„Gesicht einer Kirche, in der Männer und Frauen gleichberechtigt mitbestimmen“
Salzburg (epdÖ) - Mit einem Fest haben sich die evangelischen Pfarrgemeinden Salzburgs und die
Diakonie von Superintendentin Luise Müller verabschiedet, die nach 17 Jahren an der Spitze der Diözese
Salzburg-Tirol mit 1. September in den Ruhestand tritt. Gekommen waren zur der Feier in der „TriBühne Lehen“
am Abend des 26.06. rund 200 Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus Kirche, Diakonie, Ökumene und dem politischen
Leben, darunter Erzbischof Alois Kothgasser, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Bürgermeister Heinz Schaden.
Als Superintendentin habe Luise Müller ein „Vorreiterrinnenrolle“ eingenommen, sagte die Rektorin des Diakoniewerkes
Gallneukirchen, Christa Schrauf. Müller, die seit vielen Jahren dem Aufsichtsrat des Diakoniewerkes angehört,
sei „für viele das Gesicht und die Stimme einer Kirche, in der Frauen und Männer in gleicher Weise auf
allen Ebenen mitgestalten und mitbestimmen“, so die Rektorin. In dieser bischöflichen Funktion sei Müller
für viele Frauen „Wegweiserin“ gewesen und habe sie ermutigt. Darüber hinaus habe Müller soziale
Kompetenz vorgelebt und für entsprechende Strukturen gesorgt, etwa beim Aufbau der inzwischen zahlreichen
Einrichtungen des Diakonievereins Salzburgs und des Diakoniewerks.
Von einer „inneren Herzensverbundenheit“ sprach der römisch-katholische Erzbischof Alois Kothgasser. Die gute
ökumenische Zusammenarbeit sei „Gott sei Dank zur Selbstverständlichkeit“ geworden. Fragen, wie etwa
jene nach der eucharistischen Gastfreundschaft oder des Amtes seien „nicht vor Ort“ zu lösen, dennoch „dürfen
wir uns dem Ringen in Brennpunkten unseres Glaubens nicht entziehen“. Er sei froh, dass dies im gegenseitigen Vertrauen
passiere. Kothgasser dankte Müller für neue Versuche, Gemeinsames zu finden und „für die Menschenfreundlichkeit,
mit der Sie zusammen mit Ihrem Gatten diesen Weg Jesu gegangen sind“.
Dankbar für das nunmehr gute ökumenische Klima und die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Müller
und Kothgasser zeigte sich auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Als nach der Katastrophe in Kaprun
die katholische Kirche keinen ökumenischen Trauergottesdienst zugelassen habe, habe sie sich als Katholikin
„geschämt“, erklärte die Landeshauptfrau. Heute dagegen werde Ökumene gelebt. Burgstaller unterstrich
das diakonische Engagement der Evangelischen Kirche in Salzburg, hier sei man „mit einem hohen Selbstverständnis
am Werk und mit einem Auftrag“. Für die gute Zusammenarbeit dankte auch Salzburgs Bürgermeister Heinz
Schaden. Die Evangelische Kirche wirke durch ihr diakonisches Engagement weit über die Kirche hinaus, so Schaden.
Den Dank für die „konstruktive Zusammenarbeit mit dem Ministerium über viele Jahre“ überbrachte
Ministerialrat Karl Schwarz seitens des Kultusamtes im Unterrichtsministerium. Die aus Oberfranken stammende Luise
Müller habe sich nicht an die Grenzen ihrer Superintendenz gehalten, sondern auch auf österreichischer
Ebene ambitionierte Projekte entwickelt, etwa im Bereich des Kirchenreformprozesses „Offen Evangelische“ oder auch
in der fruchtbaren Euregio-Zusammenarbeit mit ihrem Heimatland Bayern. In den letzten Jahren habe sich allerdings
die religiöse Landschaft in Österreich erheblich verändert, die Herausforderungen angesichts des
religiösen Pluralismus seien gestiegen. „Unser Ziel muss bleiben, den religiösen Frieden zu bewahren,
die Religionsfreiheit als zentrales Grundrecht aller Bewohner zu gewährleisten, die interreligiöse Kommunikation
zu fördern und Toleranz einzufordern, wo Konflikte schwelen“, betonte der Ministerialrat.
