Rückläufige Zahlen bei Verkehrsunfällen und Verletzten
Wien (pk) - Nach der Antrittsrede von Bundesratspräsident Georg Keuschnigg begann die Sitzung
des Bundesrates am 19.07. mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "Schritt für Schritt zu mehr Sicherheit
und weniger Leid auf Österreichs Straßen". Die für diesen Bereich zuständige Bundesministerin
für Verkehr, Innovation und Technologie, Doris Bures, stand den Vertretern der Länderkammer Rede und
Antwort.
Bundesrat Werner STADLER (S/O) zollte Bundesministerin Bures Anerkennung für ihre bisherige Arbeit im Bereich
der Verkehrssicherheit. Die Statistiken zeigen, dass sich in den letzten drei Jahren nicht nur die Verkehrstoten
deutlich verringert haben, sondern auch die Unfälle insgesamt bzw. jene mit Personenschaden. Positiv dazu
beigetragen haben sicherlich die strengeren Strafen für Verkehrsraser, der längere Führerscheinentzug
bei Alkohol am Steuer oder die Möglichkeit zur Strafverfolgung von ausländischen Rasern. Dennoch dürfen
die Anstrengungen nicht nachlassen, betonte er, da jeder Verkehrsunfall einer zu viel ist. Um die Prävention
zu verbessern, müssen alle involvierten Akteure effizient zusammenarbeiten und das Verkehrssicherheitsprogramm
2011-2020, das über 250 Einzelmaßnahmen enthält, weiter umsetzen, war Stadler überzeugt. Im
Besonderen verwies der Bundesrat auf ein Pilotprojekt, das die Videoüberwachung von ungesicherten Schutzwegen
vorsieht, die Einführung der Radhelmpflicht für Kinder sowie den Ausbau des Angebots von so genannten
Jugendtaxis.
Auch Bundesrätin Elisabeth GREIDERER (V/T) befasste sich mit den Verkehrsstatisten der letzten zehn Jahre,
die eindeutig belegen, dass es noch nie so wenig Verletzte, Getötete und Unfälle auf Österreichs
Straßen gab. Erfreulich sei zudem, dass sich diese Tendenz trotz steigender Verkehrsdichte und Zulassungszahlen
auch im heurigen Jahr fortsetzt. Dennoch müsse intensiv daran gearbeitet werden, die Prävention noch
weiter zu verbessern, da jedes Unfallopfer eine menschliche Tragödie darstellt. Mit dem Österreichischen
Verkehrssicherheitsprogramm habe man sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, zu den besten Ländern in der EU in
diesem Bereich, wie Niederlande, Großbritannien und Schweden, aufzuschließen, erklärte Greiderer.
Dazu gehöre etwa auch, die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2020 um 50 % zu reduzieren. Außerdem
soll die Zahl der Schwerverletzten um 40 % und die Unfälle mit Personenschaden um 20 % gesenkt werden. Schließlich
hob die Bundesrätin noch einige für sie wichtige Maßnahmen aus dem Verkehrsprogramm hervor, wie
etwa die rechtzeitige Vorbereitung von Kindern und Jugendlichen auf die Teilnahme am motorisierten Verkehr, die
Erziehung junger Menschen zu einem nachhaltigen und umweltfreundlichen Mobilitätsverhalten oder die Neugestaltung
der Führerscheinprüfungen. Greiderer schlug zudem vor, die derzeitigen Schutzwegregelungen im Sinne der
schwächsten Verkehrsteilnehmer, nämlich der Fußgänger, zu überarbeiten. Im Motorradbereich
sollten ihrer Meinung nach Anreizsysteme zur Anschaffung von Fahrzeugen mit ABS-Ausstattung überlegt werden.
Weitere wichtige Maßnahmen wären die Sanierung der Motorradstrecken mit hoher Unfallhäufigkeit
sowie der Ausbau des Unterfahrschutzes bei Leitschienen.
Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) räumte ein, dass die Verkehrsstatistiken einen deutlichen Rückgang bei
den Unfällen sowie bei den verletzen und getöteten Personen aufzeigen. Allerdings sei nicht alles so
schön, wie man es auf den ersten Blick glauben möge, gab der Redner zu bedenken. So sei etwa im Zeitraum
2010-2011 eine Zunahme der Unfälle bei den Zweirad- und Fahrradfahrern festzustellen. Keine Informationen
enthalte die Statistik zudem darüber, wie hoch der Anteil an ausländischen Fahrern ist, die an Unfällen
beteiligt sind, gab Krusche zu bedenken. Interessant wäre es auch gewesen, wenn man einen Zusammenhang zwischen
dem Alter der Kraftfahrzeuge und den Unfällen hergestellt hätte, um zu beurteilen, wie sehr der technische
Fortschritt Anteil an der Rückläufigkeit der Verkehrsunfälle hat. Was das Bestrafungssystem betrifft,
so würde er sich wünschen, dass man zielorientierter vorgeht und nicht einfach dort ansetzt, wo man die
Laserpistole am besten verstecken kann. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Akzeptanz von
Kontrollen und Überwachungen, war Krusche überzeugt. Sorgen bereitete ihm noch die Tatsache, dass angesichts
der Mittelkürzungen in allen Ressorts eine vernünftige Sanierung der Straßen und Infrastruktur
kaum mehr möglich sein wird.
Bures: Fukus auf schwächste VerkehrsteilnehmerInnen
Bundesministerin Doris BURES bedankte sich zunächst beim Bundesrat für die Debatte über das wichtige
Thema Verkehrssicherheit, das gerade im Sommer, wo viele Menschen verreisen und auf Österreichs Straßen
unterwegs sind, von großer Brisanz ist. Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2008 beschäftige sie sich intensiv
mit der Thematik, bekräftigte die Ministerin, und ihr Ressort habe deshalb auch zahlreiche Maßnahmen
eingeleitet, die – wie man den Verkehrsstatistiken entnehmen könne – sehr erfolgreich waren. Als Beispiele
führte sie die konsequenten Maßnahmen gegen Raser und Alko-Lenker, die effizientere Absicherung von
Eisenbahnkreuzungen, die Erhöhung der Mittel für den Ausbau der Verkehrssicherheit speziell für
Motorradfahrer oder die Verbesserung der Infrastruktur (z.B. Bau von zusätzlichen Tunnelröhren) an. Da
die häufigste Todesursache von Kindern unter fünf Jahren noch immer der Verkehrsunfall ist, war es ihr
sehr wichtig im Rahmen des neuen Verkehrssicherheitsprogramms den Fokus auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer
zu legen, unterstrich die Bundesministerin. Die Evaluierung der Radhelmpflicht für Kinder unter 12 Jahren
habe die Wirksamkeit der Maßnahme bestätigt, informierte Bures, zumal vor allem weniger Kopfverletzungen
festgestellt wurden. Letztendlich hänge es aber von jedem einzelnen Verkehrsteilnehmer ab, sich verantwortungsbewusst
zu verhalten und zu einem friedlichen Miteinander im öffentlichen Raum beizutragen, appellierte die Ressortchefin
abschließend.
Es sei natürlich sehr erfreulich, dass die Zahl der Verkehrstoten zurückgegangen ist und die gesetzten
Maßnahmen Wirkung zeigen, meinte einleitend Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N). Großen Nachholbedarf
sah sie allerdings bei den schwächeren Verkehrsteilnehmern, also den Kindern, den FußgängerInnen,
den FahrradfahrerInnen und den älteren Personen. In ihrem Heimatbundesland Niederösterreich konnte sie
etwa beobachten, dass zwar das Radfahren propagiert werde, gleichzeitig aber nur Güterwege und Autobahnen
verstärkt ausgebaut werden. Problematisch sei auch, dass die durch Alkohol-Lenker verursachte Unfälle
leider gestiegen sind, zeigte Kerschbaum auf. Von besonderer Bedeutung seien hier bewusstseinsbildende Maßnahmen,
war sie überzeugt, es müsse allen Autolenkern klar vermittelt werden, dass das Fahrzeug zur Waffe werden
kann, wenn man sich alkoholisiert hinters Lenkrad setzt. Konkrete Fragen stellte die Bundesrätin zum UVP-Verfahren
zur A5 sowie zum so genannten Flughafenpaket.
Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) hielt die Sicherheit im Straßenverkehr für ein grundsätzliches Menschenrecht,
zu dem alle beitragen müssen. In seinen weiteren Ausführungen konzentrierte er sich sodann auf das Thema
Alkohol am Steuer, weil bei solchen Unfällen durchschnittlich noch zwei andere Menschen mit ins Unglück
gerissen werden. Erfreulicherweise habe Bundesministerin Bures sich dieser Problematik besonders angenommen und
seit dem Jahr 2008 zahlreiche Maßnahmen gesetzt, die sich mittlerweile als sehr erfolgreich herausstellten.
Sie habe nicht nur die große Verkehrssicherheitskampagne mit dem Slogan "Alkohol am Steuer tötet
– Können Sie damit leben?" gestartet, sondern u.a. auch strengere Strafen, verstärkte Alkoholkontrollen,
den längeren Entzug des Führerscheins, das Pilotprojekt "Alkolock" sowie die Verpflichtung
zu Nachschulungen und Verkehrscoachings umgesetzt.
Bundesrat Christian JACHS (V/O) beleuchtete das Thema Verkehrssicherheit vor allem unter dem Aspekt der Geschwindigkeit,
weil es seiner Ansicht nach vor allem darum gehe, Tempo aus dem Verkehr nehmen. In Oberösterreich beispielsweise
haben sich bereits drei Viertel aller Gemeinden dazu entschlossen, Tempo 30 als zulässige Höchstgeschwindigkeit
vor Kindergärten, Schulen und Horten festzulegen. Er würde sich wünschen, dass diese Maßnahme
in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen wird, um damit eine österreichweite Umsetzung zu ermöglichen.
Außerdem trat er für die Schaffung von "Begegnungszonen" in den Gemeinden und Städten
ein, die ein vernünftiges Miteinander aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten. Nicht vernachlässigen
dürfe man auch den Schnellstraßen, Umfahrungs- und Autobahnbau, betonte der Bundesrat, weil dies ein
wichtiger Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit sowie zum Wirtschaftswachstum und zur Beschäftigungssituation
ist. Jachs appellierte schließlich noch an alle Bürger, wieder mehr zu Fuß zu gehen und mehr mit
dem Rad zu fahren, weil das nicht nur der Verkehrssicherheit, sondern auch der Gesundheit zugute komme.
Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) setzte sich insbesondere für den Ausbau der Straßeninfrastruktur in der
Ost-Region ein, da die Südost-Tangente komplett überlastet ist. Unbedingt erforderlich sei daher die
baldige Realisierung der Nordostumfahrung inklusive des Lobautunnels, appellierte Jenewein an die Bundesministerin.
Sodann sprach Jenewein die Einführung der Rettungsstraße ein, die bis zum heutigen Tag nicht einwandfrei
funktioniere. Er erwarte sich daher vom Ministerium verstärkte Informationsmaßnahmen über diese
Thematik.
Bundesministerin Doris BURES ging zunächst auf eine Frage der Bundesrätin Kerschbaum ein und wies darauf
hin, dass die Auflagefrist beim UVP-Verfahren für die A5 eineinhalb Monate betrage (13. Juli bis 28. August)
und es daher ausreichend Möglichkeit gebe, sich daran zu beteiligen. Was das so genannte Flughafenpaket betrifft,
so habe sie hineinreklamiert, dass die Inhalte des Wiener Mediationsverfahrens von dieser europäischen Regelung
nicht betroffen sind, unterstrich Bures. Was die Entwicklung der Verkehrsunfälle bei den Radfahrerinnen und
Radfahrern betrifft, so gab die Ministerin zu bedenken, dass der Radverkehr generell stark zugenommen hat; in den
letzten fünf Jahren betrug die Zunahme 40 %. Außerdem sei klar, dass bei älteren Radfahrern, die
generell nicht stärker in Unfälle verwickelt sind, die Unfallfolgen aufgrund ihres Alters oft viel schlimmer
sind. Grundsätzlich sei es ihr ein wichtiges Anliegen, das Mobilitätsverhalten mehr in Richtung Fahrradfahren
und Benutzung öffentlicher Verkehrsmitteln zu ändern. Sie unterstütze daher auch den Vorschlag,
Begegnungszonen vor allem in Gemeinden und mittelgroßen Städten einzurichten. All das könne aber
nur umgesetzt werden, wenn alle an einem Strang ziehen, betonte Bures. |