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Debatte über Grundrecht auf Datenschutz geht weiter |
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erstellt am
18. 05. 12
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Verfassungsausschuss behandelt Antrag der Grünen
Wien (pk) - Den Abschluss der Sitzung des Nationalrats vom 16.05. bildete ein Bericht des Menschenrechtsausschusses
über einen Antrag der Grünen betreffend Erweiterung des Grundrechts auf Datenschutz. Am Ende der Sitzung
wurde die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten Heinz-Christian Strache und Elmar Podgorschek beschlossen.
Der vom G-Abgeordnetem Albert Steinhauser eingebrachte und zur Debatte stehende Entschließungsantrag enthielt
die Forderung nach einer Novellierung des Datenschutzgesetzes, um den Schutz für "allgemein verfügbare"
Daten sicherstellen und die bisherigen Ausnahmen bei "indirekt personenbezogenen Daten" zu beseitigen.
In seiner Begründung des Antrags gab Steinhauser zu bedenken, dass zum Beispiel im Rahmen von Selbsthilfeforen
im Gesundheitsbereich oft sensible Informationen preisgegeben werden, die auch vom Grundrechtsschutz erfasst werden
sollen. Einbezogen werden sollten zudem Informationen, durch die die Identität der Personen indirekt ermittelbar
ist, wie etwa die Sozialversicherungsnummer, das Kfz-Kennzeichen oder die IP-Adresse. Da manche großen Player
wie z.B. Facebook eine Quasi-Monopolstellung haben, sollten sie zur Einhaltung von strengeren Auflagen gezwungen
werden, damit die User die positiven Seiten der modernen Kommunikationstechnologien auch wirklich nutzen können,
so die Anliegen der Grünen. Das Plenum folgte der Empfehlung des Menschenrechtsausschusses, diesen Antrag
dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.
Abgeordnete Alev Korun (G) wies darauf hin, dass der Kerninhalt des Antrags der Ausbau des Grundrechts auf Datenschutz
sei. Zum einen gehe es um den Schutz allgemein verfügbarer Daten, etwa in Social Networks wie Facebook, zum
anderen um die Beseitigung von Ausnahmen bei indirekt personenbezogenen Daten. Korun bedauerte, dass der Antrag
nicht im Menschenrechtsausschuss, sondern im Verfassungsausschuss beraten werden soll, ihrer Meinung nach lässt
das auf ein "enges Verständnis" von Menschenrechten seitens der Koalitionsparteien schließen.
Abgeordneter Franz Kirchgatterer (S) hielt fest, der Kampf um die Verwirklichung der Menschenrechte stehe immer
wieder vor neuen Herausforderungen. Die Frage des Datenschutzes ist für ihn ein besonders aktuelles Thema.
Zu keiner Zeit seien so viele Daten von Menschen in Umlauf gewesen wie heute, ob gewollt oder ungewollt, skizzierte
er. Der Lernprozess auf diesem Gebiet sei erst im Gange. Kirchgatterer hofft, den Datenschutz künftig weiter
verbessern zu können.
Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) wies die Vorwürfe von Abgeordneter Korun zurück und warf ihr "billige
Polemik" vor. Es gebe niemanden im Haus, der nicht den Standpunkt vertrete, dass Menschenrechte unteilbar
seien, betonte er, auch er sei ein uneingeschränkter Verfechter der Menschenrechte. Großruck zufolge
ist es aber sinnvoll, den vorliegenden Antrag der Grünen im Verfassungsausschuss zu behandeln.
Abgeordneter Werner HERBERT (F) teilte die Auffassung von Abgeordnetem Großruck, dass der vorliegende Antrag
in den Verfassungsausschuss gehöre. Die Diskussion über eine Verbesserung des Datenschutzes sei dort
zu führen, bekräftigte er.
Auch Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kündigte die Zustimmung zur Zuweisung des Antrags an den Verfassungsausschuss
an. Was den Inhalt des Antrags betrifft, gab er zu bedenken, dass es keinen Zwang zum Anlegen eines Facebook-Accounts
gebe. Datenschutz sei wichtig, sagte er, es liege aber auch in der Eigenverantwortung und in der Mündigkeit
der Bevölkerung, nicht alles über sich preiszugeben.
