Zweites Kindergartenjahr  

erstellt am
16. 05. 12

 StS Kurz, Land Salzburg und Land NÖ starten Modellregionen
StS Kurz und die Landesrätinnen Widmann und Schwarz starten Modellregionen in Salzburg und Niederösterreich
Wien (bmi/sts) - Gemeinsam mit dem Staatssekretariat für Integration starten die Bundesländer Salzburg und Niederösterreich erste Projekte für ein zweites Kindergartenjahr. Beide Projekte verfolgen das Ziel, jene Kinder, die aus bildungs- und integrationspolitischer Sicht auf einen frühen bzw. früheren Kindergartenbesuch besonders angewiesen sind, lange vor dem letzten verpflichtenden Kindergartenjahr zu erreichen und in eine vorschulische Bildungs- und Betreuungseinrichtung einzugliedern. Beide Modellregionen wurden am 16.05. in einer gemeinsamen Pressekonferenz von Staatssekretär Sebastian Kurz, Salzburgs Landesrätin Tina Widmann und Niederösterreichs Landesrätin Barbara Schwarz präsentiert.

Vier Schritte zum zweiten Kindergartenjahr nötig
Der Besuch eines Kindergartens ist in mehrfacher Hinsicht von großem Wert. Kinder können auf die weitere Bildungs- und Berufslaufbahn besser vorbereitet werden. Die Integration wird gefördert. Defiziten (z. B. im Bereich der Sprache) kann rechtzeitig entgegen gesteuert werden. Der Besuch eines Kindergartens ermöglicht auch vielen Eltern erst den (Wieder)einstieg ins Berufsleben.

  • Kinder, die keinen Kindergarten besuchen, haben in der weiteren Schullaufbahn einen doppelt so hohen Sprachförderbedarf (Statistisches Jahrbuch für Integration 2011).
  • 80 Prozent der Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und die keinen Kindergarten besuchen, haben bei Schuleintritt einen erhöhten Sprachförderbedarf (Statistisches Jahrbuch für Integration 2011).
  • Kinder, die über mehrere Jahre hinweg eine vorschulische Bildungs- und Betreuungseinrichtung besuchen, haben mittel- und langfristig bessere Bildungs- und Berufschancen und sind weniger gefährdet die Schullaufbahn vorzeitig abzubrechen (Studie der Universität Oslo über die Langzeiteffekte von vorschulischer Kinderbetreuung, 2011)
  • Jeder Euro, der in die vorschulische Bildung und Betreuung investiert wird, wirft einen Euro Wertschöpfung ab (Studie der Wirtschaftsuniversität Wien).


Der beim Staatssekretariat für Integration angesiedelte Expertenrat hat deshalb letztes Jahr vorgeschlagen, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für jene Kinder einzuführen, die sprachliche Defizite aufweisen.

Die nötigen vier Schritte zu einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr sind

  • Vorverlegung der Einschreibung
  • Sprachstandsfeststellung
  • Gezielte Betreuung für Kinder mit Sprachdefiziten
  • Bundes- und landesgesetzliche Regelung (15a Vereinbarung)


In den Modellregionen werden die ersten drei Schritte gesetzt.

Früher investieren statt später reparieren
Staatssekretär Sebastian Kurz betonte: "Früher investieren, statt später reparieren! Wir geben derzeit viel Geld aus, um die Probleme unseres Bildungssystems im Nachhinein zu reparieren. Das ist zwar sinnvoll. Wir geben aber wenig Geld aus, um den Problemen präventiv vorzubeugen. Langfristig sollte es uns gelingen, dieses Verhältnis umzukehren."

Salzburgs Landesrätin Tina Widmann sagte: "Chancengerechtigkeit bedeutet unter anderem, für alle Kinder die besten Voraussetzungen für den Schuleintritt zu schaffen - und das so früh wie möglich. Besonders in der Sprache, der primären Ausdrucksform in unserer Gesellschaft, gilt es, Probleme ehest möglich zu beheben. Durch frühe Förderung kann vieles aufgefangen werden. Um Kindern eine frühe sprachliche Förderung zu ermöglichen, habe ich im Oberpinzgau das Pilotprojekt Frühe Sprachförderung für alle vierjährigen Kinder initiiert."

