Aktuelle Stunde mit Minister Darabos
Wien (pk) - Mit einer Aktuellen Stunde zum Thema " Modernes und reaktionsschnelles Österreichisches
Bundesheer, weitere Reformschritte!" begann am Morgen des 31.05. die 809. Sitzung des Bundesrates, bei der
Verteidigungsminister Norbert Darabos den MandatarInnen Rede und Antwort stand.
Bundesrat Wolfgang BEER (S/W) wies auf die widersprüchliche Haltung zum Bundesheer hin. Während man die
Landesverteidigung teilweise in Frage stelle, werde der Einsatz der SoldatInnen in Katastrophenfällen (Hochwasser,
Murenabgänge etc.) und im Rahmen von humanitären und friedenssichernden Missionen immer hoch gelobt.
Für ihn stehe es außer Frage, dass angesichts der grundlegenden Änderung der Bedrohungsszenarien
in den letzten Jahrzehnten laufende Anpassungen der Organisationsform vorgenommen werden müssen und das Personal
entsprechend gut ausgebildet werden muss. Die Herausforderungen der Gegenwart heißen Terrorismus, Schutz
von Infrastruktureinrichtungen, Cyber-Crime etc., so Beer, weshalb auch die Ausrüstung des Bundesheers den
neuesten Entwicklungen angepasst werden soll. Er bemängelte jedoch in diesem Zusammenhang das knappe Budget
des Ministers, das vor allem durch den Ankauf der Eurofighter mit den Folgekosten stark belastet sei. Diese Fehlinvestition
habe aber nicht Minister Darabos, sondern sein Vorgänger zu verantworten, zeigte Beer kritisch auf. Dieses
Geld hätte man zum Beispiel viel besser für die Ausrüstung der SoldatInnen verwenden können.
Generell trat Bundesrat Beer für die Schaffung eines Berufsheers ein, weil dadurch eine gute Ausbildung und
eine schnelle Reaktion auf alle möglichen Bedrohungen gewährleistet werden könne.
Bundesrat Franz PERHAB (V/St) bedauerte es, dass die Regierungsparteien gerade in einer so wichtigen Zukunftsfrage
wie der Sicherheitspolitik keine gemeinsame Lösung finden. Ein tragbarer Konsens wäre dringend notwendig
und er sei auch überzeugt davon, dass in den Ländern noch eine Mehrheit für eine allgemeine Wehrpflicht
zu erzielen ist. Was derzeit passiert, sei aber vielmehr eine Demontage des bestehenden Systems ohne ein überzeugendes
Zukunftsmodell anbieten zu können, meinte Perhab. Auch die kostspieligen Pilotmodelle des Verteidigungsministers
bringen seiner Meinung nach wenig. Bevor nicht ein schlüssiges Modell vorgelegt werden kann, könne nicht
auf die allgemeine Wehrpflicht verzichtet werden, argumentierte der Redner. Man könne es sich auch nicht weiter
leisten, dass – laut Rechnungshof – über 2.000 Militärbeamte "bei vollen Bezügen spazieren
gehen"; dies muss so schnell wie möglich abgestellt werden, forderte er.
Das österreichische Bundesheer befindet sich heute in jenem Zustand, in den es die Politik in den vergangenen
Jahrzehnten gebracht hat, konstatierte Bundesrat Hermann BRÜCKL (F/O). Die jeweils zuständigen Minister
hätten zwar immer wieder große Veränderungen und Reformen angekündigt, passiert sei aber wenig.
Der Ist-Zustand sei wenig erfreulich, urteilte Brückl, es gebe ein in weiten Teilen "verbeamtetes und
verpolitisiertes Heer mit einer überbordenden Verwaltung", was auch immer wieder in Rechnungshofberichten
beanstandet wurde, sowie ein "frustriertes, verunsichertes und demotiviertes Personal". Obwohl das Bundesheer
seit Jahrzehnten vernachlässigt und finanziell ausgehungert wird, funktioniere es, da es noch immer viele
engagierte MitarbeiterInnen gibt, die die Kunst des Improvisierens verstehen, so der Redner. Kritik übte Brückl
an Minister Darabos, da er mit seiner Haltung und Meinungsänderung in verschiedensten Fragen (z.B. allgemeine
Wehrpflicht) zur allgemeinen Verunsicherung noch weiter beigetragen habe. Der F-Bundesrat sprach sich schließlich
gegen die Schaffung eines Berufsheers aus, da eine Umstellung nach Auffassung von vielen Militärexperten nicht
nur zu höheren Kosten, sondern auch zu einem geringeren Niveau führen würde.
