Globale Herausforderungen prägten Außenpolitik 2011   

erstellt am
06. 08. 12

Jahresbericht 2011 des Außenministeriums liegt vor
Wien (pk) – Zwei einschneidende Ereignisse, die Nuklearkatastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima und der Arabische Frühling, haben nachhaltigen Einfluss auf das politische und gesellschaftliche Leben des letzten Jahres weltweit gehabt, hält Außenminister Michael Spindelegger in seinem Vorwort zum Außen- und Europapolitischen Bericht 2011 fest.

Der Bericht bietet ein umfassendes Bild außenpolitischer Aktivitäten Österreichs auf europäischer und globaler Ebene. Verdeutlicht werden politische Schwerpunkte des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, wie etwa internationale Krisenbewältigung, europäische Integration, Menschenrechtsschutz und humanitäre Hilfe.

Gesellschaftliche Umbrüche: Krisenbewältigung und Stabilitätssicherung
Das "Team Außenministerium" habe im Rahmen der turbulenten Ereignisse 2011 das Funktionieren seines Krisenmanagements bewiesen, unterstreicht Spindelegger und nennt als Beispiel für die gute Koordinierung die rasche Entsendung von Krisenunterstützungsteams zusammen mit dem Innen- und Verteidigungsressort, um ÖsterreicherInnen aus Krisen- und Katastrophengebieten zu evakuieren. Der außenpolitische Einsatz Österreichs beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Rettung österreichischer StaatsbürgerInnen. Der Minister betont, im Zusammenhang mit den Umwälzungen im arabischen Raum habe Österreich sich klar mit jenen Kräften solidarisch erklärt, die Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fordern. Auch die Bedeutung des Schutzes von Minderheiten habe er bei seinen Besuchen in arabischen Ländern regelmäßig hervorgehoben. Um die Stabilität der Region zu sichern, wurden den neuen Regierungen in Nordafrika für die Transitionsphase etwa medizinische Hilfe und Unterstützung bei der Ausbildung von PolizistInnen von Österreich zugesagt.

Das internationale Umdenken in der Energiepolitik durch den Atomunfall in Fukushima spricht Spindelegger ebenfalls an. Österreichs Einsatz in Brüssel für europaweiten Stresstests an Atomkraftwerken stelle in diesem Zusammenhang eine wichtige Maßnahme dar, auch um auf die "berechtigten Ängste" in der Bevölkerung zu reagieren.

Serviceleistungen für die nunmehr rund 500.000 AuslandsösterreicherInnen gehören zu den wichtigsten Aufgaben des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, informiert der Bericht. An allen Vertretungsbehörden und in der Wiener Zentrale werde weltweit rund um die Uhr das ganze Jahr lang konsularische Bereitschaft gewährleistet. Die Nachfrage nach Behördendiensten der Konsulate nehme dabei kontinuierlich zu, im aktuellen Berichtszeitraum sei bei mehreren Vertretungsbehörden die Anzahl an Konsularfällen um über 500% gestiegen.

Europäische Integration in nächster Nähe
Die EU-Erweiterung am Westbalkan stellt bedeutendes Element in der österreichischen Europapolitik dar. Mit dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen Kroatiens und Serbiens Erreichen des Kandidatenstatus wurden hier durch die Vermittlungstätigkeit Österreichs große Erfolge erzielt, heißt es im Bericht. Auch der Schwarzmeerregion schenkt die österreichische Außenpolitik besonderes Augenmerk, wie sich etwa mit dem Regionalgipfel des Weltwirtschaftsforums zu Europa und Zentralasien im Juni 2011 in Wien oder der Stationierung eines Experten für Entwicklungszusammenarbeit in Tiflis zeigte. Zur von Österreich mitinitiierte Donauraumstrategie – grenzüberschreitende Kooperationen der Donauländer - soll bis Ende 2012 von der Europäischen Kommission ein Bericht über laufende und künftige Projekten an den Rat der EU übermittelt werden.

