Leichter Anstieg der Gesamtkriminalität gegenüber Vorjahr
Wien (pk) – Die Bundesregierung hat dem Parlament den Bericht über die innere Sicherheit 2011
übermittelt, der auf mehr als 600 Seiten über die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Kriminalität,
Strafjustiz, Niederlassung und Aufenthalt informiert sowie einen ausführlichen Statistikteil enthält.
Leichter Anstieg der Gesamtkriminalität um 0,8 % gegenüber 2010
Der Bericht informiert im ersten Teil darüber, wie sich die Gesamtkriminalität seit dem Jahr 2007 entwickelt
hat. Im Vergleich zum Vorjahr konnte eine leichte Steigerung festgestellt werden, und zwar um 0,8 %; der Spitzenwert
von 2007 (594.240 angezeigte strafbare Handlungen) wurde aber weit unterschritten. Während also 2010 535.745
strafbare Handlungen (Gesamtkriminalität inklusive Straßenverkehr) angezeigt wurden, stieg die Zahl
im letzten Jahr auf 540.007. Deutliche Zunahmen hat es dabei vor allem in den Bundesländern Burgenland (+11,7
%), Niederösterreich (+7,5 %), Salzburg (+5,3 %) und Tirol (+4 %) gegeben. In Wien war hingegen ein Rückgang
um 3,2 % feststellbar.
Positive Zahlen können hinsichtlich der Aufklärungsquoten vermeldet werden. So lag der österreichweite
Schnitt bei über 43,4 % (2010: 41,4 %). Die besten Ergebnisse weisen dabei Vorarlberg mit 59,4 %, das Burgenland
56,7 % und Tirol 51 % auf.
Insgesamt gab es im Berichtsjahr 252.692 ermittelte Tatverdächtige (+8,2 %), wobei 31.249 Personen in die
Kategorie Verbrechen fallen, 221.443 dem Bereich Vergehen zuzuordnen sind. Hinsichtlich der Altersstruktur ergibt
sich folgende Aufteilung im Jahr 2011: 28.045 Tatverdächtige waren zwischen 14 und 18 Jahren; 30.486 zwischen
18 und 21 Jahren, 32.323 in der Altersgruppe 21 bis 25 Jahre, 80.547 Tatverdächtige zwischen 25 und 40 Jahren
und 81.291 Personen waren älter als 40 Jahre.
2011 wurden 91.699 strafbare Handlungen gegen Leib und Leben angezeigt, davon waren 91.060 Vergehen und 639 Verbrechen.
357.801 strafbare Handlungen waren gegen fremdes Vermögen gerichtet (Verbrechen: 97.392, Vergehen: 260.409),
4.599 Fälle betrafen strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (Verbrechen:
2.269, Vergehen: 2.330).
Ein eigenes Unterkapitel beschäftigt sich mit dem Themenbereich Fremdenkriminalität, wo die Tatverdächtigen
gemäß ihrer Herkunft aufgeschlüsselt werden. Die Aufgliederung nach den einzelnen Nationen ergibt
folgendes Bild: Deutschland 3,7%, Serbien 3,3%, Rumänien 2,8%, Türkei 2,7%, Bosnien-Herzegowina 1,8%,
Ungarn 1,3%, Polen 1,2%, Slowakei 1,1%, Russland 1,1 % und Kroatien 0,9%.
Leichter Anstieg bei Aufenthaltstiteln und Staatsbürgerschaftsverleihungen
Mit Stand 31. Dezember 2011 verfügten 472.412 Fremde über aufrechte Aufenthaltstitel (2010: 460.983).
Insgesamt wurden im Jahr 2011 74.262 Erstaufenthaltstitel und Dokumentationen (inkl. Aufenthaltskarten) erteilt;
2010 betrug diese Zahl 59.287. Bei den aufrechten Aufenthaltstiteln stehen – ebenso wie im Vorjahr - Staatsangehörige
von Serbien mit 23,4% (2010: 24 %) an erster Stelle, gefolgt von Staatsangehörigen der Türkei mit 22%
(2010: 22 %) und aus Bosnien-Herzegowina mit 18 % (2010: 18,6 %). Weiters wurde im Jahr 2011 insgesamt 6.754 (2010:
6.190) Fremden die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Die meisten Einbürgerungen erfolgten
auf Grund eines Rechtsanspruchs. Die Quote für die Neuerteilung von quotenpflichtigen Aufenthaltstiteln für
das Jahr 2011 wurde ebenso wie 2010 mit 8.145 festgelegt.
