Strukturoptimierung der Oö. Bezirksgerichte   

erstellt am
24. 05. 12

Linz (lk) - Eine moderne Justiz braucht moderne Strukturen. Das ist im Interesse der Bevölkerung und im Interesse der Justiz. Denn damit erreichen wir noch bessere Qualität und nicht zuletzt höhere Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger am Gericht. Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer und Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl sind am 24.05. bei einem weiteren Gespräch zur Strukturoptimierung der Standorte der Oö. Bezirksgerichte überein gekommen: Künftig sollen die 28 bestehenden Bezirksgerichtsprengel in Oberösterreich an 18 Bezirksgerichtsstandorten neu organisiert werden.

Anfang des Jahres hat das Justizministerium seine Vorschläge zur Strukturoptimierung in der Gerichtsorganisation an die Bundesländer übermittelt. Die vom Land Oberösterreich geforderten Grundlagendaten, die als Basis für weitere Gespräche dienen sollten (Anzahl der Urteile, Größe des Einzugsgebiets, Entfernung zum nächsten Bezirksgericht, Anzahl der angestellten Richter und Mitarbeiter, besondere Umstände und Erfordernisse) wurden diesen Vorschlägen beigegeben, wobei das Justizministerium die Schließung von 18 Standorten vorgeschlagen hatte.

LH Pühringer und BM Karl haben zur besseren Abstimmung der neuen Sprengeleinteilung eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt. Der ausgearbeitete Vorschlag ist Grundlage für die vom Justizministerium erstellte Verordnung der Neueinteilung und stellt einen vertretbaren Kompromiss auch aus Landessicht dar.


Im Zuge der Strukturoptimierung wurde darauf geachtet, dass für die rechtsschutzsuchende Bevölkerung gerade die ländlichen Gebiete aufgewertet werden, wobei aber teilweise Kleinstgerichte mit zum Teil auch unter einer Richterplanstelle in größere Einheiten eingegliedert werden.

Durch die Neuaufteilungen und die Schaffung von größeren dezentralen Einheiten soll für die rechtsschutzsuchende Bevölkerung eine Reihe von Vorteilen resultieren:

  • ein größtmögliches Maß an Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen
  • die erforderliche Spezialisierung und laufende Fortbildungen der Richter/innen und Rechtspfleger/innen in dem jeweiligen Fachbereich, insbesondere auch im Familienrecht soll ermöglicht werden,
  • verbesserte Erreichbarkeit der Rechtssprechungsorgane - Richter/innen, Rechtspfleger/innen und Gerichtsbedienstete sollen künftig nicht mehr an bis zu drei Gerichten, sondern an einem zentralen Standort tätig sein - daraus soll ein höheres Maß an Kundenfreundlichkeit und Service als bislang geboten werden
  • infrastrukturelle Synergien und eine optimierte Kostenstruktur durch Leistungsbündelung, sowie eine effiziente Administration
  • die höhere Anwesenheitsdichte der Gerichtsbediensteten am jeweiligen Standort ermöglicht mehr Flexibilität beim Personaleinsatz und eine bürgerfreundlichere Gestaltung des Parteienverkehrs und eine einfachere Vertretungsmöglichkeit im Abwesenheitsfall
  • weniger Richterwechsel bewirken eine stärkere Kontinuität der Rechtssprechungstätigkeit



Die Organisation der österreichischen Bezirksgerichte stammt in Grundzügen immer noch aus dem Jahre 1869 - also mitten aus der Amtszeit von Kaiser Franz-Joseph. Der Großteil der anderen EU-Staaten hat in etwa halb so viele Gerichtsstandorte je Einwohner wie Österreich. Früher war es wichtig, dass das Bezirksgericht in einer Tagesreise mit der Kutsche erreichbar war - heute haben wir andere Mobilitäts-Möglichkeiten, und im Durchschnitt besuchen Herr und Frau Österreicher ein Bezirksgericht einmal oder zweimal im Leben. Das heißt, man muss als Bürger zwar unter Umständen einmal im Leben einen etwas längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen, dafür gibt es in drei wesentlichen Punkten Verbesserungen: ein noch besserer Service (Öffnungszeiten, Erreichbarkeit), noch höhere Qualität und Schnelligkeit (jetzt schon gute Bezirksrichter können sich spezialisieren und gegenseitig unterstützen) und größte Sicherheit an ihrem Gericht (lückenlose Sicherheitsmaßnahmen an allen Gerichten).