Zur Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Europäische Union setzte Spindelegger 2011 seine Europa-Dialogtour durch die Bundesländer fort, um sich vor Ort ein Bild der Sorgen und Anliegen zu machen. Geplant ist ein Ausbau dieses Europa-Dialogs durch "Townhall-meetings" gemeinsam mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich.

Sicherheitspolitik
Sicherheitspolitische Dimensionen der österreichischen Außenpolitik umfassen zum einen das zivile und militärische internationale Krisenmanagement der EU im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP), etwa in Form von rasch verfügbaren Einsatztruppen (Battlegroups), an denen auch Österreich mitwirkt. Zum anderen werden die Anstrengungen der OSZE bei Missionen vor Ort – Stichwort Wahlbeobachtung – vertieft, wobei Österreichs Fokus bei der Projektfinanzierung auf jenen Ländern liegt, die besonders dringend Hilfe beim Aufbau demokratischer Strukturen benötigen. Als Beispiel wird hier die zentralasiatische Region genannt.

UN-Engagement und interreligiöser Dialog
Traditionell bilden die Vereinten Nationen einen Schwerpunkt des multilateralen Engagements Österreichs. Seit Juni 2011 ist Österreich Mitglied im UN-Menschenrechtsrat, wobei dem Schutz der Religionsfreiheit und religiöser Minderheiten, der Medienfreiheit und Journalisten ebenso wie den Kinderrechten ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. In den Bereichen Abrüstung und Non-Proliferation setzt Österreich ebenfalls Akzente. Die erste Vorbereitungskonferenz für den Non-Proliferation Vertrag (NPT) fand im Mai 2012 in Wien statt und auch an den Verhandlungen zur Umsetzung des neuen NPT-Aktionsplanes trug Österreich maßgeblich bei, wie der Bericht schildert.

Um Wien als "Drehscheibe für Frieden und Dialog" auszubauen, wird eine konsequente Amtssitzpolitik vom österreichischen Außenministerium betrieben. So erreichte man im Jahr 2011 die Ansiedlung des Wiener Zentrums für Abrüstung und Non-Proliferation (VCDNP) sowie einer Wiener Zweigstelle des UN-Büros für Abrüstungsfragen (UNODA). Als eine "permanente internationale Plattform für den Dialog zwischen den Weltreligionen" wurde zudem das Internationale König Abdullah Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog in Wien eingerichtet.

Einen weiteren nachhaltigen Beitrag zur globalen Vertrauensbildung und Friedenssicherung quer durch alle Religionen und Kulturen liefert aus Sicht der österreichischen Außenpolitik auch die Arbeit österreichischer Kulturschaffender. Mit dem neuen Auslandskulturkonzept 2011 wurden daher die Ziele der österreichischen Auslandskultur definiert. Vor allem Projekte, die im Sinne der "Einheit in der Vielfalt" zur europäische Integration beitragen, werden dabei unterstützt. Im November 2011 erhielt Österreich mit großer Mehrheit(170 von 181 Stimmen der Generalkonferenz) bis 2015 einen Sitz im Exekutivrat der UNO für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO).

Entwicklungspolitik auch in Krisenzeiten
2011 zeigte das Außenministerium verstärkt den Querschnittscharakter der Entwicklungspolitik, der auch Fragen der Sicherheit und der Wirtschaft umfasst, auf. Österreichs Engagement im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Zusammenhang mit Entwicklungsprogrammen wurde fortgesetzt. Zwei internationale Konferenzen fanden dazu im April 2011 in Wien statt: eine hochrangige Sitzung der EU-Afrika-Energiepartnerschaft und das Global Forum on Sustainable Energy Development. Außenminister Spindelegger plädiert auch für ein gemeinsames, international abgestimmtes Vorgehen bei humanitären Katastrophen wie etwa jener am Horn von Afrika, für die Österreich die Hilfszahlungen auf insgesamt 8,5 Millionen Euro aufstockte. Die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (ODA) betrugen 2011 insgesamt 796 Millionen Euro bzw. 0,27% des Bruttonationaleinkommens.