Mit dem am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 wurde ein neues, kriteriengeleitetes
Zuwanderungssystem eingeführt, das auf dem bisherigen System der Aufenthaltstitel aufbaut, aber nunmehr den
Zuzug nach Österreich sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt für qualifizierte Personen an die Erfüllung
gesetzlich festgelegter, dem österreichischen Bedarf entsprechenden Kriterien knüpft. Es wurden mit den
Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot–Karte", "Rot-Weiß-Rot–Karte plus", der "Niederlassungsbewilligung"
und der "Blauen Karte EU" neue Aufenthaltstitel geschaffen.
Starker Anstieg der Asylanträge um 30,9 %
Im Jahr 2011 stellten insgesamt 14.416 Fremde einen Antrag auf Gewährung von Asyl (2010: 11.012). Dies bedeutet
einen Zuwachs von 30,9 %. Die Asylwerber kamen aus 99 verschiedenen Ländern, wobei 25 % aller Antragsteller
aus Afghanistan (3.609 Personen) und 16 % aus der Russischen Föderation (2.314 Personen) stammen.
Eine starke Zunahme konnte vor allem bei AntragstellerInnen aus Afghanistan (+128,13 %), Pakistan (+243,8 %), Somalia
(+221 %) und Syrien (+117,5 %) festgestellt werden. Unter den zehn antragsstärksten Nationen im Jahre 2011
waren die Angehörigen folgender Staaten vertreten: Afghanistan (3.609), Russische Föderation (2.314),
Pakistan (949), Somalia (610), Irak (484), Indien (476), Iran (457), Algerien (447), Syrien (422), Nigeria (414)
und Türkei (414). Diese zehn angeführten Länder machten einen Anteil von 73,5 % aller Asylanträge
aus. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 17.225 Verwaltungsverfahren nach dem Asylgesetz finalisiert. Im gesamten Beobachtungszeitraum
endeten insgesamt 3.572 Verfahren mit der Gewährung von Asyl; in 11.553 Fällen erging eine ablehnende
Entscheidung.
Eine Neuerung auf institutioneller Ebene stellt die Einführung des Integrationsbeirates dar, der ab dem 1.
Juli 2011 an die Stelle des Beirats für Asyl- und Migrationsfragen trat. Er dient dem Meinungsaustausch zu
integrationsrelevanten Angelegenheiten und befasst sich mit den Empfehlungen des Expertenrates für Integration.
Effizientere Kontrollen durch neues Visa-Informationssystem
Am 11. Oktober 2011 ist das Visa-Informationssystem (VIS) an den Konsulaten in der 1. Rollout-Region (Nordafrika)
in Betrieb gegangen. Seit diesem Tag müssen bei sämtlichen Visumanträgen die mit dem VIS zu verarbeitenden
Daten, einschließlich Lichtbilder und Fingerabdrücke, erhoben und an das zentrale System übermittelt
werden. Die Grenzkontrolle bei der Einreise von Inhabern eines Visums umfasst seit 31. Oktober 2011 auch die Verifizierung
der Identität des Visuminhabers und der Echtheit des Visums mittels Abfrage des VIS. Auf EU-Ebene finden mit
mehreren Drittstaaten Verhandlungen über Visaerleichterungen und/oder Dialoge zur Aufhebung der Visapflicht
statt.
2011 sind die Außerlandesbringungen/Rückführungen (Abschiebungen, Zurückschiebungen, freiwillige
Rückkehr und Dublinüberstellungen) gegenüber dem Vorjahr um insgesamt 19 % zurückgegangen,
(Abschiebungen: +31,6 %; Zurückschiebungen: +38,6 %; freiwillige Rückkehr: - 25,1 %; Dublinüberstellungen:
-38,2 %). Dabei wurden mit 7.759 Personen um 1.851 weniger Fremde außer Landes gebracht als im Vorjahr (9.610).
Was die freiwillige Rückkehr angeht, so stehen dabei Personen aus der Russischen Föderation (2011: 540
Rückkehrer, 2010: 621 Rückkehrer) an erster Stelle; an zweiter Stelle kommt Serbien (2011: 380 Rückkehrer,
2010: 578) und an dritter Stelle der Kosovo (2011: 378 Rückkehrer; 2010: 771). Insgesamt wurde aber bei den
freiwilligen Rückkehrern ein Rückgang von 25,1 % gegenüber 2010 festgestellt. Bei der Organisation
von FRONTEX-Charter-Flügen nahm Österreich auch 2011 eine führende Rolle ein. Bei 20 Charterflügen
wurden 200 Personen in ihre Heimatstaaten (Kosovo, Nigeria, Gambia, Georgien, Armenien) rückgeführt.
