KMU-Stresstest ermöglicht Betrieben bessere Planung   

erstellt am
30. 05. 12

Wirtschaftskammer Wien und Erste Bank haben Internet-Tool entwickelt – Unternehmen können kostenlos betriebswirtschaftliche Situation überprüfen und Zukunftsszenarien erstellen
Wien (wkw) - Die Erwartungshaltung heimischer KMU in puncto Aufträge, Umsatz und Preisentwicklung ist nach wie vor positiv, das ergeben aktuelle Umfragen. Dennoch wird es für Klein- und Mittelstandsbetriebe schwieriger, Kredite zu bekommen, weil unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie neue Eigenkapitalvorschriften für Banken Finanzierungen knapper und weniger günstig machen als bisher. Kredite sind aber notwendig, um Investitionen zu tätigen und Wachstum zu ermöglichen. „Von einer möglichen Kreditklemme ist man in Österreich noch weit entfernt – vielmehr geht es den heimischen Banken darum, dass die KMU-Betriebe ausführliche Bilanzen, durchdachte Finanzpläne und betriebswirtschaftliche Risikoszenarien bei allfälligen Kreditanfragen vorlegen können“, erklärt Peter Bosek, Privat- und Firmenkundenvorstand der Erste Bank. „Genau darauf müssen die Unternehmer künftig noch besser vorbereitet sein. Für viele Unternehmen – vor allem für kleinere Betriebe – war es bisher schwierig und aufwändig, sich einen professionellen Überblick über die eigene betriebswirtschaftliche Situation inklusive verschiedener Szenarien zu machen“, sagt Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien. Deshalb haben Wirtschaftskammer Wien, die Erste Bank und das WIFI Unternehmerservice der WKÖ mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums einen kostenlosen KMU-Stresstest entwickelt, der den Betrieben entscheidende Informationen über die individuelle betriebswirtschaftliche Situation und mögliche Entwicklungen geben soll. Jank: „Um gesund zu bleiben, ist es notwendig vorzusorgen: Menschen, die sich gesund ernähren, Sport machen und regelmäßig zur Gesundheitsvorsorge gehen, bleiben länger fit. Ähnlich verhält es sich im Geschäftsleben: Ein Unternehmen, das einen vernünftigen Businessplan hat, innovativ ist und vor allem regelmäßig seine betriebswirtschaftliche Fitness überprüft, wird lange erfolgreich sein.“

Der KMU-Stresstest im Detail
Als Rechnermodell für Einnahmen und Ausgaben konzipiert, ist der KMU-Stresstest speziell auf KMU und Ein-Personenunternehmen zugeschnitten. Nach einer kurzen Einleitung geben die Unternehmer anonymisiert ihre betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Wareneinsatz, Personal-, Betriebs- und Finanzierungskosten ein. Das Programm erstellt daraufhin eine betriebswirtschaftliche Diagnose der aktuellen Situation. In einem zweiten Schritt werden diverse betriebswirtschaftlich relevante Situationen wie beispielsweise Umsatzrückgang, veränderte Personalkosten, höhere Kreditrate simuliert. Damit erhält der Unternehmer ein realistisches Bild möglicher Szenarien inklusive drohender Liquiditätsengpässe. Der Abschlussbericht enthält Handlungsvorschläge und verweist auf die Unterstützung bei der Realisierung von Verbesserungsmaßnahmen. Denn die Absolventen des KMU-Stresstests können beim WIFI Wien eine geförderte Unternehmensberatung in Anspruch nehmen. Inhaltlich geht es in den Beratungen um die Unternehmensführung, Strategie und Planung, Finanz- und Rechnungswesen, Organisationsentwicklung, Marketing und Kundengewinnung. Die WK Wien übernimmt 50 % und die Erste Bank für ihre Kunden 25 % der Beratungskosten. Im Beratungspaket sind acht (EPU oder KMU mit weniger als vier Mitarbeitern) oder 16 Stunden (KMU mit mehr als vier Mitarbeitern) enthalten. Der KMU-Stresstest ist anonym, die Daten werden nicht gespeichert. Die Anwendung ist unter http://www.kmu-stresstest.at abrufbar.

„Der wirtschaftliche Erfolg der österreichischen Unternehmer wird für unsere mittelfristige Zukunft wichtiger sein als die Frage, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht. Wir wollen weiterhin Partner unserer Unternehmenskunden bleiben und mit Ihnen gemeinsam wachsen. Unser Ziel bleibt unverändert, bei einem Drittel der österreichischen Unternehmen Hausbankpartner zu sein und Ihnen Zugang zu Kapital und Finanzierungen zu bieten. Wir haben vor, heuer den Unternehmen ein gleich hohes Volumen an Finanzierungen zur Verfügung zu stellen wie letztes Jahr und damit unseren Marktanteil auszubauen“, ergänzt Bosek.

Wie der KMU-Stresstest entstanden ist
Die Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation der KMU-Betriebe ist überwiegend positiv: Drei Viertel der KMU weisen ein positives Eigenkapital aus, knapp 37 Prozent liegen bei einer Eigenkapitalquote von über 30 Prozent. In Wien gibt es aber auch einige KMU-Unternehmen die ihre Kosten kaum decken können. Und genau diese Betriebe hatten es auch ohne Basel III und Finanzkrise schon in der Vergangenheit schwer, Kredite zu bekommen. Im Zuge der aufkeimenden Finanzkrise errichtete die WK Wien im November 2008 eine Ombudsstelle für Unternehmensfinanzierung. Ziel: Wiener Betrieben in allen Finanzierungsfragen (Bilanz- und Bonitätsanalyse, Umschuldung, Förderungen, Kredite…) mögliche Lösungen aufzuzeigen. Knapp 4.000 Anfragen verzeichnete die Ombudsstelle in den dreieinhalb Jahren seit Gründung. Für Jank ist der KMU-Stresstest eine logische Weiterentwicklung des praxisorientierten Services der WK Wien und ein wichtiger Meilenstein, wenn es darum geht, Unternehmen auf Gespräche mit Banken und Kreditgebern vorzubereiten: „Ein Kleinunternehmer, der seine Situation genau kennt, betriebswirtschaftliche Szenarien erarbeitet und einen Finanzplan erstellt hat, wird in der Regel die Bank von seinem Geschäftsmodell überzeugen können. Mit dem KMU-Stresstest haben die Unternehmer nun genau das richtige Tool dafür.“
     
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