Bundespräsident in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
09. 07. 12

Fischer: "Bitte keine undurchdachten Schnellschüsse!"
"Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung sind sinnvolle demokratische Instrumente", bekräftigt Heinz Fischer, warnt aber die Regierung: "Macht keinen Automatismus vom Volksbegehren zur Volksabstimmung!" – zu ESM und Fiskalpakt: "Werde ganz besonders strenge Maßstäbe anlegen"
Wien (apa/PrK) - Bundespräsident Heinz Fischer hat es am 08.07. in der ORF-"Pressestunde" offen gelassen, ob er den Fiskalpakt und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterzeichnen wird. Er sagte zwar, dass er bei diesen Gesetzen, die diese Woche im Nationalrat beschlossen wurden, "keinen offensichtlichen Verfassungsbruch" sehe, er aber in dieser Sache seinen "Entscheidungsraster strenger machen möchte als bei einem offensichtlichen Verfassungsbruch".

Das Staatsoberhaupt deutete eine Unterschrift an, betonte aber mehrmals, dass er die Materie sehr genau prüfen werde, bevor er unterzeichne.

Heinz Fischer machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass eine Prüfung des Fiskalpakts und des ESM durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Österreich im Gegensatz zu Deutschland erst dann möglich ist, wenn die Gesetze vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurden.

Heinz Fischer, der heute vor acht Jahren als Bundespräsident angelobt wurde, zählte die Möglichkeiten auf, die er hat:

  • Wenn die Gesetze offensichtlich verfassungswidrig zustande gekommen wären, müsste er seine Unterschrift verweigern.
  • Wenn er hingegen eindeutig überzeugt wäre, dass die Verfassungskonformität gegeben sei, es aber "sehr seriöse Pro- und Kontra-Argumente" gebe, sollte die letzte Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof liegen. Und das gehe eben nur, wenn er vorher unterschreibe. Er sei jedenfalls noch zu "keinem endgültigen Ergebnis gekommen", betonte der Bundespräsident.

Er wolle alles in Ruhe prüfen und sich mit Juristen beraten, so Heinz Fischer. "Ich bin nicht unter Zeitdruck." Es werde am Ende jedenfalls "eine Entscheidung geben, die hieb- und stichfest ist und mit höchster Sorgfalt gefällt wurde".

Einen offensichtlichen Verfassungsbruch sehe er nicht, er wolle aber in dieser Sache seinen "Entscheidungsraster strenger machen als bei einem offensichtlichen Verfassungsbruch". Deswegen möchte er seine Entscheidung genau überdenken.

Dass der ESM mit Verfassungsmehrheit beschlossen wurde, für den Fiskalpakt aber nur eine einfache Mehrheit gereicht hat, ist für ihn kein Widerspruch, denn es handle sich um unterschiedliche Materien. Der Fiskalpakt sei eine Sondervereinbarung nur unter 25 on 27 EU-Ländern, Großbritannien und Tschechien sind nicht dabei.

Heinz Fischer sah weiters Aufklärungsbedarf in der europäischen Politik und zeigte sich froh darüber, dass die Regierung eine entsprechende Kampagne im Herbst plane. Die politischen Entscheidungen auf EU-Ebene seien nämlich aufgrund der schwierigen Konstruktion zwischen Nationalstaaten, EU-Verfassung und Staatsverträgen kompliziert. Ob das Volk über ESM und Fiskalpakt abstimmen soll, wollte das Staatsoberhaupt nicht "generell" beurteilen. Es sei richtig gewesen, über den EU-Beitritt abzustimmen. Er könne sich auch weitere Themen für Volksabstimmungen vorstellen. Bei ESM und Fiskalpakt habe er sich persönlich nicht für für eine Volksabstimmung ausgesprochen. Er schließe Volksabstimmungen in einzelnen Fällen aber nicht aus. Aber: "Beim komplexen Problemen muss ich diese in ihrer Komplexität darstellen und darf sie nicht boulevardisieren."

Kritisiert wurde vom Bundespräsidenten, dass in der Krise Vorurteile gegen einzelne Völker wie die Griechen geschürt werden. "Griechenland hat Fehler gemacht. Die griechische Regierung hat - Pardon - Blödheiten gemacht. Aber zu sagen, 'die Griechen sind faul', damit bin ich nicht einverstanden", so Heinz Fischer.

Eine eindeutige und eindringliche Warnung vor Schnellschüssen bei der Ausweitung der direkten Demokratie hat am Bundespräsident Heinz Fischer an die Regierung gerichtet. Er sprach sich strikt gegen einen Automatismus von Volksbegehren zu verbindlichen Volksabstimmungen aus.