Armutsbekämpfung, Friedenssicherung und Schutz von Umwelt und natürliche Ressourcen sind zentrale Zielsetzungen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA). Unter Berücksichtigung der kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen sowie der Gleichstellung von Frauen und Männern koordiniert das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten die spezifischen Entwicklungsprogramme, die von der Austrian Development Agency (ADA) in den Partnerländern umgesetzt werden. 2011 gestaltete Österreich auch die strategische Neuausrichtung der EU-Entwicklungspolitik mit, bei der Zugang zu nachhaltiger Energie, Klimawandel und Biodiversität sowie Ernährungssicherheit im Vordergrund stehen. Zur dauerhaften Armutsreduktion und der Erreichung der UN-Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) setzt Österreich auf breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum sowie eine stärkere Differenzierung der Kooperation mit unterschiedlich entwickelten Ländergruppen.

Schuldenkrise im internationalen Kontext
Der multilateralen Wirtschaftspolitik sind im Bericht des Außenministeriums Abschnitte zur Welthandelsorganisation (WTO), zur Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und zum Internationalen Währungsfonds (IWF) gewidmet. Festgestellt wird, es herrsche "größtenteils Einigkeit" zwischen Europäischer Kommission, IWF und OECD über die schwierige wirtschaftliche Lage der Industriestaaten. Seitens der OECD wurden daher eine schrittweise Sanierung der Staatsfinanzen und steuerliche Stimuli empfohlen. Vor dem Hintergrund der OECD Strategie für umweltverträgliches Wachstum steht Österreich für eine Stärkung der Nachhaltigkeit auf allen Programmebenen der OECD, wird im Bericht erläutert.

In einem eigenen Kapitel befasst sich das Außenministerium mit den Maßnahmen der EU zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Vorgestellt werden realisierte und geplante rechtliche Regelungen wie die Regulierung des außerbörslichen Derivathandles oder Schritte zur Bankenstabilisierung. Die Einführung einer europäisch akkordierten Finanztransaktionssteuer stellt das Außenministerium als eine Maßnahme Österreichs gemäß der Vorgaben des Regierungsprogramms 2008-2013 vor. Auch die Unterstützung einzelner Länder, die von der Euroschuldenkrise massiv betroffen sind, die Basel-III-Empfehlungen und die europäischen Stabilitätsinstrumente EFSF/EFSM und ESM werden im Bericht beleuchtet.

Österreichs Auswärtiger Dienst
Von Sparmaßnahmen geprägt war 2011 angesichts einer Kürzung der Ressortmittel um 13 Millionen Euro der Auswärtige Dienst, in den keine neuen MitarbeiterInnen mehr aufgenommen wurden. Das Außenministerium war bemüht, trotz Sparvorgaben durch Umschichtungen in "Zukunftsbereiche" wie die IT-Sicherheit und in das Personal, etwa mit Weiterbildungsprogrammen, zu investieren. Zentral im Sparkurs war das Nachverhandeln einiger Mietverträge an ausländischen Standorten sowie der Verkauf nicht optimal genutzter Objekte.

Abgerundet wird der Bericht durch Reden des Bundesministers Michael Spindelegger und des Staatssekretärs Wolfgang Waldner. Im Anhang finden sich außerdem detaillierte Länderinformationen, Angaben über Österreichs diplomatische Beziehungen weltweit, über das diplomatische und konsularische Korps in Österreich und über internationale Organisationen mit Sitz in Wien. Ebenfalls dokumentiert sind die österreichischen Mitglieder in außenpolitischen Gremien und statistische Daten zu Österreich von 1950 bis 2011 sowie im internationalen Vergleich. Den letzten Teil bilden Informationen zum Außenhandel mit der EU und wichtigen Ländergruppen und dem öffentlichen Defizit bzw. Überschuss (Konvergenzkriterien gemäß "Maastrichter Vertrag") aus den Jahren 2010 und 2011 in allen EU-Ländern.
     
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