Sachwalterschaft nicht menschenrechtskonform   

erstellt am
04. 06. 12

Monitoringausschuss sieht Selbstbestimmung nicht verwirklicht
Wien (bmask) - "Sachwalterschaft ist im Ergebnis die Bestimmung des Willens durch eine dritte Person. Diese Fremdbestimmung steht in einem letztlich unauflöslichen Spannungsverhältnis zum Menschenrecht auf Selbstbestimmung, das in der Konvention festgeschrieben ist", hält der Monitoringausschuss in seiner jüngsten Stellungnahme fest.

"Menschen mit Behinderungen sind mündig, sie können klar denken, manche benötigen Hilfe dabei, ihre Gedanken zu äußern", zitiert der Ausschuss eine Selbstvertreterin. Konsequenter Weise anerkennt die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auch das Recht auf Ausübung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit; wo notwendig, in Kombination mit Unterstützungsmaßnahmen. Ziel der Konvention ist die Verwirklichung von Selbstbestimmung in ihrer Gesamtheit, um Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. Dazu gehört auch, dass auch Menschen mit Behinderungen Fehler machen dürfen und Risiken eingehen können.

Hebel, um mögliche Barrieren zu überwinden, sind neben umfassender Barrierefreiheit vor allem Unterstützung und Assistenz, auch in der Entscheidungsfindung. Eine wichtige Rolle in der Verwirklichung von gleicher Rechts- und Geschäftsfähigkeit spielt das soziale und gesellschafts-politische Umfeld. Das Erlernen von sozialen Fähigkeiten, die Etablierung eines selbst-verständlich(er)en Umgangs mit Menschen mit Behinderungen braucht vor allem einen gemeinsamen Alltag, den es in dieser Form in Österreich noch nicht gibt.

"Ein zentrales Element auf dem Weg zu einem selbstverständlicheren Umgang mit Menschen mit Behinderungen ist ein gemeinsamer Schulalltag", hält der Monitoringausschuss fest und bekräftigt damit seine Stellungnahme zu einer tiefgreifenden Reform des Bildungswesens, um einen inklusiven und barrierefreien Schulbesuch für alle zu ermöglichen.

Die umfassende Stellungnahme zum Sachwalterrecht basiert auf einer Diskussion im Rahmen der sechsten öffentlichen Sitzung des Ausschusses im November 2011. Mehr als 170 Personen, darunter viele Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter, haben Probleme mit der geltenden Regelung und mögliche Alternativen diskutiert. Der internationale Experte Michael Bach hat dabei das Modell der Unterstützten Entscheidungsfindung, das in Kanada bereits praktiziert wird, vorgestellt.

Das Protokoll der öffentlichen Sitzung, sowie die Stellungnahme des Ausschusses sind auf der Website unter www.monitoringausschuss.at abrufbar. Eine Leichter-Lesen-Version der Stellungnahme wird in Kürze ebenfalls online sein.

Der unabhängige Monitoringausschuss ist zuständig für die Überwachung der Einhaltung der UN-Konvention "Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" vom 13. Dezember 2006 in Angelegenheiten, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind, und hat sich auf der Grundlage von § 13 des Bundesbehindertengesetzes in Umsetzung der mit 26. Oktober 2008 durch Österreich ratifizierten Konvention konstituiert. Dem weisungsfreien Ausschuss gehören Vertreter/innen von Nichtregierungsorganisationen aus den Bereichen Menschen mit Behinderungen, Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit sowie der wissenschaftlichen Lehre an.
     
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