Abgeordneter Johann MAIER (S) wies den Vorwurf der Abgeordneten Korun zurück, er hätte ein eingeengtes
Menschenrechtsverständnis. Zum Thema Datenschutz merkte er an, es gebe Experten, die dafür plädierten,
vom Datenbegriff des Datenschutzgesetzes wieder wegzukommen und den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre
wieder in den Vordergrund zu rücken. Er erachtet eine eingehende Diskussion über diese Frage für
notwendig.
Abgeordneter Harald BUCHMAYR (S) vertrat die Auffassung, dass der Antrag der Grünen im Verfassungsausschuss
besser aufgehoben ist als im Menschenrechtsausschuss. Dass es sich beim Anliegen des Antrags um ein wichtiges handle,
habe niemand bestritten, konstatierte er. Die Methoden beim Datensammeln werden nach Ansicht Buchmayrs immer dreister,
Unternehmen würden einen regelrechten Handel mit gesammelten Daten betreiben. Er ist auch überzeugt,
dass man im IT-Bereich bessere Datenschutzbestimmungen braucht, um Kriminalität vorzubeugen.
Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) führte aus, für sie sei es eine absolute Selbstverständlichkeit,
dass ein Mensch Recht auf Datenschutz hat. Private Daten werden ihr zufolge nicht nur in Social Networks preisgegeben,
sondern beispielsweise auch beim Einkauf in Online-Shops. Die österreichischen Datenschutzbestimmungen seien
gut, sagte Gessl-Ranftl, das heiße aber nicht, dass nicht Korrekturen vorgenommen werden könnten.
Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) sprach sich für einen besseren Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang
mit Social Networks aus. Kein Verständnis zeigte er für die Kritik der Grünen an der Zuweisung des
Antrags an den Verfassungsausschuss.
Der Nationalrat nahm den Bericht des Menschenrechtsausschusses mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis. Im Anschluss daran
wies Dritter Nationalratspräsident Martin GRAF den Antrag der Grünen dem Verfassungsausschuss zu. |
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Nationalrat entscheidet über Auslieferungsbegehren
Im Fall Strache geht es um den Vorwurf des ehemaligen FPÖ- und BZÖ-Abgeordneten und vormaligen Präsidenten
der Freiheitlichen Akademie, Ewald Stadler, Strache habe versucht, für den Wahlkampf 2006 Gelder der FPÖ-Akademie
abzuzweigen.
Das zweite Auslieferungsverfahren betrifft den F-Mandatar Elmar Podgorschek. Dieser war entgegen der Weisung des
Verteidigungsministers mit Uniform beim WKR-Ball aufgetreten, was einen Verstoß gegen das Wehrgesetz darstellt.
Der Nationalrat folgte in beiden Fällen den Empfehlungen des Immunitätsausschusses und machte den Weg
für Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache wegen des Verdachts
der versuchten Anstiftung zur Untreue und der Bundespolizeidirektion Wien gegen FPÖ-Abgeordneten Elmar Podgorschek
wegen des Vorwurfs des unbefugten Tragens einer Uniform frei. In beiden Fällen bestehe kein Zusammenhang zwischen
der inkriminierten Handlung und der Tätigkeit des Abgeordneten, stellte der Nationalrat jeweils mit Stimmenmehrheit
fest.
Den beiden Beschlüssen war eine zum Teil hitzige Diskussion im Nationalrat vorangegangen, wobei Abgeordneter
Johannes HÜBNER (F) zunächst die Entscheidung des Immunitätsausschusses in Bezug auf FPÖ-Klubchef
Strache in Frage stellte. Die FPÖ habe nicht die Absicht, die Ermittlungen gegen Strache zu behindern und
hätte einer Auslieferung selbstverständlich zugestimmt, damit der Sachverhalt aufgeklärt werde,
betonte er, seine Fraktion habe aber kein Verständnis für die Feststellung, dass zwischen der Tat, die
Strache vorgeworfen wird, und seiner Tätigkeit als Abgeordneter kein Zusammenhang bestehe.
Wie Hübner skizzierte, geht es um den Vorwurf an Strache, dieser habe als Spitzenkandidat der FPÖ für
die Nationalratswahlen 2006 vom damaligen Leiter der Freiheitlichen Parteiakademie Ewald Stadler, verlangt, Geld
zur Finanzierung des FPÖ-Wahlkampfs zur Verfügung zu stellen. Für Hübner ist damit der politische
Zusammenhang eindeutig gegeben, er bezweifelt außerdem, dass es um einen strafbaren Tatbestand handle.
Ähnlich ist die Sachlage nach Meinung Hübners im Fall des Abgeordneten Podgorschek, zu dem sich auch
eine Reihe anderer Mandatare zu Wort meldeten.
