Österreichs Industrie vor Sommerpause   

erstellt am
28. 06. 12

Bank Austria EinkaufsManagerIndex sinkt im Juni auf 50,1 Punkte – nach viertem Rückgang in Folge steht Österreichs Industrie knapp vor Wachstumsstillstand
Wien (ba) - Die Verunsicherung durch die Eurokrise und die Vertiefung der Rezession in einigen europäischen Ländern sorgt für ein immer schwierigeres Geschäftsumfeld. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Juni den vierten Monat in Folge gesunken. Mit aktuell nur noch 50,1 Punkten zeigt der Indikator jedoch noch immer eine minimale Ausweitung der Geschäfte der heimischen Industriebetriebe an. Der Produktionssektor kommt allerdings einer Stagnation bereits sehr nahe“, so Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Allerdings ist die österreichische Industrie laut den Umfrageergebnissen unter Einkaufsmanagern im europäischen Vergleich in einer sehr robusten Verfassung, denn in fast allen Ländern des Kontinents, unter anderem auch in Deutschland, ist der von Markit Economics erhobene Indikator bereits deutlich in den negativen Bereich gesunken. In Österreichs Industrie hat sich dagegen im Juni die Auftragslage sogar etwas verbessert und die Produktion wurde erhöht. Zudem entspannte sich die Kostensituation angesichts sinkender Einkaufspreise. Die steigende Verunsicherung schlug sich jedoch in einem leichten Beschäftigungsabbau und einer kostenbewussten Lagerhaltung nieder“, hebt Bruckbauer einige Details der Umfrage hervor.

Positiv schlägt im Juni zu Buche, dass die heimischen Industriebetriebe erstmals seit drei Monaten wieder ein Auftragsplus, primär aus dem Inland, verzeichnen konnten. Allerdings fiel der Zuwachs an Neu- und Folgeaufträgen nur sehr gering aus, denn infolge der verhaltenen Konjunktur in einigen wichtigen Abnehmerländern ging die Auslandsnachfrage abermals zurück. Bereits den dritten Monat in Folge sanken im Juni die Exportaufträge. „Neben den leichten Zuwächsen bei Neuaufträgen sorgte ein gesteigertes Tempo bei der Abwicklung bestehender Aufträge für eine recht kräftige Ausweitung der Produktion. Damit haben allerdings die Auftragspolster im Juni so stark wie zuletzt vor einem halben Jahr abgenommen“, fasst Bruckbauer zusammen.

Die Mehrzahl der Umfrageergebnisse deutet auf eine spürbare Abflachung der Industriekonjunktur im Juni hin und lässt auch zumindest für die Sommermonate – wenn überhaupt – nur wenig Schwung im Sektor zu. Die Preise von einigen Vormaterialien sinken dafür angesichts einer global nachlassenden Nachfrage und steigenden Konjunktursorgen seit einigen Wochen spürbar. Vor allem die Verbilligung der Ölpreise sorgte für den stärksten Rückgang der Einkaufspreise seit drei Jahren, und es kam erstmals seit sechs Monaten auch zu einer Reduktion der Verkaufspreise, diese fiel jedoch weit geringer aus. Der starke Wettbewerbsdruck in einem schwächer werdenden Nachfrageumfeld führte vor allem in der Vorleistungs- und Investitionsgüterindustrie zu etwas niedrigeren Verkaufspreisen. „Positive Begleiterscheinung der flauen Industriekonjunktur ist eine Entlastung der heimischen Industriebetriebe durch den Rückgang der Einkaufspreise. Angesichts der nur leicht gesunkenen Verkaufspreise ergeben sich derzeit positive Konsequenzen für die Kosten- und Ertragssituation in Österreichs Industrie“, analysiert Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

„Neben den nachgebenden Rohstoffpreisen sind auch die Verkürzung der Lieferzeiten und der eingesetzte Beschäftigungsabbau Signale eines schwächeren internationalen Konjunkturumfelds, das die heimische Industrie derzeit belastet“, so Pudschedl. Aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit von Vormaterialien und Rohstoffen gingen die durchschnittlichen Lieferzeiten der Zulieferer im Juni so stark zurück, wie letztmalig vor drei Jahren. Erstmals seit Februar gingen im heimischen Produktionssektor Jobs verloren. Jedoch hielt sich im Juni der Anteil von Firmen mit Entlassungen und mit Neueinstellung fast die Waage. Auch wurden wegen der Nachfrageflaute die Bestände an Vormaterialien im Juni so stark abgebaut wie seit rund zweieinhalb Jahren nicht mehr. Die Zunahme der Fertigwarenlager setzte sich dagegen, wenn auch in sehr geringem Tempo, fort.

Wie der aktuelle Rückgang des Einkaufsmanagerindex verdeutlicht, befindet sich die heimische Industrie – beeinflusst von den politischen und wirtschaftlichen Trends in Europa – derzeit nahe einer Stagnation. Das aktuelle Verhältnis des Index für Neuaufträge zu jenem der Lagerbestände hat sich gegenüber dem Vormonat etwas verbessert, gibt allerdings keinenHinweis auf eine markante Auffrischung der flauen Industrieentwicklung. „Über den Sommer ist mit einer bestenfalls stabilen Produktionsleistung der heimischen Industrie zu rechnen.

Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen in Europa bleiben die Wachstumsaussichten zumindest bis zum Jahresende gedämpft. Wir gehen für das Gesamtjahr weiterhin von einem moderaten Anstieg der Industrieproduktion von rund 2 Prozent aus, wobei unter anderem der Maschinenbau dank seiner hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine
überdurchschnittliche Entwicklung nehmen dürfte“, so Bruckbauer.
     
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