NR-Präsidentin Prammer trifft zypriotischen Präsidenten Christofias   

erstellt am
21. 05. 12

Christofias: "Wir brauchen mehr Solidarität in Europa"
Wien (pk) - Der Staatspräsident der Republik Zypern Demetris Christofias traf im Rahmen seines offiziellen Besuchs in Österreich auch mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zu einem Gespräch zusammen. Beim Treffen im Parlament ging es vor allem um die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa und die bevorstehende EU-Präsidentschaft Zyperns, die Christofias als große Herausforderung für sein Land bezeichnete. Nach Meinung von Christofias wird es mehrere Jahre dauern, bis Europa aus der Krise herauskommt, er erachtet es für notwendig, den Fokus in der EU nun auf Wachstum, neue Arbeitsplätze und soziale Entwicklung zu richten. "Wir brauchen mehr Solidarität in Europa", ist Christofias überzeugt.

Nationalratspräsidentin Prammer wies darauf hin, dass Österreich grundsätzlich in einer "sehr komfortablen Situation" sei. Österreich habe nicht nur die niedrigste Arbeitslosenrate in der EU, es sei auch gelungen, einen Stabilitätspakt zu schnüren, ohne Pensionen oder Sozialleistungen zu kürzen, skizzierte sie. Nationalstaatliche Tendenzen sind ihrer Meinung nach aber keine Lösung zur Bewältigung der Krise in Europa, vielmehr sieht Prammer die Notwendigkeit eines europäischen "Masterplans". Man müsse in der EU gemeinsam festlegen, wer investiere und wer spare, betonte die Nationalratspräsidentin, wenn niemand mehr etwas kaufe, drohe die Wirtschaft zu kollabieren. Ein sinnvoller Schritt zur Ankurbelung der Wirtschaft wären Prammer zufolge auch höhere Einkommen für Beschäftigte.

Einig waren sich Prammer und Christofias darin, dass die sukzessive Abkehr von der Realwirtschaft und die zunehmende Dominanz der Finanzmärkte eine der Hauptursachen der Krise sind. Die Politik habe zu wenig Mechanismen zur Kontrolle der virtuellen Finanzwirtschaft, gab Prammer zu bedenken. Für Christofias ist klar, dass die liberale Wirtschafts- und Finanzpolitik der letzten Jahre gescheitert ist, die steigende Distanz der Bevölkerung zur EU kann seiner Ansicht nach nur durch einen stärkeren sozialen Fokus und mehr Solidarität wieder verkleinert werden.

Themen des Gesprächs waren auch die teilweise große Belastung zypriotischer Banken durch griechische Anleihen, der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Zypern und Österreich, die Einrichtung einer Interparlamentarischen Konferenz zur Begleitung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU, das Verhältnis Zyperns zur Türkei sowie das generelle Bemühen des Landes um gutnachbarschaftliche Kontakte. Sowohl Prammer als auch Christofias hoben außerdem die Bedeutung parlamentarischer Diplomatie hervor.

Christofias wurde bei der Aussprache im Parlament von Außenministerin Erato Kozakou-Marcoullis, Wirtschafts- und Tourismusminister Neoclis Sylikiotis und Regierungssprecher Stephanos Stephanou begleitet. Von österreichischer Seite nahmen am Gespräch auch SPÖ-Abgeordnete Renate Csörgits und FPÖ-Abgeordneter Johannes Hübner teil. Morgen wird Christofias gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer das österreichisch-zypriotische Wirtschaftsforum in der Wirtschaftskammer in Wien eröffnen. Am Nachmittag ist ein Gespräch mit Bürgermeister Michael Häupl geplant.
     
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