Das ist die Zielsetzung dieser Reform. Deshalb ist es in der Justiz Zeit für Optimierungen, für eine sinnvolle Verwaltungs- und Strukturreform. Auch die Justiz muss seinen Beitrag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen leisten. Wer nicht beim Personal sparen will - und das wäre in der Justiz fatal - muss an den Strukturen arbeiten. Den nachhaltigsten Beitrag leistet zudem der, der Strukturen verändert. Verwaltungsreformen hat unser Land bitter nötig. Die Justiz ist derzeit das beste Beispiel für eine sinnvolle Verwaltungsreform. Wir sparen bei den Strukturen, nicht beim Personal!

Es geht abgesehen von den Einsparungen (gesamt etwa 6 Millionen pro Jahr) um drei wesentlichen Verbesserungen durch die Verwaltungsreform Justiz:

  1. Spezialisierung: Wir ermöglichen Richtern an Gerichten mit mindestens vier Richterplanstellen, sich mehr zu spezialisieren. Das heißt keineswegs, dass die Arbeit der Bezirksgerichte bis jetzt schlecht wäre - im Gegenteil. So ist das zB auch im medizinischen Bereich: Es gibt viele ausgezeichnete Praktische Ärzte. Aber wenn ich ein Herzproblem habe oder meine Augen untersuchen lasse gehe ich trotzdem zum Spezialisten. Juristische Materien werden immer komplexer - es gibt heute auch kaum mehr einen Rechtsanwalt, der nicht auf einen oder mehrere Fachbereiche spezialisiert ist.
  2. Bürgerservice: Größere Einheiten können dem Bürger zudem besseren Service bieten: Richter können sich bei Urlaub oder Krankheit besser vertreten, sie sind besser erreichbar. Es wird durch größere Einheiten möglich sein, an vielen weiteren Standorten die allseits sehr gut angenommenen Servicecenter einzurichten.
  3. Sicherheit: Und es geht letztlich auch um die Sicherheit aller Beteiligten am Gericht. Denken Sie an Dachau, an Hollabrunn. Das will in Österreich niemand mehr erleben. Aber mit 141 Bezirksgerichten ist eine lückenlose Abdeckung mit Sicherheitskontrollen schlicht unmöglich. Mit der neuen Struktur können wir die Sicherheit an allen Gerichten garantieren.


Ist der weitere Anfahrtsweg nicht ein großes Problem?
Der durchschnittliche Bürger besucht "sein" Bezirksgericht nur ein- bis zweimal im Leben. Vieles - etwa ein Grundbuchauszug - lässt sich heute sogar elektronisch oder über den Anwalt, Notar, Banken, Versicherungen etc. vor Ort erledigen. Früher - die Organisation der Bezirksgerichte stammt in Grundzügen noch aus 1869 - war es wichtig, dass das Bezirksgericht in einer Tagesreise mit der Kutsche erreichbar war. Heute sind wir viel mobiler und für diesen seltenen Aufwand bekommt der Bürger bessere Qualität, mehr Service und lückenlose Sicherheit. Zudem stärkt die Reform auch die Regionen, denn die neuen Bezirksgerichte werden mit deutlich mehr Kompetenzen ausgestattet. Ganz praktisch gesprochen: Bisher werden schon Fälle über 10.000 Euro nur am wesentlich weiter entfernten Landesgericht verhandelt. In Zukunft kann ich viele Fälle schon direkt am neuen Bezirksgericht lösen, nämlich alle Streitigkeiten bis zu einem Wert von 25.000 Euro.

     
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