Soziologen der Uni Graz untersuchen Umweltverhalten der ÖsterreicherInnen
Graz (universität) - Umweltbewusstsein steht in Österreich nach wie vor hoch im Kurs. Das
bestätigen Soziologen der Karl-Franzens-Universität Graz in einer Studie. Während das Unterzeichnen
von Unterschriftenlisten oder die aktive Teilnahme an Umweltdemonstrationen in den letzten Jahren zurückgegangen
sind, sind der Verzicht auf das Autofahren, die Wahrnehmung von Risikofaktoren wie Atomkraft, der Einkauf von regionalen
Produkten sowie das Trennen von Müll in den letzten Jahren in Österreich ungebremst geblieben.
Die Wissenschafter Dr. Markus Hadler und Mag. Gerd Kaup vom Institut für Soziologie analysierten dazu auf
Basis von drei repräsentativen Umweltumfragen aus den Jahren 1993, 2000 und 2010 die Meinungen von ÖsterreicherInnen
im Alter von 16 und älter. Die Studie ist Teil des weltweiten sozialwissenschaftlichen Projekts „International
Social Survey Programme (ISSP)“, das seit jährlich in bis zu 48 Mitgliedsländern Bevölkerungsumfragen
zu einem anderen Thema erhebt. Die Grazer Studie wurde durch Mittel des „FWF – Der Wissenschaftsfonds“ finanziert.
Erforscht wurde von den Wissenschaftern der Uni Graz, was die ÖsterreicherInnen über die Umwelt denken.
„Im aktuellen Projekt wollten wir aber zusätzlich noch wissen, was die Befragten aktiv für den Umweltschutz
unternehmen“, erklärt Hadler. Die Soziologen unterschieden bei Ihrer Untersuchung zwischen privatem und öffentlichem
Handeln. „Wir haben zum Beispiel mehrmals gefragt, ob sie an die Umweltorganisationen Geld spenden oder zu diesem
Zweck an Demonstrationen teilgenommen haben. Andererseits gingen wir der Frage nach, ob die ÖsterreicherInnen
auf das Autofahren verzichten, im Eigenheim den Müll trennen und recyclen oder Wasser sparen.“ Das Ergebnis
der Umfrage: Es zeigte sich, dass – im internationalen Vergleich – die ÖsterreicherInnen vor allem im privaten
Bereich umweltbewusst handeln. „Diese Zahl ist in den Messwellen 1993, 2000 und 2010 konstant hoch geblieben, Österreich
liegt immer im Top-Drittel“, betont der Soziologe. Ein Rückgang ist bei der Bereitschaft für Umweltorganisationen
Listen zu unterzeichnen erkennbar: Unterschrieben 1994/95 noch 38,4 Prozent der Befragten, waren es 2010 nur noch
22,9 Prozent. Ähnlich verhält es sich auch mit der Spendenbereitschaft: Im Zeitraum 1995 bis 2010 sank
der Wert von 28,7 auf 21 Prozent herab.
Hohes Bildungsniveau und Aufklärungsrate
Signifikant gestiegen sei, so Hadler, die Einstellung der ÖsterreicherInnen selbsttätig zum Umweltschutz
etwas beizutragen und nicht einer Organisation oder Institution, die Auflagen schafft, zu folgen. Der Wissenschafter
leitet diesen positiven Effekt der Selbstinitiative vom hohen Bildungsniveau wie auch der steigenden Aufklärungsrate
in Österreich ab. „Die Studie zeigt klar, dass die österreichische Bevölkerung im europäischen
Vergleich vor allem im privaten Umfeld Umweltschutz aktiver gestaltet als zum Beispiel die umweltbewussten Skandinavier,
die vor allem nicht auf das Auto verzichten wollen“, resümiert der Soziologe. „Dafür spenden die Skandinavier
mehr.“ Zum Vergleich: Zehn Prozent der befragten ÖsterreicherInnen gaben an, regelmäßig auf das
Auto zu verzichten, während dies bei den SchwedInnen nur 2,5 Prozent sind.
Durchgeführt wurden die Umweltbefragungen im Rahmen von ISSP in 17 Ländern; darunter vertreten waren
nord-, ost- wie westeuropäische Staaten, aber auch die USA, Kanada, die Philipinnen und Japan.
Die Ergebnisse für Österreich alleine wurden 2011 in der SWS-Rundschau publiziert; die internationalen
Vergleiche werden im August 2012 bei der Jahreskonferenz der American Sociological Association in Denver, Colorado,
präsentiert.
Studie
Markus Hadler; Gerd Kaup (Graz): Von schwindenden Protesten und couragierten Mülltrennerinnen. Umweltverhalten
der ÖsterreicherInnen in den Jahren 1994/95, 2001 und 2010. In: SWS-Rundschau 3 (2011). S. 255-274.
Markus Hadler (Graz): Eroded activism, increased private efforts. Das Paper wird präsentiert bei der Annual
Conference of the American Sociological Association, Denver, Colorado, USA, August 2012. |