Organisierte Kriminalität: 2011 gab es wieder mehr Anzeigen als in den Vorjahren
Österreich setzt einen kriminalpolitischen Schwerpunkt in der Bekämpfung der internationalen organisierten
Kriminalität (OK)und unternimmt starke Anstrengungen, schon in der Aufbauphase agierende kriminelle Netzwerke
zu enttarnen und diese durch internationale, aber insbesondere nationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden,
nachhaltig zu zerschlagen, heißt es weiter im Bericht. Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist es in diesem
Bereich – nach einem eher rückläufigen Trend in den letzten drei Jahren – wieder zu einem Anstieg bei
den Anzeigen gekommen: kriminelle Vereinigungen - 55 Fälle (2010: 39), kriminelle Organisationen – 25 Fälle
(2010: 14).
Zunahme der OK mit Balkanbezug nach Aufhebung der Visumspflicht
Aufgrund der überaus schlechten Wirtschaftslage und der erfolgten Aufhebung der Visumspflicht für Staatsbürger
aus Serbien, Montenegro, Mazedonien und zuletzt auch Bosnien Herzegowina, musste ein Anstieg strafbarer Handlungen
durch Angehörige dieser Staaten verzeichnet werden. Als Beispiel können hier mazedonische Tätergruppen
angeführt werden, welche speziell im Berichtsjahr 2011 praktisch in ganz Europa verstärkt im Bereich
des Drogenhandels, aber auch der Eigentumskriminalität (Diebstahl durch Einbruch und Raub) tätig geworden
sind. Grundsätzlich könne die Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden (sowohl auf polizeilicher
als auch auf justizieller Ebene) als sehr gut angesehen werden. Ein nicht unwesentlicher Faktor diesbezüglich
ist die Unterstützung durch die österreichischen Verbindungsbeamten in den jeweiligen Ländern als
auch die von Österreich durchgeführten und geplanten bilateralen Projekte mit den verschiedenen Sicherheits-
und Justizbehörden in den Balkanregionen. Infolge dieser gelebten Zusammenarbeit konnten einige größere
Amtshandlungen erfolgreich abgeschlossen werden.
Erfolgreiche Aktionen auch gegen türkische und eurasische Tätergruppen
Hauptbetätigungsfeld türkischer Gruppierungen sind nach wie vor die Deliktsbereiche Suchtmittelhandel,
Waffenhandel, Schlepperei und Schutzgelderpressung. Im Jahr 2010 kam es in Wien zu zahlreichen Festnahmen wegen
Verdachtes der Zugehörigkeit zu kriminellen Organisationen. Im Jahre 2011 erfolgte der gerichtliche Abschluss
und kam es zu Verurteilungen, wodurch zwei der wichtigsten türkischen OK-Gruppierungen in Wien teilweise zerschlagen
wurden.
Im Hinblick auf Tätergruppierungen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion konnte man etwa feststellen,
dass in den Jahren 2009 bis 2011 ein überwiegender Teil der Einbruchskriminalität im Bundesgebiet georgischen
und moldauischen Tätergruppen zugeordnet werden, die ihren Mittelpunkt in Österreich hatten. Geleitet
werden diese Gruppen von so genannten "Dieben im Gesetz", die ihren ständigen Aufenthaltsort im
Bundesgebiet oder im benachbarten Ausland haben. Im Jahr 2011 konnte in einer großen international abgesprochenen
konzentrierten Aktion eine große Anzahl von Straftätern und teilweise deren "Bosse" verhaftet
und Diebesgut im beträchtlichen Ausmaß sichergestellt werden. Im Bereich der Gewaltkriminalität
fielen insbesondere baltische und armenische Tätergruppen durch bewaffnete Raubüberfälle auf Juweliere
und auch Bankinstitute auf. Diese Entwicklung konnte in den Jahren 2010 und 2011 durch verstärkte bundesweite
und internationale Kooperation und gemeinsame Ermittlungsprojekte gestoppt werden.
Extremismus und Terrorismus
Im Jahr 2011 wurden 479 rechtsextremistische, fremdenfeindliche/rassistische, islamophobe, antisemitische sowie
sonstige Tathandlungen, bei denen einschlägige Delikte zur Anzeige gelangten, bekannt. Eine Tathandlung kann
mehrere Delikte mit gesonderten Anzeigen beinhalten. Gegenüber dem Jahr 2010 (580 Tathandlungen) stellt dies
einen Rückgang um 17 % dar. 241 Tathandlungen, das sind 50 %, konnten aufgeklärt werden (Aufklärungsquote
2010: 48,6 %).
