sind erste Schritte passiert.
"Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen, um die Berufsanerkennung für erwachsene ZuwanderInnen
und ÖsterreicherInnen zu erleichtern."
Die Arbeitslosigkeit steigt leider schon wieder an. Unter den derzeit über 320.000 Arbeitssuchenden sind auch
viele Fachkräfte. Insofern sieht ÖGB-Präsident Foglar nur in einigen Einzelbereichen einen wirklichen
Mangel an besonders gut ausgebildeten Fachkräften. Die Arbeitsmarktöffnung habe Österreich vor allem
deshalb besser verkraftet als viele Nachbarstaaten, weil die Übergangsfristen in Österreich sinnvoll
genutzt wurden: Die Arbeitsmarktmittel wurden massiv aufgestockt und der Arbeitsmarkt wurde nur schrittweise für
Mangelberufe geöffnet. "Jetzt sind die Übergangsfristen ausgelaufen: In einzelnen Branchen wie Gastronomie
und Bauwirtschaft und in Grenzregionen, vor allem Burgenland berichten uns Betriebsräte durchaus auch von
Verdrängungseffekten."
Wlodkowski: Mehr Planungssicherheit für Saisonarbeitskräfte "Neben der kriteriengeleiteten
Zuwanderung von hoch und höchst qualifizierten Arbeitskräften, die bereits umgesetzt wird, darf nicht
übersehen werden, dass es Branchen mit auch einfachen Arbeitsanforderungen gibt, für die ein Bedarf an
Arbeitskräften herrscht, der nicht im Inland gedeckt werden kann. So einen Sektor stellt die Land- und Forstwirtschaft
dar. Die Landwirtschaftskammer begrüßt die beschlossene Stammsaisonnierregelung, auch wenn noch einige
Fragen offen bleiben", erklärte LK Österreich-Präsident Gerhard Wlodkowski.
"In der Vergangenheit mussten vor allem Drittstaatsangehörige aber auch die Höfe, auf denen diese
Arbeitskräfte oft über viele Jahre als Saisonarbeiter tätig waren, jährlich mit der Unsicherheit
leben, ob die Beschäftigungsbewilligung wieder erteilt werden wird. Diese für Arbeitgeber und Saisonkraft
sehr unbefriedigende Situation konnte mit der im Gesamtpaket mit beschlossenen Stammsaisonnierregelung zumindest
teilweise entschärft werden. Die Landwirtschaftskammer spricht sich für eine Adaptierung der vergangenheitsbezogenen
Regelung aus. Das Stammarbeitsmodell für Drittstaatsangehörige sollte ähnlich dem Stammarbeitsmodell
für EU-Bürger als offene Regelung konzipiert werden, in das Arbeitnehmer auch künftig nach mehreren
Jahren Saisonarbeit hineinwachsen können", stellte Wlodkowski abschließend fest. |