Schmied:
Großes politisches Ziel ist die gemeinsame ganztägige Schule
Viel erreicht in der Bildungspolitik - Dienstrecht: Mehr Unterstützungspersonal, Investitionen
in moderne Arbeitsplätze
Wien (sk) - Bildungsministerin Claudia Schmied hat am 24.06. in der ORF-"Pressestunde"
mit Blick auf die vielen umgesetzten Schulreformen betont, dass sie in der Bildungspolitik "viel erreicht"
hat. Eine ganz wichtige Reform sei die flächendeckende Einführung der Neuen Mittelschule (NMS), bei der
die Schülerinnen und Schüler und ihre Begabungen im Mittelpunkt stehen. Mit der Neuen Mittelschule wurden
"Schritte des Machbaren" in der Koalition gesetzt, sagte Ministerin Schmied, die bekräftigte: "Mein
großes politisches Ziel ist die gemeinsame ganztägige Schule für alle Zehn- bis Vierzehnjährigen".
In Sachen neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrende betonte Schmied, dass es intensive Verhandlungen
gebe. Durch das neue Dienstrecht komme es zu einer Erhöhung der Lebenseinkommen, stellte Schmied klar, die
weiters unterstrich, dass sie mehr Unterstützungspersonal für Lehrerinnen und Lehrer erreichen wolle.
Außerdem brauche es eine moderne Form der Arbeitsplatzgestaltung, daher "müssen wir in die Arbeitsplätze
für die Lehrenden investieren", sagte Schmied.
Ministerin Schmied betonte zur Neuen Mittelschule, dass es hier ein "klares Bekenntnis zur Individualisierung"
gebe. Durch die Neue Mittelschule gebe es mehr Zeit für die Entwicklung und auch mehr Zeit für eine gut
vorbereite Bildungswegentscheidung. Die Bildungsministerin unterstrich, dass die AHS-Standorte weiterhin eingeladen
sind, sich an der NMS zu beteiligen. Mit Ende des heurigen Schuljahres gebe es bereits die ersten Absolventinnen
und Absolventen der NMS, die von den vielen Vorteilen (z.B. Team-Teaching) dieser Schulform profitiert haben, sagte
Schmied.
In Sachen neue Matura bekräftigte Ministerin Schmied, dass das Projekt erstklassig vorbereitet worden sei.
Bei Schulpartnertreffen und bei ihrer Dialogtour durch die Bundesländer hätten aber mehrere Beteiligte
signalisiert, dass sie mehr Zeit brauchen. Sie sei "froh, dass es gemeinsam mit der ÖVP gelungen ist,
diesen Weg einzuschlagen" und ein Jahr mehr Vorbereitung zu ermöglichen, sagte Schmied, die klarstellte:
"Die neue Matura ist ein Projekt für die nächsten 50 Jahre und stellt gemeinsam mit den Bildungsstandards
einen Paradigmenwechsel dar. Da ist es mir besonders wichtig, alle Beteiligten mit an Bord zu haben". Die
Bildungsministerin bekräftigte, dass sie engagiert an allen Reformen weiterarbeite. "Es geht darum, viele
Schritte nach vorne zu tun", so Schmied, die unterstrich, dass auch die Chance zu einem neuen Dienstrecht
für die Lehrenden "jetzt nicht ungenützt bleiben darf".
48 Regierungsvorlagen wurden im Schulbereich zustande gebracht
Schmied hat betont, dass Parteipolitik bei den Personalentscheidungen der Schulgremien keine Rolle spielen
sollte. "Mein Ziel ist: Parteipolitik raus aus der Schule."
Schmied erklärte, dass die Parteien ohnehin im Gesetzwerdungsprozess einwirken - bei der Umsetzung brauche
es aber die Parteien nicht mehr. "Ich würde die Gremien umgestalten. Ich würde die Schulpartner
hinein nehmen, die Schulaufsicht, all diejenigen, die Verantwortung haben." Auch plädierte Schmied dafür,
dass Schuldirektoren Managementausbildung haben. "Die beste Lehrerin, der beste Lehrer müssen nicht die
besten Direktoren sein."