Als „Frau die in ihrem Leitungsamt einfach da war, um darauf zu schauen, dass alles funktioniert“, beschrieb der
altkatholische Pfarrer Martin Eisenbraun die Superintendentin. Für Pastorin Esther Handschin von der methodistischen
Kirche ist Luise Müller ein Vorbild für eine Frau in kirchenleitender Verantwortung. Müllers hohes
diakonisches Verständnis würdigten Vertreter der Diakonie. Müller habe immer trotz drohender Krisen
gemeinsame Lösungen ermöglicht, sagte etwa die Vorsitzende des Diakonievereins Salzburg, Sibylla Aschauer.
Josef Scharinger, Vorstand des Diakoniewerks, lobte Müllers Verständnis auch für die notwendigen
unternehmerischen Aspekte diakonischer Tätigkeit. Michael König, Geschäftsführer des Diakonie-Zentrums
Salzburg, unterstrich Müllers seelsorgerliche Kompetenz, die sich nach der Kaprun-Katastrophe gezeigt habe,
wo es galt, „etwas in Worte zu fassen, was nicht fassbar ist“. Die persönliche Courage der Superintendentin
sprach der Leiter des Integrationshauses des Diakonie Flüchtlingsdienstess, Roland Felbinger, an. Die „Widerständigkeit“
der Superintendentin habe sich auch gezeigt, als sie im letzten Jahr einem Flüchtling Kirchenasyl gewährte.
Dabei sei es ihr immer gelungen, das Engagement „aufrichtig zu leben und dabei dem Menschen gerecht zu werden“.
„Die Zeit war gekommen, dass Frauen diese Ämter übernehmen“, meinte Superintendentialkurator Eckart Fussenegger.
Müller habe dieses Amt „gut und überzeugend“ geführt und dabei auch die Balance zwischen Beruf und
Familie bewahrt. Sie sei zum Vorbild geworden, „dass es für eine Frau möglich ist, solche Ämter
zu übernehmen“. Fussenegger würdigte Müllers Fähigkeiten, zuhören zu können, Konflikte
direkt anzusprechen und auch belastende Themen „mit Sorgfalt“ zu behandeln. Dabei habe sie immer „den richtigen
Umgang“ mit Menschen etwa in den Pfarrgemeinden gefunden.
„Ich wollte Berufung leben mit allen Konsequenzen und umsetzen, was ich vom Evangelium verstanden habe“, erinnerte
sich Müller. Damit habe sie sich und ihre Familie immer wieder überfordert, aber ihr Mann, ihre Kinder,
der Superintendentialausschuss, die Kirchenleitung in Wien und die Verantwortlichen in den Gemeinden seien ihr
immer zur Seite gestanden. „Wenn wir wollen, dass das Evangelium leuchtet, dann solten wir alles in die Waagschale
werden, im Tun und im Gebet“, sagte Müller abschließend.
Musikalisch gestalteten die Feier der integrative Chor der Evangelischen Neuen Mittelschule in Salzburg unter Maria
Weikinger und der Chor der Pfarrgemeinde Hallein unter der Leitung von Fachinspektor Peter Pröglhöf.
Durch den Abend führte der ORF-Journalist Hannes Eichmann gemeinsam mit Senior Klaus Niederwimmer. Für
das Buffet sorgte das „Kulinarium“, ein Catering-Unternehmen des Diakoniewerkes, das Menschen mit Behinderung den
Zugang zur Arbeitswelt ermöglicht.
Am Freitag, 29. Juni, um 17 Uhr wird Superintendentin Müller dann in einem Festgottesdienst in der Christuskirche
am Martin-Luther-Platz in Innsbruck durch Bischof Michael Bünker von ihren Leitungsaufgaben an der Spitze
der evangelischen Diözese entpflichtet. Im Anschluss an den Gottesdienst verabschieden sich die evangelischen
Pfarrgemeinden Tirols offiziell von ihrer Superintendentin.
Ihr Nachfolger an der Spitze der Diözese wurde bereits im November des Vorjahres gewählt: Der burgenländische
Pfarrer Olivier Dantine übernimmt am 1. September das Amt von Müller. |