Bundesminister Norbert DARABOS war der Auffassung, dass das österreichische Bundesheer bestens aufgestellt
ist. Allein 1.500 Soldatinnen und Soldaten sind z.B. derzeit in insgesamt zwölf Auslandsmissionen tätig
- die höchste Zahl seit Bestehen des österreichischen Bundesheeres. Diese weltweite Präsenz werde
auch – wie erst kürzlich vom UN-Generalsekretär Ban Ki-moon - anerkannt, war der Minister überzeugt.
Auch im Rahmen der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik leiste Österreich einen
wichtigen Beitrag als Mitglied von so genannten EU-Battlegroups, die zur Krisenintervention eingesetzt werden.
Neben all diesen internationalen Aktivitäten bestehe die wichtigste Aufgabe des österreichischen Bundesheeres
aber im Katastrophenschutz, unterstrich der Verteidigungsminister, was auch in der neuen, gemeinsam mit der ÖVP
beschlossenen Sicherheitsstrategie festgeschrieben worden sei. Darin festgelegt sei auch ein klares sicherheitspolitisches
Konzept, das auch in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise die Aufrechterhaltung einer breiten militärischen
Grundbefähigung sicherstellen soll. Darauf basierend könne er auch eine Redimensionierung des Bundesheers
im Bereich der konventionellen Territorialverteidigung (u.a. eine Reduktion bei den Panzern) verantworten, führte
Darabos aus. Durch eine bedarfsorientierte Umschichtung der Ressourcen soll zudem ein Handlungsspielraum für
das österreichische Bundesheer geschaffen werden, um neuen Herausforderungen (z.B. Cyber-Sicherheit, Terrorabwehr,
Schutz kritischer Infrastruktureinrichtungen etc.) entsprechend entgegentreten zu können.
Was den Milizbereich betrifft, so wurde dieser von seinen Vorgängern sträflich vernachlässigt, urteilte
Darabos. Er habe daher wieder Milizübungen eingeführt, die auch sehr gut funktionierten. Auch die Diskussion
über die allgemeine Wehrpflicht werde weitergeführt werden müssen und er sei auch gerne bereit,
diese Entscheidung einer öffentlichen Beurteilung zukommen zu lassen. Schließlich hielt Darabos seinem
Vorredner entgegen, dass beim österreichischen Bundesheer niemand spazieren geht. Es gebe nur eine gewisse
Anzahl von Mitarbeitern, die "nicht auf Arbeitsplätzen eingeteilt sind". Dies seien die Auswirkungen
der Bundesheerreform 2010, die alle fünf Parlamentsparteien beschlossen haben. Er habe sich persönlich
dafür eingesetzt, dass diese Personen nicht zu Hause sitzen und nichts tun, sondern dass jedem einzelnen eine
Tätigkeit zugewiesen wird. Außerdem wurden im Rahmen der Verwaltungsreform überall dort, wo es
möglich war, Mitarbeiter in andere Ressorts übergeführt. Insgesamt sollen in den nächsten zwei
bis drei Jahren zudem etwa 2.000 Bedienstete abgebaut werden.
Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) gab zu bedenken, dass laut einer aktuellen Umfrage 72 % der ÖsterreicherInnen
einen Reformbedarf beim österreichischen Bundesheer orten. Aufgrund der völlig geänderten Bedrohungsszenarien
und Anforderungen brauche man vor allem spezialisierte Soldaten und Soldatinnen, die im Rahmen von Auslandsmissionen
zum Einsatz kommen. Um diesen Aufgaben nachkommen zu können, sei es aber nicht erforderlich, teure Waffen
oder gar Eurofighter zu kaufen, bemängelte Dönmez. Eine besonders wichtige Rolle komme dem Bundesheer
beim Katastrophenschutz zu, der seiner Meinung nach aber auch noch effizienter und kostengünstiger durchgeführt
werden könnte. Was schließlich die Diskussion um die allgemeine Wehrpflicht angeht, so gab der Redner
zu bedenken, dass sie in vielen europäischen Ländern bereits abgeschafft wurde. Sollte es auch in Österreich
dazu kommen, dann müssen aber gleichzeitig auch neue Lösungen für den Zivildienst gefunden werden.