"Macht keinen Automatismus vom Volksbegehren zur Volksabstimmung, sondern gebt dem Nationalrat ein echtes Mitbestimmungsrecht", appellierte der Präsident. Bei einem Automatismus würden nämlich zwei Arten der Gesetzgebung entstehen und "die Qualität der Gesetze würde entscheidend abnehmen", so Fischer. Wenn das Parlament bei der Entstehung von Gesetzen nicht mehr mitbestimmen könne, wäre der Bundesgesetzgeber damit "ausgeschaltet". "Das ist nicht durchdacht", sagte Henz Fischer zu dem von der ÖVP favorisierten Modell.

Das Staatsoberhaupt meinte, dass er Volksbegehren, Volksabstimmungen und -befragungen für sinnvolle demokratische Instrumente halte. Er könne sich auch vorstellen, dass man diese in den nächsten fünf bis zehn Jahren häufiger anwende als bisher. "Der Punkt, die Trennlinie" sei aber dort, wo eine Gruppe von Menschen, das könne auch eine Lobby oder eine Zeitung sein, ein Volksbegehren macht und am Schnitt vom Volksbegehren zur Volksabstimmung das Parlament nicht mitbestimmen dürfe. Eine solche Automatik sei etwas, das man sich gut überlegen müsse, vor allem in Hinblick auf die Qualität der Gesetze, so Heinz Fischer. Wenn man das einmal in der Verfassung verankert habe, könne man es nicht mehr so leicht rückgängig machen.

Heinz Fischer ortete zudem einen "logischen Widerspruch" in der Argumentation für diese Reform. Die Befürworter würden nämlich damit argumentieren, dass nicht über Grundrechte abgestimmt werden dürfe. Dieser Verweis ist für Heinz Fischer ein Verweis darauf, dass dieses System "nicht geeignet" sei, die Verfassung zu bestimmen. Wenn man aber umgekehrt der Meinung sei, dass das Volk klüger und die direkte Demokratie besser als die repräsentative Demokratie sei, müsste man die Verfassung der direkten Demokratie überlassen und sie nicht davor schützen, so der Bundespräsident.

Dem nicht rechtskräftig verurteilten ersten Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten, Uwe Scheuch, von den Freiheitlichen legte Heinz Fischer wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) zuvor den Rücktritt nahe. Wenn das jemandem in einer anderen Partei passiert wäre, "hätte die Freiheitliche Partei eine ganz klare Rücktrittsforderung formuliert; und ich glaube, dass die Freiheitliche Partei recht gehabt hätte mit einer solche Rücktrittsaufforderung", so Heinz Fischer. Er betonte einmal mehr, dass für Politiker strengere Grenzen herrschen müssten als sie das Strafrecht vorsehe. Scheuch würde mit einem Rücktritt jedenfalls "Applaus" verdienen.

Der Bundespräsident verteidigte weiters die Erhöhung der Parteienförderung im Zuge des Transparenzpaketes. Eine ausreichende Dotierung für politische Parteien unter strenger Kontrolle und Transparenz sei "eine gute Sache". Parteien müssten gut ausgestattet werden, damit sie nicht über "dubiose" Wege zu Geld kommen. Er hoffe, dass mit dem Transparenzpaket, das ein "großer Schritt" sei, die dubiosen Finanzierungskanäle gestoppt und eine transparente Finanzierung gesichert sei. Das Thema werde in "polemischer und unfairer Weise zugespitzt", so das Staatsoberhaupt.

Heinz Fischer bekannte sich in der "Pressestunde" auch erneut zur Wehrpflicht. "Ich halte die Wehrpflicht für ein gutes, für Österreich sehr taugliches System." Ein Berufsheer müsste man sich auch unter finanziellen Gesichtspunkten gut überlegen. Er freue sich jedenfalls, dass in dieser Debatte zwei Dinge erreicht wurden: Dass keine überstürzte Entscheidung getroffen und Generalstabschef Edmund Entacher von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) nicht abgesetzt werden konnte. "Entacher ist im Amt und die Wehrpflicht gibt es noch", so Heinz Fischer.

