ForscherInnen der Uni Graz entdeckten Schlüsselmechanismus bei der Entstehung neurodegenerativer
Krankheiten
Graz (universität) - Einen Schlüsselmechanismus bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen
wie Parkinson und Alzheimer haben WissenschafterInnen der Karl-Franzens-Universität Graz identifiziert. Sie
konnten erstmals im Detail beobachten, wie eine Wechselwirkung mit einem Protein namens SERF zum krankhaften Zusammenklumpen
bestimmter Proteine führt, die dadurch ihre Aufgaben in der Zelle nicht mehr korrekt erfüllen können.
Damit ist die Forschung der Entwicklung von Therapien einen Schritt näher gekommen. Die bahnbrechenden Erkenntnisse
wurden am 26.07. erstmals im renommierten Fachjournal „Cell Reports“ online veröffentlicht.
Bei sogenannten amyloiden Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Creutzfeldt-Jakob und Chorea Huntington verlieren
bestimmte Proteine ihre ursprüngliche dreidimensionale Struktur, in der Wissenschaft „protein misfolding“
genannt. Sie aggregieren zu fadenförmigen Fasern, sogenannten „Amyloiden“. Somit können sie ihre Funktionen
für einen ordnungsgemäßen Ablauf der biochemischen Prozesse in den Zellen nicht mehr erfüllen.
Solche amyloide Ablagerungen lassen sich in sterbenden Neuronen im Gehirn beobachten.
Wie es dazu kommt, das konnte Dr. Fabio Falsone vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität
Graz im Rahmen eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Forschungsprojekts nun nachweisen.
Gemeinsam mit seinem Team hat er die Schlüsselproteine für die Entstehung der oben genannten Krankheiten
im Labor isoliert. „So konnten wir – unabhängig von anderen zellulären Prozessen – beobachten, was geschieht,
wenn diese Proteine bestimmten Einflüssen ausgesetzt sind“, erklärt Fabio Falsone.
Das spektakuläre Ergebnis dieser Untersuchungen war: „Die Amyloidbildung – die faserförmige Aggregation
– all dieser Proteine wird beschleunigt, wenn sie mit einem weiteren Protein namens SERF wechselwirken“, berichtet
Falsone. „SERF, das in den meisten Zellen vorkommt, bindet an die Proteine und verändert ihre Struktur, sodass
sie Amyloide bilden, unabhängig von anderen Faktoren. Unspezifische Aggregationsprozesse werden hingegen nicht
beeinflusst. Das lässt vermuten, dass SERF ein einzigartiger amyloidfördernder Faktor ist.“ Diese Einblicke
ermöglichte den WissenschafterInnen die Methode der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR), mit der sich Proteine
und deren Wechselwirkungen auf atomarer Ebene betrachten lassen.
Als Nächstes möchten die ForscherInnen nun herausfinden, aus welchem Grund ein körpereigenes Molekül
wie SERF einen schädlichen Prozess wie die amyloide Aggregation in Gang setzt. Falsone kooperiert bei seiner
Arbeit eng mit KollegInnen des Instituts für Chemie der Karl-Franzens-Universität Graz, mit WissenschafterInnen
der Medizinischen Universität Graz sowie mit Arbeitsgruppen in Australien und den Niederlanden.
Publikation:
Falsone et al.: „SERF protein is a direct modifier of amyloid fiber assembly”, Cell Reports (2012), 2, 1-14; doi:
10.1016/j.celrep.2012.06.012 |