Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Juli 2012
Wien (oenb) - Trotz guter wirtschaftlicher Fundamentaldaten bleibt das Wachstum der österreichischen
Wirtschaft zur Jahresmitte 2012 verhalten. Die negativen Folgen der Finanz- und Schuldenkrise sind insbesondere
in der österreichischen Exportwirtschaft und in der Industrie – den zuletzt wichtigsten Wachstumsträgern
– zu spüren. Gemäß den Ergebnissen des Konjunkturindikators der Oesterreichischen Nationalbank
(OeNB) wird die österreichische Wirtschaft im zweiten und dritten Quartal 2012 mit +0,2% bzw. +0,1% gegenüber
dem Vorquartal deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von ½% wachsen. Im Unterschied zu anderen
Euroraumländern zeichnet sich jedoch für Österreich derzeit kein Abgleiten in eine Rezession ab.
Diese Prognose gilt freilich nur unter der Annahme, dass es zu keiner neuerlichen Verschärfung der europäischen
Finanz- und Schuldenkrise und keiner weiteren Verschlechterung der Konjunktur bei unseren wichtigsten Handelspartnern
kommt. Im Vergleich zur letzten Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators wurde die Prognose für
das zweite Quartal 2012 geringfügig um 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert.
Die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft haben sich im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise zuletzt deutlich
eingetrübt. Für den Euroraum lassen sowohl die vorliegenden harten Fakten als auch die Vertrauensindikatoren
für das zweite Quartal sogar ein leicht negatives Wirtschaftswachstum erwarten. So sanken im Euroraum zuletzt
die Industrieproduktion und das Absatzvolumen im Einzelhandel, darüber hinaus signalisiert der Einkaufsmanagerindex
ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.
Österreich zählt innerhalb des Euroraums derzeit zu den Ländern mit einer überdurchschnittlichen
Performance. Die heimische Wirtschaft kann sich jedoch nicht gänzlich von den internationalen Entwicklungen
abkoppeln, wobei die Exportwirtschaft am unmittelbarsten von dem schwierigen außenwirtschaftlichen Umfeld
getroffen wird. Im März sind die nominellen Güterexporte erstmals seit Ende 2009 im Jahresabstand wieder
leicht gesunken. Gemäß den aktuellen Ergebnissen des OeNB-Exportindikators hat sich dieser Trend in
den Folgemonaten fortgesetzt. Für das zweite Quartal ergibt sich ein Rückgang um 0,8% gegenüber
dem Vorquartal. Damit stagnieren die nominellen Güterexporte Österreichs de facto seit rund einem Jahr.
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die heimische Industrie. Die Industrieproduktion konnte seit
Jahresbeginn 2011 nur noch geringfügig gesteigert werden und der aktuelle Einkaufsmanagerindex signalisiert
eine Stagnation.
Vergleichsweise günstig entwickelt sich weiterhin der Arbeitsmarkt: Österreich weist mit 4,1% die mit
Abstand niedrigste Arbeitslosenquote in der gesamten Europäischen Union auf und auch das Beschäftigungswachstum
fiel im Juni mit rund 1½% im Jahresabstand vergleichsweise stark aus. Ein nicht unwesentlicher Teil des
Beschäftigungswachstums ist dem Zuzug von ausländischen Arbeitskräften in Folge der Öffnung
des Arbeitsmarktes im Mai 2011 geschuldet. Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Arbeitslosen leicht an. Die verfügbaren
Vorlaufindikatoren – wie offene Stellen und beabsichtigte Kündigungen gemäß Frühwarnsystem
– lassen eine Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik in den kommenden Monaten erwarten. Die aktuell rückläufige
Inflation sollte aber die Realeinkommen stützen und damit ein moderates Wachstum des privaten Konsums in den
kommenden Monaten ermöglichen.
Angesichts der jüngsten Fortschritte zur Lösung der europäischen Schuldenkrise wird für den
Prognosezeitraum bis Ende des dritten Quartals mit keiner Verschärfung der Situation gerechnet. Sie stellt
jedoch einen wichtigen Risikofaktor für die weitere Konjunkturentwicklung dar.
Die nächste Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators ist für Oktober 2012 vorgesehen. |