Die Pläne von Darabos zum Umbau der Krypta am Äußeren Burgtor und zur Errichtung eines Deserteursdenkmals begrüßte der Präsident dagegen. Es gebe zwar noch immer Vorbehalte gegen das Denkmal, weil Desertieren ja auch im heutigen Bundesheer noch strafbar sei. Wer aber im Hitler-Regime dem Krieg den Rücken gekehrt habe, sei mit einem klassischen Deserteur nicht zu vergleichen. Deswegen sei er für ein solches Denkmal. Und dieses solle nicht versteckt werden, sondern einen würdigen Platz finden. Der Heldenplatz sei eine Möglichkeit.


 

Mikl-Leinter: Fischer "Direkte-Demokratie-Angst" nehmen
Höchste Zeit für mehr Mitspracherecht der Bürger! Innenministerin Johanna Mikl Leitner präsentiert einen Stufenplan für verpflichtende Volksabstimmungen.
Wien (övp-pd) - Während sich die ÖVP unisono für mehr direkte Demokratie in Österreich einsetzt und sich geschlossen hinter das von der Jungen ÖVP initiierte Demokratiepaket gestellt hat, kann sich die SPÖ immer noch nicht so recht dazu durchringen, das österreichische Volk stärker in wichtige Entscheidungen in diesem Land einzubinden. Selbst Bundespräsident Heinz Fischer kann sich mit dem Gedanken der Demokratieförderung noch nicht so recht anfreunden – und das, obwohl laut Umfrage 96% der Bürger für mehr direkte Demokratie eintreten. Die ÖVP fordert daher zu Recht, dass ein umfassendes Demokratiepaket für mehr bürgerliches Mitspracherecht beschlossen wird. Gegenüber Österreich bekräftigt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: „Ich hoffe, dass ich auch dem Herrn Bundespräsidenten die Angst vor mehr Mitspracherecht für den Bürger nehmen kann.“

Bürger-Recht, bindende Entscheidungen zu treffen
Vor allem gilt es, für die Österreicherinnen und Österreicher das Recht zu erkämpfen, eigenständig Entscheidungen treffen zu können. Daher müssen Volksbegehren das Potenzial bekommen, auch tatsächlich Volksabstimmungen einleiten zu können, wenn eine bestimmte Schwelle – die ÖVP fordert 10% der Wahlberechtigten – an Unterstützung erreicht wird. Diese müssen dann auch gesetzesbindend sein – denn sonst verkommt der ganze Prozess zu einer Farce, einer inhaltslosen Hülse. Das ist es auch, was das ÖVP-Modell von jenem der SPÖ unterscheidet, denn diese will statt einer Volksabstimmung eine Volksbefragung, die nicht bindend ist. Unliebsame Forderungen der Bürger können dann ignoriert werden. – Eine derartige Regelung würde aber keine entscheidenden Verbesserungen mit sich bringen!

Stufenplan für gesetzesbindende Volksabstimmungen
Während Andere noch mit ihren Ängsten ringen, mehr Entscheidungsmacht an die österreichischen Bürgerinnen und Bürger abzugeben, hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner indes bereits einen Stufenplan für verpflichtende Volksabstimmungen ausgearbeitet. Die wichtigsten Punkte sind:

  • „Gesetzesinitiativen des Bundesvolks“ sind erfolgreich, wenn mind. 630.000 Unterstützungen wahlberechtigter Bürgerinnen und Bürger erfolgen.
  • Es können Online-Sammelsysteme zur Anwendung kommen .
  • Die Unterstützer können der Initiative eine Abänderungsbefugnis erteilen, sodass etwas Spielraum für spätere Kompromisse im Parlament erhalten bleibt.
  • Die Vertreter der Initiative haben die Möglichkeit, ihre Pläne den Abgeordneten vorzustellen - und können einem etwaigen Kompromiss zustimmen.
  • Stimmt der parlamentarische Ausschuss der Initiative nicht zu, kommt es zu einer Volksabstimmung über den ursprünglich initiierten Gesetzestext.


Mikl-Leitner rechnet mit einer Einigung bis Ende des Jahres. Bereits im Frühjahr könnte es dann eine Volksabstimmung über mehr Mitbestimmung der Österreicherinnen und Österreicher geben.