Für Abgeordneten Walter ROSENKRANZ (F) ist der Fall Podgorschek "eine schwarze Stunde des Parlamentarismus
und des Immunitätsrechts". Podgorschek habe am Ball des Wiener Korporationsrings bewusst seine Bundesheer-Uniform
getragen, obwohl dies zuvor von Verteidigungsminister Darabos verboten worden war, schilderte er. Nach Meinung
von Rosenkranz ist es unzulässig zu sagen, Podgorschek sei als Offizier und nicht als Abgeordneter am Ball
gewesen, deshalb gelte die Immunität nicht, belege doch ein Briefwechsel Podgorscheks mit dem Verteidigungsministerium
seine politische Absicht eindeutig. Rosenkranz erinnerte in diesem Zusammenhang außerdem daran, dass im Zuge
von beantragten Ermittlungen gegen Grün-Abgeordneten Karl Öllinger wegen einer Demonstration gegen einen
früheren WKR-Ball sehr wohl ein politischer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Abgeordneten festgestellt
worden sei.
Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) verteidigte demgegenüber die Entscheidung des Immunitätsausschusses.
Podgorschek habe seine Uniform als Offizier angezogen, sagte er, es reiche für ein Wirksamwerden der Immunitätsbestimmungen
nicht aus, dass er damit einen politischen Zweck verfolgt habe. Würde man der Argumentation von Abgeordnetem
Rosenkranz folgen, würde man nach Ansicht Donnerbauers Missbrauch Tür und Tor öffnen, genauso gut
könnte man eine Geschwindigkeitsübertretung als politischen Akt begründen.
Abgeordneter Gerald GROSZ (B) schloss sich hingegen der Argumentation von Abgeordnetem Rosenkranz an. Er ortet
in Immunitätsangelegenheiten eine eklatante Ungleichbehandlung zwischen Abgeordneten der FPÖ und des
BZÖ auf der einen Seite und Abgeordneten der anderen Fraktionen auf der anderen Seite. Seiner Meinung nach
wäre es am besten, die Immunität zur Gänze abzuschaffen, statt die bisherige Praxis fortzusetzen.
Grosz zufolge wollte Podgorschek mit dem Tragen der Uniform bewusst ein politisches Statement setzen und gegen
eine Weisung von Verteidigungsminister Norbert Darabos protestieren. Nun würde er von seinen Abgeordnetenkollegen
an die Verwaltung ausgeliefert. Es gehe schließlich um eine Verwaltungsstrafe und nicht um einen Straftatbestand,
betonte er.
Abgeordneter Otto PENDL (S) machte darauf aufmerksam, dass im Nationalrat bereits seit geraumer Zeit über
eine Reform des Immunitätsrechts und eine Abschaffung der außerberuflichen Immunität diskutiert
werde. Zum Fall Strache merkte er an, wenn sich zwei Abgeordnete gegenseitig anzeigen, sollten sie sich das untereinander
ausmachen und nicht das Immunitätsrecht bemühen. Im Fall Podgorschek gab es Pendl zufolge einen klaren
Erlass des Bundesheers an alle Uniformträger. Seiner Ansicht nach ist es nicht legitim, gegen diesen Erlass
zu verstoßen und sich dann hinter der Funktion als Abgeordneter zu "verstecken".
Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) sieht das eigentliche Problem in zu schwachen Unvereinbarkeitsbestimmungen
für Abgeordnete. Es gehe nicht an, dass sich ein Reserveoffizier auf seine Abgeordneten-Immunität berufen
könne, wenn er einen eindeutigen Befehl wegen unterschiedlicher Meinung mit dem Minister nicht ausführe,
argumentierte er. Man müsse sehr sauber trennen, forderte Öllinger.
Zum Abschluss seiner Beratungen nahm der Nationalrat mit Stimmenmehrheit einen Antrag der Koalitionsparteien an,
dem Innenausschuss zur Berichterstattung über die Änderung des Passgesetzes eine Frist bis zum 12. Juni
2012 zu setzen.
Eine weitere (158.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und
Zuweisungen.
Im Anschluss an die Plenarberatungen trat der Justizausschuss zu einer Sitzung zusammen. SPÖ, ÖVP, Grüne
und BZÖ haben sich auf eine Verschärfung des Korruptionsstrafrechts geeinigt – der Vier-Parteien-Antrag
soll nun einer Begutachtung unterzogen werden. |
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