Im Zusammenhang mit den 479 Tathandlungen wurden insgesamt 963 Anzeigen erstattet (2010: 1.040 Anzeigen). Österreichweit
wurden insgesamt 341 Personen zur Anzeige gebracht (2010: 405 Personen). Im Zuge der Bekämpfung rechtsextremer
Aktivitäten wurden im Jahr 2011 insgesamt 16 Personen festgenommen (2010: sieben). Durch fremdenfeindlich/rassistisch
motivierte Tathandlungen wurden im Jahr 2011 vier Personen verletzt (2010: drei). Bei der Internet-Meldestelle
"NS-Wiederbetätigung" gingen im Berichtsjahr 338 Informationen und Hinweise ein (2010: 290).
Was den Linksextremismus angeht, so sind im Jahr 2011 93 Tathandlungen mit erwiesenen oder vermuteten linksextremen
Tatmotiven bekannt geworden (2010: 211 Tathandlungen), wobei eine Tathandlung mehrere Delikte mit gesonderten Anzeigen
beinhalten kann. 17 Tathandlungen (18,3 %) konnten aufgeklärt werden (Aufklärungsquote 2010: 18,5 %).
Im Zusammenhang mit den 93 Tathandlungen wurden insgesamt 138 Anzeigen erstattet (2010: 340 Anzeigen); 54 tatverdächtige
Personen wurden zur Anzeige gebracht (2010: 64).
Im Zusammenhang mit der militanten Tierrechtsszene wurden im Jahr 2011 insgesamt 16 Anzeigen erstattet. Darunter
fallen Aktionen und Aktivitäten von so genannten "Direct Action Groups", die etwa Sachbeschädigungen,
Brandstiftungen, schwere Körperverletzungen oder Widerstand gegen die Staatsgewalt betrafen.
Im Bereich islamistischer Extremismus konnte im Berichtszeitraum ein aktiveres Engagement in der salafistisch-jihadistischen
Szene festgestellt werden. Der Fokus der Aktivitäten lag in der Radikalisierung und Rekrutierung neuer Mitglieder
sowie im Ausbau bereits bestehender Strukturen. Im Berichtsjahr wurde die Teilnahme an unterschiedlichen Ausbildungen
oder Übungen, bis hin zu Reisen in jihadistische Trainingslager, aktiv angestrebt. Reisebewegungen zu so genannten
Jihad-Schauplätzen und die Rückkehr ausgebildeter Personen konkretisieren mögliche Bedrohungsszenarien.
2011 konnten in diesem Zusammenhang mehrere Personen in Österreich und in Deutschland festgenommen werden.
Im Mai 2011 wurden ein österreichischer Staatsbürger in Berlin sowie ein deutscher Staatsbürger
in Wien festgenommen. Im Juni 2011 konnten vier weitere Personen in Wien angehalten werden, wobei drei Personen
zur Vernehmung vorgeführt wurden. Der Hauptbeschuldigte soll Radikalisierungs- und Rekrutierungsaktivitäten
sowie Anschlagsplanungen angestrebt haben. Er befindet sich seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft.
Das Jahr 2011 war auch von einer Verschärfung des Konfliktes zwischen Türken und Kurden geprägt,
was Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Österreich haben kann. Die Kurden haben in der PKK/KONGRA GEL
eine straff strukturierte Organisation nach separatistisch-marxistischer Ausrichtung. Die von der PKK in Österreich
ausgehende terroristische Gefährdung ist weiterhin tendenziell niedrig, wenngleich eine gewisse Bereitschaft
auch zur Begehung von Straftaten – wie etwa Brandanschläge gegen türkische Einrichtungen – bestehen dürfte.
Das aktuelle Verhalten der PKK und die von ihr ausgehende Gefährdung sind in hohem Maße abhängig
von den Entwicklungen der Kurdenfrage in der Türkei.
In Österreich besteht eine der größten Exilgemeinden von Tschetschenen in Europa. Nur ein geringer
Teil von ihnen unterstützt bzw. sympathisiert mit dem tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrov, der
versucht, die tschetschenischen Exilgemeinden in seinem Sinne zu beeinflussen bzw. deren Mitglieder zu einer Rückkehr
nach Tschetschenien zu bewegen. Es bestehen Verbindungen in das Umfeld von Kadyrov in Zusammenhang mit dem Mord
an Umar Israilov im Jänner 2009 in Wien. Der Prozess endete am 1. Juni 2011 mit drei Schuldsprüchen –
lebenslang bzw. Haftstrafen von 16 und 19 Jahren. Bei den Sicherheitsbehörden wurden im Jahr 2011 mehrere
Fälle von konkreten Bedrohungen gegen Tschetschenen angezeigt.
