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20 Jahre Streitbeilegung |
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Südtirol-Festakt im Parlament LH Luis Durnwalder: Das Buch der Autonomie wird weitergeschrieben Wien (pk) - "Südtirol ist in seinem ethnischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bestand gesichert", hat der Nationalrat am 5. Juni 1992 aufgrund eines Berichts des damaligen Außenministers Alois Mock festgestellt und die Bundesregierung unter Bundeskanzler Franz Vranitzky ersucht, den seit 1960 bei den Vereinten Nationen anhängigen Streit mit Italien über die Auslegung des Pariser Abkommens betreffend Südtirol beizulegen. Daraufhin erklärte Österreich auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 19. Juni 1992, den Streit in einer offiziellen Note an die italienische Seite für beigelegt und überreichte diese Erklärung dem Generalsekretär der Vereinten Nationen. 20 Jahre Streitbeilegung, 20 Jahre Autonomie und 20 Jahre friedliche Entwicklung der Volksgruppen in Südtirol waren für Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Vizekanzler Michael Spindelegger am 19.06. Anlass genug, zu einem Festakt in das Parlament einzuladen. Die Nationalratspräsidentin begrüßte zahlreiche prominente Gäste, unter ihnen als Festredner den Präsidenten der autonomen Provinz Trient und der autonomen Region Trentino-Südtirol, Lorenzo Dellai, den Landeshauptmann von Südtirol, Luis Durnwalder und den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter als Festredner. Schlussworte zur Feierstunde im festlich geschmückten Sitzungssaal des Nationalrates sprach der Vorsitzende des Südtirol-Unterausschusses des Nationalrates, Abgeordneter Hermann Gahr. Für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgten das Ensemble "Klangvereinigung". Barbara Prammer: Südtirol-Autonomie ist ein Vorbild für Minderheiten Nationalratspräsidentin Barbara Prammer rief in Erinnerung, dass sich das Parlament mit Südtirol stets intensiv befasst und damit den Stellenwert unterstrichen habe, den Österreich Südtirol aus gutem Grund immer beigemessen hat. "Es ist weiterhin wichtig, dass sich das Parlament im Südtirol-Unterausschuss mit den Anliegen Südtirols beschäftigt, sagte Prammer und unterstrich die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol, die auf dem Pariser Abkommens und einem parteiübergreifenden Konsens beruht. Südtirol hat die Autonomie in einem langen und zähen Prozess erlangt, führte Prammer aus und schilderte die Spannungen, die auch nach dem Faschismus und bis in die 1960er Jahre das Klima in Südtirol prägten und in friedlichem Widerstand, aber auch in Gewaltakten Ausdruck fanden. Vor diesem Hintergrund müsse gewürdigt werden, dass schließlich im Verhandlungsweg eine Basis für das friedliche Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen gefunden werden konnte. Die Südtirol-Autonomie ist heute europaweit und international modellhaft für die Lösung von Minderheitenkonflikten, strich Barbara Prammer hervor. Die Autonomie und deren dynamische Entwicklung hat den Grundstock für Wohlstand und sozialen Frieden in Südtirol gelegt, sie schützt die deutschsprachige und ladinischsprachige Bevölkerung sowie ihre ethnischen, kulturellen und wirtschaftlichen Grundlagen und ermöglicht ein friedliches Zusammenleben im Konsens aller drei Bevölkerungsgruppen. Daher sei die von Südtirol erkämpfte Autonomie, die dem Prinzip der Selbstbestimmung verpflichtet ist, zu erhalten und auszubauen, hielt Prammer fest. Österreich habe sich in den letzten Jahren in Ausübung seiner