Basel III: Banken stabilisieren und Wachstum finanzieren   

erstellt am
15. 05. 12

EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas erreicht parteiübergreifende Einstimmigkeit bei neuen Banken-Regeln
Brüssel (övp-pd) - Das Europäische Parlament will die europäischen Banken durch zusätzliche Kapitalpuffer weiter stabilisieren, die Finanzierung der Realwirtschaft erleichtern und für Fairplay im Bankensektor sorgen. Das ist die Botschaft, die die Abgeordneten gestern Abend einstimmig über alle Parteigrenzen hinweg an den Rat der europäischen Finanzminister sandten. Der Bericht des Parlamentsvizepräsident Othmar Karas zur Umsetzung des "Basel III" genannten internationalen Banken-Regelwerks in EU-Recht wurde ohne Gegenstimmen im für Finanzmarktregulierung zuständigen Parlamentsausschuss angenommen. "Dieses Abstimmungsergebnis ist ein unmissverständliches Signal an den Rat, dass alle politischen Parteien fest entschlossen sind, endlich mit der Stabilisierung der Banken und der Finanzierung von Wachstum ernst zu machen", betont Karas. "Die neuen Kapitalanforderungen sind nicht nur ein Zentralstück der europäischen Bankenregulierung, sondern auch ein 'Realwirtschaft-Finanzierungsgesetz'. Die große Herausforderung ist es, die Balance zu bewahren: Einerseits müssen wir die Banken dazu bringen, solidere Sicherheitspuffer anzulegen und andererseits müssen wir gleichzeitig das Wachstum finanzieren, das die Realwirtschaft in Europa jetzt braucht. Das Parlament will den Zugang von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu Krediten vereinfachen", erläutert Karas.

In dem Beschluss spricht sich das Parlament dafür aus, dass die Banken nicht nur mehr, sondern auch besseres Kapital auf die Seite legen müssen, um ihre Geschäftsrisiken abzudecken. Zusätzlich zu den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission sieht das europäische Parlament zusätzliche Kapitalpuffer für systemrelevante Banken vor. Außerdem sollen die Rücklagen der Banken liquider - also beweglicher - werden, um im Krisenfall schneller handeln zu können. "Europäische Banken müssen ein Fels in der Brandung des weltweiten Finanzmarktes werden", so Karas. Das Parlament ist dagegen, dass den EU-Mitgliedstaaten weitgehend freie Hand gelassen wird, weitere, zusätzliche Kapitalanforderungen an die Banken festzulegen. "Natürlich brauchen wir eine gewisse Flexibilität, aber innerhalb eines europäischen Rahmens. Länder, die zusätzliche Regeln einziehen wollen, müssen sich das innerhalb eines europäischen Verfahrens absegnen lassen. Wir wollen einen europäischen Bankenbinnenmarkt und keine Extrawürste für Einzelne", betont Karas.

Die Parlamentarier sehen in der "CRD4" genannten neuen EU-Bankenregulierung aber auch eine "Stellschraube, um die Kreditvergabe der Banken an die Realwirtschaft zu steuern". In Erweiterung des ursprünglichen Gesetzesvorschlags der EU-Kommission sieht das Parlament verschiedene Instrumente zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung vor: Das Risikogewicht von Krediten an mittelständische Unternehmen (KMU) und an Betriebsgründer soll um 30 Prozent gesenkt werden. Damit mehr Kredite unter diese neue Regelung fallen, wird die sogenannte Retailgrenze bei Krediten von 1 Millionen auf 2 Millionen Euro angehoben. Außerdem soll das Risikogewicht für Infrastrukturprojekte im Verkehrs-, Energie- und Telekombereich halbiert werden, um die Kredite zu vergünstigen. "Es entspricht nicht mehr der Realität, dass ein KMU-Kredit als risikoreicher eingestuft wird als beispielsweise eine griechische Staatsanleihe. Die Kommission ist aufgefordert, bis 2014 einen Vorschlag zu machen, wie in Zukunft das Risiko von Staatsanleihen bewertet werden soll", so Karas.

Karas betont, dass mit den neuen Regeln aber auch für Fairplay im Bankensektor gesorgt werden soll: "Wir müssen sicherstellen, dass die kontinental-europäischen Banken, die eher auf das Endkundengeschäft ausgerichtet und anders strukturiert sind, durch Basel III nicht gegenüber den angloamerikanischen Investment-Banken benachteiligt werden", so Karas. Deshalb wollen die Abgeordneten europäische Spezifika wie dezentrale Eigentümerstrukturen und vertragliche Haftungsverbünde besser anerkennen. Aber auch innerhalb der Banken sei Fairness angesagt: "Wir haben uns auf den Kompromiss geeinigt, dass Bonus-Zahlungen an Banker nicht höher als das Gehalt sein dürfen. Das Verhältnis zwischen Gehalt und Zulagen der Banker darf nicht dazu führen, dass leichtsinnige Geschäftspraktiken gefördert werden", so Karas.
     
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