Im Jahr 2011 wurde in 51 Fällen wegen des Verdachtes der Terrorismusfinanzierung ermittelt. Die überwiegende
Zahl der Verdachtsmeldungen wurde von österreichischen Finanzinstituten erstattet. Terroristische Gruppierungen
sowie deren Sympathisanten nutzen ein breites Spektrum an legalen und illegalen Möglichkeiten, um die für
die Aufrechterhaltung ihrer Strukturen und die Vorbereitung bzw. Durchführung konkreter Anschläge erforderlichen
finanziellen Mittel zu lukrieren.
Wirtschaftskriminalität – Starker Anstieg beim Internetbetrug
Bei den Betrugsdelikten ist im Jahr 2011 ein starker Anstieg im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dieser
Anstieg wurde vor allem durch den Internetbetrug verursacht. Besonders zu erwähnen sind dabei Auktionsbetrügereien,
Bestellbetrügereien, Love- bzw. Datingscam oder Finanzagenten. Eine weitere Form stellen "gefakte"
Webshops dar, in denen Waren jeglicher Art zum Kauf angeboten werden. Diese Fake-Shops existieren maximal sechs
Wochen, danach verschwinden sie wieder. In dieser Zeit werden kriminelle Gewinne in Höhe von mehreren hunderttausend
Euro erzielt.
Einen Schwerpunkt in der Kriminalitätsbekämpfung bildete 2011 auch der Frachtbetrug, bei dem schon 2009
ein Anstieg festgestellt werden konnte. Durch die Einbindung von Europol und Verbindungsbeamten sowie die verstärkte
internationale grenzüberschreitende Zusammenarbeit konnten inzwischen zwei organisierte Banden in der Slowakei
ermittelt werden.
Im Beobachtungszeitraum 2011 wurden bei der für den Bereich der Geldwäsche zuständigen "Austrian
Financial Intelligence Unit" (A-FIU) insgesamt 2.741 Akteneingänge verzeichnet. Der Hauptteil der Meldungen
erfolgte von den Kredit- und Finanzinstituten und betraf insgesamt 284 Sparbücher. Österreichweit wurden
im Beobachtungszeitraum 537 Strafanzeigen wegen des Verdachts der Geldwäscherei erstattet. In 40 Fällen
wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung über mögliche Terrorismusfinanzierungen
in Kenntnis gesetzt. Zusätzlich hat die A-FIU in 22 Fällen das BMF wegen des Verdachts des Steuerbetrugs
und in 11 Fällen die FMA wegen Nichtoffenlegung von Treuhandbeziehungen informiert. Von der A-FIU wurden vier
Kontoöffnungen und insgesamt 83 Kontoauswertungen abgeführt. Weiters wurden von der A-FIU in neun gerichtlichen
Rechthilfeersuchen die notwendigen Ermittlungen geführt. Über Anregung der A-FIU wurden von den Gerichten
drei gerichtliche Beschlagnahmen über einen Gesamtbetrag von etwas mehr als 3,2 Millionen Euro und 20 Sicherheitsanordnungen
durch die zuständigen Staatsanwaltschaften über einen Gesamtbetrag von 16,9 Millionen Euro erlassen.
Korruptionsbekämpfung – Anstieg bei den Ermittlungsverfahren um 7,4 %
Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wurde im Jahr 2010 als
eigene Sicherheitsbehörde zur wirksamen Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung von Korruption und zur
Zusammenarbeit mit der Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) ins Leben gerufen. Die Sicherheitsbehörden und
-dienststellen, die von einer Straftat gem. BAK-G erfahren, unterliegen einer Meldepflicht gegenüber dem BAK.
Bundesbedienstete haben bei Verdacht oder Vorwurf im Sinne des Aufgabenkatalogs ein Melderecht.
Die Anzahl der beim Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung registrierten
Geschäftsfälle stieg von 1.601 im Jahr 2010 auf 1676 im Berichtsjahr. Dies bedeutet einen Zuwachs an
Geschäftsfällen von 4,7 % im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr. Die Anzahl der Ermittlungsverfahren
erhöhte sich um (+ 7,4 %), während bei den sogenannten "sonstigen Geschäftsstücken"
ein Rückgang von 9 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist. Im Berichtsjahr wurden 73,7 % der Verfahren
abgeschlossen. Dies bedeutet ein Minus von 1,9 % gegenüber dem Vorjahr. Zum Jahresende 2011 waren noch 377
Ermittlungsverfahren offen (26,3 %).
