Linz (lk) - Eine moderne Justiz braucht moderne Strukturen. Das ist im Interesse der Bevölkerung
und im Interesse der Justiz. Denn damit erreichen wir noch bessere Qualität und nicht zuletzt höhere
Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger am Gericht. Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer
und Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl sind am 24.05. bei einem weiteren Gespräch zur Strukturoptimierung
der Standorte der Oö. Bezirksgerichte überein gekommen: Künftig sollen die 28 bestehenden Bezirksgerichtsprengel
in Oberösterreich an 18 Bezirksgerichtsstandorten neu organisiert werden.
Anfang des Jahres hat das Justizministerium seine Vorschläge zur Strukturoptimierung in der Gerichtsorganisation
an die Bundesländer übermittelt. Die vom Land Oberösterreich geforderten Grundlagendaten, die als
Basis für weitere Gespräche dienen sollten (Anzahl der Urteile, Größe des Einzugsgebiets,
Entfernung zum nächsten Bezirksgericht, Anzahl der angestellten Richter und Mitarbeiter, besondere Umstände
und Erfordernisse) wurden diesen Vorschlägen beigegeben, wobei das Justizministerium die Schließung
von 18 Standorten vorgeschlagen hatte.
LH Pühringer und BM Karl haben zur besseren Abstimmung der neuen Sprengeleinteilung eine eigene Arbeitsgruppe
eingesetzt. Der ausgearbeitete Vorschlag ist Grundlage für die vom Justizministerium erstellte Verordnung
der Neueinteilung und stellt einen vertretbaren Kompromiss auch aus Landessicht dar.
Im Zuge der Strukturoptimierung wurde darauf geachtet, dass für die rechtsschutzsuchende Bevölkerung
gerade die ländlichen Gebiete aufgewertet werden, wobei aber teilweise Kleinstgerichte mit zum Teil auch unter
einer Richterplanstelle in größere Einheiten eingegliedert werden.
Durch die Neuaufteilungen und die Schaffung von größeren dezentralen Einheiten soll für die
rechtsschutzsuchende Bevölkerung eine Reihe von Vorteilen resultieren:
- ein größtmögliches Maß an Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen
- die erforderliche Spezialisierung und laufende Fortbildungen der Richter/innen und Rechtspfleger/innen in dem
jeweiligen Fachbereich, insbesondere auch im Familienrecht soll ermöglicht werden,
- verbesserte Erreichbarkeit der Rechtssprechungsorgane - Richter/innen, Rechtspfleger/innen und Gerichtsbedienstete
sollen künftig nicht mehr an bis zu drei Gerichten, sondern an einem zentralen Standort tätig sein -
daraus soll ein höheres Maß an Kundenfreundlichkeit und Service als bislang geboten werden
- infrastrukturelle Synergien und eine optimierte Kostenstruktur durch Leistungsbündelung, sowie eine effiziente
Administration
- die höhere Anwesenheitsdichte der Gerichtsbediensteten am jeweiligen Standort ermöglicht mehr Flexibilität
beim Personaleinsatz und eine bürgerfreundlichere Gestaltung des Parteienverkehrs und eine einfachere Vertretungsmöglichkeit
im Abwesenheitsfall
- weniger Richterwechsel bewirken eine stärkere Kontinuität der Rechtssprechungstätigkeit
Die Organisation der österreichischen Bezirksgerichte stammt in Grundzügen immer noch aus dem Jahre 1869
- also mitten aus der Amtszeit von Kaiser Franz-Joseph. Der Großteil der anderen EU-Staaten hat in etwa halb
so viele Gerichtsstandorte je Einwohner wie Österreich. Früher war es wichtig, dass das Bezirksgericht
in einer Tagesreise mit der Kutsche erreichbar war - heute haben wir andere Mobilitäts-Möglichkeiten,
und im Durchschnitt besuchen Herr und Frau Österreicher ein Bezirksgericht einmal oder zweimal im Leben. Das
heißt, man muss als Bürger zwar unter Umständen einmal im Leben einen etwas längeren Anfahrtsweg
in Kauf nehmen, dafür gibt es in drei wesentlichen Punkten Verbesserungen: ein noch besserer Service (Öffnungszeiten,
Erreichbarkeit), noch höhere Qualität und Schnelligkeit (jetzt schon gute Bezirksrichter können
sich spezialisieren und gegenseitig unterstützen) und größte Sicherheit an ihrem Gericht (lückenlose
Sicherheitsmaßnahmen an allen Gerichten).
