Umfrage AK/vida: 80 Prozent der ÖsterreicherInnen wollen, dass Busse
und Bahnen in öffentlicher Hand bleiben
Wien (ak/vida) - „Die Österreicher und Österreicherinnen wollen, dass der öffentliche
Verkehr auch in öffentlicher Hand bleibt. Das muss Auftrag für die Politik sein“, fordern Sylvia Leodolter,
Leiterin der AK Verkehrsabteilung, und ÖBB-Konzernbetriebsratsvor-sitzender, vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sora sagten rund 80 Prozent der Befragten, es sei „wichtig“ oder
„sehr wichtig“, dass Busse und Bahnen im Eigentum des Staates bleiben. Die Ausgaben für Auto, Bus oder Bahnen
machen im Schnitt 15 Prozent der Ausgaben eines österreichischen Haushalts aus. Und wer in urbanen Regionen
mit ausgebautem Öffi-Netz lebt, kann günstiger unterwegs sein: Er zahlt im Schnitt 343 Euro pro Monat
an Verkehrsausgaben. Wer in ländlichen Regionen mit weniger als 10.000 Einwohnern lebt muss monatlich um fast
160 Euro mehr zahlen, weil hier der Zugang zu Öffis weitgehend fehlt. „Wir brauchen mehr nicht weniger öffentlichen
Verkehr“, sagen deshalb Leodolter und Hebenstreit anlässlich der AK-vida-Veranstaltung „Öffentlicher
Verkehr hat Zukunft“.
Stadt-Land, reich-arm, Mann-Frau: Die Belastungen durch die Kosten der Mobilität sind ungleich verteilt: je
geringer das Einkommen, desto stärker schlagen die Kosten fürs Unterwegssein durch. „Das trifft besonders
häufig Frauen, die im Schnitt immer noch über ein deutlich geringeres Einkommen verfügen, als Männer“,
so Leodolter. Dass sich Investitionen in den öffentlichen Verkehr lohnen und ein gutes Angebot auch angenommen
wird, zeigt die Sora-Umfrage ebenfalls: In Wien, wo es ein gut ausgebautes Öffi-Netz gibt, nutzen 75 Prozent
der Befragten Busse und Bahnen, davon 42 Prozent täglich, 23 Prozent mehrmals pro Woche und 10 Prozent einmal
pro Woche. In ländlichen Regionen dagegen sind die Menschen aufs Auto angewiesen: Österreichweit nutzen
58 Prozent nie oder seltener als ein Mal im Monat die Öffis. „Hier ist noch viel Potential nach oben“, so
Leodolter.
Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht lohnt es sich auf einen starken öffentlichen Verkehr zu setzen: Etwa
84.000 Menschen arbeiten im öffentlichen Verkehr. Gemeinsam mit den Investitionen in Straßenbau, Gleisbau
und Fahrzeuge werden insgesamt 170.000 Jobs in Österreich gesichert. Dazu kommt der immer wichtiger werdende
Umweltschutz: Im Straßenverkehr steigen die klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß um plus 39 Prozent
in zehn Jahren. Bei den Bussen dagegen sanken die Emissionen um 4 Prozent, bei den Bahnen sogar um 17 Prozent.
„Die EU-Liberalisierungen und der durch den verordneten Wettbewerb entstandene Kostendruck haben den Menschen in
den Regionen weniger Bahnangebote gebracht – viele Strecken wurden bereits zugesperrt. Die Beschäftigten im
Verkehrsbereich haben den zunehmender Arbeitsdruck sowie das Lohn- und Sozialdumping zu spüren bekommen“,
kritisiert Hebenstreit die Privatisierungsstrategien den EU-Kommission. Speziell im Eisenbahnbereich sei die EU-Kommission
mit ihren Eisenbahnpaketen nun beim Ausschreibungs- und somit Privatisierungszwang des Personenverkehrs angelangt.
„Schienenmaut, Züge und Energie kosten für alle Anbieter gleich viel. Das heißt, als einzige Stellschraube
im Wettbewerb verbleiben somit die Lohn- und Sozialkosten, die nach unten gedreht werden“, warnt der Gewerkschafter.
Die Chancen für die Beschäftigten wie auch für die KundInnen liegen ganz klar im Ausbau und in der
Verbesserung des öffentlichen Verkehrs mit einem größeren Angebot, leistbaren Preisen sowie in
mehr Service- und Komfortorientiertheit. „Damit dies erreicht werden kann, bedarf es auch einheitlicher Standards
in Europa bei Technik, Sicherheit und Ausbildung“, fordert Hebenstreit: „Wer gute Leistung verlangt, muss aber
auch für gute Arbeitsbedingungen mit gerechter Entlohnung sorgen.“ Speziell in Österreich müsse
der öffentliche Verkehr mit einem Masterplan, integrierten Tarifangeboten (Österreichnetzkarte für
alle Öffis), der Einführung eines für die KundInnen überschaubaren Taktfahrplans nach Schweizer
Modell aber auch mit mehr Investitionen in neues rollendes Material attraktiver gestaltet werden. „Megatunnelprojekte
alleine werden keine zusätzlichen Fahrgäste anlocken“, unterstreicht Hebenstreit. |