Österreicher sagen ja zu mehr öffentlichem Verkehr   

erstellt am
20. 06. 12

Umfrage AK/vida: 80 Prozent der ÖsterreicherInnen wollen, dass Busse und Bahnen in öffentlicher Hand bleiben
Wien (ak/vida) - „Die Österreicher und Österreicherinnen wollen, dass der öffentliche Verkehr auch in öffentlicher Hand bleibt. Das muss Auftrag für die Politik sein“, fordern Sylvia Leodolter, Leiterin der AK Verkehrsabteilung, und ÖBB-Konzernbetriebsratsvor-sitzender, vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sora sagten rund 80 Prozent der Befragten, es sei „wichtig“ oder „sehr wichtig“, dass Busse und Bahnen im Eigentum des Staates bleiben. Die Ausgaben für Auto, Bus oder Bahnen machen im Schnitt 15 Prozent der Ausgaben eines österreichischen Haushalts aus. Und wer in urbanen Regionen mit ausgebautem Öffi-Netz lebt, kann günstiger unterwegs sein: Er zahlt im Schnitt 343 Euro pro Monat an Verkehrsausgaben. Wer in ländlichen Regionen mit weniger als 10.000 Einwohnern lebt muss monatlich um fast 160 Euro mehr zahlen, weil hier der Zugang zu Öffis weitgehend fehlt. „Wir brauchen mehr nicht weniger öffentlichen Verkehr“, sagen deshalb Leodolter und Hebenstreit anlässlich der AK-vida-Veranstaltung „Öffentlicher Verkehr hat Zukunft“.

Stadt-Land, reich-arm, Mann-Frau: Die Belastungen durch die Kosten der Mobilität sind ungleich verteilt: je geringer das Einkommen, desto stärker schlagen die Kosten fürs Unterwegssein durch. „Das trifft besonders häufig Frauen, die im Schnitt immer noch über ein deutlich geringeres Einkommen verfügen, als Männer“, so Leodolter. Dass sich Investitionen in den öffentlichen Verkehr lohnen und ein gutes Angebot auch angenommen wird, zeigt die Sora-Umfrage ebenfalls: In Wien, wo es ein gut ausgebautes Öffi-Netz gibt, nutzen 75 Prozent der Befragten Busse und Bahnen, davon 42 Prozent täglich, 23 Prozent mehrmals pro Woche und 10 Prozent einmal pro Woche. In ländlichen Regionen dagegen sind die Menschen aufs Auto angewiesen: Österreichweit nutzen 58 Prozent nie oder seltener als ein Mal im Monat die Öffis. „Hier ist noch viel Potential nach oben“, so Leodolter.

Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht lohnt es sich auf einen starken öffentlichen Verkehr zu setzen: Etwa 84.000 Menschen arbeiten im öffentlichen Verkehr. Gemeinsam mit den Investitionen in Straßenbau, Gleisbau und Fahrzeuge werden insgesamt 170.000 Jobs in Österreich gesichert. Dazu kommt der immer wichtiger werdende Umweltschutz: Im Straßenverkehr steigen die klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß um plus 39 Prozent in zehn Jahren. Bei den Bussen dagegen sanken die Emissionen um 4 Prozent, bei den Bahnen sogar um 17 Prozent.

„Die EU-Liberalisierungen und der durch den verordneten Wettbewerb entstandene Kostendruck haben den Menschen in den Regionen weniger Bahnangebote gebracht – viele Strecken wurden bereits zugesperrt. Die Beschäftigten im Verkehrsbereich haben den zunehmender Arbeitsdruck sowie das Lohn- und Sozialdumping zu spüren bekommen“, kritisiert Hebenstreit die Privatisierungsstrategien den EU-Kommission. Speziell im Eisenbahnbereich sei die EU-Kommission mit ihren Eisenbahnpaketen nun beim Ausschreibungs- und somit Privatisierungszwang des Personenverkehrs angelangt. „Schienenmaut, Züge und Energie kosten für alle Anbieter gleich viel. Das heißt, als einzige Stellschraube im Wettbewerb verbleiben somit die Lohn- und Sozialkosten, die nach unten gedreht werden“, warnt der Gewerkschafter.

Die Chancen für die Beschäftigten wie auch für die KundInnen liegen ganz klar im Ausbau und in der Verbesserung des öffentlichen Verkehrs mit einem größeren Angebot, leistbaren Preisen sowie in mehr Service- und Komfortorientiertheit. „Damit dies erreicht werden kann, bedarf es auch einheitlicher Standards in Europa bei Technik, Sicherheit und Ausbildung“, fordert Hebenstreit: „Wer gute Leistung verlangt, muss aber auch für gute Arbeitsbedingungen mit gerechter Entlohnung sorgen.“ Speziell in Österreich müsse der öffentliche Verkehr mit einem Masterplan, integrierten Tarifangeboten (Österreichnetzkarte für alle Öffis), der Einführung eines für die KundInnen überschaubaren Taktfahrplans nach Schweizer Modell aber auch mit mehr Investitionen in neues rollendes Material attraktiver gestaltet werden. „Megatunnelprojekte alleine werden keine zusätzlichen Fahrgäste anlocken“, unterstreicht Hebenstreit.
     
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