Südtirol und Trentino verteidigen Autonomie
Bozen (lpa) - Was zu viel ist, ist zu viel: Die Landesregierungen Südtirols und des Trentino
wollen sich in Sachen Sparmaßnahmen nicht länger von der Regierung Monti vor vollendete Tatsachen stellen
lassen. Die beiden Länder kritisieren sowohl die Art und Weise, wie Rom die Sparmaßnahmen durchsetzt,
vor allem aber auch die Höhe der Forderungen und die Beschneidung der autonomen Zuständigkeiten. Am 11.07.
haben die beiden Landesregierungen beschlossen, einen gemeinsamen Expertentisch einzurichten und eine sofortige
Aussprache mit Mario Monti zu fordern.
Geht es nach der Regierung in Rom, so soll das Land Südtirol 2012 via Stabilitätspakt und Spardekrete
mit knapp 800 Millionen Euro an der Sanierung des Staatshaushaltes beitragen. Dazu gesellen sich noch die 500 Millionen
Euro, auf die Südtirol im Mailänder Abkommen zugunsten eines Freiraums bei der Steuerregelung verzichtet.
Das sind stolze Summen, wenn man bedenkt, dass der Landeshaushalt 2012 etwa 5,1 Milliarden Euro umfasst. Erst am
Montag hat die Landesregierung drei Prozent der Haushaltsmittel eingefroren, die sich zu den bereits zu Jahresbeginn
zurückgestellten fünf Prozent gesellen, um auf alle Szenarien bei der Erstellung des Budgets für
2013 vorbereitet zu sein.
Landeshauptmann Luis Durnwalder betonte nach der Sitzung der Landesregierungen und der Regionalregierung, dass
er sich über die Höhe der Forderungen gleichermaßen ärgere wie über die Art und Weise,
mit der Rom seine Sparpläne umsetze: „Wir bekommen einfach eine Mitteilung von der Regierung, auf der sie
uns den Betrag mitteilt, den wir abliefern müssen. Von einem Einvernehmen oder von Verhandlungen kann keine
Rede sein. Abgesehen davon ist es nicht tragbar, dass wir fast 1,3 Milliarden Euro beitragen müssen. Das ist
dreimal so viel, wie der Staat in Südtirol ausgibt und jeder wird verstehen, dass das in keinem Verhältnis
steht.“ Der Trentiner Landeshauptmann Lorenzo Dellai pflichtete Durnwalder bei: „Die beiden Länder haben in
der Vergangenheit immer Verständnis für die Regierung in Rom aufgebracht, deshalb ist die Methode, die
Monti derzeit uns gegenüber anwendet, alles andere als korrekt. Noch dazu, weil das Trentino und Südtirol
die öffentlichen Mittel nicht verschwenden, sondern zu jenen Regionen Italiens zählen, die funktionieren.“
Auch die Tatsache, dass sich die Regierung wie selbstverständlich über die Autonomie hinwegsetze, ist
für Landeshauptmann Durnwalder nicht akzeptabel: „Die Regierung spricht uns regelmäßig die Zuständigkeiten
ab, die im Mailänder Abkommen oder in den Autonomiebestimmungen klar geregelt sind: Einmal ist es die Reduzierung
der Krankenhausbetten, ein anderes Mal die Gemeindenfinanzierung. Wir lassen uns nicht alles gefallen, werden die
Autonomie verteidigen und zwar nicht nur vor dem Verfassungsgerichtshof. Sollte die Regierung Monti nicht den Dialog
mit uns aufnehmen, werden wir auch bei Staatspräsident Napolitano und in Wien vorsprechen.“
Heute haben die beiden Landesregierungen vereinbart, dass zunächst ein gemeinsamer Expertentisch eingerichtet
wird und gleichzeitig eine Aussprache mit Regierungschef Monti beantragt wird. Landeshauptmann Durnwalder hat klar
vor Augen, was er in Rom erreichen will. „Wir wollen gemeinsam mit der Regierung definieren, wie viel gespart werden
muss, wollen dann aber selbst entscheiden, wie wir die geforderten Mittel einsparen. Außerdem sind wir der
Meinung, dass der Stabilitätspakt der besonderen Situation unserer autonomen Länder angepasst werden
muss. So hat der Staat die Garantie, dass er die notwendigen Gelder für die Sanierung des Haushaltes erhält
und wir können uns im Rahmen unserer autonomen Zuständigkeiten bewegen. Aber natürlich werden wir
für die finanzielle Beteiligung auch zusätzliche Kompetenzen verlangen“, gibt sich Durnwalder kämpferisch. |