Kinderpornografie: Immer jüngere Opfer und brutalere Missbrauchsszenen
Im Jahr 2011 sind in der Meldestelle für Kinderpornografie und Kindersextourismus 2.589 Hinweise bearbeitet
worden, wovon 322 Hinweise einen Österreichbezug aufwiesen. Die Zahl der Anzeigen betreffend Paragraph 207a
StGB (Pornografische Darstellungen Minderjähriger) stieg von 289 im Jahr 2010 auf 440 im Jahr 2011. Der Anstieg
ist auf verstärkte inländische Ermittlungstätigkeit des Bundeskriminalamtes in diversen Foren, in
sozialen Netzen sowie im Peer-to-Peer-Bereich zurückzuführen.
Die Beobachtung der Szene ergab im Jahr 2011 folgendes Lagebild: Das kommerzielle Angebot von kinderpornografischem
Bildmaterial im Internet ist weiter zurückgegangen. Dies ist auch im Rückgang der privaten Meldungen
an die Meldestelle erkennbar, denn diese sind im öffentlichen Web vorzufinden. Während die Anzahl kinderpornographischer
Websites zwar zurückgegangen ist, wird kinderpornographisches Material aber verstärkt auf Foren, Chats
und in sozialen Netzwerken ausgetauscht. Bei verstärkt durchgeführten Aktionen in diesem Bereich kann
die "Operation Ghostrider" hervorgehoben werden, wo insgesamt 197 Tatverdächtige ausgeforscht und
angezeigt werden konnten.
Es wurde auch eine starke Verlagerung auf Peer-to-Peer-Dienste (z. B. eDonkey) registriert, die auf dem Prinzip
des direkten Kontaktes beruhen, sodass die Identität der User nicht über einen zentralen Anbieter, sondern
nur durch aktives Tauschen von illegalem Material und die Erfassung der Netzwerkverbindung festgestellt werden
kann. Die Beobachtung der Opfer ergab im Jahr 2011 – wie auch in den Vorjahren – einen anhaltenden Trend zu Opfern
aus dem ehemaligen Ostblock. Vielfach konnte auch eine verstärkte Tendenz zu immer jüngeren Opfern und
brutaleren Missbrauchsszenen festgestellt werden.
Im Bereich des Kindersextourismus wurden Schulungen von Reiseveranstaltern durchgeführt. Weiters wurde, in
Kooperation mit dem BMWFJ, ein Spot mit dem Titel "Kleine Seelen" veröffentlicht, um eine zusätzliche
Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei Reisen nach Süd-Ost Asien zu erwirken. In diesem Zusammenhang
wurde die Zusammenarbeit mit dem vom Innenministerium nach Bangkok entsandten Verbindungsbeamten für Ermittlungen
intensiviert. Unter der Leitung von Europol wurde das Projekt "HAVEN" (Halting Abusing Victims in Every
Nation) weitergeführt. Im Rahmen dieses Projektes koordiniert Europol eine gemeinsame Bekämpfung von
sexuellem Kindesmissbrauch, der von europäischen Staatsbürgern außerhalb ihrer Heimatländer
begangen wird.
Schlepperei: Österreich wird Zielland für illegale Migranten
Österreich entwickelte sich in den letzten Jahren von einem Transitland im verstärkten Maße zu
einem Zielland für illegale Migranten, lautet die Analyse der AutorInnen des Berichts. Die Bekämpfung
internationaler Schleppergruppierungen erfordert daher mehr als bisher eine enge internationale Vernetzung der
nationalen Ermittlungseinheiten als auch eine internationale analytische Auswertung kriminalpolizeilich relevanter
Daten. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 21.232 Personen aufgegriffen. Das bedeutet im Vergleich zu 2010 (16.727 Personen)
eine Steigerung von rund 26 %.
Bei Aufgriffen von Schleppern kam es zu einem Rückgang von 327 auf 288 Personen. Dies ist in erster Linie
auf die veränderte Arbeitsweise der Schlepperorganisationen zurückzuführen. Eine signifikante Steigerung
war hingegen bei den geschleppten Personen feststellbar. Ihre Zahl stieg von 6.779 Personen im Vorjahr auf 9.812
Personen im Jahr 2011; ein Plus von 45 %. Bei den Aufgriffen von rechtswidrig eingereisten und rechtswidrig aufhältigen
Personen wurde eine Steigerung um 16 % festgestellt. (2011: 11.132, 2010: 9.612)
Die Tätigkeit der Strafjustiz
Ein zweiter Berichtsteil widmet sich ausführlich der Arbeit der Strafjustiz und bietet nicht nur einen Überblick
über die Verfahren und Verurteilungen im letzten Jahr, sondern informiert u.a. über den Strafvollzug,
die gesetzgeberische Tätigkeit im Kriminalrecht, die Reform des Strafprozesses, die Hilfeleistung für
Verbrechensopfer und personelle und organisatorische Maßnahmen bei den Justizbehörden.