Das Bundesheer Neu sollte nach Ansicht der Grünen nur mehr bei friedenserhaltenden Missionen eingesetzt werden,
wozu aber nur mehr eine kleine, spezialisierte, schlagfertige Truppe (ca. 6.000 bis 8.000 Personen) notwendig sein
werde.
Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) wies einleitend darauf hin, dass sich laut einer neuesten Umfrage mittlerweile
schon 62 % der ÖsterreicherInnen für die Einführung eines Berufsheers ausgesprochen haben. Im Folgenden
kam er vor allem auf die großartige Leistung der Soldaten und Soldatinnen in den zahlreichen Friedensmissionen
weltweit zu sprechen. Seit Beginn dieser Aktivitäten waren insgesamt bereits über 90.000 Personen in
derartigen Missionen im Einsatz, hob Schennach hervor. Er sei überzeugt davon, dass der Minister die Reformen
weiter vorantreiben wird, um das Bundesheer fit für die Zukunft zu machen und um es für die neuen Herausforderungen
zu rüsten.
Bundesrätin Martina DIESNER-WAIS (V/N) legte zunächst im Namen ihrer Partei ein klares Bekenntnis zum
österreichischen Bundesheer ab. Wir brauchen ein modernes, schlagkräftiges Heer, das die Sicherheitsaufgaben
im Inland erfüllt und das in Krisengebieten im Ausland zum Einsatz kommen kann, betonte die Rednerin. Diesner-Wais
befürwortete auch die allgemeine Wehrpflicht, da eine Kombination von Berufsheer und Freiwilligen ihrer Ansicht
nach die Freiwilligenarbeit untergraben würde. Ein besonderes Anliegen war ihr auch die Erhaltung des Truppenübungsplatzes
in Allentsteig, wo mit allen Waffengattungen professionell geübt werden könne. Sie würde sich zudem
wünschen, dass der Mehrwert, der durch den Übungsplatz besteht, noch besser ausgenützt wird, wie
z.B. durch internationale Kooperationen.
Man höre zwar viel von Reformen und Modernisierung, der normale Soldatenalltag sehe aber oft ganz anders aus,
meinte Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St). So müssen z.B. viele SoldatInnen noch immer in 30 bis 40 Jahre alten
Pinzgauern, die natürlich keine Sicherheitsgurte oder gar Airbags haben, herumkutschieren. Am Fliegerhorst
Zeltweg gebe es etwa eine seit Jahren gesperrte und total verwilderte Hindernisbahn, wodurch kein Lauftraining
absolviert werden könne. Weiters wies Krusche auf zahlreiche desolate Gebäude und Sanitäreinrichtungen,
fehlende Schutzausrüstungen etc. hin, und die Liste könnte ihm zufolge noch lang so fortgesetzt werden.
Stattdessen betreibe der Minister aber eine breite Selbstdarstellungspolitik und komme vor allem immer auf die
kleine Gruppe der SoldatInnen zu sprechen, die im Ausland tätig sind. Die Mehrheit der Bundesheerangehörigen
seien aber im Inland und müssten ihr Dasein in heimischen Kasernen fristen. Zum aktuellen Zustand des Bundesheeres
fallen ihm daher nicht die Worte modern, stark und schnell ein, sondern vielmehr "konzeptlos, veraltet und
schwerfällig", konstatierte Krusche.
In einer abschließenden Stellungnahme merkte Bundesminister Norbert DARABOS zum Themenbereich Miliz an, dass
seit seinem Amtsantritt über 40.000 Personen Übungen absolviert haben. Unter seinem Vorgänger hätten
gar keine Milizübungen stattgefunden, zeigte der Minister auf. Durch das von ihm vorgeschlagene System komme
es zu einer weiteren Stärkung der Miliz, nicht nur kompetenz-, sondern auch zahlenmäßig. Weiters
informierte der Ressortchef darüber, dass jährlich über 70 Mio. € in die Infrastruktur und Beschaffungsvorgänge
investiert werden. So verfüge man etwa mit den Black Hawk-Hubschraubern über die weltweit modernsten
Geräte. Richtig sei jedoch, dass das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Verwaltungs- und Truppenpersonal
noch immer nicht stimmt, räumte Darabos ein. Aus diesem Grund werden auch verstärkte Anstrengungen unternommen,
um die Truppengröße auszubauen und die Verwaltungsstrukturen möglichst schlank zu halten. Was den
Truppenübungsplatz Allentsteig angeht, so sei seiner Meinung nach gemeinsam mit den Playern vor Ort eine gute
Lösung gefunden worden. |