Couragierte MülltrennerInnen   

erstellt am
18. 07. 12

Soziologen der Uni Graz untersuchen Umweltverhalten der ÖsterreicherInnen
Graz (universität) - Umweltbewusstsein steht in Österreich nach wie vor hoch im Kurs. Das bestätigen Soziologen der Karl-Franzens-Universität Graz in einer Studie. Während das Unterzeichnen von Unterschriftenlisten oder die aktive Teilnahme an Umweltdemonstrationen in den letzten Jahren zurückgegangen sind, sind der Verzicht auf das Autofahren, die Wahrnehmung von Risikofaktoren wie Atomkraft, der Einkauf von regionalen Produkten sowie das Trennen von Müll in den letzten Jahren in Österreich ungebremst geblieben.

Die Wissenschafter Dr. Markus Hadler und Mag. Gerd Kaup vom Institut für Soziologie analysierten dazu auf Basis von drei repräsentativen Umweltumfragen aus den Jahren 1993, 2000 und 2010 die Meinungen von ÖsterreicherInnen im Alter von 16 und älter. Die Studie ist Teil des weltweiten sozialwissenschaftlichen Projekts „International Social Survey Programme (ISSP)“, das seit jährlich in bis zu 48 Mitgliedsländern Bevölkerungsumfragen zu einem anderen Thema erhebt. Die Grazer Studie wurde durch Mittel des „FWF – Der Wissenschaftsfonds“ finanziert.

Erforscht wurde von den Wissenschaftern der Uni Graz, was die ÖsterreicherInnen über die Umwelt denken. „Im aktuellen Projekt wollten wir aber zusätzlich noch wissen, was die Befragten aktiv für den Umweltschutz unternehmen“, erklärt Hadler. Die Soziologen unterschieden bei Ihrer Untersuchung zwischen privatem und öffentlichem Handeln. „Wir haben zum Beispiel mehrmals gefragt, ob sie an die Umweltorganisationen Geld spenden oder zu diesem Zweck an Demonstrationen teilgenommen haben. Andererseits gingen wir der Frage nach, ob die ÖsterreicherInnen auf das Autofahren verzichten, im Eigenheim den Müll trennen und recyclen oder Wasser sparen.“ Das Ergebnis der Umfrage: Es zeigte sich, dass – im internationalen Vergleich – die ÖsterreicherInnen vor allem im privaten Bereich umweltbewusst handeln. „Diese Zahl ist in den Messwellen 1993, 2000 und 2010 konstant hoch geblieben, Österreich liegt immer im Top-Drittel“, betont der Soziologe. Ein Rückgang ist bei der Bereitschaft für Umweltorganisationen Listen zu unterzeichnen erkennbar: Unterschrieben 1994/95 noch 38,4 Prozent der Befragten, waren es 2010 nur noch 22,9 Prozent. Ähnlich verhält es sich auch mit der Spendenbereitschaft: Im Zeitraum 1995 bis 2010 sank der Wert von 28,7 auf 21 Prozent herab.

Hohes Bildungsniveau und Aufklärungsrate
Signifikant gestiegen sei, so Hadler, die Einstellung der ÖsterreicherInnen selbsttätig zum Umweltschutz etwas beizutragen und nicht einer Organisation oder Institution, die Auflagen schafft, zu folgen. Der Wissenschafter leitet diesen positiven Effekt der Selbstinitiative vom hohen Bildungsniveau wie auch der steigenden Aufklärungsrate in Österreich ab. „Die Studie zeigt klar, dass die österreichische Bevölkerung im europäischen Vergleich vor allem im privaten Umfeld Umweltschutz aktiver gestaltet als zum Beispiel die umweltbewussten Skandinavier, die vor allem nicht auf das Auto verzichten wollen“, resümiert der Soziologe. „Dafür spenden die Skandinavier mehr.“ Zum Vergleich: Zehn Prozent der befragten ÖsterreicherInnen gaben an, regelmäßig auf das Auto zu verzichten, während dies bei den SchwedInnen nur 2,5 Prozent sind.

Durchgeführt wurden die Umweltbefragungen im Rahmen von ISSP in 17 Ländern; darunter vertreten waren nord-, ost- wie westeuropäische Staaten, aber auch die USA, Kanada, die Philipinnen und Japan.

Die Ergebnisse für Österreich alleine wurden 2011 in der SWS-Rundschau publiziert; die internationalen Vergleiche werden im August 2012 bei der Jahreskonferenz der American Sociological Association in Denver, Colorado, präsentiert.

Studie
Markus Hadler; Gerd Kaup (Graz): Von schwindenden Protesten und couragierten Mülltrennerinnen. Umweltverhalten der ÖsterreicherInnen in den Jahren 1994/95, 2001 und 2010. In: SWS-Rundschau 3 (2011). S. 255-274.
Markus Hadler (Graz): Eroded activism, increased private efforts. Das Paper wird präsentiert bei der Annual Conference of the American Sociological Association, Denver, Colorado, USA, August 2012.
     
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