Was den Bereich der Bezirksanwälte betrifft, so ist der Anzeigenneuanfall gegenüber dem Vorjahr um 8.645
Fälle bzw. 2,4% auf insgesamt 355.145 Fälle gesunken. Die BezirksanwältInnen haben im Jahr 2011
355.394 Fälle erledigt, davon 145.750 Strafsachen gegen bekannte Täter und 209.644 Fälle gegen unbekannte
Täter. Unter Berücksichtigung der anhängig übernommenen Fälle erzielten die BezirksanwältInnen
im Berichtsjahr ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Neuanfall und erledigten Fällen. Dagegen haben die
Staatsanwaltschaften im Jahr 2011 176.857 Fälle erledigt. Davon bezogen sich 68.699 Strafsachen auf bekannte
und 108.153 Fälle auf unbekannte Täter. Weiters informiert der Bericht über die Tätigkeit der
Strafgerichte und weist darauf hin, dass die Anzahl der durch Bezirksgerichte erledigten Fälle (inklusive
Privatanklagen) im Berichtsjahr 2011 33.349 Fälle beträgt; im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang
um 4,9%. Die Anzahl der durch die Landesgerichte erledigten Fälle ist im Berichtsjahr ebenfalls um 1,9% gegenüber
dem Vorjahr gesunken. Rund 15% dieser Verfahren wurden durch ein Schöffengericht und etwa 0,5% durch ein Geschworenengericht
erledigt.
Rückgang der Verurteilungen um 5 %
Im Berichtsjahr wurde von österreichischen Gerichten 36.461 Mal eine Person nach dem Strafgesetzbuch oder
strafrechtlichen Nebengesetzen rechtskräftig verurteilt. Von den Verurteilten waren 85,1% Männer und
14,9% Frauen, 7,5% Jugendliche, 14,1% junge Erwachsene und 78,3% Erwachsene. 68,1% waren österreichische StaatsbürgerInnen
und 31,9% ausländische Staatsangehörige. Gegenüber dem Vorjahr sind die Verurteilungen um 5,0% zurückgegangen.
Bei Männern beträgt die Veränderung -5,5%, bei Frauen -2,4%. Die Verurteilungen ausländischer
Staatsangehöriger sind um 3,6% zurückgegangen, jene von Jugendlichen gar um 10,3%.
Während in den letzten zehn Jahren im Jahr 2005 ein Höchststand von 45.691 Verurteilungen erreicht wurde,
ist die Zahl der Verurteilungen im Berichtsjahr so gering wie noch nie zuvor. Gegenüber dem Jahr 2002 ist
die Zahl der Verurteilungen um 11,2% gesunken, gegenüber dem Jahr 2005 um 20,1%. Der Frauenanteil unter den
Verurteilten ist in den letzten zehn Jahren auf etwa gleichbleibendem Niveau (zwischen 14 und 15%), jener der Jugendlichen
schwankt zwischen 6,5% (2005) und 8,3% (2009) und liegt mit 7,5% im Berichtsjahr im Durchschnitt. Seit 2002 wird
auch die strafrechtliche Alterskategorie der jungen Erwachsenen ausgewiesen. Der Anteil dieser Gruppe steigt anfangs
steil und mittlerweile geringer, aber dennoch stetig an.
Der Anteil verurteilter ausländischer Staatsangehöriger ist in den Jahren 2001 bis 2005 von 23,6 auf
30,8% gestiegen, hat von 2006 bis 2009 knapp unter 30% betragen und erreichte im Berichtsjahr 31,9%. Die Verurteilungen
im Berichtsjahr erfolgten überwiegend (39,2%) wegen Vermögensdelikten, zu 22,3% wegen Delikten gegen
Leib und Leben, zu 1,7% wegen Delikten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung und zu 12,2% wegen
Suchtmitteldelikten. Die übrigen Verurteilungen verteilen sich auf verschiedenste Deliktsgruppen. Verurteilungen
wegen Delikten gegen Leib und Leben sinken seit 2004 kontinuierlich. 2011 wurden um 25,2% und in der zweiten Hälfte
der letzten zehn Jahre um 11,7% weniger Verurteilungen ausgesprochen als im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2006.