Schutzfunktion mehrfach eingebracht, um drohende Gefahren für die Südtirolautonomie abzuwehren, sagte Prammer und maß dem geschlossenes Agieren der politischen Vertreter der Südtiroler Volksgruppe große Bedeutung zu. Abschließend wiederholte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ihr Bekenntnis zur Schutzfunktion Österreichs, wie sie aus dem Pariser Abkommen erwächst. "Bleiben wir unseren gemeinsamen Werten treu, damit Südtirol als Vorbild nicht nur in die Geschichtsbücher des 20., sondern auch des 21. Jahrhunderts eingehen kann". Spindelegger: Südtirol-Autonomie als Aushängeschild der Diplomatie Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger schilderte die Streitbeilegung mit Italien vor 20 Jahren als ein besonderes Ereignis in der Geschichte Österreichs und als ein Aushängeschild der österreichischen Diplomatie. Es sei gelungen, sowohl die Vereinten Nationen als auch das Nachbarland Italien zu überzeugen und in zähen Verhandlungen die 137 Punkte des Autonomiepakets umzusetzen, die Voraussetzung für die Streitbeilegung. Dabei versäumte es Spindelegger nicht, die Hartnäckigkeit und Zähigkeit der Südtiroler als Schlüssel zu dieser Erfolgsgeschichte darzustellen. Die Bevölkerung habe in ihren Bemühungen um die Autonomie nie nachgelassen, erinnerte der Außenminister. Österreich wiederum sei in seiner Schutzfunktion immer zu Südtirol gestanden, egal welche Bundesregierung, welcher Bundesminister Verantwortung trug. Seit 1992 sei die Südtirol-Autonomie kontinuierlich und positiv weiterentwickelt worden und werde auch künftig weiterentwickelt werden, sagte Spindelegger und fügte hinzu: "Wir dürfen bei dem, was wir erreicht haben, nicht stehen bleiben". Andererseits habe Österreich trotz seiner Schutzfunktion für Südtirol seine guten Beziehungen zu Italien nie aufs Spiel gesetzt, sondern ein Beispiel dafür gegeben, wie man bilateral gut arbeiten und freundlich darauf hinweisen könne, was notwendig sei. Die gemeinsame Mitgliedschaft Österreichs und Italiens in der Europäischen Union habe Veränderungen mit sich gebracht. Die gemeinsame Grenze sei – insbesondere seit Schengen – kaum mehr zu spüren. Das gemeinsame Bewusstsein der 700.000 Menschen diesseits und jenseits der Grenze habe sich weiterentwickelt, was seinen Ausdruck in der erfolgreichen Zusammenarbeit in der "Europaregion Tirol" finde. Die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol bleibe weiterhin aufrecht, sagte der Außenminister und berichtete, er habe in seiner Amtszeit manches Problem in fruchtbaren Gesprächen mit italienischen Amtskollegen lösen können. Südtirol bleibe ein zentrales Anliegen der österreichischen Außenpolitik. "Die gute Nachbarschaft mit Italien soll aufrechterhalten werden, ohne die Interessen Südtirols zu vernachlässigen", schloss Vizekanzler Michael Spindelegger. Luis Durnwalder: Das Buch der Autonomie wird weitergeschrieben Der Landeshauptmann von Südtirol Luis Durnwalder leitete seine Ausführungen mit dem Dank an die Nationalratspräsidentin und an Vizekanzler Spindelegger für die Festveranstaltung im Nationalratssitzungssaal ein. Dann tat Durnwalder einen Blick zurück in die leidvolle Geschichte der Südtiroler als eine österreichische Minderheit in Italien, die nach der Trennung von Österreich im Jahr 1919 unter Assimilierung, Majorisierung und Deportationen in der Zeit des Faschismus litt. Durnwalder erinnerte an die Hoffnungen auf das Selbstbestimmungsrecht nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, das den Südtirolern aber nicht gewährt wurde. Aufgrund des Degasperi-Gruber-Abkommens habe