Niederösterreichs Landesrätin Barbara Schwarz sagte: "Bei uns in Niederösterreich setzen wir auf das spielerische Erlernen von Sprachfertigkeiten bereits ab dem Eintritt des Kindes in den Kindergarten mit 2,5 Jahren. Rund 80 interkulturelle MitarbeiterInnen unterstützen dabei unsere rund 8.000 mehrsprachigen Kindergartenkinder und unsere KindergartenpädagogInnen. Um auch tatsächlich allen Kindern die Möglichkeit zur sprachlichen Frühförderung so früh wie möglich geben zu können, starten wir ein zukunftsweisendes Projekt im Raum rund um die Landeshauptstadt St. Pölten. Ziel des Projekts ist, Kinder bereits mindestens ein Jahr vor dem verpflichtenden Kindergartenjahr und idealerweise bereits ab dem Alter von 2,5 Jahren schrittweise in die Sprachangebote der Kindergärten einzubeziehen."


 

 Musiol: Einschränkung auf Integration nicht plausibel
Grüne fordern Chancengleichheit für alle Kinder
Wien (grüne) - "Dass sich bildungspolitisch etwas bewegt, freut mich. Ich finde es aber bedenklich, dass hier wieder nur von Kindern mit Migrationshintergrund die Rede ist", kritisiert Daniela Musiol, Familiensprecherin der Grünen.

Staatssekretär Sebastian Kurz hat im Morgenjournal vom Mittwoch, dem 16.Mai, das verpflichtende zweite Kindergartenjahr für Kinder, das gemeinsam mit den Bundesländern Niederösterreich und Salzburg als Modellregionen erprobt werden soll, vorgestellt. Kurz will damit eine bereits ein Jahr alte Forderung umsetzen. Seit Herbst 2010 ist das letzte Kindergartenjahr in ganz Österreich gratis und verpflichtend. Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr gibt es vor allem aus Kostengründen noch nicht. Jetzt soll der Versuch für das zweite Kindergartenjahr von den Ländern Salzburg und Niederösterreich finanziert werden.

"Kurz hat Recht, wenn er sagt, dass das Echo durchwegs positiv ist, allein das Geld wollten weder der Bund noch die Länder aufstellen. Sein Fehler ist jedoch, dass er nur von Kindern spricht, die nicht gut Deutsch sprechen können, obwohl wir wissen, dass es hier nicht um Migrationshintergrund alleine geht, sondern um allgemeine Sprachdefizite vieler Kinder", meint Musiol.

Es ist bekannt, dass der Besuch von Kindergärten die Sprachkompetenz erhöht. Dabei kommt es nicht auf den Pass, sondern die Sprachkenntnis wichtig. Fast jedes dritte Kindergartenkind in Wien hat 15 Monate vor Schulbeginn Sprachprobleme. In Salzburg hingegen haben 25 Prozent der Kinder Förderbedarf, vorrangig im Sprachbereich, wobei ein Viertel dieser Kinder keinen Migrationshintergrund hat.

"Aber auch Defizite die nicht im sprachlichen Bereich, sondern in anderen Entwicklungsbereichen liegen, können vorliegen. Zum Beispiel in der Motorik oder in der emotionalen Entwicklung. Wir Grüne treten daher für einen zweijährigen verpflichtenden Kindergartenbesuch für ALLE Kinder ein, denn nur dann ist gewährleistet, dass sie bestmöglich auf die Schule vorbereitet sind. Der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung und als solche steht sie allen Kindern zu, damit alle Kinder mit den gleichen Chancen in ihre Bildungskarriere zu starten", sagt Musiol.

"Kurz hat sich das Ziel gesetzt binnen zwei Jahren das verpflichtende zweite Kindergartenjahr flächendeckend in ganz Österreich umzusetzen, das begrüße ich. Ich würde ihm jedoch dringend nahe legen, Sprachdefizite nicht nur MigrantInnenkindern zu unterstellen. Er soll sich lieber für eine Sprachförderung aller Kinder, die sie benötigen, einsetzen" fordert Musiol.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

 
zurück