Österreichischer Immobilienmarkt ist ein kleiner, stabiler Markt mit Netto-Cash-Flow Rendite
um 5 Prozent in den letzten acht Jahren
Wien (ba) - Österreichs Konjunktur und damit auch der Immobiliensektor leiden unter der Schuldenkrise
im Euroraum. Jedoch zählt Österreich mit seinem prognostizierten BIP-Wachstum von 0,8 Prozent in diesem
Jahr und der niedrigsten Arbeitslosenquote nach EU-Messgröße zu den Vorzugsschülern in der Eurozone.
Davon profitiert auch der österreichische Immobilienmarkt. Dennoch ist auch in Österreich ein deutlich
reduzierter Risikoappetit festzustellen. Kommerzielle Immobilieninvestoren konzentrieren sich vor allem auf Core
Immobilien, das heißt krisenresistente Objekte in sehr guten Lagen mit Mietern guter Bonität. Privatinvestoren,
die oft keine Bankfinanzierung benötigen, flüchten in „Betongold“ und treiben damit die Preise von Wohnimmobilen
nach oben. Die starke Nachfrage nach Anlegerwohnungen und Zinshäusern (mehr als 50 Prozent der Käufer
sind private Investoren) hat zu einem massiven Rückgang der Renditen geführt, da diese Investoren den
Erhalt ihres Investments und weniger den Ertrag in den Vordergrund stellen. Reinhard Madlencnik, Head of Real Estate
Bank Austria, sieht keine Blase, da der österreichische Immobilienmarkt stark eigenkapitalgetrieben ist. „Durch
die klare Dominanz von Eigenkapital im österreichischen Immobilienmarkt wird dieser Markt quasi wie ein Ballon
langsam zum Steigen gebracht – hier bläht sich nichts auf und die Absturzgefahr ist gering“, betont Madlencnik.
Karla Schestauber, Immobilienanalystin der Bank Austria ergänzt: „Zu hoffen ist, dass die Maßnahmen
zur Kriseneindämmung auf europäischer Ebene bald greifen. Je länger der Immobiliensektor von Krisenüberlegungen
getrieben wird, desto größer die Gefahr der einen oder anderen Übertreibung am als relativ ´langweilig´
eingeschätzten österreichischen Immobilienmarkt.“
Klein, aber fein – Österreich ist stabiler Immobilienmarkt
Ernst & Young befragte Ende 2011 Unternehmen und Investoren, die in den vergangenen Jahren am österreichischen
Immobilienmarkt aktiv waren, über die allgemeine Einschätzung des Immobilien-Investmentmarktes in Österreich.
Über die Hälfte davon schätzte Österreich als Standort für Immobilien-Investments im Vergleich
zu anderen europäischen Ländern als attraktiv ein. Berechnungen der Investment Property Databank GmbH
(IPD) zeigen, dass sich der österreichische Markt in den letzten acht Jahren relativ beständig entwickelt
hat – die Netto-Cash-Flow Rendite lag die letzten Jahre über alle Nutzungsarten hinweg bei rund 5 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2011 wurde ein Total Return von 6,3 Prozent errechnet, dabei war die Netto-Cash-Flow-Rendite
4,7 Prozent und die Wertänderungsrendite 1,6 Prozent. Österreich positionierte sich mit diesem Ergebnis
2011 im europäischen Vergleich im oberen Mittelfeld.
Gesamtzinsbelastung bei Immobilienfinanzierungen auf historisch moderatem Niveau
Umfragen zeigen, dass auch in Österreich über zurückhaltende Banken bei Immobilien-finanzierungen
geklagt wird. Als Hindernis werden vor allem die hohen Refinanzierungskosten der Banken, die an die Kunden weitergegeben
werden, gesehen. Die Gesamtzins-Belastung (Euribor plus Bankenaufschlag) befindet sich insgesamt jedoch auf historisch
moderatem Niveau. „Solange sich die Eurozonenkrise nicht beruhigt, wird uns verstärkte Unsicherheit begleiten.
Das heißt, die Refinanzierungskosten der Banken werden weiterhin relativ hoch bleiben und Immobilien-investoren
nach wie vor zurückhaltend agieren. Antizyklische Marktchancen werden damit nicht genützt“, fügt
Madlencnik hinzu.