Zu den Bildungsstandards erklärte Schmied, dass es erstmals in der Geschichte der österreichischen Schule
flächendeckend Qualitäts-Checks gibt. Es wird mit den Schulpartnern und der Schulaufsicht Gespräche
geben, wie die in den Standards vorgegebenen Ziele erreicht werden können. "In dem Sinn werden Fragen
der Qualitätssicherung und der Personalentwicklung immer vordringlicher und parteipolitische Fragen werden
dann nicht mehr das Thema sein", erklärte Schmied. Es gehe darum, "die Schule, die heute ein Ort
des Lernens ist, zu einer lernenden Organisation zu machen, wo sich Lehrer, Direktoren, Pädagogische Hochschule,
Schulaufsicht einem Ziel verschreiben: Beste Qualität für die Schülerinnen und Schüler."
Die Bildungsministerin betonte, dass 48 Regierungsvorlagen zustande gebracht wurden - "diese Vorhaben kommen
jetzt ins Klassenzimmer, beziehungsweise sind bereits dort angekommen." Jetzt gelte es, die Projekte zu forcieren
und umzusetzen. Aber klar sei: "Bildungsfragen sind Schlüsselfragen, die in jedem Regierungsprogramm
vorkommen werden."
An der Verschlankung der Verwaltung werde intensiv gearbeitet. Es gehe darum, eine von vier Verwaltungsebenen komplett
zu streichen, nämlich die Bezirksschulräte. 30 Gesetzesmaterien seien betroffen. Es braucht auch Verfassungsmehrheit.
"Das ist aber ein Thema, an dem wir derzeit massiv arbeiten." Ansonsten gehe es um die Optimierung in
den bestehenden Kompetenzbereichen.
Zum Bericht der Personalkosten an den Bundestheatern erklärte Schmied, dass dieser vertraulich sei. Allerdings
hätten alle Verantwortlichen, also Aufsichtsräte, Eigentümervertreter, Rechnungshof, den Bericht
erhalten - auch die Kultursprecherinnen und Kultursprecher der Parlamentsparteien, mit der Bitte, eine Vertraulichkeitserklärung
zu unterschreiben. "Denn ich möchte den Bundestheatern ja nicht schaden." An den Maßnahmen,
die dazu beitragen, dass möglichst viele Mittel für die Kunst verwendet werden, werde gearbeitet.
Schmied betonte, sie setze sich für die Künstler ein, was die Rahmenbedingungen betrifft. "Es muss
sich aber auch kein Künstler Sorgen machen, dass ich ihn vereinnahme." Der österreichische und der
europäische Film würden immer eine Förderung brauchen - das sei nicht vergleichbar mit den Mitteln,
die Film-Projekten in Hollywood zur Verfügung stehen. Die österreichischen Filme seien aber Unikate und
Kunstwerke. |
Rosenkranz: Peinliches Eigenlob Schmieds für NMS-Einführung völlig unbegründet
Erfolgsbilanz des Unterrichtsministeriums kann nur frisiert sein
Wien (fpd) - Zur Bilanz von Unterrichtsministerin Schmied in der ORF-"Pressestunde" hat
der freiheitliche Bildungssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Unterrichtsausschusses NAbg. Dr. Walter
Rosenkranz eine völlig andere Wahrnehmung: "Angesichts eines galoppierenden Verfalls des Bildungsniveaus
an unseren Schulen, der durch die Einführung der Neuen Mittelschule noch weiter verstärkt wird, kann
von einer erfolgreichen Bildungspolitik Schmieds keine Rede sein." Die Liste der Baustellen im BMUKK werde
zudem immer länger: "Ein immer schlechteres Abschneiden österreichischer Schüler bei internationalen
Vergleichsstudien wie PISA, zunehmende Schulgewalt und Schulabbrecherraten, der völlige Verfall des Lehreransehens,
Kompetenzstreitigkeiten mit dem Wissenschaftsministerium und den Bundesländern, die seit langem überfällige
Reform der Schulverwaltung und des Lehrerdienstrechts - die Liste lässt sich noch länger fortsetzen",
so Rosenkranz weiter.
