Sozialleistungssystem in Gefahr   

erstellt am
03. 07. 12

LR Theiner verteidigt EEVE gegen Rom
Bozen (lpa) - Er wolle zwar nicht den Teufel an die Wand malen, aber wenn Südtirol anstelle der EEVE das staatliche Bewertungssystem ISEE zur Berechnung der Sozialleistungen übernehmen müsse, dann hätte das katastrophale Auswirkungen auf das Südtiroler Sozialleistungssystem, so Landesrat Richard Theiner am 03.07. bei einer Pressekonferenz. Gemeinsam mit dem Trentiner Landesrat Ugo Rossi wies Theiner auf die Gefahr hin, die derzeit aus Rom droht und kündigte an, das Südtiroler EEVE-System mit allen Mitteln retten zu wollen.

Um Beiträge zielgerichtet, sozial gerecht und transparent vergeben zu können, hat das Land Südtirol die „EEVE“, die einheitliche Einkommens- und Vermögenserhebung, eingeführt. Seit dem 1. September 2011 wird die EEVE im Sozial- und Gesundheitsbereich bei der Berechnung der Sozialleistungen angewandt, Schritt für Schritt soll sie auf weitere Beihilfen und Bereiche des Landes ausgeweitet werden. Nun droht aber Ungemach aus Rom und der EEVE das Aus: Der Staat hat im Dezember das Dekret „Salva Italia“ erlassen. Darin spricht die Regierung Monti von einer Reform des staatlichen Bewertungssystems ISEE, das zwar ähnlich wie die EEVE funktioniert, aber den Schwerpunkt anders legt.

Seit Mai kristallisiert sich heraus, dass der Staat das Bewertungssystem ISEE staatsweit einführen und damit auch das Land Südtirol zwingen will, dieses Bewertungssystem anzuwenden. „Im Dekret ‚Salva Italia’ war noch keine Rede davon, dass das staatliche System allen Regionen und Provinzen zwangsweise übergestülpt werden soll“, kommentiert Landesrat Theiner die Änderung der Spielregeln während des Spiels. Theiner weiter: „Damit würde unser EEVE-System hinfällig werden und das hätte fatale Auswirkungen. Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen: Die Abschaffung der EEVE würde sich sehr ungünstig auf unser Sozialsicherungssystem und auf alle anderen Bereiche, wo öffentliche Beiträge vergeben würden, auswirken. Das Land könnte in diesem Fall also nicht mehr selbstständig über die öffentlichen Transferleistungen für die Bürger entscheiden und regeln. Wir würden also unserer Kompetenzen im Sozialsicherungssystem, aber auch in anderen Bereichen der Südtiroler Politik, de facto beraubt.“ Viele Bürger würden Leistungen, die sie bisher erhalten haben, nicht mehr erhalten bzw. weniger Leistungen erhalten, so Theiner. „Konkret ist beispielsweise die Erstwohnung bei unserem eigenen System frei, beim staatlichen System nicht. Auch die Ersparnisse werden beim staatlichen System viel strenger bewertet: Während bei uns 100.000 Euro Ersparnisse frei sind und bei der Berechnung des Vermögens nicht berücksichtigt werden, sind es beim staatlichen System nur 5000 Euro. Auch die De-facto-Familiengemeinschaften werden beispielsweise eliminiert und das bedeutet einen Rückschritt zu den sich falsch erklärenden Alleinerziehenden“, erklärt Theiner die Nachteile des Systems ISEE.

„Die heutige Pressekonferenz dient dazu, die Öffentlichkeit zu diesem Thema, das im Moment noch sehr theoretisch klingt, aber praktisch verheerende Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung haben wird, zu informieren“, so Landesrat Theiner. Die Anwaltschaft des Landes ist bereits dabei, die rechtlichen Möglichkeiten auszuloten, um die primäre Gesetzgebungskompetenz im Sozialwesen durchzusetzen. Auch die Parlamentarier in Rom sind bereits aktiv und schließlich werde sich die Landesregierung in dieser Sache mit dem Trentino verbünden und in Absprache mit dem auch heute anwesenden Landesrat Ugo Rossi agieren, kündigte Theiner an.
     
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