Europas Häuser sollen grüner werden   

erstellt am
23. 07. 12

Politische Entscheidungen brauchen eine wissenschaftliche Basis. Die TU Wien leitet das EU-Projekt „Entranze“, in dem Ideen und Richtlinien für die umweltfreundlichen Gebäude der Zukunft entwickelt werden.
Wien (tu) - Die EU hat ambitionierte Pläne: Ab dem Jahr 2019 sollen alle neuen öffentlichen Gebäude Niedrigst-Energie-Häuser sein, ab Ende 2020 sollen überhaupt alle neugebauten Häuser diesen Standards genügen. Wie man dieses Ziel am besten in konkrete Regeln gießen kann und durch welche Maßnahmen man die Vision einer umweltfreundlichen Gebäudestruktur auch möglichst effektiv umsetzen kann, ist aber heute noch nicht klar. Die „Energy Economics Group“ der TU Wien (Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe) koordiniert daher nun das Projekt „Entranze“, an dem Forschungseinrichtungen aus neun verschiedenen EU-Staaten beteiligt sind. Das Projekt soll eine solide wissenschaftliche Grundlage für die künftige europäische Politik liefern.

Jedes Land ist anders grün

Nicht in jedem Land wird man mit den selben Maßnahmen ans Ziel gelangen, meint Lukas Kranzl von der Energy Economics Group: „Einerseits muss man unterschiedliche klimatische Bedingungen berücksichtigen, andererseits gibt es auch unterschiedliche Bautraditionen, auf die man Rücksicht nehmen muss.“ So sind etwa im deutschsprachigen Raum Passiv-Häuser bereits einigermaßen etabliert, in anderen Staaten findet man sie noch kaum. Für unterschiedliche Länder wird man daher unterschiedliche Strategien ausarbeiten müssen.

Wie wirken sich politische Entscheidungen aus?
Der wissenschaftliche Schwerpunkt der Wiener Forschungsgruppe liegt in der Frage, wie sich politische und wirtschaftliche Regulierungsmaßnahmen in der Praxis auswirken. Welche gesetzlichen Richtlinien sind erfolgversprechend? Welche finanziellen Anreize, etwa in Form von Fördergeld, muss man bereitstellen, um ökologisch und ökonomisch optimale Effekte zu erzielen?

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Antwort auf solche Fragen ist ein Computermodell, in dem der Gebäudebestand verschiedener EU-Länder abgebildet wird. „Wir wissen, aus welchen Bauperioden sich der Gebäudebestand in verschiedenen Staaten zusammensetzt und können so die energetische und thermische Qualität der Bausubstanz abschätzen“, sagt Lukas Kranzl. „Mit Hilfe dieser Daten können wir verschiedene Zukunftsszenarien durchspielen und die Auswirkungen unterschiedlicher politischer Entscheidungen analysieren.“

Sanieren – und zwar richtig!
Auf dem Weg zum Europa der Niedrigst-Energie-Häuser mit optimaler CO2-Bilanz darf man den Blick freilich nicht nur auf neugebaute Häuser richten: „Die Sanierung des Altbestandes ist von entscheidender Bedeutung“, betont Kranzl. In diesem Punkt steht Österreich nicht so gut da wie im Bereich der neugebauten Passiv-Häuser.

„In der politischen Diskussion spricht man oft nur davon, dass man eine bestimmte Sanierungsrate erreichen will – doch das ist nicht der entscheidende Parameter“, erklärt Kranzl. „Halbherzige Sanierungen bringen wenig. Qualität zählt hier mehr als eine möglichst hohe Rate an sanierten Altbauten.“ Wer also demnächst sein Haus energieoptimieren lassen möchte, dem rät Kranzl: „Nehmen Sie vielleicht gleich etwas mehr Geld in die Hand – es zahlt sich aus!“
     
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