In Memoriam Walter Pichler
Innsbruck (lk) - „Wir trauern um einen großen Künstler und um einen ganz außergewöhnlichen
Menschen“, ist Kulturlandesrätin Beate Palfrader vom Tod Walter Pichlers tief betroffen. „Mit seinen visionären
Entwürfen und Objekten setzte er schon früh Maßstäbe in der Kunst. Mit seiner konsequenten
Verweigerung gegenüber der Hast der Moderne lebte er eine Haltung, an der wir uns eigentlich alle orientieren
sollten. Mit seinem sozialen Gedächtnis und seinem großen Herz war er beispielgebend.“
Walter Pichler wurde am 1. Oktober 1936 im Südtiroler Eggental als eines von sieben Kindern einer Handwerkerfamilie
geboren. In Folge der 1939 zwischen dem faschistischen Italien und dem NS-Regime in Berlin vereinbarten ethnischen
Flurbereinigung für Südtirol, die als „Option“ in die Geschichte einging, übersiedelte die Familie
1940 nach Telfs. „Dramatische Kindheitserinnerungen, Verwundungen, Bedrohungen und Verlustängste bestimmen
über Jahre das zeichnerische Werk Walter Pichlers“, so die Landesrätin.
Walter Pichler besuchte die Kunstgewerbeschule in Innsbruck und die Hochschule für Angewandte Kunst in Wien,
lebte kurzfristig in Paris, New York und Mexiko und erregte in den 1960er Jahren bereits internationales Aufsehen
mit radikalen Entwürfen visionärer Architektur, die in Zusammenarbeit mit Hans Hollein und Raimund Abraham
entstanden und 1967 im Museum of Modern Art in New York gezeigt wurden. Mit seinen Objekten, Skulpturen und Installationen
war er im selben Jahr auf der Biennale von Paris zu sehen, 1968 und 1977 auf der documenta in Kassel, 1982 vertrat
er Österreich auf der Biennale in Venedig.
„Ich könnte kaum denken, ohne zu zeichnen“
1972 zog er sich ins burgenländische St. Martin an der Raab und damit von der Kunstszene und vom Kunstmarkt
zurück. Für seine Skulpturen errichtete er fortan eigene Häuser, verkauft wurden sie nicht. Leben
konnte Pichler vom Verkauf der Entwürfe und als Gestalter der Buchumschläge des Salzburger Residenz Verlags,
später Jung & Jung. „In den seltener werdenden Ausstellungen beeindruckte er mit architektonischen Eingriffen,
plastischen Entwürfen und einem unermesslichen zeichnerischen Werk“, erinnert sich LRin Palfrader. Mit dem
Satz „Ich könnte kaum denken, ohne zu zeichnen“ verewigte sich Pichler im Katalog zu seiner letzten Ausstellung
2008 im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
Preise und staatliche Auszeichnungen lehnte Walter Pichler meist ab. Ausnahmen waren der Arnold-Bode-Preis 1984
und der Große Österreichische Staatspreis für Bildende Kunst 1985. Auch die höchste kulturelle
Auszeichnung des Landes Tirol, den Tiroler Landespreis für Kunst, der 1984 gestiftet wurde, nahm Walter Pichler
als erster Träger an – das Preisgeld ließ er seinem Künstlerfreund Max Peintner überweisen. |