Das ist die Zielsetzung dieser Reform. Deshalb ist es in der Justiz Zeit für Optimierungen, für eine
sinnvolle Verwaltungs- und Strukturreform. Auch die Justiz muss seinen Beitrag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen
leisten. Wer nicht beim Personal sparen will - und das wäre in der Justiz fatal - muss an den Strukturen arbeiten.
Den nachhaltigsten Beitrag leistet zudem der, der Strukturen verändert. Verwaltungsreformen hat unser Land
bitter nötig. Die Justiz ist derzeit das beste Beispiel für eine sinnvolle Verwaltungsreform. Wir sparen
bei den Strukturen, nicht beim Personal!
Es geht abgesehen von den Einsparungen (gesamt etwa 6 Millionen pro Jahr) um drei wesentlichen Verbesserungen durch
die Verwaltungsreform Justiz:
- Spezialisierung: Wir ermöglichen Richtern an Gerichten mit mindestens vier Richterplanstellen, sich mehr
zu spezialisieren. Das heißt keineswegs, dass die Arbeit der Bezirksgerichte bis jetzt schlecht wäre
- im Gegenteil. So ist das zB auch im medizinischen Bereich: Es gibt viele ausgezeichnete Praktische Ärzte.
Aber wenn ich ein Herzproblem habe oder meine Augen untersuchen lasse gehe ich trotzdem zum Spezialisten. Juristische
Materien werden immer komplexer - es gibt heute auch kaum mehr einen Rechtsanwalt, der nicht auf einen oder mehrere
Fachbereiche spezialisiert ist.
- Bürgerservice: Größere Einheiten können dem Bürger zudem besseren Service bieten:
Richter können sich bei Urlaub oder Krankheit besser vertreten, sie sind besser erreichbar. Es wird durch
größere Einheiten möglich sein, an vielen weiteren Standorten die allseits sehr gut angenommenen
Servicecenter einzurichten.
- Sicherheit: Und es geht letztlich auch um die Sicherheit aller Beteiligten am Gericht. Denken Sie an Dachau,
an Hollabrunn. Das will in Österreich niemand mehr erleben. Aber mit 141 Bezirksgerichten ist eine lückenlose
Abdeckung mit Sicherheitskontrollen schlicht unmöglich. Mit der neuen Struktur können wir die Sicherheit
an allen Gerichten garantieren.
Ist der weitere Anfahrtsweg nicht ein großes Problem?
Der durchschnittliche Bürger besucht "sein" Bezirksgericht nur ein- bis zweimal im Leben. Vieles
- etwa ein Grundbuchauszug - lässt sich heute sogar elektronisch oder über den Anwalt, Notar, Banken,
Versicherungen etc. vor Ort erledigen. Früher - die Organisation der Bezirksgerichte stammt in Grundzügen
noch aus 1869 - war es wichtig, dass das Bezirksgericht in einer Tagesreise mit der Kutsche erreichbar war. Heute
sind wir viel mobiler und für diesen seltenen Aufwand bekommt der Bürger bessere Qualität, mehr
Service und lückenlose Sicherheit. Zudem stärkt die Reform auch die Regionen, denn die neuen Bezirksgerichte
werden mit deutlich mehr Kompetenzen ausgestattet. Ganz praktisch gesprochen: Bisher werden schon Fälle über
10.000 Euro nur am wesentlich weiter entfernten Landesgericht verhandelt. In Zukunft kann ich viele Fälle
schon direkt am neuen Bezirksgericht lösen, nämlich alle Streitigkeiten bis zu einem Wert von 25.000
Euro.
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