 

Kickl: Bundespräsident als Schutzherr der ESM-Dreierbande
Auch Fischers Widerstand gegen das Volk drückt wahre Ansichten von Rot-Schwarz-Grün aus
Wien (fpd) - Bundespräsident Heinz Fischer habe sich in der ORF-"Pressestunde" - trotz weitestgehender Vermeidung konkreter Aussagen - als Schutzherr der neuen ESM-Dreierbande aus SPÖ, ÖVP und Grünen entpuppt. "Seine umständliche Ausdrucksweise kann nicht anders gedeutet werden, als dass er die Gesetze zu ESM und Fiskalpakt unterschreiben und damit in Kraft setzen wird", so Kickl. Fischers Politik sei damit einmal mehr völlig mutlos - vor allem im Gegensatz zu seinem deutschen Amtskollegen Gauck, der auf Bitte des Verfassungsgerichts die Ratifizierung ausgesetzt hat. "Fischer fühlt sich offenbar kompetent genug, diese Entscheidung enormer Tragweite alleine zu treffen. Letztes Jahr hat er sich für die Unterschrift unter die Budgetgesetze noch zusätzliche Zeit ausbedungen. Für den ESM und den Fiskalpakt braucht er die offensichtlich nicht - und damit künftig auch nicht mehr fürs Budget, denn das wird dann in Brüssel und nicht mehr im Parlament in Wien gemacht", warnt Kickl.

Genauso wie Fischer seine eigene Expertise über die von anerkannten Verfassungs- und Wirtschaftsexperten stellt, hält der Bundespräsident auch die Politiker grundsätzlich für gescheiter als ihre Wähler: "Fischers kategorischer Widerstand gegen jede Art der direkten Demokratie ist schockierend. Doch auch in dieser Frage verkörpert er die wahren Ansichten der Regierungsparteien und ihrer neuen grünen Koalitionspartner", so Kickl, denn deren Vorschläge zur direkten Demokratie seien nicht mehr als Ablenkmanöver. "Wer beim ESM-Vertrag - der Entscheidung über Österreichs Souveränität - das Volk ausgrenzt, der meint es nicht ernst mit der direkten Demokratie", so Kickl.

 

Fauland: Bundespräsident Fischer muss Rückgrat zeigen und Unterschrift unter ESM verweigern
Allein durch den ESM ergeben sich Bareinzahlungen von 2,23 Milliarden Euro und Haftungen von 19,53 Milliarden Euro.
Wien (bzö) - "Bundespräsident Heinz Fischer hätte die Möglichkeit, den ESM aufzuhalten. Doch er würde diese Verantwortung gerne auf den Verfassungsgerichtshof abschieben. Aber wir haben kein System wie in Deutschland, wo die Verfassungsrichter den Bundespräsidenten stoppen können. Deshalb muss Fischer Rückgrat zeigen und zum Schutz der Österreicher seine Unterschrift verweigern", so BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland in einer Reaktion auf die Aussagen des Staatsoberhaupts in der ORF-"Pressestunde".

Allein durch den ESM ergeben sich Bareinzahlungen von 2,23 Milliarden Euro und Haftungen von 19,53 Milliarden Euro. Wenn man die bisherigen Griechenland-Hilfszahlungen und die Zahlungsverpflichtungen, die durch den EFSF entstanden sind, dazu rechnet, ergibt sich ein Betrag von über 40 Milliarden Euro."Fischer sollte in letzter Sekunde diesen Schaden für das Land abwenden und damit eine möglicherweise große nationale sowie internationale Katastrophe verhindern. Durch die Verweigerung der Unterschrift könnte Fischer hingegen einen positiven Neustart für Europa und eine positive Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger ermöglichen", so Fauland.

Zu Fischers Aussagen über die Neutralität Österreichs merkte Fauland an: "Das ist eine Realitätsverweigerung, der Bundespräsident streut den Österreichern Sand in die Augen. Seit dem EU-Beitritt gibt es de facto keine Neutralität mehr!"

 

 Walser zu Deserteursdenkmal: Jetzt sind Darabos und Mailath-Pokorny gefordert!
Grüne begrüßen klare Positionierung des Bundespräsidenten in ORF-"Pressestunde"
Wien (grüne) - "Die klare Positionierung des Bundespräsidenten in Sachen Standort für das Deserteursdenkmal ist sehr erfreulich", begrüßt Grünen-Nationalratsabgeordneter Harald Walser die Aussagen von Bundespräsident Heinz Fischer im Rahmen der ORF-"Pressestunde". Fischer hat sich klar für ein Denkmal für Deserteure aus der Wehrmacht ausgesprochen und hält eine räumliche Trennung eines solchen Denkmals vom Soldatengedenken in der Krypta für "sinnvoll". "Deserteure aus der Wehrmacht haben das Richtige getan und nicht mehr für die verbrecherischen Ziele des NS-Staates gekämpft. Dafür gebührt ihnen unser Dank. Es darf daher nicht sein, dass die Republik im Nachhinein das schafft, was die Deserteure ablehnten - die Eingliederung in die Wehrmacht", hält Walser fest: In der Standortfrage sind nun Verteidigungsminister Norbert Darabos und der Wiener Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny gefordert. "In Österreich gibt es keinen geeigneteren Ort für ein Deserteursdenkmal als den Heldenplatz oder den Ballhausplatz. Nach den klaren Worten des Bundespräsidenten sollte nun die Standortfrage von der Stadt Wien endlich rasch umgesetzt werden", fordert der Grüne, Harald Walser, abschließend.