Österreich bietet (noch) gute und leistbare Wohnqualität
Die Wohnflächenausstattung der Bevölkerung sowie die Qualität des Wohnungsbestands in Österreich
hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Die durchschnittliche Wohnnutzfläche ist von 33
m² pro Person im Jahr 1990 auf 43 m² gestiegen. In Summe ist die Wohnversorgung in Österreich im
internationalen Vergleich gut. Der Erfolg der österreichischen Wohnungspolitik misst sich allerdings weniger
an der Größe und Ausstattung der Wohnungen sondern viel mehr daran, dass sich der Großteil der
Bevölkerung das Wohnen leisten kann. Private Haushalte verwenden 22 Prozent ihrer Konsumausgaben fürs
Wohnen (inklusive der Energiekosten). In der EU-15 sind es durchschnittlich 24 Prozent. Haushaltsbefragungen auf
europäischer Ebene unterstreichen die Ergebnisse der Konsumerhebung: Der Anteil der Bevölkerung, der
sich mit seinen Wohnkosten „überbelastet“ fühlt, zählt in Österreich unabhängig von der
Wohnrechtsform zu den niedrigsten Europas.
Im internationalen Vergleich sind die Wohnungs- bzw. Häuserpreise in Österreich bisher moderat gestiegen:
im vergangenen Jahrzehnt im Landesdurchschnitt um rund 25 Prozent nominell, in der Eurozone vergleichsweise um
46 Prozent. Die Ergebnisse im Marktdurchschnitt verdecken allerdings kräftige Preissteigerungen in Einzelsegmenten,
vor allem in den Ballungszentren und / oder in Luxussegmenten. In Wien sind die Immobilienpreise 2010 und 2011
um jeweils 8 Prozent gestiegen, in Österreich ohne Wien um 5 Prozent. Madlencnik ergänzt: „Es ist daher
besonders wichtig, dass der geförderte Wohnbau zur Gegensteuerung weiter genutzt wird, da sonst einkommensschwache
Bevölkerungsschichten stark betroffen sind.“
Wiener Büromarkt: Neuvermietung kommt kaum in Schwung
Der Wiener Büromarkt zählt mit seinen im Europavergleich niedrigen Leerstandsraten zu den relativ stabilsten
Märkten im Europavergleich. Jedoch ist die Großwetterlage nicht gänzlich ungetrübt: Schon
zum wiederholten Male ist der Wiener Büromarkt mit einer schwachen Neuvermietungsrate konfrontiert. Erreichte
die Neuvermietungsleistung laut CBRE im Jahr 2010 noch rund 275.000 m², so lag der Wert mit etwa 260.000 m²
im vergangenen Jahr noch einmal leicht darunter. Weiterhin bleiben großflächige Neuvermietungen die
Ausnahme und ein Gutteil der Neuvermietungsleistung wird aus Umsiedlungen generiert. Die Neuproduktion von Büroflächen
in Wien ist im Jahr 2011 gegenüber 2010 von 165.000 m² auf 180.000 m² leicht angestiegen. Für
2012 wird ein Neubauvolumen von bis zu 240.000 m² erwartet. Umbauten und Modernisierungen (Green Building
Standard) spielen eine bedeutende Rolle. Fast die Hälfte der in diesem Jahr auf den Markt kommenden Büroflächen
in Wien stammt aus Sanierungen, Um- und Zubauten bzw. Erweiterungen.
Shopping Center Markt – alte, weniger attraktive Konzepte kommen unter Druck
Rund 40 Prozent der österreichischen Verkaufsflächen befinden sich im Raum Wien und Umgebung. Mit der
Shopping City Süd, dem größten Einkaufszentrum Österreichs, südlich von Wien, verfügte
Wien Anfang 2012 insgesamt über 29 Einkaufszentren mit einer vermietbaren Fläche von rund 850.000 m²,
davon rund 670.000 m² reine Verkaufsflächen. Die Einkaufs-zentrumsflächendichte pro 1.000 Einwohner
liegt in Wien bei 496 m² vermietbarer Fläche. Im internationalen Vergleich weist Österreich mit
insgesamt 323 m² vermietbarer Fläche pro 1.000 Einwohner im europäischen Vergleich die achthöchste
Flächendichte auf. Madlencnik betont: „Der Wiener Markt ist mit Einkaufszentren gut abgedeckt. Für die
nächsten Jahre ist der Zuwachs an Einkaufszentrenflächen mit der Eröffnung des ´G3 Shoppingresorts
Gerasdorf´ und mit den Bahnhofsflächen abgeschlossen.“ „Mit dem Flächenzuwachs nimmt der Konkurrenzdruck
auf die älteren Einkaufszentren weiter zu, die mit Sanierung und Modernisierung antworten müssen“, ergänzt
Schestauber. |