Brüssel (ec.europa) - Die Europäische Kommission hat heute detaillierte Regeln festgelegt,
um das bei „nackten“ Leerverkäufen bestehende Risiko, dass Geschäftsabwicklungen scheitern, zu verringern.
Geregelt wurde auch, auf welche Weise Marktteilnehmer signifikante Leerverkaufspositionen gegenüber dem Markt
offenzulegen haben. Grundlage für die am 29.06. von der Kommission erlassenen technischen Standards sind Vorarbeiten
der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Präzisiert wird in den neuen Vorschriften
insbesondere die so genannte „Lokalisierungsregel“, die sicherstellt, dass Lieferungen bei Leerverkäufen nicht
scheitern. Geregelt wird darin auch, wie die ESMA feststellen soll, welche Aktien von der Leerverkaufsverordnung1
ausgenommen sind, weil ihr Haupthandelsplatz außerhalb der Union liegt. Zusammen mit der Leerverkaufsverordnung,
zu deren Umsetzung die heute erlassenen Verordnungen dienen, werden sie einen transparenteren, geordneteren und
stabileren Markt schaffen, indem sie die mit Leerverkäufen verbundenen Risiken verringern.
Hierzu Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier: „Die neuen Vorschriften verschaffen den Behörden
und Marktteilnehmern Rechtssicherheit über die genauen Anforderungen, die Leerverkäufer erfüllen
müssen, um die fälligkeitsgerechte Abwicklung von Geschäften mit Aktien oder öffentlichen Schuldtiteln
sicherzustellen. Außerdem werden die technischen Anforderungen für die Offenlegung signifikanter Leerverkaufspositionen
festgelegt, so dass sich die Marktteilnehmer auf die Anwendung der Leerverkaufsverordnung ab 1. November 2012 vorbereiten
können.“
Hintergrund
Um die kohärente Anwendung der Leerverkaufsverordnung sicherzustellen, enthält die Durchführungsverordnung
detaillierte technische Standards zu folgenden Punkten:
- Informationspflichten bei signifikanten Netto-Leerverkaufspositionen; die Informationen müssen auf einer
zentralen Website zur Verfügung stehen, die von den jeweils zuständigen Behörden unterhalten oder
überwacht wird; sie müssen ein bestimmtes Format aufweisen, das der Öffentlichkeit die Abfrage nach
Aktienemittenten und die Einsicht historischer Daten ermöglicht;
- Anforderungen für Leihvereinbarungen (wie Optionen, Repo-Vereinbarungen oder ständige Vereinbarungen),
die die Abwicklung von Aktiengeschäften bei Fälligkeit sicherstellen;
- Anforderungen für Zusagen und Maßnahmen, die sicherstellen, dass Leerverkäufe von Aktien bei
Fälligkeit abgewickelt werden können; bei standardmäßigen Lokalisierungszusagen beinhaltet
dies zwei Bestätigungen durch Dritte: erstens, dass die Partei die Aktien zur Verfügung stellen kann,
und zweitens dass sie mindestens die erforderliche Zahl von Aktien vor dem Leerverkauf zurückgestellt hat;
für Leerverkäufe innerhalb eines Handelstages und für leicht zu leihende oder zu kaufende Aktien
werden spezielle Zusageregelungen festgelegt;
- Einzelheiten der Vereinbarungen mit Dritten über Leerverkäufe öffentlicher Schuldtitel, damit
nach vernünftigem Ermessen von einer fälligkeitsgerechten Abwicklung von Geschäften mit öffentlichen
Schuldtiteln ausgegangen werden kann;
- Arten von Dritten, einschließlich Wertpapierfirmen und zentrale Gegenparteien, mit denen Leerverkaufsvereinbarungen
geschlossen werden können, und Anforderungen, die sie erfüllen müssen, damit die Abwicklung gesichert
ist;
- Format der Informationen über Netto-Leerverkaufspositionen, die die zuständigen Behörden regelmäßig
an die ESMA übermitteln müssen, und
- technische Vorschriften für die ESMA zur Feststellung, ob sich der Haupthandelsplatz einer Aktie innerhalb
oder außerhalb der Europäischen Union befindet, und zur anschließenden Anwendung der in der Leerverkaufsverordnung
vorgesehenen Ausnahmeregelung für Aktien, deren Haupthandelsplatz außerhalb der Union liegt.
Die Durchführungsverordnung ist Teil eines Pakets aus vier Durchführungsrechtsakten, mit denen die Kommission
technische Aspekte der Leerverkaufsverordnung festlegt. Die Kommission hat heute außerdem eine delegierte
Verordnung über technische Regulierungsstandards erlassen, die sich auf einen von der ESMA vorgelegten Entwurf
technischer Regulierungsstandards stützt. Darin wird detailliert festgelegt, welche Informationen über
Leerverkaufspositionen an die zuständigen Behörden zu melden und gegenüber der Öffentlichkeit
offenzulegen sind. Geregelt wird darin auch, welche Informationen die zuständigen Behörden vierteljährlich
an die ESMA zu übermitteln haben und wie der Umsatz zu berechnen ist, anhand dessen die ESMA den Haupthandelsplatz
einer Aktie bestimmt.
Die Durchführungsverordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen
Union in Kraft und gilt ab 1. November, mit Ausnahme der Bestimmungen über den Haupthandelsplatz, die ab dem
Tag des Inkrafttretens der Verordnung Anwendung finden.
Die delegierte Verordnung über technische Regulierungsstandards unterliegt einer einmonatigen Einspruchsfrist
des Europäischen Parlaments und des Rates (die um einen weiteren Monat verlängert werden kann) und tritt,
sofern keines der beiden gesetzgebenden Organe Einwände erhebt, erst nach Ablauf dieser Frist am Tag nach
ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.
Zur vollständigen Umsetzung der Leerverkaufsverordnung sollen demnächst noch zwei abschließende
Maßnahmen - ein technischer Regulierungsstandard und ein delegierter Rechtsakt - erlassen werden.
|