Südtirol eine Autonomie bekommen, die von Italien zunächst nicht umgesetzt wurde. Österreich habe sich jedoch sofort für Südtirol eingesetzt, als es seine staatliche Souveränität wiedererlangte und habe das Südtirolproblem vor die Vereinten Nationen gebracht, wie Durnwalder mit ausdrücklichem Dank gegenüber Bruno Kreisky hervorhob. Für die Südtiroler Bevölkerung sei es nicht leicht gefallen, ihre Hoffnungen aufrecht zu erhalten, erinnerte der Südtiroler Landeshauptmann. Daher sei es wichtig gewesen, aufgrund des Autonomiestatuts von 1972 eine Politik zu machen, die aus dem ehemals armen Südtirol ein wohlhabendes Land machte und mit der Umsetzung der 137 Punkte des Statuts die Streitbeendigung ermöglichte, bei der sich der damalige Außenminister Alois Mock sehr für die Wünsche Südtirols eingesetzt habe. Die Streitbeilegung bedeute kein Ende der Autonomieentwicklung, sagte Durnwalder: "Das Buch der Autonomie wird weiter geschrieben". Die Bevölkerung Südtirols habe nicht nur ihre Identität nicht verloren, sondern sei selbstbewusster geworden. Südtirol hat den Kontakt zu anderen Regionen ausgebaut. Lange ein Randgebiet Italiens stehe es nun in der Mitte Europas und verzahne europäische Regionen miteinander. Im Rahmen der Europaregion Tirol arbeitet Südtirol mit Nordtirol, Osttirol und Trient beim Umweltschutz, in der Landwirtschaft, im Tourismus und bei der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmungen zusammen. Ermöglicht habe dies die Autonomie, die Landeshauptmann Durnwalder zu einer Vollautonomie weiterentwickeln möchte. Schließlich dankte Luis Durnwalder auch Italien, wo Südtirol bei vielen Politikern in allen Parteien Unterstützung gefunden habe und ganz besonders den Menschen Südtirols, die sich für die Autonomie eingesetzt haben. Günther Platter: Grenzen nicht verschieben, sondern aufheben Landeshauptmann von Tirol Günther Platter sah in der Streitbeilegung ebenfalls ein wichtiges Ereignis in der Geschichte Österreichs und erinnerte seinerseits an das historische Unrecht und das große Leiden zu dem die Trennung Südtirols von Nordtirol nach dem Ersten Weltkrieg geführt hat. Platter erinnerte auch an den Widerstand gegen dieses Unrecht und an die "Feuernacht" vor 51 Jahren, die insofern einen Wendepunkt in der Entwicklung darstelle, als es danach gelang, eine UN-Resolution für Südtirol zu erreichen. Es sei richtig gewesen, auf Verhandlungen, Vertrauen und konstruktive Kräfte zu setzen, sagte Platter und sah in der Entwicklung der Autonomie auch eine große Chance für Europa. Südtirol wird ein zentrales Anliegen der Tiroler Landespolitik bleiben, versprach Landeshauptmann Platter, für den das Thema Südtirol nicht nur eine politische, sondern eine emotionale Frage ist. Wichtig ist für Platter, beim Thema "Südtirol" die Geschichte zwar im Auge zu haben, die Entwicklung aber nicht rückwärtsgewandt zu betrachten. Die Geschichte zurückdrehen zu wollen, sei hinderlich, wenn man Zukunftsprobleme lösen wolle, sagte Platter und gab seiner Freude über das vernünftige und entspannte Verhältnis der jungen Menschen zur Geschichte Ausdruck. Tirol bilde heute einen verbindenden Raum zwischen dem Norden und dem Süden Europas. Darin sah Platter die Bedeutung der Europaregion Tirol und plädierte dafür, die Kooperation innerhalb der Europaregion als Zusammenarbeit gleichwertiger Partner mit einer Mindestausstattung gemeinsamer Einrichtungen sowie auf der Grundlage gemeinsamen Wollens zu gestalten. Als zentrales Projekt bezeichnete der Tiroler Landeshauptmann den Brenner Basistunnel und unterstrich dessen umwelt- und