 

 Leitl: Ja zu mehr direkter Demokratie…
… Parlament soll aber weiter im Zentrum des Gesetzgebungsprozesses stehen – WKÖ-Chef für mehr direkte Demokratie aber Skepsis gegenüber Gesetzgebungsprozeß außerhalb des Parlaments
Wien (pwk) - "Bundespräsident Heinz Fischer hat in der ORF-,Pressestunde' entscheidende und richtige Punkte bezüglich der Aufweichung des Gesetzwerdungsprozesses angesprochen. Ich teile seine Forderung nach mehr direkter Demokratie in Österreich sowie die Skepsis dass nach einer erfolgreich abgehaltenen Volksbefragung automatisch eine Volksabstimmung folgen soll. Das halte ich ebenfalls für äußerst bedenklich", so Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl.

"Grundsätzlich spricht nichts gegen mehr Bürgerbeteiligung und den vermehrten Einsatz von Mitteln der direkten Demokratie. Beim derzeit am Tisch liegenden Demokratiepaket scheinen mir diesbezüglich aber doch noch viele Fragen offen geblieben zu sein. In seiner jetzigen Form würde es letztendlich zu einer politischen Beschädigung des Parlamentes und aller der am Gesetzwerdungsprozeß beteiligten Institutionen führen. Hier liegt also noch jede Menge Arbeit vor uns dies zu korrigieren, so der WKÖ Präsident.

"Bei Mitteln der direkten Demokratie muß es eine klare Trennlinie geben wenn es darum geht Gesetze durch Einsatz von Geld und Macht vorbei am Parlament zu schleusen. Hier würde sonst sehr schnell der Eindruck entstehen, dass man sich in Österreich Gesetze kaufen könne", so Leitl abschließend.

 

 Foglar: Teilen Skepsis des Bundespräsidenten
Demokratiepaket noch sehr unausgereift
Wien (ögb) - ÖGB-Präsident Erich Foglar teilt die von Bundespräsident Heinz Fischer in der ORF-"Pressestunde" geäußerte Skepsis an Teilen des Demokratiepakets: "Wir sind für die Stärkung der Demokratie, auch der direkten. Dass auf Volksbefragungen mit einer bestimmten Anzahl an Stimmen zwingend Volksabstimmungen folgen sollen, bereitet uns allerdings großes Unbehagen."

"Wenn auflagenstarke Boulevardblätter und Privatpersonen, zum Beispiel finanzkräftige Unternehmer und politisierende Millionäre, mit Inseratenkampagnen und wochenlangen Coverstorys ein Thema so forcieren, dass über Volksbefragung und Volksabstimmung am Ende ein Gesetz daraus wird, dann entstehen Gesetze am Parlament vorbei" sagt Foglar. "Dieses Konstrukt würde bedeuten, dass man, wenn man nur genug Geld für Inserate hat, ein Gesetz kaufen kann. Eine derartige US-Amerikanisierung der Politik lehnen wir ab."

Kleinere Organisationen oder Vereine wären deutlich benachteiligt, weil ihnen die Finanzkraft fehle, ihre Anliegen mit der gleichen Massenwirkung zu verbreiten wie Parteien oder Unternehmer. "Es ist absolut nichts gegen mehr Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung einzuwenden", sagt Foglar. "ÖGB und Gewerkschaften arbeiten auch konstant daran, die betriebliche Mitbestimmung auszubauen. Das Rezept für mehr Demokratie kann aber nicht lauten, das Parlament durch automatische Volksabstimmungen auszuschalten. Und schon gar nicht kann man zulassen, dass sich Interessengruppen mit Inseraten und Medienkampagnen rund um Volksabstimmungen Gesetze kaufen. Wir teilen die Skepsis des Bundespräsidenten, es gibt bestimmt bessere Lösungen, das derzeit bekannte Paket ist aus unserer Sicht noch sehr unausgereift. Wir wollen hier keine Zustände, wie etwa in den USA, wo die Politik jene machen, die das meiste Geld haben, um ihre Themen zu kampagnisieren."
     

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