Ein Parteigenosse Androsch, der nach der alibimäßigen Behandlung seines Bildungsvolksbegehrens im Parlament
bereits nach einem Ende der Regierung ruft, spreche ebenfalls Bände. "Zuletzt ist nun auch noch infolge
eines Vorbereitungschaos die Verschiebung der Zentralmatura hinzugekommen." Wer bei dieser langen Liste noch
von einer Erfolgsbilanz spricht, der müsse seine Bilanzen schon frisieren.
"Was Helmut Brandstätter sehr richtig erkannt hat ist, dass die Einführung der Neuen Mittelschule
an und für sich noch keinen Wert darstellt. Schließlich wissen wir aus zahlreichen Studien aus Deutschland,
dass Gesamtschulabsolventen mit ihrem Bildungsniveau um bis zu drei Jahre hinter Gymnasiumsabsolventen liegen und
in Österreich ist die NMS vor der Einführung nie evaluiert worden." Das peinliche Eigenlob, dass
seit den 60er Jahren eine neue Schulform geschaffen worden ist, sei völlig unangebracht. "Im Gegenteil
verstärkt das den Eindruck, dass es Schmied tatsächlich nur darum gegangen ist, sich selbst ein Denkmal
zu setzen oder in ihren Worten - sich Lorbeeren zu verdienen", so Rosenkranz. |
Walser: Genug der Worte, wir wollen Taten sehen!
Grüne bieten Mitarbeit bei Schulreform an - für Koalition der Vernünftigen
Wien (grüne) - "Ministerin Schmieds Vorstellungen einer Bildungsreform gehen in die richtige
Richtung. Es geht aber darum, die Ankündigungen auch umzusetzen", zieht Harald Walser, Bildungssprecher
der Grünen, eine gemischte Bilanz der ORF-"Pressestunde" mit der Unterrichtsministerin: "Der
Worte sind genug gewechselt, wir wollen endlich Taten sehen!" Vom angeblichen Ziel der Gesamtschule ist nichts
zu erkennen, auch sonst sind die von Schmied proklamierten Schritte des Machbaren in letzter Zeit leider häufig
Rückschritte."
Walser fasst die Reformkraft der Regierung im Bildungsbereich mit Schmieds Worten in der heutigen "Pressestunde"
zusammenfassen: "Es ist gelungen, gemeinsam mit der ÖVP die erstklassig vorbereitete Zentralmatura um
ein Jahr zu verschieben. Ich gehe davon aus, dass sie dann auch kommt." Ähnliches gilt für die anderen
Reformvorhaben im Bildungsbereich: Schulbürokratie und Verwaltungswirrwarr, Ganztagsschulen mit verschränktem
Unterricht, Zentralmatura, LehrerInnen-Dienstrecht, LehrInnenausbildung Neu, elementarpädagogischer Bereich
usw. "Es reicht nicht, auf die Unzahl von neuen Gesetzen zu verweisen, wenn diese wie bei der Neuen Mittelschule
nach dem großkoalitionären Kompromiss schlussendlich bis zur Unkenntlichkeit von der ursprünglichen
Reformabsicht entfernt sind." Walser erinnert auch an die jüngste Schlappe der Ministerin: "Das
Schlimmste sind sinnvolle Reformen, die - wie bei der Zentralmatura - drei Jahre nach dem Inkrafttreten auf Druck
der konservativen Reformverweigerer wieder ausgesetzt werden."
Der Grüne fordert eine nationale Kraftanstrengung für eine grundlegende Schulreform. "Die Reformwilligen
in Österreich in- und außerhalb des Parlaments müssen sich zusammenfinden zu einer Koalition der
Vernünftigen. Wir sind ein Teil davon. Ich hoffe, dass Schmied und die SPÖ auch dabei sind. |