Bei den Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist dagegen ein tendenzieller Anstieg
der Verurteilungen im Zehnjahreszeitraum zu verzeichnen.
Bei Verurteilungen wegen Vermögensdelikten ist kein klarer Trend zu erkennen, wie wohl die Zahl um 9,4% unter
dem zehnjährigen Mittelwert lag und damit ein absoluter Tiefstand erreicht wurde. Verurteilungen wegen Delikten
gegen das Suchtmittelgesetz zeigen eine stark steigende Tendenz bis 2005, in relativen Zahlen von 10,7% auf 13,4%
aller Verurteilungen. Danach erfolgte ein absoluter Rückgang der Verurteilungen nach dem SMG bis zum Jahr
2009, seit damals ist ein Anstieg um 13,1% zu beobachten (von 3.928 auf 4.444), der relative Anteil an allen Verurteilungen
beträgt 12,2%.
Haftzahlen: 46 % der Gefangenen sind Nichtösterreicher
Ab dem Jahr 2001 stiegen die Haftzahlen stark an, was zu einer deutlichen Belagszunahme und einer Überbelegung
der Justizanstalten bis zum Jahr 2007 führte. Danach ging die Zahl der Gefangenen im Gefolge des "Haftentlastungspakets"
und des Strafprozessreformgesetzes im Jahr 2008 zunächst um 8% (auf 8.214 Personen) zurück, stieg aber
im Jahr 2009 wieder leicht um 2% (auf 8.381 Personen), um weitere 3% im Jahr 2010 sowie um weitere 2% (auf 8.816
Personen) im Berichtsjahr an.
Anfang der 1980er Jahre lag der Anteil der Ausländer an allen Gefangenen bei 7%. Einen ersten markanten Anstieg
gab es in den Jahren 1989 bis 1993 auf rund ein Viertel der Gefängnispopulation. Diese Zunahme ging mit einer
Zunahme der Strafanzeigen einher, die auch in Zusammenhang mit der Ostgrenzöffnung nach dem Fall des "Eisernen
Vorhangs" zu sehen ist. Der Ausländeranteil blieb im weiteren Verlauf der 1990er Jahre relativ konstant
bei rund 1.800 Personen. Zwischen 2000 und 2011 stiegen die absolute wie relative Zahl von Fremden in Haft erneut
stark an: Am Stichtag 1. September 2011 befanden sich 4.027 Nichtösterreicher in Österreich in gerichtlicher
Haft, ihr Anteil an allen Insassen von Justizanstalten hatte sich also gegenüber den 1990er Jahren mehr als
verdoppelt und erreichte mehr als 46%. Die Zahl österreichischer Insassen im Jahresdurchschnitt liegt nach
einem massiven Rückgang in den 1980er Jahren seither mit geringen Schwankungen bei etwa 5.000. Die Zunahme
der Insassenzahlen in den vergangenen Jahren ist also ausschließlich auf eine Zunahme von Fremden in Haft
zurückzuführen. Seit 1989 steigt auch die absolute Zahl weiblicher Insassen stark an. Der Anteil der
Frauen an allen Gefangenen variiert seit den frühen 1980er Jahren zwischen 3,9 und 6,2% und lag zuletzt in
absoluten Zahlen markant höher als in allen vorangegangenen Jahren.
Wiederverurteilungsrate mit 38,1 % auf konstantem Niveau
Von den im Jahr 2007 verurteilten oder aus einer Freiheitsstrafe bzw. dem Maßnahmenvollzug entlassenen 37.901
Personen wurden bis Ende 2011 14.439 Personen wiederverurteilt, das entspricht einer Wiederverurteilungsrate von
38,1% (Wiederverurteilungsrate 2006 – 2010: 38,0%). Die überwiegende Mehrheit der Verurteilten bzw. Entlassenen
wurde in diesem fünfjährigen Zeitraum somit nicht wiederverurteilt. Die Wiederverurteilungsraten unterscheiden
sich für verschiedene Personengruppen und liegen bei Männern, Jugendlichen, Österreichern und Vorbestraften
höher. Die höheren Wiederverurteilungsraten bei Jugendlichen sind im Zusammenhang mit dem Umstand zu
sehen, dass bei ihnen Verurteilungen in höherem Maße vermieden und als ultima ratio eingesetzt werden.
Die niedrigeren Werte bei Ausländern ergeben sich aus der häufigen Aufenthaltsbeendigung nach einer Verurteilung
in Österreich. |