Informationsreise des Oö. Landtags in die Schweiz   

erstellt am
27. 06. 12

Linz (lk) - Der erste Teil der Reise einer Delegation des Oö. Landtags (Präsidium und Klubspitzen) in die Schweiz stand ganz im Zeichen der Information über die Vorteile und Herausforderungen eines föderalistischen Verfassungskonzepts und dessen praktische Auswirkungen.

Im Institut für Föderalismus der Universität Freiburg, einer Universität, deren Träger der Kanton ist, wurde zunächst das Schweizer Modell theoretisch dargestellt, diskutiert und in seinen praktischen Auswirkungen hinterfragt. Die Wissenschafter hoben dabei folgende Erfolgsfaktoren hervor:

  • Das System von zwei gleichberechtigten Kammern des Bundesparlaments, deren Mitglieder unmittelbar gewählt werden und die gegenseitig ein absolutes Veto haben;
  • starke Kantonsparlamente, die auch ein direktes Initiativrecht an das Bundesparlament haben;
  • die konsequente Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, wonach grundsätzlich die Länder für alle Angelegenheiten zuständig sind, soweit nicht durch die Bundesverfassung der Bund für zuständig erklärt wird;
  • die Konzentration von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung bei Bund oder den Kantonen, die – innerhalb eines vorgegebenen Harmonisierungsrahmens – über eine eigene Steuerhoheit verfügen;
  • die befristete verfassungsrechtliche Verankerung der Finanzierung von großen Infrastrukturvorhaben und eines kooperativen Finanzausgleichs;
  • die Abstimmung zwischen den Kantonen durch Staatsverträge, mit denen auch gemeinsame Einrichtungen geschaffen werden können;
  • das System der unmittelbaren Mitwirkung, in dem – je nach Frage – 50.000 oder 100.000 Stimmberechtigte in kurzen Fristen (100 Tagen) Initiativen starten oder Abstimmungen verlangen können.


In der Diskussion wurde auch betont, dass zwar eine kritische Mindestgröße für regionale Einheiten wie Kantone oder Bundesländer gäbe, diese jedoch unter einer Million Einwohnerinnen und Einwohner anzusetzen ist.

Es ist kein Fall bekannt, in dem eine zentrale Aufgabenlösung und -wahrnehmung kostengünstiger wäre, als eine dezentrale. Der sprichwörtliche „Kantönligeist“ wird zwar mitunter auch in der Schweiz kritisiert, aber auch als Wettbewerb zwischen den Kantonen um politische Ideen und deren konkrete Ausgestaltung sowie um steuerkräftige Personen und Unternehmen gesehen.

Generell gilt: „Je näher die Gesetzgebung bei den Bürgerinnen und Bürgern angesiedelt ist und je unmittelbarer daher die Verantwortung der Politik und konkreten Institutionen vor Ort zuordenbar ist, desto effizienter und effektiver ist ihre Um- und Durchsetzung.“

Bei Arbeitsgesprächen im Kantonsrat von Bern (dem „Landtag“ des Kantons, der bei einer Größe von 1 Mio. Einwohner/innen nach einer Verkleinerung 160 Mitglieder hat) und dem Nationalrat (200 Mitglieder) konnten die ersten Eindrücke vertieft und bestätigt werden, wonach das Schweizer Modell viele historisch begründete Besonderheit aufweist und gleichzeitig eine Reihe von modernen Ansätzen verbindet.

Die Informationsreise wird die Landtagsdelegation bis Mittwoch noch einen sehr kleinen Kanton (Appenzell-Außerrhoden, rund 50.000 Einwohner/innen) und in einen großen (Zürich, rund 1,35 Mio. Einwohner/innen) der insgesamt 26 Kantone führen, wo die Gespräche auch unter dem Gesichtspunkt der Öffentlichkeitsarbeit und Meinungsbildung für einen modernen Föderalismus fortgeführt und abgeschlossen werden.

Die Ergebnisse der Informationsfahrt werden in den laufende Arbeit des Oö. Landtags, insbesondere des Unterausschusses des Verfassungsausschusses, einfließen.

     
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