Bank Austria EinkaufsManagerIndex sinkt im Juni
auf 50,1 Punkte – nach viertem Rückgang in Folge steht Österreichs Industrie knapp vor Wachstumsstillstand
Wien (ba) - Die Verunsicherung durch die Eurokrise und die Vertiefung der Rezession in einigen europäischen
Ländern sorgt für ein immer schwierigeres Geschäftsumfeld. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex
ist im Juni den vierten Monat in Folge gesunken. Mit aktuell nur noch 50,1 Punkten zeigt der Indikator jedoch noch
immer eine minimale Ausweitung der Geschäfte der heimischen Industriebetriebe an. Der Produktionssektor kommt
allerdings einer Stagnation bereits sehr nahe“, so Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Allerdings ist
die österreichische Industrie laut den Umfrageergebnissen unter Einkaufsmanagern im europäischen Vergleich
in einer sehr robusten Verfassung, denn in fast allen Ländern des Kontinents, unter anderem auch in Deutschland,
ist der von Markit Economics erhobene Indikator bereits deutlich in den negativen Bereich gesunken. In Österreichs
Industrie hat sich dagegen im Juni die Auftragslage sogar etwas verbessert und die Produktion wurde erhöht.
Zudem entspannte sich die Kostensituation angesichts sinkender Einkaufspreise. Die steigende Verunsicherung schlug
sich jedoch in einem leichten Beschäftigungsabbau und einer kostenbewussten Lagerhaltung nieder“, hebt Bruckbauer
einige Details der Umfrage hervor.
Positiv schlägt im Juni zu Buche, dass die heimischen Industriebetriebe erstmals seit drei Monaten wieder
ein Auftragsplus, primär aus dem Inland, verzeichnen konnten. Allerdings fiel der Zuwachs an Neu- und Folgeaufträgen
nur sehr gering aus, denn infolge der verhaltenen Konjunktur in einigen wichtigen Abnehmerländern ging die
Auslandsnachfrage abermals zurück. Bereits den dritten Monat in Folge sanken im Juni die Exportaufträge.
„Neben den leichten Zuwächsen bei Neuaufträgen sorgte ein gesteigertes Tempo bei der Abwicklung bestehender
Aufträge für eine recht kräftige Ausweitung der Produktion. Damit haben allerdings die Auftragspolster
im Juni so stark wie zuletzt vor einem halben Jahr abgenommen“, fasst Bruckbauer zusammen.
Die Mehrzahl der Umfrageergebnisse deutet auf eine spürbare Abflachung der Industriekonjunktur im Juni hin
und lässt auch zumindest für die Sommermonate – wenn überhaupt – nur wenig Schwung im Sektor zu.
Die Preise von einigen Vormaterialien sinken dafür angesichts einer global nachlassenden Nachfrage und steigenden
Konjunktursorgen seit einigen Wochen spürbar. Vor allem die Verbilligung der Ölpreise sorgte für
den stärksten Rückgang der Einkaufspreise seit drei Jahren, und es kam erstmals seit sechs Monaten auch
zu einer Reduktion der Verkaufspreise, diese fiel jedoch weit geringer aus. Der starke Wettbewerbsdruck in einem
schwächer werdenden Nachfrageumfeld führte vor allem in der Vorleistungs- und Investitionsgüterindustrie
zu etwas niedrigeren Verkaufspreisen. „Positive Begleiterscheinung der flauen Industriekonjunktur ist eine Entlastung
der heimischen Industriebetriebe durch den Rückgang der Einkaufspreise. Angesichts der nur leicht gesunkenen
Verkaufspreise ergeben sich derzeit positive Konsequenzen für die Kosten- und Ertragssituation in Österreichs
Industrie“, analysiert Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
„Neben den nachgebenden Rohstoffpreisen sind auch die Verkürzung der Lieferzeiten und der eingesetzte Beschäftigungsabbau
Signale eines schwächeren internationalen Konjunkturumfelds, das die heimische Industrie derzeit belastet“,
so Pudschedl. Aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit von Vormaterialien und Rohstoffen gingen die durchschnittlichen
Lieferzeiten der Zulieferer im Juni so stark zurück, wie letztmalig vor drei Jahren. Erstmals seit Februar
gingen im heimischen Produktionssektor Jobs verloren. Jedoch hielt sich im Juni der Anteil von Firmen mit Entlassungen
und mit Neueinstellung fast die Waage. Auch wurden wegen der Nachfrageflaute die Bestände an Vormaterialien
im Juni so stark abgebaut wie seit rund zweieinhalb Jahren nicht mehr. Die Zunahme der Fertigwarenlager setzte
sich dagegen, wenn auch in sehr geringem Tempo, fort.
Wie der aktuelle Rückgang des Einkaufsmanagerindex verdeutlicht, befindet sich die heimische Industrie – beeinflusst
von den politischen und wirtschaftlichen Trends in Europa – derzeit nahe einer Stagnation. Das aktuelle Verhältnis
des Index für Neuaufträge zu jenem der Lagerbestände hat sich gegenüber dem Vormonat etwas
verbessert, gibt allerdings keinenHinweis auf eine markante Auffrischung der flauen Industrieentwicklung. „Über
den Sommer ist mit einer bestenfalls stabilen Produktionsleistung der heimischen Industrie zu rechnen.
Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen in Europa bleiben die Wachstumsaussichten zumindest bis zum Jahresende
gedämpft. Wir gehen für das Gesamtjahr weiterhin von einem moderaten Anstieg der Industrieproduktion
von rund 2 Prozent aus, wobei unter anderem der Maschinenbau dank seiner hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit
eine
überdurchschnittliche Entwicklung nehmen dürfte“, so Bruckbauer. |