Rabbi Arthur Schneier und Kardinal Christoph Schönborn diskutierten zum Festspielauftakt
Salzburg (kap) - "Die Festspiele sollen ein Instrument des Friedens und der Toleranz sein."
Das betonte der New Yorker Rabbi Arthur Schneier im Gespräch mit Kardinal Christoph Schönborn am Abend
des 20.07. zum Auftakt der Salzburger Festspiele in den "Disputationes". Beide plädierten dabei
für die Freiheit der Religionen und die Fortsetzung des interreligiösen Dialogs. Mit der Konzilserklärung
"Nostra Aetate" habe ein epochaler Wandel begonnen, "das Christentum braucht die Besinnung auf die
jüdischen Wurzeln", stellte Kardinal Schönborn in der Aula der Universität Salzburg fest.
Rabbi Schneier ortete weltweit eine Rückkehr zum Glauben, die sogar in China spürbar sei. "Wenn
Religion marginalisiert wird, leidet das Volk", sagte er. Heute versuchten Terroristen weltweit das kulturelle
und geistige Erbe niederzureißen. Umso wichtiger sei es, den Glauben und die Kultur zu erhalten. "Gott
muss in der Gesellschaft einen Platz haben, sonst schadet es den Menschen", betonte Rabbi Schneier. Der Säkularismus,
der ein europäisches Phänomen sei, werde nicht lange existieren, denn jeder Mensch habe eine Seele, "und
die muss man füttern". "Die Seele gehört nicht dem Staat", stellte dazu auch Kardinal
Schönborn fest. Der Interreligiöse Dialog sei zwar wichtig, aber noch wichtiger sei das Tun und das Miteinander
der Religionen.
Zuvor war Kardinal Schönborn beim Eröffnungsvortrag auf das Verhältnis von Christentum und Säkularität
in Europa eingegangen. Auch wenn das Christentum in Europa "weitgehend marginalisiert" sei und als wichtige
gesellschaftlich gestaltende Kraft immer weniger in Erscheinung tritt, so bleibt es doch für die Zukunft Europas
unverzichtbar. Kardinal Christoph Schönborn diagnostizierte, dass das Christentum in Europa heute "Wurzel
und Fremdkörper" zugleich sei: "Und doch sehe ich die Christen nicht als 'Auslaufmodell' in einem
Europa, in dem die Sinnressourcen knapp werden", sagte der Wiener Erzbischof.
Europa, so Schönborn, "sehnt sich nach einem authentischen Christentum". Wichtig sei dabei, die
Gratwanderung zu beachten: Europa brauche "den prophetischen Einspruch des Evangeliums als heilsame Unruhestiftung",
das Christentum hingegen brauche gleichermaßen "die kritische Rückfrage des säkularen Europa.
Sie tut ihm gut. Sie weckt es auf, fordert es heraus." |