Hearing im Bundesrat – Diskussion über Zukunft der ärztlichen Versorgung in den Regionen
Wien (pk) - Die Zukunft der ärztlichen Versorgung in Österreich, vor allem in den ländlichen
Regionen, stand im Mittelpunkt eines Hearings, das am 18.07. vom Bundesrat veranstaltet wurde. Mit namhaften Experten
aus dem Gesundheitsbereich diskutierten die Ländervertreter über aktuelle Problembereiche sowie mögliche
Strategien zur Sicherung der medizinischen Nahversorgung. Der Präsident des Bundesrates, Georg Keuschnigg,
betonte die Bedeutung dieser komplexen Thematik, weil es darum gehe, eine geografische Zweiklassenmedizin zu vermeiden.
Der Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH, Georg Ziniel, ging zunächst auf die Problembereiche
des österreichischen Gesundheitssystems ein und führte bei dabei u.a. die Spitalslastigkeit an, die trotz
hohem monetären und personellen Einsatz nicht zu optimalen Ergebnissen führe, wie internationale Vergleich
belegen. Weiters wies er darauf hin, dass in den letzten zwei Jahrzehnten die Anzahl der Fachärzte, die tendenziell
eher in Ballungsgebieten tätig sind, deutlich gestiegen ist, während es bei den Allgemeinmedizinern kaum
einen Zuwachs gab. Auffällig sei auch, dass zwar immer mehr Frauen den Arztberuf ergreifen, aber dabei eher
zum Angestelltenverhältnis tendieren. Aus seiner Sicht müsste auf jeden Fall die Primärversorgung,
die nicht nur die hausärztliche Betreuung, sondern die sinnvolle Kooperation mit allen Gesundheitsberufen
umfasst, ausgebaut werden.
Der Generaldirektor des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, Josef Kandlhofer,
gab eingangs zu bedenken, dass es in Österreich derzeit so viele Ärzte wie noch nie gibt. Er thematisierte
ebenso die extreme Spitalslastigkeit des Systems und ortete Mängel bezüglich der regionalen Ausgewogenheit
und Verteilung der Mediziner. Man müsste daher über neue Versorgungssysteme in den Regionen nachdenken,
die Nahtstelle zwischen Spitalsambulanz und niedergelassenem Bereich verbessern sowie sich Anreizsysteme überlegen,
damit mehr Ärzte in die Peripherie gehen, schlug der Generaldirektor vor.
Arthur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, wies darauf hin, dass es heute
zwar viel mehr Ärzte gibt als früher, aber die Kassenstellen fast gleich geblieben sind. Auch die Altersstruktur
- das Durchschnittsalter der Allgemeinmediziner liegt bei 56 Jahren - sowie die Tatsache, dass drei Viertel der
praktischen Ärzte Männer sind, lassen erkennen, dass es in der Zukunft zu einem großen Generationenwechsel
und Geschlechtertausch kommen wird. Die Herausforderung bestehe sicher darin, den Beruf des niedergelassenen praktischen
Arztes attraktiver zu gestalten, meinte Wechselberger, was auch die Einkommenssituation inkludiere. Außerdem
trat er für einen Ausbau des Leistungskatalogs der Sozialversicherungen ein.
In der Umsetzung eines "Primary Health Care Modells" sah Universitätslektor Erwin Rebhandl, der
viele Jahre Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin war, eine Verbesserung
und Lösung vieler aktueller Probleme. Dabei geht es um die Schaffung eines modernen, wohnortnahen und extramuralen
Versorgungsnetzwerkes, das auch schon von einigen Ländern realisiert wurde. Der Hausarzt, der Teil eines multidisziplinären
Teams ist, fungiere dabei als Koordinator bzw. Ansprechstelle und werde in seiner Arbeit von Vertretern verschiedenster
Gesundheitsberufe unterstützt. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen sollten jedoch eigene Modelle
für die Stadt und für das Land entwickelt werden, argumentierte Rebhandl. Da für ein solches System
auch mehr Allgemeinmediziner erforderlich sind, müsste der Beruf attraktiver gestaltet und Anreizsysteme überlegt
werden.
Schließlich beleuchtete noch Universitätsprofessor Norbert Mutz (Vizerektor der Medizinischen Universität
Innsbruck) die Thematik von der der Ausbildungsseite. Ein Problem sah er auch darin, dass viele ausländische
Medizinstudenten wieder in ihr Heimatland zurückkehren und österreichische Jungmediziner von anderen
Staaten abgeworben werden. |