verkehrspolitische Bedeutung als eine zentrale Verkehrsverbindung zwischen Berlin und Palermo. Es gelte die Berggebiete wirtschaftlich weiterzuentwickeln, sagte Platter und rief dazu auf, im Rahmen der ARGE Alpen gemeinsame Themen für Wachstum, Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung des Alpenraums zu definieren. Die Südtirolfrage könne niemals als endgültig gelöst betrachtet werden, daher sei die Schutzfunktion Österreichs weiterhin wichtig. "Es geht aber nicht darum, Grenzen zu verschieben, sondern sie aufzuheben", schloss Günther Platter. Lorenzo Dellai über Autonomie und die Suche nach der Seele Europas Der Präsident der Region Trentino, Lorenzo Dellai, beschrieb wichtige historische Etappen in der Erfolgsgeschichte der Südtiroler Autonomie aus der Sicht der Region Trient und bezeichnete es als eine Ehre, an dieser Feierstunde im Österreichischen Parlament teilzunehmen. "Wir Trientiner sind ein fester Bestandteil dieser Geschichte", sagte Dellai und wies auf die vielfachen Verbindungen und Beziehungen zwischen Innsbruck, Bozen und Trient hin. Lange Zeit haben die Trientiner das Leid der Südtiroler nicht verstanden, das Leid von Menschen, die den Bestand ihrer Sprache und ihrer Kultur gefährdet sahen, räumte Lorenzo Dellai in einem selbstkritischen Rückblick auf die Geschichte ein. Es sei gut gewesen, dass es nach der Losung "Los von Trient" gelungen sei, an den Dialog wieder anzuknüpfen. Lorenzo Dellai bekannte sich zur Autonomie und zu dem Projekt Europaregion, das den jungen Menschen die Möglichkeit gebe, BürgerInnen einer globalen Welt zu sein, ohne die Werte ihrer alpinen Heimat zu verlieren. Dellai warnte davor, die Autonomie auf ihren praktischen Nutzen zu reduzieren und bekannte sich dazu, die Autonomie gegen alle Gefahren des Zentralismus und lokaler Mikronationalismen zu verteidigen. Die gemeinsamen Werte der Menschen in den Alpen, ihr Arbeitsfleiß, ihr Gemeinschaftssinn, ihre Freude an einem einfach Leben in Selbstverantwortung seien wichtig für Europa, hielt Dellai fest und rief dazu auf, gemeinsam die Seele Europas zu suchen und zu finden. Die vielen Wünsche Hermann Gahrs für die Zukunft Südtirols Der Vorsitzende des Südtirol-Unterausschusses des Nationalrats, Abgeordneter Hermann Gahr, berichtete von der Arbeit des Südtirol-Unterausschusses, der im Jahr 1991 auf Initiative von Andreas Kohl geschaffen wurde und sich seither mit dem Autonomiebericht sowie mit aktuellen Anliegen Südtirols befasst und darüber hinaus persönliche Kontakte mit Südtirol pflegt. Der Ausschussobmann ging abschließend auf persönliche Anliegen ein und nannte dabei die Begnadigung ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer, die Umwandlung faschistischer Relikte und Denkmäler in Mahnmäler sowie Fortschritte beim Thema Ortsnamen und die dynamische Weiterentwicklung der Autonomie. Als einen speziellen Wunsch äußerte Hermann Gahr, dafür zu sorgen, dass die spannende Geschichte Südtirols den Kindern und kommenden Generationen erzählt werde. Auch die sensible Frage der Doppelstaatsbürgerschaft müsse geprüft werden, sagte er. Eine Lanze brach Gahr schließlich für den Bau des Brenner Basistunnels, wobei er dessen wirtschaftliche, umweltpolitische und verkehrspolitische Bedeutung unterstrich. Wünschenswert ist es für Ausschussobmann Gahr auch, die lokalen Partnerschaften und die Kontakte auf der Ebene des Sports, der Vereine und der Schützen zu pflegen. Das klare Ziel laute, Südtirol, Tirol und Österreich in einem gemeinsamen Europa zu verbinden. |
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